Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2006, Az. IV ZR 209/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4979

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 209/04 Verkündet am:

15. Februar 2006

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 15. Februar 2006 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 5. August 2004 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist bei dem beklagten Versicherungsverein krankenver-sichert. Dieser hat die Übernahme der Kosten einer Psychotherapie ab-gelehnt, weil diese nicht bei einem niedergelassenen approbierten Arzt, sondern bei einem Psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt wurde. Der Kläger verlangt die Erstattung der entstandenen Kosten. 1 Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung des Beklagten zugrunde. Nach deren Teil I Musterbedingungen ([X.]KK) leis-tet der Versicherer u.a. in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen; Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung u.a. 2 - 3 -

wegen Krankheit (§ 1 (1) Satz 1 Buchst. a und (2) Satz 1). Zu § 1 (2) [X.]KK ist in den Tarifbedingungen ([X.]/KK) unter 2 b vereinbart: Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf die Psy-chotherapie, soweit sie medizinisch notwendige Heilbe-handlung wegen Krankheit ist und von einem niedergelas-senen approbierten Arzt oder in einem Krankenhaus durch-geführt wird.
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Der Kläger verfolgt seinen Antrag mit der Revision weiter. 3 Entscheidungsgründe:

Die Revision war zurückzuweisen. Die Klage ist mit Recht abge-wiesen worden. 4 [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Psychotherapie sei hier medizinisch notwendig gewesen. Der Beklagte sei aber nach der ausdrücklichen Regelung in seinen Versicherungsbedingungen zu einer Kostenerstattung deshalb nicht verpflichtet, weil die Behandlung nicht durch einen Arzt oder in einem Krankenhaus durchgeführt wurde. Die geltend gemachten Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser [X.] seien nicht überzeugend. Sie sei weder unklar noch überra-schend und halte auch einer Inhaltskontrolle stand. Es fehle an einer ge-setzlichen Regelung, von deren Grundgedanken die streitige Klausel abweiche im Sinne von §§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Dies gelte auch im Hinblick auf das (am 1. Januar 1999 in [X.] - 4 -

ne) Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Art. 1 des Gesetzes vom 16. Juni 1998, [X.], im Folgenden: PsychThG). Dieses Gesetz befasse sich nicht mit der privaten Krankenversicherung. Dass eine psychotherapeutische Behandlung in der gesetzlichen Krankenver-sicherung nunmehr auch durch Psychologische Psychotherapeuten er-folgen könne (§§ 28 Abs. 3, 92 Abs. 6 a SGB V), besage wegen der [X.] zwischen gesetzlicher und privater Krankenversi-cherung nichts für die hier zu entscheidende Frage. Die streitige Klausel schränke auch wesentliche Rechte des Versicherten nicht in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise ein (§§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, 9 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Es sei nicht ersichtlich, dass der versprochene [X.] etwa deshalb tatsächlich leer laufe, weil eine psycho-therapeutische Behandlung durch approbierte niedergelassene Ärzte nicht oder nicht zumindest in angemessener [X.] zu erhalten wäre. Eine derartige Lage habe der Kläger jedenfalls für seinen Heimatort nicht hin-reichend dargelegt. Zudem benachteilige die streitige Klausel den [X.] nicht unangemessen (§§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, 9 Abs. 1 [X.]). Sie diene nicht einer einseitigen, die Belange des [X.]s nicht hinreichend berücksichtigenden [X.]. Die Ausweitung des [X.] der Anbieter von Psychotherapien auf Psychologische Psychotherapeuten ziehe re-gelmäßig eine erhöhte Nachfrage und damit höhere Kosten nach sich. Da der Versicherer kaum überprüfen könne, ob und in welchem Umfang derartige Behandlungen medizinisch notwendig seien, könne dem Versi-cherer ein berechtigtes Interesse an einer Begrenzung dieses schwer kalkulierbaren Risikos nicht abgesprochen werden. Anders als in ande-- 5 -

ren Bedingungswerken habe der Beklagte die Anzahl der [X.] Therapiestunden nicht beschränkt.

I[X.] Das hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. 6 1. a) Nach Ansicht der Revision ergibt dagegen bereits die Ausle-gung der streitigen Klausel, dass der Beklagte die Kosten der [X.] durch einen Psychologischen Psychotherapeuten zu tragen habe. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehme dieser Klausel zunächst, dass die Kosten einer Psychotherapie grundsätzlich erstattet werden. Soweit der Versicherungsschutz auf die Behandlung durch einen niedergelassenen approbierten Arzt oder in einem Krankenhaus einge-schränkt werde, gehe der Versicherungsnehmer davon aus, dass der Grund dieser Regelung in einem Schutz vor fachlich nicht hinreichend qualifizierten Behandlern liege. Da die Bedingungen der Beklagten schon vor dem Inkrafttreten des PsychThG erarbeitet seien und dieses Gesetz den Psychologischen Psychotherapeuten eine Rechtsstellung wie appro-bierten Ärzten verschaffe, habe die Rechtsentwicklung in den Augen des Versicherungsnehmers auch zu einer Erweiterung des [X.] der streitigen Klausel geführt. 7 b) Wie der [X.] in seinem Urteil vom 22. Mai 1991 ([X.] - [X.], 911 unter 2 b) zu einer Klausel gleichen Wortlauts festgestellt hat, ist der Sinn der streitigen Klausel nach der gewählten Formulierung eindeutig; sie gibt für sich genommen zu Zweifeln über ihre Reichweite keinen Anlass. Der von der Revision beschrittene Weg einer Erweiterung des Inhalts dieser vertraglichen Vereinbarung, indem die 8 - 6 -

zugrunde liegenden gegenseitigen Interessen ermittelt und deren analo-ge Anwendung auf den nicht ausdrücklich geregelten Fall geprüft wird, setzt ein methodisches Fachwissen voraus, das dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf den es bei der Auslegung von Versicherungs-bedingungen ankommt ([X.], 83, 85), im Allgemeinen fehlt. Dies gilt insbesondere, wenn sich die Analogie wie hier auf eine Gesetzesän-derung stützt, zu der es erst nach Erarbeitung der [X.] gekommen ist, und die Wertung, auf die der [X.] wird, nicht unmittelbar aus dem neuen Gesetz hervorgeht, sondern aus einer wertenden Gesamtschau seiner Regelungen abgeleitet werden soll.
c) Im Übrigen macht der Beklagte mit Recht geltend, dass es hier an den Voraussetzungen für die von der Revision gewünschte Analogie fehlt. Das PsychThG bezeichnet die Psychologischen Psychotherapeuten nicht als Ärzte und unterscheidet sie damit von diesen ([X.], Das Deutsche Bundesrecht, [X.] a S. 5, Einleitung Erläuterungen zum [X.] über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten unter II Nr. 5). Die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten setzt im Allgemeinen ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Studiengang Psychologie voraus, die das Fach Klinische Psychologie einschließt (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a PsychThG). Damit unterscheidet sich der [X.] von dem eines Arztes mit der zusätzlichen Befähigung zu einer psychotherapeutischen Be-handlung. Soweit es um körperliche Ursachen oder Folgen seelischer Leiden geht, verfügt ein ärztlicher Psychotherapeut mithin über eine zu-sätzliche Qualifikation, während ein Psychologischer Psychotherapeut insoweit auf die Unterstützung durch einen Arzt angewiesen ist. Das 9 - 7 -

kann für die private Krankenversicherung im Hinblick auf die Frage Be-deutung erlangen, ob die Psychotherapie im Einzelfall überhaupt und für welchen [X.]raum sie als medizinisch notwendige Heilbehandlung anzu-sehen ist. Insofern fehlt es für die vertragliche Regelung des Kranken-versicherungsschutzes nicht an sachlichen Gründen für eine unter-schiedliche Behandlung von Psychologischen Psychotherapeuten einer-seits und Ärzten andererseits, denen typischerweise die Fähigkeit zu [X.] ganzheitlichen Beurteilung und damit möglicherweise auch zu einer größeren Zurückhaltung gegenüber der Notwendigkeit von Psychothera-pien unterstellt werden kann. Dass die Psychologischen Psychothera-peuten ihre Behandlung nach den gleichen Sätzen abrechnen können wie Ärzte, ändert an den aufgezeigten Unterschieden nichts. Angesichts dieser Unterschiede kann die streitige Klausel nicht dahin ausgelegt werden, dass mit den dort als Behandlern genannten Ärzten auch nicht-ärztliche, anderweit qualifizierte Psychotherapeuten gemeint seien.
2. Was die Inhaltskontrolle der streitigen Klausel betrifft, greift die Revision die ihr günstige Annahme des Berufungsgerichts nicht an, die Klausel sei einer gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen, weil sie nicht dem engen Bereich derjenigen vertraglichen Leistungsbeschreibungen zuzuordnen sei, ohne die mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen [X.] ein wirksamer Vertrag nicht zustande kommen könnte; die Klausel modifiziere vielmehr durch Ausgestaltung und Einschränkung das bereits in § 1 (1) und (2) [X.]KK gegebene Hauptleistungsversprechen (vgl. [X.]surteil vom 17. März 1999 - [X.] - [X.], 745 unter [X.]). Der Beklagte macht demgegenüber geltend, die streitige Klausel habe Bedeutung für die Höhe der Prämien; sie müsse daher im Hinblick auf Art. 4 Abs. 2 der [X.] über 10 - 8 -

missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (vom 5. April 1993, [X.] = NJW 1993, 1838) als kontrollfreie Leistungsbe-schreibung gewertet werden.
Die genannte Richtlinie führt indessen nicht zu einer Einschrän-kung des Bereichs der gerichtlichen Inhaltskontrolle. Wie der [X.] be-reits entschieden hat, gewährleistet die Richtlinie nach ihrem Zweck le-diglich ein in allen Mitgliedsstaaten verbindliches Schutzminimum; die [X.] sind dagegen nicht gehindert, strengere Bestimmungen zu er-lassen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu erreichen, wie es sich aus den in der [X.] geltenden Vor-schriften der §§ 307 Abs. 3 BGB, 8 [X.] ergibt (Urteile vom 22. [X.] - VersR 2001, 184 unter [X.] 1 b; vom 28. März 2001 - [X.]/00 - VersR 2001, 752 unter [X.]). 11 3. Nach Ansicht der Revision benachteiligt die streitige Klausel, wenn man sie so wie das Berufungsgericht auslegt, die Versicherungs-nehmer unangemessen, weil sie mit den Grundgedanken der gesetzli-chen Regelung im PsychThG nicht zu vereinbaren sei (§§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Diesem Gesetz liege als Leitbild die völlige Gleichstellung der Psychologischen Psychotherapeuten mit den ärztlichen Psychotherapeuten zugrunde, und zwar nicht nur für den Be-reich der vertragsärztlichen Versorgung in der gesetzlichen Krankenver-sicherung, wie sich dies aus § 28 Abs. 3 SGB V ergibt. 12 13 Damit setzt die Revision schon voraus, was für ihre Folgerung erst nachzuweisen wäre, nämlich dass das PsychThG die Psychologischen Psychotherapeuten in jeder Hinsicht mit den ärztlichen [X.] 9 -

[X.], insbesondere auch im Hinblick auf vertragliche Rege-lungen in der privaten Krankenversicherung. Dabei räumt die Revision selbst ein, dass sich das PsychThG weder unmittelbar noch mittelbar mit der privaten Krankenversicherung befasst. Sie nimmt auch die [X.] in der Ausbildung des Psychologischen Psychotherapeuten und des ärztlichen Psychotherapeuten nicht in Abrede. Dass nach ihrer [X.] nichts für eine bessere Qualifikation der ärztlichen Psychothera-peuten spricht und Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung, für die Psychologische Psychotherapeuten ebenso wie ärztliche Psycho-therapeuten tätig werden können, nicht "Patienten zweiten Ranges" sind, reicht nicht aus, um dem PsychThG und den darauf bezogenen Regelun-gen in der gesetzlichen Krankenversicherung ein auch für die private Krankenversicherung beachtliches Leitbild zu entnehmen. Angesichts der [X.] zwischen gesetzlicher und privater Krankenver-sicherung kann der Versicherungsnehmer, der eine private Krankenver-sicherung abschließt, nicht erwarten, dass er damit so versichert ist, als wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse wäre ([X.]surteile vom 22. Mai 1991 aaO; vom 21. Februar 2001 - [X.], 576 unter 3 [X.]). Vielmehr haftet der Versicherer bei der privaten Krankheitskostenversicherung nach § 178 b Abs. 1 [X.] nur "im vereinbarten Umfang" für Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlungen wegen Krankheit oder Unfallfolgen und für sonst ver-einbarte Leistungen. Ein im Hinblick auf die hier streitige Frage näher konkretisiertes Leitbild ist den gesetzlichen Regelungen nicht zu [X.]. 14 4. Die Revision macht weiter geltend, die Beschränkung auf die Erstattung der Kosten einer Psychotherapie, die von einem niedergelas-- 10 -

senen approbierten Arzt oder im Krankenhaus durchgeführt wird, schränke nicht nur die Auswahlfreiheit des Versicherungsnehmers emp-findlich ein. Vor allem könne es je nach den örtlichen Verhältnissen schwierig werden, einen ärztlichen Psychotherapeuten zu finden, der ü-ber freie Kapazitäten verfüge, weil sich auch die Mitglieder der gesetzli-chen Krankenversicherung von ärztlichen Psychotherapeuten behandeln lassen, die privat Versicherten aber nicht ohne Verlust des [X.] ausweichen könn-ten. Damit ist eine den Vertragszweck gefährdende Einschränkung der vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmers aus einem Krankenver-sicherungsvertrag (§§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, 9 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) nicht dargetan. Nicht jede Leistungsbegrenzung bedeutet für sich genommen schon eine Gefährdung des Vertragszwecks; eine solche kommt vielmehr erst in Betracht, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegen-stand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zweck-los macht ([X.], 174, 176; [X.]surteil vom 16. Juni 2004 - [X.]/03 - VersR 2004, 1037 unter II 3 a (2)). Es ist für einen Versicherten nicht unzumutbar, sich für eine medizinisch notwendige Psychotherapie bei einem Arzt in Behandlung zu begeben, wenn die Kosten vom [X.] getragen werden sollen. Zur Auslastung der ärztlichen Psychothera-peuten weist der Beklagte mit Recht darauf hin, auch viele privat [X.] könnten sich von Psychologischen Psychotherapeuten behandeln lassen, weil sie - anders als der Kläger des vorliegenden Fal-les - einen entsprechend kalkulierten Tarif abgeschlossen hätten. [X.] seien die ärztlichen Psychotherapeuten dadurch entlastet worden, dass das Delegationsverfahren abgeschafft worden ist, mit dessen Hilfe 15 - 11 -

vor Inkrafttreten des PsychThG die psychotherapeutische Behandlung auf nichtärztliche Therapeuten übertragen werden konnte. Unstreitig standen im Jahre 2001 etwa doppelt so viele ärztliche Psychotherapeu-ten im [X.] zur Verfügung wie im Urteil des [X.]s vom 22. Mai 1991 ([X.] - aaO unter 2 d) angenommen. Schon damals hat sich der [X.] nicht in der Lage gesehen, anhand der vorgetragenen Zahlen einen hinreichend sicheren Schluss darauf zu ziehen, dass eine medizinisch notwendige Heilbehandlung in Form einer Psychotherapie durch Ärzte nicht in angemessener [X.] zu erhalten sei. Im vorliegenden Fall greift die Revision die Feststellungen des Berufungsgerichts am [X.] seines Urteils nicht an, für den Heimatort des [X.] fehle hinrei-chender Tatsachenvortrag dazu, dass es in zumutbarer Entfernung kei-nen ärztlichen Psychotherapeuten gegeben habe, bei dem er sich in an-gemessener [X.] hätte behandeln lassen können. Im Übrigen würde es der Wirksamkeit der streitigen Klausel nicht entgegenstehen, wenn sich der Beklagte darauf nach [X.] und Glauben ausnahmsweise nicht beru-fen dürfte, weil es im Einzelfall keine zumutbare Möglichkeit gab, einen ärztlichen Psychotherapeuten oder ein Krankenhaus aufzusuchen.
5. Schließlich vertritt die Revision den Standpunkt, die streitige Klausel benachteilige den Versicherungsnehmer schon deshalb unange-messen (§§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, 9 Abs. 1 [X.]), weil den aufge-zeigten Nachteilen keine legitimen Vorteile auf Seiten des Versicherers gegenüberstünden. Wenn eine Ausweitung des [X.] der Anbieter von Psychotherapien auf Psychologische Psychotherapeuten tatsächlich eine erhöhte Nachfrage und damit höhere Kosten für den Versicherer nach sich ziehen sollte, wie das Berufungsgericht angenommen hat, könne der Grund nur entweder darin liegen, dass der Bedarf der Versicherten an 16 - 12 -

solchen Therapien infolge der Beschränkung auf Ärzte als Behandler bisher nicht gedeckt worden sei. Oder man müsse bei einem erweiterten Angebot unterstellen, dass mehr [X.] als notwendig ge-geben würden. Es sei allerdings nicht zu erkennen, dass eine solche Ge-fahr der "Honorarschinderei", wenn sie überhaupt gegeben sei, bei [X.] in geringerem Maße bestünde als bei Psychologischen Psychothera-peuten. Im Übrigen treffe die Annahme, bei einer Ausweitung des [X.] der Behandler würden sich die Kosten des Versicherers erhöhen, nicht zu. Dagegen spreche sowohl die Regelung in der gesetzlichen Krankenversicherung als auch der Umstand, dass andere Versicherer in der privaten Krankenversicherung die Kosten einer Behandlung durch Psychologische Psychotherapeuten ersetzten, ohne dass Mehrbelastun-gen oder Wettbewerbsnachteile solcher Versicherer zu erkennen wären.
Ob eine Ausweitung des [X.] der Behandler zu einer vermehr-ten oder längeren Inanspruchnahme der Psychotherapeuten führen wür-de, ist auf der Grundlage der vorgetragenen Tatsachen nicht zu beurtei-len; dies gilt erst recht für die vermuteten Ursachen einer solchen Ent-wicklung und die Größenordnung einer eventuellen Mehrbelastung des Beklagten. Wie schon ausgeführt, fehlt es aber an hinreichenden An-haltspunkten dafür, dass der Therapiebedarf der Versicherten des [X.] wegen der grundsätzlichen Beschränkung auf ärztliche Psycho-therapeuten generell nicht gedeckt werden könne. 17 Ein berechtigtes Interesse des Beklagten, die Erstattung von [X.] auf Behandlungen durch niedergelassene approbierte Ärzte oder im Krankenhaus zu beschränken, ergibt sich aber schon daraus, dass die damit in Betracht kommenden Behandler in eigener Person oder 18 - 13 -

durch die enge Zusammenarbeit mit Ärzten im Krankenhaus auch zur Beurteilung körperlicher Leiden ihrer Patienten und deren Wechselwir-kungen mit den seelischen Beschwerden in der Lage sind. Das kann [X.] beitragen, eine Fehlbehandlung überwiegend körperlich bedingter Leiden durch eine Psychotherapie zu vermeiden bzw. sie durch [X.] auf dem Gebiet der somatischen Medizin wirkungsvoll und damit abkürzend zu ergänzen. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversiche-rung ist die Abklärung einer somatischen Erkrankung durch einen Arzt generell vorgeschrieben (§ 28 Abs. 3 Satz 2 SGB V); bei der Versorgung von Privatpatienten ist ein Psychologischer Psychotherapeut dagegen nicht zu einer derartigen Abklärung verpflichtet. Unter diesem Gesichts-punkt konnte dem Beklagten die fachlich begründete Ansicht eines [X.] als Behandler über Notwendigkeit und Dauer einer Psychotherapie - 14 -

im Allgemeinen eher verlässlich erscheinen als die eines Psychologi-schen Psychotherapeuten, insbesondere wenn dieser keinen Arzt zu-zieht. Danach ist dem Beklagten ein berechtigtes Interesse an der strei-tigen Leistungsbeschränkung nicht abzusprechen.
[X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.01.2004 - 5 O 331/03 - [X.], Entscheidung vom 05.08.2004 - 8 U 44/04 -

Meta

IV ZR 209/04

15.02.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2006, Az. IV ZR 209/04 (REWIS RS 2006, 4979)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4979

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