Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.08.2012, Az. XII ZR 97/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4010

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 97/10
Verkündet am:

8. August 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §
1570 Abs.
2
Die Belastung des betreuenden Elternteils durch berufliche Ausbildungs-, Fortbil-dungs-
oder Qualifizierungsmaßnahmen (hier: Habilitationsverfahren) stellt keinen elternbezogenen Grund im Sinne des §
1570 Abs.
2 [X.] dar.
[X.], Urteil vom 8. August 2012 -
XII ZR 97/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
August 2012
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose und die Richter
Weber-Monecke,
Schilling,
Dr.
Günter
und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 11.
Zivilsenats -
3.
[X.] für Familiensachen
-
des [X.]s [X.] vom 6.
Juli 2010 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage für die [X.] ab 13.
November 2008 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind rechtskräftig geschiedene Eheleute und streiten in ei-nem Abänderungsverfahren um nachehelichen Unterhalt.
Sie schlossen 1997 die Ehe, aus der eine am 19.
Dezember 1998 gebo-rene Tochter hervorgegangen ist. Das Kind hat seinen Lebensmittelpunkt im Haushalt der [X.]. Diese ist promovierte Kunsthistorikerin und arbeitete bis Februar 2010 halbschichtig als Angestellte an der [X.]. Seitdem war sie nach den Feststellungen des [X.]s arbeitslos.
Bereits vor der 1
2
-
3
-
Ehe hatte die Beklagte damit begonnen, sich zu habilitieren. Die [X.] hat sie im Juni 2010 vorgelegt. Das anschließende Prüfungsverfahren war zur [X.] der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht abgeschlossen.
Durch
Urteil des [X.]s vom 26.
Juni 2007 wurde der Kläger unter anderem verurteilt, an die Beklagte vom 1.
Juni 2007 bis zum 31.
Dezem-ber 2013 Betreuungsunterhalt in Höhe von monatlich 1.173

Juni 2007
bis 31.
Dezember 2011 weiteren Aufstockungsunterhalt in Höhe von mo-natlich 1.383

e-darf von rund 4.371

-
zeitweise fiktives
-
Er-werbseinkommen der [X.] aus einer halbschichtigen Tätigkeit nach [X.] eines Erwerbstätigenbonus (rund 1.497

sowie Zinseinkünfte (318

an-gerechnet wurden, so dass ein offener Bedarf von rund 2.556

Mit der am 13.
November 2008 zugestellten Klage erstrebt der Kläger den Wegfall der Unterhaltspflicht für die [X.] ab 1.
Januar 2008. Er vertritt die Auffassung, im Hinblick auf die zu diesem [X.]punkt in [X.] getretenen Ände-rungen des Unterhaltsrechts nicht mehr zu Leistungen an die [X.] zu sein.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des [X.], mit der er sein Klagebegehren weiter verfolgt.
3
4
5
-
4
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt hinsichtlich des [X.]raums ab 13.
November 2008 zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.
Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der [X.] stehe auch unter
Berücksichtigung der zum 1.
Januar 2008 erfolgten Rechtsänderung Betreuungsunterhalt in der ausgeurteilten Höhe zu. Allerdings könnten kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des [X.] gemäß §
1570 [X.] nicht festgestellt werden. Die Tochter [X.] montags bis donnerstags bis 16.00
Uhr in der Schule betreut; außerdem biete die Schule eine Förderung durch sieben zusätzliche Übungsstunden an, durch die die Hausaufgaben ersetzt würden. Darüber hinaus seien [X.] nur noch ausnahmsweise zu erledigen, so dass sich der Einsatz der [X.] für die schulischen Belange der Tochter im normalen Bereich halte. Der Umstand, dass die Beklagte bei Ausübung einer Vollzeittätigkeit erst nach 18.00
Uhr nach [X.] käme, genüge angesichts des Alters des Kindes nicht für einen kindbezogenen Verlängerungsgrund. Die Tochter habe ihrem Alter entsprechend so selbständig gewirkt, dass sie auch mehrere Stunden allein
zu [X.] bleiben könne. Wegen ihrer
verschiedenen Freizeitaktivitäten sei sie im Übrigen nachmittags weitgehend beschäftigt.
Ein Wegfall des [X.] bereits ab Januar 2008 komme schon im Hinblick auf §
36 Nr.
1 EGZPO nicht in Betracht, da die Beklagte auf-6
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-
5
-
grund der vorausgegangenen Entscheidung darauf habe vertrauen dürfen, mit ihrer [X.] ihrer Erwerbsobliegenheit zu genügen. Ab wann dieses Vertrauen nicht mehr schutzwürdig sei, bedürfe keiner Entscheidung. Da die ehelichen Lebensverhältnisse davon geprägt gewesen seien, dass die Beklagte sich habe habilitieren sollen, sei die zusätzliche Belastung durch das Habilitati-onsverfahren als elternbezogener Grund im Sinne des §
1570 Abs.
2 [X.]
für eine Verlängerung des [X.] gegeben. Denn durch diese ne-ben der Betreuung des Kindes und der Haushaltsführung bestehende Belas-tung sei die Beklagte gehindert gewesen, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Zwar habe sie nach dem Wechsel des [X.] bis zur Einreichung der Habilitationsschrift über neun Jahre benötigt. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass sie während eines großen Teils dieses [X.]raums halbtags berufstätig gewesen sei, in einem erheblichen Umfang die Tochter betreut habe und sie durch die vielfältigen, zwischen den Parteien geführten Verfahren belastet gewesen sei, wodurch sich die Fertigstellung der [X.] verzögert habe. Diese
zusätzliche Belastung werde zu einem
nicht feststellbaren [X.]punkt durch den Abschluss des [X.]. Bis dahin könne die Beklagte Betreuungsunterhalt beanspruchen. Da die-ser
einer
Befristung nicht zugänglich sei, könne keine von der vorausgegange-nen Entscheidung abweichende Befristung erfolgen.
Auch der Höhe nach ergebe sich hinsichtlich des [X.] kein Abänderungsgrund. Die Beklagte habe belegt, dass das Nettoeinkommen, das ihr in dem vorausgegangenen Rechtsstreit zugerechnet worden sei, demje-nigen einer
Dreiviertelstelle entspreche. Dass sie anderweit mehr verdienen könne, sei nicht ersichtlich.
Hinsichtlich des [X.] scheide eine Abänderung aus, da sich seit Schluss der mündlichen Verhandlung in dem vorausgegangenen 10
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-
6
-
Rechtsstreit die für eine Befristung wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht geändert hätten. Der Aufstockungsunterhalt sei gemäß §
1573 Abs.
5 [X.] unter Beachtung der vom [X.] entwickel-ten Grundsätze befristet worden. Insoweit sei ausgeführt worden, dass die [X.] durch die Ehe und die Kindererziehung keine ehebedingten Nachteile erfahren habe, sondern sich ihr Lebensstandard gebessert habe.
Deshalb sei ihr nach einer Übergangszeit eine Reduzierung ihrer finanziellen Verhältnisse auf den Lebensstandard zuzumuten, den sie vor der Ehe gehabt habe.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Abänderungsklage ausgegangen.
Auf das im Juli 2008 eingeleitete Verfahren ist nach Art.
111 Abs.
1 Satz
1, 2 [X.] das vor dem 1.
September 2009 geltende Recht anzuwen-den. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage ergibt sich aus §
323 ZPO aF, oh-ne dass es eines Rückgriffs auf die insoweit nur klarstellende Regelung in §
36 Nr.
1 EGZPO bedarf (vgl. [X.]surteil [X.]Z 183, 197 =
FamRZ 2010, 111 Rn.
16).
Der Kläger hat sich für die Abänderung vor allem auf die gesetzliche Neuregelung des §
1570 [X.] berufen. Dass sowohl eine Gesetzesänderung als auch eine Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso wie Veränderungen der entscheidungserheblichen Tatsachen zur
Ab-änderung einer rechtskräftigen Unterhaltsentscheidung berechtigen, ist in der 12
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-
Rechtsprechung anerkannt
und nunmehr in §
238 Abs.
1 Satz
2 FamFG, §
323 Abs.
1 Satz
2 ZPO nF auch gesetzlich klargestellt worden (vgl. [X.]surteile vom 29.
September 2010 -
XII
ZR
205/08
-
FamRZ 2010, 1884
Rn.
16
und vom 29. Juni 2011 -
XII
ZR
157/09 -
FamRZ 2011,
1721 Rn.
17).
2. Die Abänderungsklage führt jedoch nicht zu einer Herabsetzung des Unterhalts für die [X.] vor dem 13.
November 2008. Nach §
323 Abs.
3
Satz
1 ZPO aF darf ein Urteil nur für die [X.] nach Erhebung der Klage abgeändert werden. Soweit §
323 Abs.
3
Satz
2 ZPO aF hiervon Ausnahmen vorsieht und eine rückwirkende Abänderung zulässt, gilt dies nur für Abänderungsbegehren von [X.], nicht dagegen für solche von Unterhaltsschuldnern. Insofern ermöglicht §
323 Abs.
3 ZPO aF deshalb keine rückwirkende Reduzie-rung der Unterhaltspflicht ([X.]/Vollkommer ZPO 27.
Aufl. §
323 Rn.
35; [X.]/[X.]/Brudermüller Eherecht 4.
Aufl. §
323 Rn.
117). Da die [X.] erst am 13.
November 2008 erhoben worden ist (vgl. §
253 Abs.
1 ZPO), scheidet eine Abänderung für den davor liegenden [X.]raum aus.
3. Das Berufungsgericht ist -
ebenso wie in der Vorentscheidung
-
davon ausgegangen, dass sich der Unterhaltsanspruch der [X.] nicht in vollem Umfang aus §
1570 [X.] (Betreuungsunterhalt) sondern zum Teil auch aus §
1573 Abs.
2 [X.] (Aufstockungsunterhalt) ergibt. Das steht mit der Recht-sprechung des [X.]s in Einklang. Da die Beklagte nach Auffassung des [X.] durch die Betreuung des Kindes nicht an einer teilschichtigen Er-werbstätigkeit gehindert ist, beruht der Anspruch nur insoweit auf §
1570 [X.], als sie wegen der Kinderbetreuung keiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit nach-gehen kann. Der Anspruch im Übrigen ergibt sich aus §
1573 Abs.
2 [X.] (vgl. [X.]surteile vom 18.
April 2012 -
XII
ZR
65/10
-
FamRZ 2012, 1040 Rn.
15 [X.] und vom 21.
April 2010 -
XII
ZR
134/08
-
FamRZ 2010, 1050 Rn.
41).
16
17
-
8
-
4. Das Berufungsgericht hat eine Erwerbsobliegenheit der Klägerin im Umfang einer vollschichtigen Tätigkeit auch nach der seit Inkrafttreten des [X.] vom 21.
Dezember
2007 am 1.
Januar 2008 geänderten Rechtslage verneint.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s bestimmt sich die Erwerbsob-liegenheit des kinderbetreuenden
Ehegatten im Rahmen von §
1570 [X.] nach folgenden Grundsätzen:
[X.]) Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des [X.] über das vollendete dritte Lebensjahr hinaus kann sich der betreuende Elternteil aus kindbezogenen Gründen nach §
1570 Abs.
1 Satz
2 und 3 [X.] nicht auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen, soweit das Kind eine kindgerechte Betreuungseinrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Umstände besuchen könnte. Im [X.] ist demnach zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kinderbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder gesichert werden könnte (st. Rspr., vgl. [X.]surteile vom 18.
April 2012 -
XII
ZR
65/10
-
FamRZ 2012, 1040 Rn.
18
f. [X.] und [X.]Z 180, 170 =
[X.], 770 Rn.
27).
[X.]) Soweit die Betreuung des Kindes sichergestellt ist oder dieses im Hinblick auf seine
Entwicklung zeitweise sich selbst überlassen werden kann, verlängert sich der Unterhaltsanspruch, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht

1570 Abs.
2 [X.]). Insoweit können einer
Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils elternbezogene Gründe entgegenstehen ([X.]surteile [X.]Z 180, 170 =
[X.], 770 Rn.
31
f. und vom 16.
Juli 2008 -
XII
ZR
109/05
-
FamRZ 2008, 1739 Rn.
100). Diese 18
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-
9
-
Gründe für eine Verlängerung des [X.] rechtfertigen sich aus der nachehelichen Solidarität. Maßgeblich ist dabei
das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemein-same Ausgestaltung der Kinderbetreuung. So kann etwa einem geschiedenen
Ehegatten, der im Interesse der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit [X.] aufgegeben oder zurückgestellt hat, ein längerer Anspruch auf Betreu-ungsunterhalt eingeräumt werden als einem Ehegatten, der von vornherein [X.] wieder in den Beruf zurückkehren wollte (BT-Drucks. 16/6980 S.
9). Unter diese
Ausprägung des [X.] fällt nach der Rechtsprechung des [X.]s auch der Gesichtspunkt, dass die verlangte oder ausgeübte Erwerbstä-tigkeit neben dem nach der Fremdbetreuung eines Kindes verbleibenden Anteil an Erziehungs-
und Betreuungsaufgaben nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreffenden Elternteils führen darf ([X.]surteil [X.]Z 180, 170 =
[X.], 770 Rn.
32).
b) Diesen Vorgaben trägt die angefochtene Entscheidung
nicht in jeder Hinsicht Rechnung.
[X.]) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen kindbezogener Gründe für eine Verlängerung des [X.] (§
1570 Abs.
1 [X.]) allerdings im Hinblick auf die bestehenden und in Anspruch genommenen Fremdbetreu-ungsmöglichkeiten, auch im Rahmen der umfangreichen Freizeitaktivitäten des Kindes, verneint. Dagegen ist auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Auch die Revision nimmt diese ihr günstige Beurteilung hin.
[X.]) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, eine Verlängerung des [X.] entspreche aus elternbezogenen Gründen der Billig-keit, begegnet dies indessen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die hierfür 22
23
24
-
10
-
angeführte zusätzliche Belastung der [X.] durch das Habilitationsverfah-ren stellt in diesem Zusammenhang keinen Grund dar, der eine längere Dauer des [X.] rechtfertigt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss es sich um Umstände handeln, die unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit in der Ehe von Bedeutung sind. Die [X.] weist darauf hin, dass das Vertrauen in die vereinbarte und so auch gehandhabte Rollenverteilung hinsichtlich der Kinderbetreuung ge-schützt werden soll. Die Beklagte hat von einer weitergehenden Erwerbstätig-keit aber nicht allein im Interesse des Kindes abgesehen, sondern auch um ihre Habilitationsschrift fertig stellen zu können. Der zeitliche Aufwand und der [X.], die sie insoweit von einer Erwerbstätigkeit haben absehen lassen, dienten ihren eigenen beruflichen Interessen und nicht denjenigen des Kindes.
Deshalb stellen
Ausbildungs-, Fortbildungs-
oder Qualifizierungsmaßnahmen keinen el-ternbezogenen Grund im Sinne des §
1570 Abs.
2 [X.] dar. Maßgebend [X.] solche Umstände vielmehr für die Frage einer angemessenen Erwerbstä-tigkeit im Sinne des §
1574 [X.] oder für die Gewährung von Ausbildungsun-terhalt nach §
1575 [X.] sein. Im Zusammenhang mit einer Verlängerung des [X.] kommt hier auch dem Gesichtspunkt einer überobligati-onsmäßigen Belastung keine Bedeutung zu. Denn eine solche ergibt sich nach den getroffenen Feststellungen nicht aus Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung, sondern erst aus der Verfolgung der beruflichen Ziele.
Andere Umstände für eine Verlängerung des [X.] nach §
1570 Abs.
2 [X.] hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
cc) Soweit das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf §
36 Nr.
1 EGZPO
erwogen hat, dass die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Unterhaltsanspruchs habe, vermag dies die getroffene Entschei-dung zum Betreuungsunterhalt ebenfalls nicht zu rechtfertigen.
25
26
-
11
-
Voraussetzung für die Abänderung eines vor dem 1.
Januar 2008 rechts-kräftig gewordenen Urteils ist gemäß §
36 Nr.
1 EGZPO unter anderem, dass die Änderung dem anderen Teil -
hier also der [X.]
-
unter Berücksichti-gung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Dieser Ge-sichtspunkt ist bereits bei der Prüfung der Billigkeit einer Verlängerung nach §
1570 Abs.
1 Satz
2 und 3, Abs.
2 [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.]surteile
vom 20.
Oktober 2010 -
XII
ZR
53/09
-
FamRZ
2010, 2059 Rn.
38
und vom 8.
Juni 2011 -
XII
ZR
17/09
-
FamRZ 2011, 1381 Rn.
23 für §
1578
b [X.]). [X.] geht es entscheidend
um die Frage, wie sehr sich der Unterhaltsberechtigte auf den zur Überprüfung gestellten Unterhaltstitel verlassen darf. Insofern ist allerdings zum einen zu beachten, dass ein Unterhaltstitel
nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich abänderbar ist.
Zum anderen war das neue Unter-haltsrecht schon lange [X.] vor seinem Inkrafttreten bekannt und öffentlich dis-kutiert worden. Schon deshalb durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass der Kläger nicht eine Möglichkeit nutzen würde, um die Unterhaltspflicht zu [X.] oder
herabzusetzen. Dass die Beklagte im Vertrauen auf den [X.] des [X.] Dispositionen getroffen hätte, die rückgängig zu ma-chen ihr nicht oder
nicht zugleich möglich oder zumutbar waren (vgl. [X.]sur-teile vom 29.
Juni 2011 -
XII
ZR
157/09
-
FamRZ 2011, 1721 Rn.
26 und vom 8.
Juni 2011 -
XII
ZR
17/09
-
FamRZ 2011, 1381 Rn.
23) ist nicht festgestellt. Das Vertrauen, die zuletzt ausgeübte [X.] wieder aufnehmen zu dürfen, kann hierzu schon deshalb nicht gerechnet
werden, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass diese
Entscheidung nicht zugunsten einer weitergehenden Beschäftigung hätte geändert werden können.
Da
die angestellten Erwägungen die Entscheidung nicht tragen, kann das angefochtene Urteil bezüglich des
[X.] keinen Bestand haben.
27
28
-
12
-
5. Hinsichtlich des der [X.] in der vorausgegangenen Entscheidung zuerkannten [X.] (§
1573 Abs.
2 [X.]) hängt die Abände-rung im Sinne eines Wegfalls der Unterhaltspflicht davon ab, ob die vom Kläger geltend gemachte Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten ist. Das ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht der Fall.
Eine Rechtsänderung, die den Kläger berechtigen könnte, eine Abände-rung in diesem Sinne zu verlangen, ist nicht erfolgt. Die Einführung des §
1578
b [X.] durch das [X.] und die seit der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren veröffentlichte Rechtsprechung des [X.]s haben hinsichtlich des in Rede stehenden [X.] die Rechtslage seit dem Vorprozess im Jahr 2007 nicht entscheidend geändert
(vgl. [X.]surteil vom 8.
Juni 2011 -
XII
ZR
17/09
-
FamRZ 2011, 1381 Rn.
21). Die maßgebliche Änderung seiner Rechtsprechung hat der [X.] hinsichtlich der Gewichtung von Ehedauer und ehebedingten Nachteilen im Rahmen der Befristung (§
1573 Abs.
5 [X.]) bereits durch sein Urteil vom 12.
April 2006 (XII
ZR
240/03
-
FamRZ 2006, 1006) vollzogen. In dieser Entscheidung hat er im Gegensatz zu seiner vorausgegangenen Rechtsprechung die Ehedauer in ihrer Bedeutung nicht mehr anderen Billigkeitskriterien vorangestellt. Er hat für die Entscheidung über die Befristung das maßgebliche Gewicht auf die mit der Ehe verbundenen (Erwerbs-)Nachteile für den Unterhaltsberechtigten gelegt.
Die Grundsätze der [X.]srechtsprechung hat das Berufungsgericht bei der Entscheidung über die Befristung des [X.] herangezo-gen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser Unterhalt bis Dezember 2011 zu befristen sei, weil der [X.] keine ehebedingten Nachteile entstanden seien. Dass sich insoweit eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse er-geben hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne dass die Revision 29
30
31
-
13
-
dies mit der Verfahrensrüge angreift. Deshalb kann der Kläger mit seiner Abän-derungsklage keinen früheren Wegfall des [X.] erreichen.
6. Die Revision beanstandet allerdings zu Recht, dass das Berufungsge-richt nicht geprüft hat, ob sich hinsichtlich der Höhe des [X.] wesentliche Veränderungen ergeben haben. Der Kläger hat geltend gemacht, dass der bei der konkreten [X.] berücksichtigte Betrag von 100

Babysitter im Hinblick auf das Alter des Kindes nicht mehr in Ansatz zu bringen sei. Dazu sind
Feststellungen nicht getroffen worden.

Darüber hinaus hat der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils ent-schieden, dass
bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der [X.] nicht gekürzt um einen [X.], sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen ist ([X.]surteil vom 10.
November 2010

XII
ZR
197/08
-
FamRZ 2011, 192 Rn.
26
ff.). Insofern ergibt sich jedenfalls eine wesentliche Abweichung vom Rechenwerk der vorausgegangenen Ent-scheidung, in der zugunsten der [X.] ein Erwerbstätigenbonus berück-sichtigt worden ist. Die Entscheidung zum Aufstockungsunterhalt kann deshalb im Ergebnis ebenfalls keinen Bestand haben.
7. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es
hierzu weiterer Feststellungen
insbesondere zu der Frage bedarf, ob der [X.] ein Anspruch auf Erwerbslosenunterhalt nach §
1573 Abs.
1 [X.] zu-steht. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das

32
33
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-
14
-

[X.] zurückzuverweisen. Dieses wird im weiteren Verfahren ge-gebenenfalls auch dem Vorbringen der [X.] nachzugehen haben, die ihr angerechneten Zinseinkünfte in Höhe von 3
% seien nicht mehr erzielbar.

Dose

Weber-Monecke

Schilling

Günter

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.06.2009 -
35 F 242/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 06.07.2010 -
11 UF 497/09 -

Meta

XII ZR 97/10

08.08.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.08.2012, Az. XII ZR 97/10 (REWIS RS 2012, 4010)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4010

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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