Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2000, Az. 4 StR 127/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 2214

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[X.] StR 127/00vom18. Mai 2000in der Strafsachegegenwegenschwerer räuberischer [X.] des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 18. Mai 2000 gemäß § 349 Abs. 2und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. November 1999 mit den [X.] aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten ineinem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räu-berischer Erpressung unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus einer frühe-ren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechsMonaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einem psychiatrischenKrankenhaus angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichenRechts. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO,soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet. Es führt jedoch- 3 -zur Aufhebung des [X.], weil die Voraussetzungen des § 63StGB für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht aus-reichend dargetan sind. Nach den Feststellungen beging der Angeklagte, der nach seinenAngaben "von Kindheit an an Alkohol gewöhnt" war und bei Abstinenz an [X.] litt, die Tat unter [X.] (Blutalkoholkonzentration:höchstens fi etwas über 3 o/oofl). Das sachverständig beratene [X.] [X.] Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB bejaht und angenommen,bei dem Angeklagten habe "aufgrund der Alkoholisierung im Zusammenwirkenmit den Auswirkungen der intellektuellen Minderbegabung und des hirnorgani-schen Psychosyndroms" eine erhebliche Verminderung der [X.] vorgelegen ([X.]). Nach dem Gutachten des Sachverständigen, dem das[X.] auch insoweit gefolgt ist, neigt der Angeklagte "besonders unterdem Einfluß von Alkohol oder auch anderen Drogen zu Impulskontrollstörun-gen und aggressiven Durchbrüchen" ([X.]). Um die Unterbringung nach § 63StGB zu rechtfertigen, muß die Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderteSchuldfähigkeit aber auf einer nicht nur vorübergehenden, sondern länger an-dauernden und damit einen "Zustand" bildenden Störung im Sinne der §§ 20,21 StGB beruhen (vgl. [X.]St 34, 22, 27; 44, 338, 339). Ein solcher Zustandliegt jedoch nach den bisherigen Feststellungen nicht vor. [X.] psychischenBeeinträchtigungen des Angeklagten, nämlich die Schwachbegabung, das hir-norganische Psychosyndrom und die ... insbesondere unter [X.] her-vortretende [X.] ([X.]) haben für sich genommen nochnicht die Verminderung der Steuerungsfähigkeit bewirkt; vielmehr ist sie letzt-lich erst durch die aktuelle [X.], eine nur vorübergehende Stö-rung, herbeigeführt [X.] 4 - Zwar kommt in solchen Fällen die Unterbringung nach § 63 StGBausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Täter in krankhafter Weise alko-holüberempfindlich ist, an einer krankhaften Alkoholsucht leidet (st. Rspr., vgl.[X.]St 34, 313 f.; [X.]R StGB § 63 Zustand 17, 19) oder aufgrund eines psy-chischen Defekts alkoholsüchtig ist, der, ohne pathologisch zu sein, in [X.] einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21StGB gleichsteht (st. Rspr. vgl. [X.]St 44, 338, 339 m.N.). Nach den bisheri-gen Feststellungen liegt aber auch ein solcher Ausnahmefall nicht vor:Aus ihnen ergibt sich nicht, daß bei dem Angeklagten eine Alkoholabhän-gigkeit vorliegt und daß sie auf einem von der Sucht selbst unterscheidbareneigenständigen psychischen Defekt im Sinne der §§ 20, 21 StGB beruht (vgl.[X.]St 44, 338, 340/341; [X.]R StGB § 63 Zustand 4, 7, jeweils m.w.N.). Das[X.] hat es vielmehr offengelassen, ob bei dem Angeklagten eine Alko-holabhängigkeit und damit ein Hang im Sinne des § 64 StGB vorliegt, und [X.] einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungs-anstalt mit der Erwägung verneint, jedenfalls verspreche eine Therapie nachdem Gutachten des Sachverständigen wegen der "psychischen Disposition"des Angeklagten keine Aussicht auf Erfolg ([X.]/20). Wenn bei dem Ange-klagten, was nach seinen Angaben zu seinem Alkoholkonsum und im [X.] die früheren Verurteilungen zugrundeliegenden Taten allerdings naheliegt,eine Alkoholabhängigkeit vorläge, könnte diese die Unterbringung des Ange-klagten im psychiatrischen Krankenhaus zwar auch dann rechtfertigen, wennder Fortbestand der Alkoholsucht auf einer Persönlichkeitsstörung beruhte, diesich zwar als schwere andere seelische Abartigkeit darstellt, für sich allein aberdie Schuldfähigkeit weder ausgeschlossen noch erheblich vermindert hat([X.]St 44, 338, 341 ff.). Daß die psychischen Beeinträchtigungen des Ange-klagten einen solchen Schweregrad erreichen, daß sie als andere schwere- 5 -seelische Abartigkeit zu werten sind (vgl. zu den Vorraussetzungen [X.]St 37,397, 401; [X.]R StGB § 21 seelische Abartigkeit 31 und Zustand 24, 26), [X.] [X.] aber ebenfalls nicht dargelegt (vgl. ferner [X.] 1999,3423).Der neue Tatrichter wird, sofern der Angeklagte alkoholsüchtig ist, [X.] die Anordnung der den Angeklagten weniger beschwerenden [X.] nach § 64 StGB (vgl. [X.], 72 m.N.) zu prüfen haben. Diese setztzwar die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges voraus([X.] 91, 1 = NStZ 1994, 578). Für die Annahme der Aussichtslosigkeit imHinblick auf die problematische fipsychische Dispositionfl des Angeklagten [X.] es aber der Prüfung und Darlegung, daß auch mit therapeutischen Mittelneine positive Beeinflussung des Angeklagten nicht zu erreichen wäre ([X.]R §64 StGB Abs. 1 Erfolgsaussicht 7; [X.], Beschluß vom 18. Januar 2000 Œ 4StR 583/[X.]

Meta

4 StR 127/00

18.05.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2000, Az. 4 StR 127/00 (REWIS RS 2000, 2214)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2214

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