Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2009, Az. I ZR 31/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 5529

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 22. Januar 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Jeder 100. Einkauf gratis UWG §§ 3, 4 Nr. 1 Die Werbung, jeder 100. Kunde erhalte seinen Einkauf gratis, stellt keine unan-gemessene unsachliche Beeinflussung des Durchschnittsverbrauchers dar, weil die Rationalität seiner Kaufentscheidung auch dann nicht völlig in den Hinter-grund tritt, wenn er im Hinblick auf die angekündigte Chance eines Gratisein-kaufs möglichst viel einkauft. [X.], Urteil vom 22. Januar 2009 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22. Januar 2009 durch [X.] [X.] und [X.] Dr. Büscher, Dr. Bergmann, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 17. Januar 2006 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger ist der Verein für lauteren Wettbewerb e.V., zu dessen [X.] Bundes- und Landesverbände sowie Einzelunternehmen aus dem Be-reich des Einzelhandels gehören. Die Beklagte betreibt bundesweit mehr als 300 Filialen unter der Bezeichnung "Extra Verbrauchermarkt". 1 Ende September 2004 warb die Beklagte unter der Überschrift "[X.] 100. [X.]" damit, dass in der Woche ab Montag, dem 27. Sep-tember 2004 jeder 100. Kunde seinen Einkauf als Geschenk erhalte. 2 - 3 - Der Kläger hält die Werbung wegen Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 1 und 6 UWG (in der Fassung des [X.] vom 3.7.2004, [X.] I S. 2949, im Folgenden: UWG 2004) für wettbewerbswidrig und hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. 3 4 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zu-rückweisung die Beklagte beantragt. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des [X.] nach § 8 Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 1 und 6 UWG 2004 verneint, weil weder ein Gewinnspiel [X.] von § 4 Nr. 6 UWG 2004 noch eine unangemessene unsachli-che Beeinflussung [X.] von § 4 Nr. 1 UWG 2004 vorliege. Zur näheren [X.] hat es ausgeführt: 5 Im Streitfall sei ein Gewinnspiel [X.] von § 4 Nr. 6 UWG (2004) zu vernei-nen, weil kein gesonderter Gewinn versprochen werde. Die Verbraucher kauf-ten nicht etwas, um an einem besonderen Gewinnspiel teilnehmen zu können, bei dem ein Gewinn ausgelobt und der Gewinner durch ein Zufallselement er-mittelt werde. Vielmehr erhielten sie unter bestimmten zufälligen Voraussetzun-gen das "Geschenk", dass sie die gekaufte Ware letztlich nicht bezahlen müss-ten. Damit unterscheide sich dieser Fall wesentlich von den typischen Fällen einer Kopplung von [X.] und Gewinnspiel und werde nicht von § 4 Nr. 6 UWG (2004) erfasst. Die Anlockwirkung, die von der beanstandeten [X.] der [X.] ausgehe, sei auch nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit 6 - 4 - der angesprochenen Verbraucher durch eine unangemessene unsachliche Ein-flussnahme [X.] von § 4 Nr. 1 UWG (2004) zu beeinträchtigen. Die Chance, gra-tis einzukaufen, sei so ungünstig, dass der Verbraucher damit rechne, den [X.] wie immer bezahlen zu müssen und sich deshalb nicht dazu verleiten [X.], in Erwartung des "Gewinns" sein Verbraucherverhalten wesentlich zu [X.]. I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht den geltend gemachten [X.] verneint. Die Voraussetzungen der §§ 3, 4 Nr. 1 und 6 UWG 2004 liegen nicht vor. 7 1. Nach der Verkündung des Berufungsurteils ist am 30. Dezember 2008 das [X.] vom 22. Dezember 2008 ([X.] I S. 2949) in [X.] getreten, mit dem die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist. Da der Unterlassungsanspruch des [X.] im Streitfall auf [X.] gestützt ist und das beanstandete Verhalten der [X.], wie das [X.] mit Recht angenommen hat, zum fraglichen Zeitpunkt Ende Sep-tember 2004 nicht unlauter [X.] von §§ 3, 4 Nr. 1 und 6 UWG 2004 war, kommt es auf die Regelungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nicht an. 8 2. Die Vorschrift des § 4 Nr. 6 UWG setzt, wie der Senat nach der [X.] des Berufungsurteils entschieden hat (Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 57/05, [X.], 981 = [X.], 1337 - 150% Zinsbonus), ein vom [X.] getrenntes Gewinnspiel voraus. Die Bestimmung des § 4 Nr. 6 UWG hat gegenüber § 4 Nr. 1 UWG Ausnahmecharakter, da die Bewertung als unlauter keine Eignung zur Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit der [X.] 5 - nen Verkehrskreise erfordert; sie ist daher eng auszulegen. Der Gesetzgeber hatte bei Schaffung des § 4 Nr. 6 UWG vor allem die Fallkonstellation vor [X.], dass der Verbraucher - um an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können - zunächst eine entgeltliche Leistung in Anspruch nehmen muss, die Gewinn-spielteilnahme also an ein Absatzgeschäft gekoppelt wird. Wenn sich der mög-liche Gewinn dagegen unmittelbar auf die vertragliche Leistung oder Gegenleis-tung auswirkt, handelt es sich nicht um ein an ein Absatzgeschäft gekoppeltes Gewinnspiel, sondern um ein besonderes Verfahren der Preisgestaltung ([X.] [X.], 981 [X.]. 31 - 150% Zinsbonus). Im Streitfall fehlt es - worauf auch das Berufungsgericht zu Recht hin-weist - an der im Gesetz vorausgesetzten Kopplung zwischen der Teilnahme an einem Gewinnspiel und dem Erwerb einer Ware. Der Eintritt des ungewissen Ereignisses (100. Einkauf) wirkt sich lediglich auf die vertragliche Gegenleistung für den Warenerwerb aus, indem in diesem Fall auf die Zahlung des [X.] verzichtet wird (vgl. auch [X.] in Hefermehl/[X.]/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 6.6a). 10 3. Zu Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass keine unangemessene unsachliche Beeinflussung [X.] von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG 2004 vorliegt. 11 Nach der Senatsrechtsprechung reicht der Einsatz aleatorischer Reize für sich genommen nicht aus, um den Vorwurf der Unlauterkeit zu rechtfertigen (vgl. [X.], Urt. v. 22.9.2005 - I ZR 28/03, [X.], 161 [X.]. 16 = [X.], 69 - Zeitschrift mit Sonnenbrille; [X.] [X.], 981 [X.]. 33 - 150% Zinsbo-nus). [X.] ist eine Werbung vielmehr erst dann, wenn die freie Entscheidung der angesprochenen Verkehrskreise durch den Einsatz aleatori-scher Reize so nachhaltig beeinflusst wird, dass ein Kaufentschluss nicht mehr 12 - 6 - von sachlichen Gesichtspunkten, sondern maßgeblich durch das Streben nach der in Aussicht gestellten Gewinnchance bestimmt wird ([X.] GRUR 2003, 626, 627 - Umgekehrte Versteigerung II; [X.], 249, 250 f. - Umgekehrte Versteigerung im [X.]). Davon kann, wie das Berufungsgericht rechtsfehler-frei angenommen hat, im Streitfall schon wegen der für den Verbraucher er-kennbar geringen Chance, dass gerade er den 100. Einkauf tätigen werde, nicht ausgegangen werden. Selbst wenn sich der Durchschnittsverbraucher dadurch zu einem Einkauf bei der [X.] verleiten lässt und im Hinblick auf die angekündigte Chance eines Gratiseinkaufs möglichst viel einkauft, wird da-durch die Rationalität der Kaufentscheidung nicht völlig in den Hintergrund ge-drängt. Der Durchschnittsverbraucher ist vielmehr in der Lage, mit diesem Ge-winnanreiz bei seiner Kaufentscheidung umzugehen. - 7 - II[X.] Die Revision des [X.] ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. 13 [X.]Büscher Bergmann

[X.] Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 09.06.2005 - 43 O 20/05 - [X.], Entscheidung vom 17.01.2006 - 4 U 118/05 -

Meta

I ZR 31/06

22.01.2009

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2009, Az. I ZR 31/06 (REWIS RS 2009, 5529)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5529

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