Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2017, Az. IX ZR 21/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2174

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:161117UIXZR21.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

VERSÄUMNISURTEIL
IX ZR 21/17

Verkündet am:

16. November 2017

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 851 Abs. 1; EStG § 97 Satz 1
a)
Wenn und soweit das in einem Altersvorsorgevertrag im Sinne der §§ 1, 5 Alt-ZertG angesparte Kapital aus gefördertem Altersvorsorgevermögen, geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträgen oder gezahlten Zulagen stammt, ist es auch dann unpfändbar, wenn der Schuldner berechtigt ist, den Altersvorsorgevertrag jederzeit zu kündigen.

b)
Die [X.]keit des angesparten Kapitals eines Altersvorsorgevertrags tritt nur ein, soweit der Altersvorsorgevertrag im [X.]punkt der Pfändung förderfähig war, ein Antrag auf eine Zulage (§
89 EStG) für die entsprechenden Beitragsjahre (§
88 EStG) bereits gestellt war und die Voraussetzungen für eine Zulage (§§
83 ff EStG) vorlagen oder eine Zulage bereits gewährt worden war.
[X.], Versäumnisurteil vom 16. November 2017 -
IX ZR 21/17 -
[X.] [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2017 durch [X.] [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.], [X.] Schoppmeyer und Meyberg

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 21. Dezember 2016 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

S.

(fortan: Schuldnerin) schloss bei dem beklagten [X.] einen [X.] im Tarif "Zukunftsrente Klassik
([X.]) E80"
ab. Vertragsbeginn war der 1.
Oktober 2010. Der Vertrag erfüllt die in § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge-
und Basisrente[X.]erträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz; fortan: [X.]) genannten Voraussetzungen eines Altersvorsorgevertrages. Die [X.] (§
3 [X.]) hat gemäß §
5 [X.] eine entsprechende [X.]
-
3
-
fizierung erteilt. Nach §
14 der vereinbarten [X.] stand der Schuldnerin das Recht zu, die Versicherung zu kündigen. Die Schuldnerin zahlte 120

im
Jahr 2011 ein. [X.] stellte die Beklagte den [X.] beitragsfrei. Ob die Schuldnerin einen Antrag auf Zulage gestellt und st[X.]tliche Zulagen [X.] hat, ist streitig. Ohne Berücksichtigung st[X.]tlicher
Zulagen
beträgt der Rückkaufswert 172,90

Mit Beschluss vom 15.
April 2014 eröffnete das Amtsgericht das Insol-venzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger kündigte den [X.] mit Schreiben vom 14.
Januar 2015 und forderte die Beklagte auf, den zunächst mit 601,69

ab.

Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 601,69

Auf die
Berufung des [X.] hat das [X.] die Beklagte unter Zurück-weisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 172,90

ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist zulässig; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Da der
Kläger im Verhandlungstermin nicht vertreten war, ist durch Versäumnisur-2
3
4
-
4
-
teil zu entscheiden. Dieses beruht inhaltlich auf einer uneingeschränkten Sach-prüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4.
April 1962 -
V
ZR 110/60, [X.]Z 37, 79, 81 f).

I.

[X.], dessen Entscheidung in [X.] 2017, 210 veröf-fentlicht ist, hat ausgeführt, die Kündigung des [X.] sei wirksam, weil das angesparte Altersvorsorgevermögen dem [X.] unterliege. Auch wenn das gesamte von der Schuldnerin im Vertrag angesparte [X.] als nicht übertragbar im Sinne des §
97 EStG zu qualifizieren wäre, folge daraus keine [X.]keit. §
851 ZPO gelte nur subsidiär in Ermange-lung besonderer Vorschriften. Für den Pfändungsschutz von vertraglich be-gründeten Altersrenten enthielten §§
851c, 851d ZPO besondere Vorschriften. Die daraus gegenüber §
97 EStG in Verbindung mit §
851 ZPO folgenden zu-sätzlichen Anforderungen an die [X.]keit seien gerechtfertigt, weil nur so die Durchsetzung des gesetzgeberischen Ziels gesichert sei, die private [X.] zu stärken. Andernfalls könne der Versicherungsnehmer sich das Kapital auszahlen lassen. Danach seien die Voraussetzungen für eine [X.] nicht erfüllt, weil die Schuldnerin den Vertrag entgegen §
851c Abs.
1 Nr.
2 ZPO jederzeit kündigen könne. Der Höhe nach stehe dem Kläger nur ein Anspruch auf den Rückkaufswert nach Abzug der Zulagen zu.

II.

Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

5
6
-
5
-

1. [X.] geht zutreffend davon aus, dass dem Kläger ein Kündigungsrecht nur zusteht, soweit der [X.] dem [X.] unterliegt. Gemäß §
35 Abs.
1 [X.] erfasst das Insolvenzver-fahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur [X.] der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nach §
36 Abs.
1 Satz 1 [X.] gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Die streitgegenständliche Rente[X.]ersi-cherung ist eine Lebensversicherung im Sinne der §§
150 bis 171 [X.]. In eine solche private Lebensversicherung kann vollstreckt werden, es sei denn, sie unterfällt Pfändungsschutzvorschriften ([X.], Urteil vom 1.
Dezember 2011
-
IX
ZR 79/11, [X.], 34 Rn. 8 zur Kündigung einer Lebensversicherung nach §
165 Abs.
3 Satz 1 [X.] aF).

2. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass die von der Schuldnerin abgeschlossene Rente[X.]ersicherung nur unter den Voraussetzungen des §
851c ZPO unpfändbar sei. Vielmehr kommt auch eine [X.]keit nach §
851 Abs.
1 ZPO in Verbindung mit §
97 EStG in Betracht.

a) Der Pfändung unterworfen sind gemäß §
851 Abs.
1 ZPO Forderun-gen in Ermangelung besonderer Vorschriften nur insoweit, als sie übertragbar sind. Soweit danach eine Forderung nicht der Pfändung unterworfen ist, ist sie grundsätzlich auch kein Bestandteil der Insolvenzmasse (vgl. [X.], Urteil
vom 7.
Juni 2001 -
IX
ZR 195/00, [X.], 1248
f unter
II. 2; vom 21.
Februar 2013 -
IX
ZR 69/12, [X.], 572 Rn. 9, 11; Beschluss vom 22.
Mai 2014 -
IX
ZB 72/12, [X.], 1141 Rn. 14).
Dies gilt auch für die Ansprüche aus dem streitgegenständlichen [X.].
7
8
9
-
6
-

[X.]) Gemäß §
97 Satz 1 EStG sind das nach §
10a EStG oder Ab-schnitt
[X.] des EStG geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge, die geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge und der Anspruch auf die Zulage nicht übertragbar. Welche Leistungen als geförderte Altersvorsorge-beiträge anzusehen sind, ergibt sich aus §
82 EStG. Im Streitfall entscheidend ist gemäß §
82 Abs.
1 Satz 1 EStG, dass der Zulageberechtigte entsprechende Beiträge oder Tilgungsleistungen zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Vertrags erbringt, der nach §
5 [X.] zertifiziert ist.

[X.]) Diese Voraussetzungen sind nach dem bisherigen Sach-
und Streit-stand erfüllt. Der von der Schuldnerin mit der Beklagten abgeschlossene [X.] ist gemäß §
5 [X.] zertifiziert. Die Schuldnerin hat in den Jahren 2010 und 2011 Altersvorsorgebeiträge an die Beklagte gezahlt. [X.] hat unterstellt, dass die Schuldnerin einen Zulagenantrag gestellt hat und entsprechende Zulagen gezahlt worden sind. Der vom [X.] zugesprochene Rückkaufswert ergibt sich aus den gezahlten [X.]beiträgen und den Erträgen.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht [X.] an, ob der [X.] zusätzlich die Anforderungen des §
851c ZPO erfüllt.

[X.]) Es entspricht einhelliger Auffassung, dass das im Rahmen eines [X.]vertrags im Sinne des §
82 Abs.
1 Satz 1 EStG, §
1 [X.] gebil-dete Altersvorsorgevermögen aufgrund der steuerlichen Förderung einschließ-lich der Erträge, der laufenden Beiträge sowie der st[X.]tlichen Zulage gemäß §
851 ZPO unpfändbar ist ([X.], Z[X.] 2012, 1522 Rn. 35; [X.] 10
11
12
13
-
7
-
Aachen, Z[X.] 2014, 1451, 1452; [X.] Dortmund, Urteil vom 21.
April 2016 -
2
S 32/15, [X.]; [X.]/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., § 829 Rn. 33 Stichwort "Altersvorsor-ge", §
851d Rn. 2; Musielak/[X.]/[X.], ZPO, 14.
Aufl., § 851d Rn. 3a; Prüt-ting/[X.]/[X.], ZPO, 8. Aufl., § 851 Rn. 6, § 851d Rn. 6; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], 2.
Aufl., Vor §
150 Rn.
105; MünchKomm-ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
851d Rn. 4; [X.]/[X.] in: [X.][X.], [X.], 2014, §
97 Rn. [X.], [X.]; Kirchhof/[X.], EStG, 16.
Aufl., §
97 Rn. 1; Stöber,
Forderungspfändung, 16.
Aufl., Rn. 70; Meller-Hannich in [X.]/[X.]Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3.
Aufl., §
851 Rn. 6; [X.], Private Altersvorsorge und Gläubigerschutz, 2010, S.
268
f; [X.], Zwangsvollstreckung in [X.], 2014,
S.
230 f; [X.], [X.] der privaten Altersvorsorge nach den §§
851c und 851d ZPO, 2014, S.
164 f; [X.], [X.], 145, 153 [X.]. 72b; ders.,
VersR 2007, 870, 877, 879, 882; [X.], Z[X.] 2007, 281, 284; Stöber, NJW 2007, 1242, 1246; [X.]/Kohte, [X.], 396, 397; [X.], F[X.]012, 34, 35; [X.], [X.] 2012, 403, 406; [X.], DStR 2013, 472, 475; [X.], Z[X.] 2013, 902, 905; vgl. auch MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
168 Rn. 11). Dies ergibt sich aus §
97 Satz 1 EStG, wonach diese Ansprüche nicht übertragbar sind. Soweit dies der Fall ist, gehört ein Anspruch aus einem Versicherungsvertrag nicht zur Insolvenzmasse (§
36 Abs.
1 [X.] in Verbindung mit §
851 Abs.
1 ZPO).

[X.]) Die -
soweit ersichtlich
-
allein von [X.], [X.] 2013, 369 ff vertretene Gegenauffassung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, trifft nicht zu. Weder Text noch Entstehungsgeschichte noch Sinn und Zweck des §
851c ZPO geben Anhaltspunkte dafür, dass die für das in einem bestehenden Alters-vorsorgevertrag angesparte
Kapital sich aus §
851 ZPO in Verbindung mit §
97 14
-
8
-
Satz 1 EStG ergebende [X.]keit seit Inkrafttreten des §
851c ZPO zu-sätzlich davon abhängt, ob auch dessen Voraussetzungen gegeben sind.

Die Bestimmung des §
97 Satz 1 EStG ist als §
97 EStG durch das Ge-setz zur Reform der gesetzlichen Rente[X.]ersicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten [X.] ([X.]) vom 26.
Juni 2001 ([X.]
I 2001, 1310
ff) mit Wirkung vom 1.
Januar 2002 zu-sammen
mit dem gesamten Abschnitt [X.] in das EStG eingefügt worden. Die nach dem Regierungsentwurf zunächst als §
10a Abs.
11 EStG vorgesehene
Bestimmung wurde auf Empfehlung des [X.] (BT-Drucks. 14/5146, S.
124
f) geändert. Sie diente stets dazu, sowohl das im Rahmen der steuerlichen Förderung angesparte
Kapital als auch die steuerlich geförderten laufenden Beiträge und die Zulage vor einer Pfändung zu schützen (BT-Drucks. 14/4595 S.
66 zu §
10a Abs.
11 EStG-E; BT-Drucks. 14/5150,
S.
37 zu §
10a Abs.
10
EStG-E). Abtretung, Verpfändung und Aufrechnung soll-ten
gleichermaßen ausgeschlossen sein
(BT-Drucks. 14/5150, [X.]O).

Dem liegt die gesetzgeberische Wertentscheidung zugrunde, dass ein aus geförderten Altersvorsorgebeiträgen (und
den entsprechenden Zulagen) stammendes Kapital nicht pfändbar sein soll, weil andernfalls die st[X.]tliche Förderung dieser
Art
ihr Ziel
der Sicherung der Altersversorgung
verfehlt. In welcher Form dieses Kapital pfändungssicher angespart werden kann, ergibt sich aus §
82 EStG. Nach der Legaldefinition des §
82 Abs.
1 Satz 1 EStG sind Altersvorsorgeverträge solche, die nach §
5 [X.] zertifiziert sind. Damit hat der Gesetzgeber die [X.]keit eines angesparten Altersvorsorgekapitals in typisierender
Weise davon abhängig gemacht, dass die [X.] bestimmte Anforderungen erfüllen (§
1 [X.]). Die Verwendung des Vorsorgekapitals für eine lebenslange Altersvorsorge wird durch die entspre-15
16
-
9
-
chenden gesetzlichen Vorgaben im Einkommensteuerrecht und im [X.] sichergestellt (BT-Drucks. 16/886, [X.]). Enthält der Altersvorsorgevertrag keine Bestimmungen, die eine schädliche Verwendung des [X.] (§§
93 ff EStG) ausschließen, sind die im Falle einer solchen schädlichen Verwendung des Altersvorsorgevermö-gens entstehenden Ansprüche des Schuldners als bedingte Ansprüche pfänd-bar. Dass die Verträge, in denen Kapital angespart wird, über §
1 [X.] hin-ausgehende, für die Zertifizierung nach §
5 [X.] nicht erforderliche und ge-gebenenfalls möglicherweise sogar schädliche Anforderungen erfüllen müssen, damit das angesparte Kapital unpfändbar ist, widerspricht dieser gesetzgeberi-schen Wertentscheidung.

Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26.
März 2007 ([X.]
I 2007, 368), das die Vorschrift des §
851c ZPO
eingeführt hat,
die Pfändbarkeit von [X.] im Sinne des §
1 [X.] gegenüber
der bestehenden Regelung in
§
851 ZPO, §
97 Satz 1 EStG erleichtern sollte. Dieses Gesetz zielt im Gegenteil darauf, den Pfändungsschutz für die Altersvorsorge selbständig Tätiger zu verbessern (BT-Drucks. 16/886,
S. 1, 7; BT-Drucks. 16/3844,
S.
11). In welchem Verhältnis §
851c ZPO zu §
851 ZPO, §
97 Satz 1 EStG steht, richtet sich nach den [X.] Wertungen. Dabei setzt §
851c ZPO -
wie sich aus der Geset-zesbegründung ergibt
-
voraus, dass das Kapital aus einem nach §
10a EStG und Abschnitt [X.] EStG geförderten Altersvorsorgevermögen einschließlich sei-ner Erträge, der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge und dem [X.] auf die Zulage gemäß §
97 EStG nicht übertragbar und bereits deshalb nicht pfändbar ist (BT-Drucks. 16/886,
[X.]). Eine Änderung dieser gesetzge-berischen Konzeption ist nicht ersichtlich. Dies zeigt nicht zuletzt der ebenfalls mit dem Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26.
März 2007 17
-
10
-
([X.]
I 2007, 368) neu eingeführte §
851d ZPO. Bereits §
851c Abs.
1 ZPO enthält Bestimmungen zur Pfändbarkeit der regelmäßigen [X.] aus einem Vertrag. Eine gesonderte Regelung für die [X.]keit der monatlichen Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag wäre überflüssig, wenn Ansprüche aus [X.] nur unpfändbar sein sollten, so-fern der Vertrag die Voraussetzungen des §
851c Abs.
1 ZPO erfüllt.

Zwar unterscheidet sich die Pfändbarkeit eines für eine Altersversorgung angesparten Kapitals danach, ob der Schuldner dieses Kapital in einem Alters-vorsorgevertrag im Sinne der §§
1, 5 [X.] oder in einem den Anforderungen des §
851c Abs.
1 ZPO entsprechenden Vertrag angelegt hat. Dies ist jedoch Folge der gesetzgeberischen Wertentscheidung. Die unterschiedliche [X.] führt zu keinem Wertungswiderspruch, weil die Arten möglicher Altersvor-sorgeverträge im Sinne der §§
1, 5 [X.] sich inhaltlich teilweise deutlich von Verträgen im Sinne des §
851c Abs.
1 ZPO unterscheiden und weiter §
851c Abs. 2 ZPO einerseits und §
851 ZPO, §
97 Satz 1 EStG andererseits entspre-chend den unterschiedlichen gesetzlichen Zwecksetzungen unterschiedliche Bestimmungen zur Höhe und zur Art der Ansammlung des unpfändbaren [X.] schaffen.

III.

Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif

563 Abs.
3 ZPO).

1. Pfändungsschutz für das angesparte Kapital besteht bei einem Alters-vorsorgevertrag gemäß §
851 Abs.
1 ZPO, §
97 EStG nur, soweit
die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert werden
und 18
19
20
-
11
-
den Höchstbetrag (§
10a Abs.
1 Satz 1 EStG) nicht übersteigen.
Nach der ge-setzlichen Wertentscheidung in §
97 Satz 1 EStG ist maßgeblicher Aspekt für den Pfändungsschutz nicht die Förderfähigkeit, sondern die tatsächlich gewähr-te Förderung
(aA [X.]/[X.] in [X.][X.], EStG, 2014, §
97 Rn.
[X.], [X.]). Die
Vorschrift stellt ausdrücklich auf das geförderte [X.]vermögen und die geförderten Altersvorsorgebeiträge ab. [X.] ergibt sich nur aus der Regelung im Einkommensteuerrecht, das die Voraussetzungen für die Förderung regelt. Dies folgt weiter aus der Zwecksetzung des §
97 Satz 1 EStG, der mit den Zulagen die Förderung in den Vordergrund stellt. Es ist zudem deshalb erforderlich, weil nur die tatsächlich erfolgte Förderung eine verlässliche Entscheidung darüber ermöglicht, inwie-weit Pfändungsschutz -
etwa bei mehreren [X.] (vgl. §
87 EStG)
oder bei
vom Schuldner für verschiedene Beitragsjahre (§
88 EStG) ge-leisteten Altersvorsorgebeiträgen
-
besteht.

Da der Anspruch auf die Zulage bereits mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht, in dem die Altersvorsorgebeiträge geleistet worden sind (§
88 EStG), die Gewährung der Zulage aber davon abhängt, ob ein entsprechender Antrag gestellt wird (§
89 EStG), ist es für die rechtssichere Festlegung, unter welchen Voraussetzungen
das angesparte Kapital eines Altersvorsorgevertrags pfänd-bar ist, gerechtfertigt, darauf abzustellen, ob der Schuldner im [X.]punkt der Pfändung bereits einen Antrag auf Zulage gestellt hat. [X.] ist das [X.] aus einem Altersvorsorgevertrag gemäß
§
851 Abs.
1 ZPO, §
97 Satz 1 EStG daher erst dann, soweit der Altersvorsorgevertrag im maßgeblichen [X.]-punkt der Pfändung förderfähig war, ein Antrag auf eine Zulage (§
89 EStG) für die entsprechenden Beitragsjahre

88 EStG) bereits gestellt war und die
Voraussetzungen für eine Zulage (§§
83 ff EStG) vorlagen. Sollte trotz [X.] keine Förderung gewährt oder eine gewährte Zulage vollständig [X.]
-
12
-
rückgefordert werden, unterliegt der Altersvorsorgevertrag insoweit ab diesem [X.]punkt der Zwangsvollstreckung.
Eine lediglich gekürzte Gewährung von [X.] oder teilweise Rückforderung gewährter Zulagen -
etwa weil der [X.] (§
86 EStG) nicht erbracht wurde
-
ist hingegen unschädlich.

2. [X.] hat offengelassen, ob die Schuldnerin einen Zulagenantrag gestellt und st[X.]tliche Zulagen erhalten hat. Es wird für die Pfändbarkeit des angesparten Kapitals des [X.]s daher zu klären haben, inwieweit die Schuldnerin für bestimmte Beitragsjahre zum [X.]punkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits einen Antrag auf Ge-währung einer Zulage gestellt hat, auf den hin tatsächlich eine Zulage gewährt worden ist oder gewährt werden wird.

22
-
13
-

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.] 45 a, [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Kayser
[X.]
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.02.2016 -
7 C 2306/15 -

[X.] [X.], Entscheidung vom 21.12.2016 -
4 [X.]/16 -

Meta

IX ZR 21/17

16.11.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2017, Az. IX ZR 21/17 (REWIS RS 2017, 2174)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2174

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZR 21/17 (Bundesgerichtshof)

Pfändbarkeit des angesparten Kapitals eines Altersvorsorgevertrags


X R 41/13 (Bundesfinanzhof)

Erträge des Altersvorsorgevermögens stellen keine Altersvorsorgebeiträge dar - Übertragung der Zuständigkeit zur Gewährung der Altersvorsorgezulage …


IX ZR 79/11 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzrecht: Pflicht des Insolvenzverwalters zur Kündigung einer Kapitallebensversicherung


X R 21/19 (Bundesfinanzhof)

Schädliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen aufgrund eines Fehlers des Anbieters


X R 28/18 (Bundesfinanzhof)

Verwendung von Altersvorsorgevermögen zur Entschuldung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZR 21/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.