Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.05.2015, Az. VI R 32/14

6. Senat | REWIS RS 2015, 11466

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Gegenstand

Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Eltern


Leitsatz

NV: Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Eltern als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG entfällt im Regelfall, wenn der Kläger die Unterhaltsbedürftigkeit seiner Eltern nicht durch eine den inhaltlichen Vorgaben des BMF genügende Unterhaltsbescheinigung nachweist.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Februar 2014  5 K 487/11 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob [X.]ufwendungen für den Unterhalt an in [X.] lebende Eltern als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a des Einkommensteuergesetzes i.d.[X.] (ESt[X.]) zu berücksichtigen sind.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist [X.] Staatsangehöriger [X.] Herkunft. Wie in den Vorjahren lebte und arbeitete er als Diplom-Ingenieur im Streitjahr (2005) in [X.], zunächst im Raum [X.], im Streitjahr in [X.] In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte er, [X.] an seine in [X.] lebende Mutter (geb. 1928) und seinen ebenfalls dort lebenden Vater (geb. 1925) in Höhe von 5.000 € als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33a ESt[X.] zu berücksichtigen. Im Veranlagungsverfahren legte er zwei Dokumente der Stadtverwaltung [X.] ([X.]) vor, nach denen seine Eltern keine staatliche Rente als Beamte bzw. zivile [X.]ngestellte des öffentlichen Dienstes beziehen. Die Bestätigungen datieren vom 2. Januar 2007.

3

Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --F[X.]--) --anders als das zuvor zuständige Finanzamt [X.] in den Jahren 2002 bis 2004-- die Unterhaltsleistungen an die Eltern jedoch nicht als außergewöhnliche Belastung. In den Erläuterungen zum Steuerbescheid ist Folgendes ausgeführt:
"Unterhaltsleistungen wurden nicht berücksichtigt, weil die Zahlungen bzw. die Bedürftigkeit der unterstützten Personen nicht ausreichend nachgewiesen wurden."

4

Im Einspruchsverfahren legte der Kläger einen Kontoauszug der X-Bank [X.] vom 6. Dezember 2005 vor, der eine Barauszahlung am 1. Dezember 2005 von einem Bankautomat in [X.] in Höhe von 5.597,69 € ausweist. Weiter legte er die Kopie seines Reisepasses vor, in der in den Sichtvermerken die Einreise nach [X.] am 19. Dezember 2005 dokumentiert ist. Zudem reichte er eine (weitere) Bescheinigung der Stadtverwaltung [X.] ([X.]) vom 11. März 2009 ein, wonach der Vater nicht berufstätig ist, keinen eigenen Verdienst hat und keine Rente bezieht.

5

[X.]leichwohl wies das F[X.] den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11. März 2011 als unbegründet zurück. Die vom Kläger vorgelegten Nachweise zur [X.] der Eltern und der Übergabe des [X.]eldes genügten den in dem Verwaltungsschreiben des [X.] ([X.]) vom 7. Juni 2010 (BStBl I 2010, 588) niedergelegten [X.]nforderungen nicht und seien deshalb unzureichend.

6

Der daraufhin erhobenen Klage hat das Finanzgericht (F[X.]) stattgegeben. Es vertrat die [X.]uffassung, der Kläger könne die geltend gemachte Unterhaltsleistung --entsprechend der Ländergruppeneinteilung gekürzt-- nach § 33a ESt[X.] abziehen, obwohl die strenge Beweisführung nicht, wie im [X.]-Schreiben vom 15. September 1997 (BStBl I 1997, 826) gefordert, erfüllt sei.

7

Mit der Revision rügt das F[X.] die Verletzung materiellen und formellen Rechts (§ 33a [X.]bs. 1 ESt[X.], § 76 [X.]bs. 1, § 96 [X.]bs. 1 der Finanzgerichtsordnung --F[X.]O-- [X.]. § 90 der [X.]bgabenordnung --[X.]O--).

8

Es beantragt,
das Urteil des F[X.] Nürnberg vom 12. Februar 2014  5 K 487/11 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.]bweisung der Klage (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O).

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen [X.]ufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf [X.]ntrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die [X.]ufwendungen bis zu 7.680 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a [X.]bs. 1 Satz 1 EStG). Bei Unterhaltszahlungen an nicht unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger bestimmt § 33a [X.]bs. 1 Satz 5  1. Halbsatz EStG, dass die [X.]ufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind. Der Höchstbetrag von 7.680 € mindert sich danach bei [X.]ufwendungen für den Unterhalt von in [X.] lebenden unterhaltsberechtigten Personen auf 1/4, also auf 1.920 € pro unterhaltener Person (vgl. hierzu Senatsurteil vom 27. Juli 2011 VI R 13/10, [X.], 307, [X.], 965 unter Hinweis auf das [X.]-Schreiben vom 17. November 2003, [X.], 637; zuletzt ersetzt durch [X.]-Schreiben vom 18. November 2013, [X.], 1462). Nach § 33a [X.]bs. 1 Satz 3 EStG darf die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen. Werden die Unterhaltsaufwendungen von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrages abgezogen, der seinem [X.]nteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht (§ 33a [X.]bs. 1 Satz 6 EStG).

2. Der Steuerpflichtige hat die Voraussetzungen für den [X.]bzug von Unterhaltszahlungen gemäß § 33a [X.]bs. 1 EStG nachzuweisen, und zwar neben der Bedürftigkeit des [X.] insbesondere auch die tatsächlichen Zahlungen. Gemäß § 90 [X.]bs. [X.] sind bei Unterhaltszahlungen an im [X.]usland lebende Unterstützungsempfänger die Beteiligten in besonderem Maße verpflichtet, bei der [X.]ufklärung mitzuwirken und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Die in der [X.] ([X.]-Schreiben vom 15. September 1997, [X.], 826 Ziff. 3 und 4; zuletzt ersetzt durch [X.]-Schreiben vom 7. Juni 2010, [X.], 588) aufgestellten Kriterien konkretisieren den Rechtsbegriff der "erforderlichen Beweismittel" zwar zutreffend, jedoch nicht abschließend (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, [X.], 531, [X.] 2005, 483, m.w.N.). [X.] sind regelmäßig nur sichere und leicht nachprüfbare --soweit möglich inländische-- Beweismittel ([X.]-Urteil in [X.], 531, [X.] 2005, 483, m.w.N.).

a) Insbesondere müssen Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener Unterhaltsempfänger detaillierte [X.]ngaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogene Einkünfte enthalten. Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im [X.]usland verwirklichten Sachverhalts sind umfassende [X.]ngaben dazu unerlässlich. Grundsätzlich ist es zumutbar, vollständig ausgefüllte Bescheinigungen vorzulegen ([X.]-Urteil in [X.], 531, [X.] 2005, 483, m.w.N.).

b) Die Erfüllung der Pflichten zur [X.]ufklärung des Sachverhalts sowie zur Vorsorge und Beschaffung von Beweismitteln muss allerdings möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein ([X.]-Urteil in [X.], 531, [X.] 2005, 483, m.w.N.; ausführlich [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 90 [X.]O Rz 180, 24 ff., m.w.N.; [X.] in Tipke/[X.], [X.]bgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 90 [X.]O Rz 34). So können etwa in Fällen eines [X.] Beweiserleichterungen hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen in Betracht kommen ([X.]-Urteil in [X.], 531, [X.] 2005, 483, m.w.N.).

3. Die Entscheidung des [X.] entspricht diesen Grundsätzen nicht.

Das [X.] hat auf die [X.] der Eltern des [X.] erkannt und diese Erkenntnis aus der glaubhaften [X.]ussage des [X.] in der mündlichen Verhandlung und aus den schriftlichen Bescheinigungen der Stadtverwaltung [X.] ([X.]) vom 2. Januar 2007 sowie vom 11. März 2009 und der Bestätigung der Eltern vom 14. [X.]pril 2011 über die [X.] am 20. Dezember 2005 geschöpft. Es hat dabei jedoch verkannt, dass die vom Kläger vorgelegten "Unterhaltsbescheinigungen" der Stadtverwaltung [X.] ([X.]) in wesentlichen Teilen unvollständig sind. Insbesondere fehlen [X.]ngaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogene Einkünfte der Eltern und damit [X.]ngaben dazu, wie sie ihren Lebensunterhalt vor Beginn der Unterstützungsleistungen durch den Kläger bzw. seine Geschwister bestritten haben. Darüber hinaus sind die vorgelegten Bescheinigungen der Stadtverwaltung [X.] ([X.]) insoweit lückenhaft, als sie keine [X.]ussage zur Vermögenssituation der Eltern des [X.], etwa zu (selbstgenutztem) Grundbesitz, treffen. [X.]uch schließen diese Bescheinigungen lediglich einen eigenen Verdienst und den Bezug einer Rente (als Beamte bzw. zivile [X.]ngestellte des öffentlichen Dienstes) aus. Sie verhalten sich jedoch nicht zu anderen Einnahmen (beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung) der unterstützten Personen. [X.]llein aus den in den Bescheinigungen enthaltenen [X.]ngaben kann im Streitfall deshalb nicht auf deren Bedürftigkeit geschlossen werden. Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im [X.]usland verwirklichten Sachverhalts sind umfassende und detaillierte [X.]ngaben dazu in den Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener Unterhaltsempfänger grundsätzlich unerlässlich ([X.]-Urteil in [X.], 531, [X.] 2005, 483, m.w.N.) und können deshalb nicht durch eine Eigenerklärung der Eltern ersetzt werden.

4. Die Sache ist spruchreif. Denn der Kläger hat keine den inhaltlichen Vorgaben des [X.] genügende Unterhaltsbescheinigung vorgelegt und damit die [X.] seiner Eltern i.S. des § 33a EStG nicht in hinreichendem Maße nachgewiesen. [X.]uch sind Umstände, die Beweiserleichterungen hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen in Betracht kommen lassen, vom Kläger weder vorgetragen noch im Streitfall ersichtlich. Die Klage war daher abzuweisen. Ein dem entgegenstehender Vertrauensschutz zu Gunsten des [X.] besteht nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist die Finanzbehörde bei der Durchführung einer Veranlagung grundsätzlich nicht an die Sachbehandlung im Rahmen vorhergehender Veranlagungen gebunden (z.B. [X.]-Urteil vom 30. März 2011 XI R 30/09, [X.]E 233, 18, [X.], 613, m.w.N.).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 [X.]bs. 1 [X.]O.

Meta

VI R 32/14

07.05.2015

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 12. Februar 2014, Az: 5 K 487/11, Urteil

§ 33a EStG 2002, § 90 Abs 2 AO, EStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.05.2015, Az. VI R 32/14 (REWIS RS 2015, 11466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11466

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