Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.10.2018, Az. EnVR 20/17

Kartellsenat | REWIS RS 2018, 3072

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Gegenstand

Öffentlich-rechtlicher Vertrag der Bundesnetzagentur mit einer Vielzahl von Netzbetreibern: Freie Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht - Offshore-Anbindung


Leitsatz

Offshore-Anbindung

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, den die Bundesnetzagentur mit einer Vielzahl von Netzbetreibern jeweils mit im Wesentlichen gleichem Inhalt geschlossen hat, um zu gewährleisten, dass eine Vielzahl von ähnlich gelagerten Genehmigungsanträgen nach einheitlichen Kriterien behandelt wird, unterliegt der freien Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 18. Januar 2017 aufgehoben.

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 19. November 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. März 2016 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf vier Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Antragstellerin begehrt die Genehmigung einer Investitionsmaßnahme nach § 23 Abs. 1 [X.] für eine Verbindung zwischen zwei an ihr Übertragungsnetz angeschlossenen Windparks und einem neuen Windpark, der an das Übertragungsnetz eines [X.] Betreibers angeschlossen werden soll.

2

Die geplante Verbindung umfasst zwei [X.] zwischen dem neuen und dem am nächsten gelegenen bereits bestehenden Windpark und einen so genannten [X.], der am Übergang in das Netz der Antragstellerin auf dem Festland errichtet werden soll. Dieser Konverter ermöglicht es, dass die drei Windparks sowohl in das [X.] als auch in das [X.] Übertragungsnetz einspeisen können, obwohl diese zu unterschiedlichen Synchrongebieten gehören. Dadurch wird zugleich die Transportkapazität zwischen den beiden Übertragungsnetzen erhöht.

3

Mit Schreiben vom 30. Juni 2010 beantragte die Antragstellerin bei der [X.] die Genehmigung eines [X.] auf der Grundlage einer früheren Konzeption, die die Installation des Konverters auf See vorsah. Mit Schreiben vom 28. März 2013 teilte sie die inzwischen vorgenommenen Änderungen an der Konzeption mit.

4

Mit Beschluss vom 19. November 2014, der durch Bescheid vom 18. März 2016 in einem hier nicht relevanten Punkt geändert worden ist, hat die [X.] die Investitionsmaßnahme genehmigt. In den Gründen des Ausgangsbeschlusses wird ausgeführt, es sei ein [X.] in Höhe von 10 % abzuziehen.

5

Der Abzug wird auf eine Vereinbarung gestützt, die die Beteiligten am 23. Februar 2012 zur Beilegung von Streitigkeiten in einer Vielzahl anhängiger Genehmigungsverfahren geschlossen hatten. Darin heißt es unter anderem:

"[X.]

Die Entscheidungspraxis der [X.] bei positiven Genehmigungen von [X.] nach § 23 [X.] ist Gegenstand intensiver, kontrovers geführter Diskussionen und auch zahlreicher Gerichtsverfahren. Für eine Vielzahl positiver Genehmigungen sind Beschwerdeverfahren anhängig, jedoch ist auch eine Reihe von Genehmigungen bestandskräftig. In bestimmten Fällen sind auch Ablehnungen von [X.] Gegenstand von Beschwerdeverfahren, die - soweit das Beschwerde führende Unternehmen obsiegt - von der [X.] positiv zu genehmigen sind. Aufgrund der hohen Zahl von Anträgen sind darüber hinaus auch noch nicht alle Anträge aus der Vergangenheit von der [X.] beschieden. Mit [X.] in diesem Sinne betroffenen Unternehmen, die in der Anlage zu dieser Vereinbarung aufgeführt sind, wird diese Vereinbarung zum Vorgehen bei positiven Genehmigungen von [X.] nach § 23 [X.] einheitlich geschlossen. Die Vereinbarung wirkt sich daher sowohl auf die Rückabwicklung gerichtlich angegriffener positiver Genehmigungen in ihrer jeweils aktuellen Fassung als auch auf das zukünftige Vorgehen der [X.] bei positiven Genehmigungen aus.

4. Die [X.] wird die Anträge, die den in der [X.] genannten Beschlüssen zugrunde liegen, zeitnah neu bescheiden und dabei die im Folgenden dargelegte Vorgehensweise anwenden. Darüber hinaus gehende Änderungen der Beschlüsse wird sie nicht vornehmen, soweit diese nicht vom Netzbetreiber beantragt werden.

a. Befristung …

b. Betrag zur Vermeidung von Doppelanerkennung

Ein Betrag zur Vermeidung von Doppelanerkennung entfällt.

Für die (Neu-) Bescheidung aller bis zum 30. Juni 2010 gestellten Anträge kann der Netzbetreiber wählen, auf welche Weise der [X.] im Rahmen des genehmigten [X.] bestimmt wird:

i. Vereinfachte Abwicklung

Für die Anträge, die bis zum 30. Juni 2010 gestellt wurden, wird - mit Ausnahme von Offshore-Anbindungen - von der [X.] ausnahmslos mit einem [X.] von 10 % kalkuliert. Dieser [X.] wird bezogen auf die anerkennungsfähigen bzw. tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten ermittelt. Für alle nach dem 30. Juni 2010 gestellten Anträge wird ein projektspezifischer [X.] gemäß Ziffer ii. ermittelt.

ii. [X.] für alle Projekte

Für alle beantragten Projekte wird von der [X.] einzelfallbezogen ein spezifischer [X.] berechnet. Hierzu werden die einzelnen Projekte vom Netzbetreiber - vorbehaltlich einer Überprüfung der Einordnung durch die [X.] - in eine der nachfolgenden Kategorien eingeordnet, die insbesondere aufgrund des Anteils neu geschaffener technischer Leistung bestimmt und daher primär anhand von netztechnischen Gegebenheiten gebildet werden:

Kategorie 1:

Projekte, die ausschließlich und vollumfänglich zusätzliche neue Anlagengüter umfassen, mit denen neue technische Leistung geschaffen wird. Hier liegt der projektspezifische [X.] bei 0%. In diese Kategorie f[X.] zumindest die Planung und Errichtung der nachfolgend aufgeführten Projekte:

                 
        

A: Strom

                 
        

◦ Netzanbindung von [X.]

                 
        

◦ …     

Für den Netzbetreiber gilt die nachfolgend gekennzeichnete Variante:

Abbildung

Vereinfachte Abwicklung

5. Die Differenz aus den genehmigten Kosten der in der [X.] aufgeführten Beschlüsse und den Kosten, die sich aus der Neubescheidung dieser Beschlüsse bezüglich der unter Ziffer 4 dargelegten Vorgehensweise ergeben, wird rückwirkend auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anpassung der Erlösobergrenze bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Anpassung der Erlösobergrenze erstmalig aufgrund der Neubescheidung erfolgt, auf das [X.] nach § 5 [X.] gebucht. …

6. Soweit die [X.] die unter Ziffer 4 dargelegte Vorgehensweise (bezüglich des dortigen Buchstabens b nur die Variante ii) auch bei zukünftigen Genehmigungen von Anträgen auf [X.] tatsächlich anwendet, verzichtet der Netzbetreiber hiermit auf Rechtsmittel gegen diese Punkte. …"

6

Das Beschwerdegericht hat die [X.] antragsgemäß unter teilweiser Aufhebung der Ausgangsentscheidung verpflichtet, die Investitionsmaßnahme ohne Berücksichtigung eines [X.]s zu genehmigen. Dagegen wendet sich die [X.] mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Antragstellerin entgegentritt.

7

B. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Beschwerde.

9

I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Die Vereinbarung vom 23. Februar 2012 stehe der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Die Antragstellerin habe in der Vereinbarung nur insoweit auf Rechtsmittel verzichtet, als die [X.] die in [X.]. b Var. ii vereinbarte Vorgehensweise tatsächlich anwende. Bei Anwendung der Variante i bleibe ein Rechtsmittel folglich zulässig.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin falle der Genehmigungsantrag in den Anwendungsbereich der Vereinbarung. Diese erfasse nicht nur Verfahren, in denen bereits vor Vertragsschluss eine Entscheidung ergangen sei, sondern die gesamte zukünftige Bescheidungspraxis der [X.].

Das Projekt werde aber von [X.]. b Var. i der Vereinbarung nicht erfasst, weil es unter den dort vorgesehenen Ausnahmetatbestand für Offshore-Anbindungen falle.

Der Wortlaut dieser Bestimmung lasse nicht eindeutig erkennen, dass der Ausnahmetatbestand nur die Netzanbindung von [X.] im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 [X.] aF erfasse. Zudem gehörten zu den Einrichtungen zur Netzanbindung nach der Genehmigungspraxis der [X.] nicht nur die eigentlichen Anbindungsleitungen, sondern auch alle übrigen für den [X.] an den Verknüpfungspunkt des Übertragungsnetzes notwendigen Maßnahmen einschließlich aller für einen sicheren Netzbetrieb erforderlichen, direkt zurechenbaren Einrichtungen.

Die Ausnahme für Offshore-Anbindungen sei vor dem Hintergrund vereinbart worden, dass bei solchen Projekten regelmäßig keinerlei [X.]e anfielen. Angesichts der regelmäßig erheblichen Kosten derartiger Maßnahmen bestehe zudem ein objektiv anerkennenswertes Bedürfnis des Netzbetreibers nach einer umfassenden Refinanzierung. Diese Gesichtspunkte träfen auch für die Erweiterung oder den Ausbau der Kapazitäten bestehender Anbindungsleitungen mittels einer Verbindung zwischen zwei [X.] zu. Deshalb seien solche Maßnahmen ebenfalls als Offshore-Anbindung im Sinne der genannten Bestimmung zu qualifizieren. Dieses Ergebnis entspreche zudem einer beiderseits interessengerechten Auslegung.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Mit zutreffenden Erwägungen, die von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden, ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerde zulässig ist.

2. Die Auslegung der Vereinbarung vom 23. Februar 2012 obliegt der vollen Überprüfung durch den [X.].

a) Die Auslegung öffentlich-rechtlicher Verträge, für [X.] der Verweisung in § 62 Satz 2 VwVfG die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere also § 133 und § 157 BGB heranzuziehen sind (BVerwGE 84, 257, juris Rn. 36), ist in der Revisionsinstanz zwar grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar (BVerwG, NVwZ-RR 2003, 874, juris Rn. 22). Zu den entsprechend geltenden Regeln des Bürgerlichen Rechts gehört aber der Grundsatz, dass vertragliche Vereinbarungen vom Revisionsgericht frei auszulegen sind, wenn ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht.

Ein solches Bedürfnis besteht insbesondere bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (dazu etwa [X.], Urteil vom 20. Juni 2013 - [X.], NJW 2013, 2583 Rn. 12), aber auch bei sonstigen Vereinbarungen, die in einer Vielzahl von Einzelfällen zur Anwendung gelangen (dazu [X.], Urteil vom 9. Mai 2000 - [X.], [X.]Z 144, 245, juris Rn. 15).

Die früher zusätzlich erforderliche Voraussetzung, dass der Anwendungsbereich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgeht, ist mit der Änderung von § 545 ZPO zum 1. September 2009 entf[X.], weil eine Verletzung des (inländischen) Rechts nunmehr unabhängig vom räumlichen Geltungsbereich der relevanten Regelung revisionsrechtlich beachtlich ist ([X.], Urteil vom 9. Juni 2010 - [X.], NJW 2010, 2877 Rn. 11). Für das Rechtsbeschwerdeverfahren in [X.] kann nichts anderes gelten, weil § 88 Abs. 2 [X.] insoweit eine mit § 545 ZPO übereinstimmende Regelung enthält.

b) Nach diesen Grundsätzen obliegt die Auslegung der Vereinbarung vom 23. Februar 2012 dem Senat.

Es besteht ein Bedürfnis nach einheitlicher Auslegung, weil die [X.] mit zahlreichen anderen Netzbetreibern im Wesentlichen inhaltsgleiche Vereinbarungen getroffen hat, die jeweils eine Vielzahl von Verfahren betreffen, und weil die Vereinbarung gerade zum Ziel hat, die betroffenen Genehmigungsanträge nach einheitlichen Kriterien zu behandeln.

Ob der im Einzelfall zu beurteilenden Auslegungsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt oder ob ihre Beantwortung zur Fortentwicklung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung. Diese Fragen sind nur für die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde relevant. Insoweit ist der [X.] an die vom Beschwerdegericht ausgesprochene Zulassung gebunden.

3. Zu Recht hat das Beschwerdegericht entschieden, dass der im Streitfall zu beurteilende Genehmigungsantrag in den Anwendungsbereich von [X.]. b der Vereinbarung vom 23. Februar 2012 fällt.

a) Die Vereinbarung dient nach dem ersten Absatz ihrer [X.] dem Zweck, eine einheitliche Handhabung von Anträgen auf Genehmigung eines [X.] (jetzt: einer Investitionsmaßnahme) zu erreichen. Hierzu sollen gegebenenfalls bereits erteilte und gerichtlich angegriffene Genehmigungen angepasst werden. Darüber hinaus soll sich die Vereinbarung auch auf das zukünftige Vorgehen der [X.] bei positiven Genehmigungen auswirken.

Hieraus hat das Beschwerdegericht zutreffend die Schlussfolgerung gezogen, dass in den Anwendungsbereich der Vereinbarung nicht nur die in der [X.] aufgeführten Verfahren f[X.], in denen die [X.] im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits über den Antrag entschieden hatte, sondern auch alle Verfahren, in denen der Antrag bei Vertragsschluss noch bei der [X.] anhängig war oder nach Vertragsschluss anhängig wird.

Dies steht in Einklang mit dem in [X.] vereinbarten Rechtsmittelverzicht, der sich ohne zeitliche Einschränkungen auf zukünftige Genehmigungen bezieht.

b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bezieht sich die für den Streitfall ausschlaggebende Regelung in Nr. 4 der Vereinbarung ebenfalls nicht nur auf Anträge, über die die [X.] bei Vertragsschluss bereits entschieden hatte. Einbezogen sind vielmehr jedenfalls auch alle Anträge, die bei Vertragsschluss bei der [X.] anhängig waren.

Eine isolierte Betrachtung des ersten Absatzes von Nr. 4, in dem nur von der zeitnahen Neubescheidung die Rede ist, könnte zwar möglicherweise die Schlussfolgerung nahelegen, dass die in den weiteren Absätzen von Nr. 4 getroffenen Festlegungen nur für Anträge gelten sollen, über die die [X.] bei Vertragsschluss bereits entschieden hatte. Die für den Streitfall ausschlaggebende Bestimmung in [X.]. b bezieht sich aber auf die "(Neu-) Bescheidung" von Anträgen. Dem ist zu entnehmen, dass die dort normierten Regeln nicht nur für die Neubescheidung der im ersten Absatz genannten Anträge, sondern jedenfalls auch für die erstmalige Bescheidung der bei der [X.] anhängigen Anträge gelten sollen.

Dies steht in Einklang mit dem in der [X.] ausdrücklich festgelegten Zweck, eine einheitliche Regelung nicht nur für die bereits bei Gericht anhängigen, sondern auch für alle weiteren Verfahren zu treffen. Eine einheitliche Regelung in diesem Sinne lag auch deshalb nahe, weil die Unterschiede im Verfahrensstand ausweislich der [X.] nicht auf sachlichen Gesichtspunkten beruhten, sondern auf der hohen Zahl der eingereichten Anträge.

4. Entgegen der Auffassung des [X.] betrifft die im Streitfall zu beurteilende Maßnahme nicht die Anbindung einer Offshore-Anlage im Sinne der in [X.]. b Var. i normierten Ausnahme.

a) Zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings entschieden, dass der Wortlaut der Vereinbarung insoweit keinen eindeutigen Aufschluss gibt.

Die Formulierung "Offshore-Anbindungen" weist zwar Ähnlichkeiten mit dem in § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 [X.] aF verwendeten Begriff "Leitungen zur Netzanbindung von Offshore-Anlagen" auf. Sie lässt aus sich heraus aber nicht erkennen, ob es sich nur um eine auf dieses [X.] bezogene Kurzbezeichnung handelt oder ob damit ein umfassenderer Tatbestand formuliert werden soll.

Die von der Rechtsbeschwerde angeführten Unterschiede im Sinngehalt der Begriffe "Anbindung" und "Verbindung" führen ebenfalls nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht verkennt, kann sich die Bedeutung dieser Begriffe überschneiden. Welche Bedeutung ihnen im Zusammenhang mit der für den Streitfall maßgeblichen Vereinbarung zukommen soll, lässt sich allein anhand des Wortlauts nicht beurteilen.

b) Ein systematischer Vergleich mit dem in [X.]. b Var. ii verwendeten Begriff "Netzanbindung von [X.]" führt ebenfalls nicht zu einem eindeutigen Ergebnis.

Dieser Begriff weist formal zwar noch weitergehende Ähnlichkeiten mit der Formulierung aus § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 [X.] aF auf. Auch dies lässt indes nicht den sicheren Schluss zu, dass damit dasselbe gemeint ist.

c) Aus dem Sinn und Zweck der Vereinbarung und der darin gewählten Regelungstechnik ergibt sich, dass beide Formulierungen Vorhaben betreffen, die nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 [X.] aF genehmigungsfähig sind.

aa) Die Vereinbarung dient dem Zweck, einheitliche und teilweise pauschalierende Regelungen für die Behandlung von Anträgen auf Genehmigung von Investitionsmaßnahmen zu treffen. Dies legt es nahe, in der Vereinbarung verwendete Begriffe möglichst in Übereinstimmung mit den für die Genehmigung maßgeblichen Regeln in § 23 [X.] auszulegen.

Hierfür spricht auch der Umstand, dass die in Frage kommenden Projekte in der Vereinbarung anhand abstrakter Kriterien in einzelne Gruppen aufgeteilt werden. Diese Aufteilung entspricht zwar nicht in jeder Hinsicht der Aufzählung der [X.]e in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF. Soweit Begriffe verwendet werden, die sich erkennbar an eines dieser [X.]e anlehnen, liegt jedoch die Annahme nahe, dass sich die Vereinbarung auf das betreffende [X.] bezieht. Den Vertragsparteien hätte es zwar freigestanden, hiervon abweichende Abgrenzungen vorzunehmen. Dies hätte die Komplexität der Regelung aber zusätzlich erhöht und wäre deshalb in Widerspruch zu dem Zweck der Vereinbarung gestanden, die gerade auf die Lösung aufgetretener Zweifelsfragen gerichtet war.

bb) Dem Umstand, dass § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF nach der Rechtsprechung des Senats nicht nur die eigentlichen Netzanbindungsleitungen erfasst, sondern auch alle übrigen für den Netzanschluss einer Offshore-Anlage an den Verknüpfungspunkt des Übertragungsnetzes erforderlichen Maßnahmen einschließlich aller in diesem Zusammenhang für den sicheren Netzbetrieb erforderlichen, direkt zurechenbaren Einrichtungen ([X.], Beschluss vom 12. Juli 2016 - [X.] 10/15, [X.], 266 Rn. 18), kommt vor diesem Hintergrund keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich zwar, dass dem [X.] dienende Anlagen wie etwa der [X.] zu den genehmigungsfähigen Maßnahmen gehören können, wenn sie für die sichere Anbindung der Offshore-Anlage erforderlich sind. Darunter f[X.] aber nur solche Maßnahmen, die erforderlich sind, damit die Anbindung der Offshore-Anlage den gesetzlichen Anforderungen entspricht, nicht aber darüber hinausgehende Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Versorgungssicherheit.

Im Streitfall sind, wie auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht, weder die von der Maßnahme betroffenen Verbindungsleitungen noch der [X.] erforderlich, um einen der drei Windparks hinreichend sicher mit dem Übertragungsnetz zu verbinden. Die Maßnahme dient vielmehr dem Ausbau von [X.]. Die dadurch geschaffene Möglichkeit, den erzeugten Strom wahlweise in zwei unterschiedliche Übertragungsnetze einzuspeisen und Strom von einem Übertragungsnetz in das andere zu transportieren, kann zwar insbesondere im Falle von Versorgungsengpässen oder beim Ausfall einer der beiden Verbindungen von erheblichem Vorteil sein. Sie ist zur Anbindung der Windparks dennoch nicht erforderlich. Deshalb wäre die Maßnahme, wie auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht, nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 [X.] aF nicht genehmigungsfähig gewesen.

cc) Entgegen der Auffassung des [X.] führt der Umstand, dass die Anbindung einer Offshore-Anlage typischerweise nicht mit dem Ersatz vorhandener Einrichtungen einhergeht, nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die in Variante i vorgesehene Ausnahme für Offshore-Anbindungen auf der Erwägung beruht, dass solche Projekte typischerweise keinen [X.] aufweisen. Dieser Gesichtspunkt allein rechtfertigte es nach der getroffenen Regelung jedenfalls nicht, andere Projekte, die typischerweise ebenfalls keinen [X.] aufweisen, in gleicher Weise zu behandeln.

Aus den Festlegungen zu Variante ii ist zu entnehmen, dass die Vertragsparteien auch hinsichtlich anderer Gruppen von Projekten von einem typischerweise bei 0 % liegenden [X.] ausgegangen sind, ohne diese vom Anwendungsbereich der Variante i auszunehmen. Letzteres ist schon deshalb folgerichtig, weil die Regelung in Variante i eine Pauschalierung vorsieht, die grundsätzlich nur dann sachlich gerechtfertigt erscheint, wenn der [X.] bei einigen der erfassten Projekte eher oberhalb und bei anderen eher unterhalb des vereinbarten Prozentsatzes liegt.

dd) Der vom Beschwerdegericht ergänzend herangezogene Gesichtspunkt des [X.] spricht zwar entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht gegen, sondern eher für die vom Beschwerdegericht vorgenommene Auslegung. Dennoch kommt auch ihm keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

Hierbei ist unerheblich, in welcher Weise die im Streitfall zu beurteilende Maßnahme refinanziert wird. Die Regelung in Variante i beruht auch insoweit auf einer typisierenden Betrachtungsweise. Gerade dieser Aspekt spricht jedoch gegen eine weite Auslegung des Begriffs "Offshore-Anbindung".

Wenn überhaupt von einem Erfahrungssatz ausgegangen werden kann, dass typischerweise eine besondere Refinanzierungssituation besteht, die gegen den Ansatz eines [X.]s spricht, so kommt dies nur für Projekte in Betracht, die eine gewisse Typizität aufweisen. Hierzu gehören insbesondere die in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF aufgezählten [X.]e. Das im Streitfall zu beurteilende Projekt betrifft hingegen auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin eher einen Ausnahmefall.

III. [X.] beruht auf § 90 Satz 1 und 2 [X.], die Festsetzung des [X.] auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.

Meier-Beck     

      

Grüneberg     

      

Bacher

      

Sunder     

      

Deichfuß     

      

Meta

EnVR 20/17

09.10.2018

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 18. Januar 2017, Az: VI-3 Kart 191/14 (V), Beschluss

§ 62 S 2 VwVfG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 88 Abs 2 EnWG, § 546 ZPO, § 23 Abs 1 ARegV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.10.2018, Az. EnVR 20/17 (REWIS RS 2018, 3072)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3072

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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