Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2014, Az. XII ZB 185/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2470

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII [X.]/13
Verkündet am:

1. Oktober 2014

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§
1570, 1573, 1609 Nr.
2
a)
Soweit das Einkommen eines Ehegatten, der ein Kind betreut, als aus über-obligatorischer Erwerbstätigkeit stammend unberücksichtigt zu bleiben hat, kommt ein Unterhaltsanspruch aus §
1570 BGB in Betracht.
b)
Besteht ein Teilunterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt und ein weiterer [X.] aufgrund eines anderen [X.], unterfällt der [X.] dem Rang des §
1609 Nr.
2 BGB.
BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2014 -
XII [X.]/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat
auf die mündliche Verhandlung vom 1.
Oktober 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke
und [X.], Dr.
Nedden-Boeger und [X.]
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Be-schluss des 3.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 15.
März 2013 im Kostenpunkt und insoweit auf-gehoben, als der Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts für die Zeit vom 25.
Juli 2013 bis zum 30.
Juni 2015 abgewiesen [X.] ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
A.
Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller
im Scheidungsverbund noch auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch.
Die Ehegatten heirateten am 2.
August 2002; der Scheidungsantrag wurde am 9.
Juni 2011 zugestellt. Aus der Ehe sind die Töchter E., geboren am 1
2
-
3
-
18.
Oktober 2003,
und M., geboren am
3.
August 2005, hervorgegangen, die seit dem Auszug der Antragsgegnerin
aus dem als Ehewohnung dienenden Haus bei dieser leben.
Der Antragsteller
ist angestellter Architekt. Er ist seit dem 25.
Juli 2012 Vater einer weiteren Tochter
G. [X.] war vor dessen [X.] berufstätig und bezog bis zum 24.
Juli 2013 Elterngeld.
Die Antragsgegnerin
hat den Beruf der Einzelhandelskauffrau erlernt. Nach einer während des Trennungsjahres ausgeübten geringfügigen Beschäfti-gung arbeitet sie seit Juni 2011 vollschichtig
im Außendienst. Die Kinder der Beteiligten besuchen nach
der Schule eine offene Ganztagseinrichtung und werden anschließend von der Großmutter mütterlicherseits betreut. Diese erhält hierfür ein Entgelt.
Die Antragsgegnerin
hat im Scheidungsverbundverfahren die Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 1.221,22

s-vorsorgeunterhalt und 966,13

hat die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 6.
November 2012), den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller
zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 861

l-tersvorsorgeunterhalt und 692

Juni
2015 verpflichtet. Auf die Beschwerden beider Ehegatten hat das [X.] den [X.] hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts teilweise ab-geändert und den Antragsteller
zeitlich gestaffelt zur Zahlung von Unterhalt in unterschiedlicher Höhe verpflichtet, dabei für die noch streitgegenständliche Zeit vom 25.
Juli 2013 bis zum 30.
Juni 2015 in Höhe von monatlich 228,03

(24,46

u-3
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-
4
-
gelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin
ihr erstinstanzli-ches Begehren im Umfang der Zulassung weiter.

B.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie
führt im Umfang der Anfech-tung zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und insoweit zur Zurückver-weisung der Sache an das Beschwerdegericht.

I.
Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt:
Die Antragsgegnerin
habe gegen den Antragsteller
einen Anspruch auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt nach §
1573 Abs.
2 BGB. Der Anspruch richte sich dagegen nicht nach §
1570 BGB, weil die
Antragsgegnerin
weder aus kind-
noch aus elternbezogenen Gründen an einer Erwerbstätigkeit gehin-dert sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sie tatsächlich vollschichtig er-werbstätig sei, weshalb sie nicht wegen der Notwendigkeit der Pflege oder Er-ziehung eines Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Allein der [X.], dass die Antragsgegnerin
auf verschiedene Betreuungsmöglichkeiten zurückgreifen müsse, um eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu [X.], führe nicht zu einem Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn auf Seiten des betreuenden Berechtigten sämtliche Kinderbetreuungskosten einkommensmindernd anerkannt würden, weil dies nicht nur beim Betreuungsunterhalt, sondern auch beim Aufsto-6
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5
-
ckungsunterhalt gelte. Am Charakter des Unterhaltsanspruchs ändere dies nicht einmal dann etwas, wenn die volle Erwerbstätigkeit des Elternteils überob-ligatorisch wäre. Eine
überobligatorische Tätigkeit würde mit einem Betreu-ungsbonus honoriert, der anrechnungsfrei bliebe und sich daher ebenso wie konkrete Betreuungskosten lediglich auf die Berechnung des Unterhalts [X.].
Ab dem 25.
Juli 2013 reduziere sich der Unterhaltsanspruch der An-tragsgegnerin, weil von da an neben dem Kindesunterhalt ein Unterhaltsan-spruch der Mutter des Kindes
G. vorrangig einkommensmindernd in Abzug zu bringen sei. Der Antragsteller
habe ausreichend konkret vorgetragen, dass er künftig an die Kindesmutter Unterhalt nach §
1615
l BGB zu zahlen habe. Er habe den Elterngeldbescheid sowie die Gehaltsnachweise der Mutter für die Zeit vor der Geburt vorgelegt, sodass der Unterhalt berechnet werden könne. Es sei hinreichend sicher
absehbar,
dass die Mutter das Kind
G. auch nach Ab-lauf des [X.] betreuen werde, weil der betreuende Elternteil [X.] der ersten [X.] nicht auf eine Fremdbetreuung verwiesen werden dürfe. Für den Fall, dass die Mutter wider Erwarten ab dem 25.
Juli 2013 einer Erwerbstätigkeit unter Inanspruchnahme einer Fremdbetreuung nachgehen sollte, wäre die Antragsgegnerin
auf die Möglichkeit eines Abänderungsverfah-rens zu verweisen.
Von dem bereinigten Nettoeinkommen des Antragstellers von 4.421,97

verbleibe nach Abzug des Kindesunterhalts für die drei Kinder, des Erwerbstäti-genbonus und des Unterhalts der nichtehelichen Mutter ein Betrag von 1.449,05

und den Erwerbstätigenbonus bereinigten Nettoeinkommens der Antragsgegne-rin
von 1.220,01

Altersvorsorge-
und Elementarun-9
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6
-
terhalt von insgesamt 228,03

Befristung des Unterhalts bis zum 30.
Juni 2015 sei nicht zu beanstanden.

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Umfang des Angriffs durch die Rechtsbeschwerde nicht stand.
1. Die Antragsgegnerin
hat im Rechtsbeschwerdeverfahren beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit sie beschwert ist und das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Die Rechtsbe-schwerde ist zugelassen worden hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs ab dem 25.
Juli 2013 zu der Frage des Vorrangs des Anspruchs der Mutter des Kin-des
G. gemäß §
1615
l BGB gegenüber dem
Anspruch der Antragsgegnerin
aufgrund der Qualifizierung als Aufstockungsunterhalt gemäß §
1573 Abs.
2 BGB. Damit hat das Beschwerdegericht die Zulassung des Unterhaltsan-spruchs auf die Zeit vom 25.
Juli 2013 bis zum 30.
Juni 2015 beschränkt.
Die Ausführungen über die Zulassung der Rechtsbeschwerde verhalten sich zwar nicht zu einem Zeitpunkt, bis zu dem eine Überprüfung ermöglicht werden soll. Eine wirksame Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich nach ständiger Rechtsprechung des [X.] aber auch aus den Ent-scheidungsgründen ergeben (Senatsurteil
BGHZ 153, 358 =
FamRZ 2003, 590
f. und
Senatsbeschluss vom 14.
Mai 2008
XII
ZB
78/07
FamRZ 2008, 1339 Rn.
15 mwN). Das bedeutet allerdings nicht, dass stets allein aus der [X.] eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann in [X.] Fällen vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen mit 11
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7
-
ausreichender Klarheit hervorgeht, dass das Beschwerdegericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur wegen eines abtrennba-ren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (Senatsurteil vom 12.
Juli 2000

XII
ZR
159/98
NJW-RR 2001, 485, 486 und Senatsbeschluss vom 14.
Mai 2008
XII
ZB
78/07
FamRZ 2008, 1339 Rn.
16). Das ist hier indessen der Fall.
Die Frage des Vorrangs des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter stellt sich nur insoweit, als ein Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin
überhaupt besteht. Das trifft nach der Auffassung des [X.] nur bis zum 30.
Juni 2015 zu, weil der Anspruch danach bis zu diesem Zeitpunkt zu befristen ist. Ist in einem Unterhaltsrechtsstreit aber die Rechtsfrage, deretwe-gen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, nur für ei-nen klar begrenzten Zeitraum, für den Unterhalt begehrt wird, erheblich, so liegt regelmäßig die Annahme nahe, das Beschwerdegericht habe die Rechtsbe-schwerde nur hinsichtlich des von der [X.] betroffenen Teils des Unterhaltszeitraums zulassen wollen (Senatsurteil vom 12.
November 2003

XII
ZR
109/01
FamRZ 2004, 612, 613). Entsprechend hat das Beschwerde-gericht die Rechtsbeschwerde im vorliegenden Fall nur insoweit zugelassen, als die Antragsgegnerin
Unterhalt für die Zeit vom 25.
Juli 2013 bis zum 30.
Juni 2015 begehrt. Diesem Verständnis entspricht auch, dass die Rechtsbeschwer-debegründung keine Ausführungen zu der Befristung des Unterhaltsanspruchs enthält.
2. Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der Mutter des Kindes
G. im Rahmen der Beurteilung der Leistungsfähigkeit vor der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Antrags-gegnerin
von dem Einkommen des Antragstellers in Abzug zu bringen wäre, wenn die Mutter dieses Kindes im Rang vorgehen würde (vgl. Senatsurteil 14
15
-
8
-
BGHZ 192, 45 =
[X.], 281 Rn.
48). Einen solchen Vorrang hat das Be-schwerdegericht jedoch nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
a) Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der [X.] außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, so stehen im zweiten
Rang

nach minderjährigen unverheirateten Kindern und Kindern im Sinne von §
1603 Abs.
2 Satz
2 BGB, denen der erste Rang gebührt

unter anderem El-ternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung wären (§
1609 Nr.
1 und 2 BGB). Maßgebend für die Frage des unterhaltsrechtlichen Rangs der Antragsgegnerin
ist danach, ob ihr Betreuungsunterhalt nach §
1570 BGB zusteht.
b) Das Beschwerdegericht hat dies verneint, weil die Antragsgegnerin
tatsächlich vollschichtig erwerbstätig sei. Selbst wenn sie in diesem Umfang überobligationsmäßig arbeite, ändere sich die Beurteilung nicht. Diese
Auffas-sung
teilt der Senat nicht.
aa) Allein aus dem Umfang einer tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit kann nicht geschlossen werden, dass ein Erwerbshindernis in Form der Kinder-betreuung nicht besteht. Wenn der betreuende Ehegatte etwa vollschichtig er-werbstätig ist, obwohl kind-
oder elternbezogene
Gründe (§
1570 Abs.
1 Satz
2 und 3, Abs.
2 BGB)
vorliegen, die einen fortdauernden Unterhaltsanspruch rechtfertigen würden, ist die Tätigkeit als überobligationsmäßig zu bewerten. Ob und in welchem Umfang das Einkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten dann unterhaltsrechtlich
zu berücksichtigen ist, hängt von den besonderen Um-ständen des Einzelfalls ab. Dabei kann die freiwillige Ausübung einer Berufstä-tigkeit ein maßgebendes Indiz für eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeitsmöglichkeit im konkreten Einzelfall sein. Ein überobligatorisch erzieltes Einkommen ist bei der [X.] deshalb nicht von vornherein un-16
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-
9
-
berücksichtigt zu lassen.
Über die Anrechnung ist vielmehr nach [X.] und Glauben unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (Se-natsurteile
BGHZ 162, 384 =
FamRZ 2005, 1154, 1156
und vom 21.
April 2010

XII
ZR
134/08
FamRZ 2010, 1050 Rn.
37). Soweit das Einkommen danach außer Betracht zu bleiben hat, ergibt sich ein Unterhaltsanspruch des [X.] weiterhin aus §
1570 BGB, denn er ist
insoweit wegen der Kinderbetreuung unterhaltsbedürftig.
bb) Das Beschwerdegericht hat sich im Hinblick auf seine hiervon abwei-chende Auffassung nicht die Frage vorgelegt, ob die vollschichtige Erwerbstä-tigkeit der Antragsgegnerin
als überobligationsmäßig zu bewerten ist. Die Rechtsbeschwerde macht insofern unter Hinweis auf das Vorbringen der An-tragsgegnerin
im Beschwerdeverfahren geltend, es lägen kindbezogene Grün-de für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt vor. Beide Kinder litten an der Nierenerkrankung Nephrokalzinose, die eine fortwährende medizinische Überwachung und intensive Betreuung der Kinder erfordere. Ihnen müssten regelmäßig Medikamente verabreicht und eine dem [X.] angemessene Verpflegung zur Verfügung gestellt
werden. Außerdem müssten sie regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen in eine Universitätsklinik gebracht werden. Die Kinder nähmen auch an außerschulischen Freizeitaktivi-täten teil. Beide besuchten das Schwimmtraining, E. nehme Geigen-
und M. Tennisunterricht, weshalb Fahrdienste der Mutter notwendig seien. In dem [X.] Rahmen, der ihr durch die Betreuung der Kinder in der Ganztagseinrich-tung eröffnet werde, könne diese ihre mit erheblichen Fahrleistungen verbun-dene Tätigkeit als
Vertreterin auch nicht ausüben.
[X.]) Danach kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der An-tragsgegnerin
weiterhin Betreuungsunterhalt nach §
1570 BGB zusteht. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsun-19
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terhalts über das vollendete dritte Lebensjahr eines Kindes hinaus
aus kindbe-zogenen Gründen nach §
1570 Abs.
1 Satz
2 und 3 BGB kann sich der betreu-ende Elternteil zwar nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Be-treuung des Kindes berufen, wenn und soweit das Kind eine kindgerechte Be-treuungseinrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen [X.] besuchen könnte. An die Darlegung kindbezogener Gründe sind [X.] keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Dabei sind auch besondere Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere Beschäfti-gungen betreffen, zu beachten. Sofern diese von dem Kind nicht selbständig wahrgenommen werden können, sind vom Unterhaltsberechtigten etwa zu er-bringende Fahr-
und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen. Bei der Frage, ob die Aktivitäten unverändert fortgesetzt werden können, ist auch [X.] abzustellen, in welcher Form diese vom Kind und den Eltern schon zur [X.] durchgeführt wurden. Dies wird allerdings dadurch begrenzt, dass die von dem Elternteil zu erbringenden Betreuungsleis-tungen und sonstigen Tätigkeiten nicht außer Verhältnis zu der dadurch gehin-derten Erwerbstätigkeit stehen dürfen
(Senatsurteil BGHZ 193, 78 =
[X.], 1040 Rn.
21).
Steht der Umfang einer möglichen anderweitigen Kinderbetreuung fest, ist zu berücksichtigen, wie eine ausgeübte oder mögliche Erwerbstätigkeit mit den Zeiten der Kinderbetreuung (einschließlich der Fahrzeiten) vereinbar ist und in welchem Umfang dem Unterhaltsberechtigten in dem dadurch vorgege-benen zeitlichen Rahmen eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist. Daraus können sich insbesondere bei mehreren Kindern Einschränkungen ergeben. Auch die Eigenart der jeweiligen Erwerbstätigkeit ist zu berücksichtigen, etwa wenn es sich um Schichtarbeit handelt oder diese sich ansonsten mit den Zeiten der Kinderbetreuung nur teilweise überschneidet. Inwiefern in diesen Fällen etwa 21
-
11
-
die Hilfe Dritter in Anspruch genommen werden kann, ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen
(Senatsurteil BGHZ
193, 78 =
[X.], 1040 Rn.
22).
Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer
Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils schließlich
teilweise
entgegenstehen, dass die von ihm daneben zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann. Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend re-gelmäßig weitere Erziehungs-
und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes oder der Kinder in un-terschiedlichem Umfang anfallen können (Senatsurteil BGHZ 193, 78 =
[X.], 1040 Rn.
24
mwN). Erst nach Würdigung dieser Gesichtspunkte lässt sich beurteilen, ob die Antragsgegnerin
noch Betreuungsunterhalt beanspru-chen kann.
c) Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin
beruht zwar möglicher-weise nur zum Teil, nämlich soweit ihre vollschichtige Tätigkeit wegen der Kin-derbetreuung gegebenenfalls überobligationsmäßig ist, auf §
1570 BGB und im Übrigen als Aufstockungsunterhalt auf §
1573 Abs.
2 BGB (vgl. Senatsurteil BGHZ 193, 78 =
[X.], 1040 Rn.
15 mwN). Das führt indessen nicht dazu, dass die jeweiligen Teilansprüche verschiedenen Rangstufen zuzuordnen wären, also der [X.] auf Betreuungsunterhalt dem zweiten Rang und ein eventueller Aufstockungsunterhaltsanspruch dem dritten Rang. Für eine solche Differenzierung nach Anspruchsgrundlagen findet sich im [X.] kein Anhaltspunkt. Die Formulierung in §
1609 Nr.
2 BGB "Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind" stellt allein auf die Person des Unterhaltsberechtigten ab. Daraus kann geschlossen werden, dass ohne Rücksicht darauf, ob der Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils 22
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12
-
allein auf der Kinderbetreuung oder zusätzlich auf einem anderen Unterhalts-tatbestand beruht, der [X.] so
lange in den zweiten Rang fällt, wie noch Betreuungsunterhalt verlangt werden kann (so auch [X.], Beschluss vom 31.
August 2012
3
UF
265/11
juris Rn.
23; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Unterhaltsrecht 2.
Aufl. §
1609 Rn.
13; [X.] FamRB 2008, 110, 117
f.; [X.]/Hammermann BGB 14.
Aufl. §
1609 Rn.
14; [X.]/Brudermüller BGB 73.
Aufl. §
1609 Rn.
14; [X.]/[X.] Stand: 1.
August 2013 §
1609 Rn.
22; [X.], 488, 490, 493; vgl. auch Senatsbeschluss vom 7.
Mai 2014

XII
ZB
258/13
FamRZ 2014, 1183 Rn.
22; [X.] Familienrecht
5.
Aufl. §
1609
Rn.
3; Maurer FamRZ
2008, 2157, 2165). Eine andere Beurteilung wäre auch im Hinblick auf zu erwartende Verschiebungen zwischen den [X.] wenig praktika-bel.
d) Danach kommt es für die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Antrags-gegnerin
maßgeblich darauf an, ob sie noch einen Anspruch auf Betreuungsun-terhalt
hat.
Sofern das der Fall ist, steht sie nach §
1609 Nr.
2 BGB mit der Mut-ter des nichtehelichen Kindes in demselben unterhaltsrechtlichen Rang, was sich auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs auswirkt (Senatsurteil BGHZ 192, 45 =
[X.], 281 Rn.
40
ff.).
24
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13
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3. Der angefochtene Beschluss kann deshalb im Umfang des Rechtsbe-schwerdeangriffs keinen Bestand haben. Der Senat ist
gehindert, abschließend zu entscheiden, da es hierzu der tatrichterlichen Beurteilung bedarf, ob die
An-tragsgegnerin
Betreuungsunterhalt nach §
1570 BGB beanspruchen kann. Die Sache ist an das [X.] zurückzuverweisen, das im weiteren Ver-fahren auch Gelegenheit haben wird, der von der Rechtsbeschwerde aufgewor-fenen Frage nachzugehen, ob die Mutter des Kindes
G. im Hinblick auf dessen Betreuung von jeder Erwerbstätigkeit absieht.

Dose

Weber-Monecke

Schilling

Nedden-Boeger

[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.07.2012 -
30 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.03.2013 -
II-3 [X.] -

25

Meta

XII ZB 185/13

01.10.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.10.2014, Az. XII ZB 185/13 (REWIS RS 2014, 2470)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2470

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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