Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.11.2019, Az. IX R 24/18

9. Senat | REWIS RS 2019, 1405

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Gegenstand

Anwachsung von Gesellschaftsanteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wegen des Ausscheidens eines Gesellschafters gegen Abfindung; Zulässigkeit einer gesonderten und einheitlichen Feststellung


Leitsatz

1. Einkünfte, an denen i.S. von § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO Mehrere beteiligt sind, liegen --unter weiteren Voraussetzungen-- nur dann vor, wenn mehrere Personen "gemeinsam" den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen .

2. Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erfüllen den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nur dann "gemeinsam", wenn die den Tatbestand des "privaten Veräußerungsgeschäfts" konstituierenden Teilakte --die "Anschaffung" und die "Veräußerung"-- jeweils in der "Einheit der Gesellschaft" verwirklicht werden .

3. Scheidet ein Gesellschafter aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung aus und wächst sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern nach § 738 Abs. 1 BGB an, wird dieser Anwachsungserwerb durch die verbleibenden Gesellschafter jeweils einzeln und nicht in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 30.01.2018 - 5 K 1588/15 aufgehoben.

Der Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 02.12.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2015 wird mit der Maßgabe geändert, dass keine Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 des Einkommensteuergesetzes festgestellt werden.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]ie Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine [X.]bR in Liquidation; Zweck der mit notarieller Urkunde vom 22.12.1995 errichteten [X.]bR ist die Verwaltung und Vermietung von [X.]rundbesitz. [X.]ründungsgesellschafter der Klägerin waren die vier Kinder (A, [X.], [X.] und [X.]) der 2001 verstorbenen [X.]. Am Vermögen und [X.]rgebnis der Klägerin waren die [X.]ründungsgesellschafter jeweils zu 25 v.H. beteiligt (§ 9 des [X.]esellschaftsvertrags vom 22.12.1995). [X.]er [X.]esellschaftsanteil des [X.] ging durch notariell beurkundeten [X.] vom 24.10.2005 auf dessen Söhne [X.] und [X.] über; die Anteilsübertragung stand unter dem Vorbehalt eines lebenslangen und unentgeltlichen Nießbrauchrechts zugunsten des Übertragenden, welcher berechtigt war, "sämtliche Nutzungen aus dem [X.]esellschaftsanteil zu ziehen".

2

Im Zeitpunkt der [X.]rrichtung der Klägerin am 22.12.1995 übertrug [X.] im Wege der vorweggenommenen [X.]rbfolge schenkweise unter Auflagen und dem Vorbehalt des Nießbrauchs drei verschiedene Immobilien auf die [X.]esellschafter der Klägerin zur gesamten Hand. Zwei der fortan im [X.]esamthandsvermögen der Klägerin befindlichen Immobilien wurden in den Jahren 1998 und 2000 von der Klägerin veräußert. Streitig ist nunmehr, ob die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2007 (Streitjahr) durch die Veräußerung der verbliebenen dritten Immobilie den Tatbestand eines steuerbaren privaten [X.]S. der § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des [X.]inkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen [X.]assung ([X.]St[X.]) verwirklicht hat und ggf. in welcher Höhe den [X.]esellschaftern hieraus ein [X.]ewinn [X.] des § 23 Abs. 3 Satz 1 [X.]St[X.] zuzurechnen ist.

3

Nach den [X.]estimmungen in § 4 und § 12 des [X.]esellschaftsvertrages der [X.]bR vom 22.12.1995 sollte --unter [X.]ortbestand des [X.]esellschaftsverhältnisses unter den übrigen [X.]esellschaftern-- ein [X.]esellschafter aus der [X.]esellschaft u.a. dann ausscheiden, wenn sein [X.]esellschaftsanteil wirksam gepfändet und die Pfändung nicht binnen drei Monaten wieder aufgehoben wird. [X.]ür den [X.]all des Ausscheidens eines [X.]esellschafters sollte sein [X.]esellschaftsanteil den verbleibenden [X.]esellschaftern im Verhältnis ihrer [X.]eteiligung am [X.]esellschaftsvermögen und [X.]esellschaftsergebnis zuwachsen, es sei denn, dass die [X.]esellschafterversammlung unter Ausschluss des ausscheidenden [X.]esellschafters einstimmig etwas Abweichendes beschließt.

4

Nach § 14 des [X.]esellschaftsvertrags der [X.]bR vom 22.12.1995 war im [X.]all des Ausscheidens eines [X.]esellschafters eine Abfindung zu bezahlen; diese sollte wertmäßig dem [X.]ruchteil des Vermögens der [X.]esellschaft entsprechen, der quotenmäßig seiner [X.]eteiligung am Vermögen und am [X.]rgebnis gemäß § 9 entspricht. Als Vermögen der [X.]esellschaft sollte --außer im [X.]alle des Widerrufs der Schenkung durch [X.]-- unwiderleglich das Zwölffache der tatsächlichen [X.] und -pachterträge aus den Immobilien der [X.]esellschaft gelten. Maßgeblich für die [X.]erechnung sollte das letzte Kalenderjahr vor dem Ausscheiden sein.

5

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 06.04.2006, der Klägerin als [X.]rittschuldnerin unter dem [X.] zugestellt, wurde der [X.]esellschaftsanteil des [X.] gepfändet. [X.]a die Pfändung innerhalb von drei Monaten nicht wieder aufgehoben wurde, schied [X.] zum 24.07.2006 gemäß § 12 des [X.]esellschaftsvertrages aus der [X.]bR aus; sein [X.]esellschaftsanteil von 25 v.H. wuchs den verbliebenen [X.]esellschaftern [X.], [X.], [X.] und [X.] an, nachdem die [X.]esellschafterversammlung von ihrem Recht, einstimmig etwas Abweichendes zu beschließen, keinen [X.]ebrauch gemacht hatte. Im [X.]egenzug wurde von der Klägerin eine nach § 14 des [X.]esellschaftsvertrags berechnete, der Höhe nach zwischen den [X.]eteiligten nicht streitige Abfindung von insgesamt 755.762 € an [X.]läubiger des [X.] entrichtet.

6

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 13.07.2007 veräußerten [X.], [X.], [X.] und [X.], handelnd als alleinige [X.]esellschafter der Klägerin, die im [X.]esamthandsvermögen der [X.]bR verbliebene Immobilie zu einem Kaufpreis von 5.600.000 €. Mit [X.]esellschafterbeschluss vom [X.] beschlossen die [X.]esellschafter [X.], [X.], [X.] und [X.], die Klägerin wegen Zweckerreichung zum 31.12.2008 aufzulösen.

7

Mit gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem [X.]escheid über die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen für das Streitjahr (2007) vom 10.08.2009 wurden --mit Wirkung für und gegen die [X.]eststellungsbeteiligten-- erklärungsgemäß laufende [X.]inkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie [X.]inkünfte aus Kapitalvermögen gesondert und einheitlich festgestellt und jeweils zu 1/3 auf die [X.]eststellungsbeteiligten A (als Nießbrauchsberechtigter), [X.] und [X.] verteilt. Sonstige [X.]inkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft hatten die [X.]eststellungsbeteiligten nicht erklärt und wurden dementsprechend auch nicht festgestellt.

8

Nach [X.]urchführung einer Außenprüfung vertrat der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.]A--) im Prüfungsbericht vom 02.11.2011 die Rechtsauffassung, dass nach dem Ausscheiden des [X.] zum 24.07.2006 die verbliebenen [X.]esellschafter dessen [X.]esellschaftsanteil von 25 v.H. --und damit auch einen [X.]ruchteil des [X.] gebundenen [X.] entgeltlich [X.] des § 23 Abs. 1 Satz 4 [X.]St[X.] "angeschafft" hätten. [X.]urch die Veräußerung der Immobilie seien [X.]inkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft erzielt worden. [X.]ie [X.]inkünfte berechneten sich aus 25 v.[X.] von 5.600.000 € = 1.400.000 € abzüglich der um die für die [X.] und 2007 geltend gemachten und berücksichtigten [X.]ebäude-Abschreibung verminderten Anschaffungskosten von 737.835 € (755.762 € ./. 6.591 € ./. 11.336 €) und betrügen demnach 662.165 €. Vor diesem Hintergrund erließ das [X.]A unter dem 02.12.2011 einen nach § 164 Abs. 2 [X.] geänderten [X.]escheid für das Streitjahr über die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen, in dem zusätzlich [X.]inkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 [X.]St[X.] in Höhe von 662.165 € festgestellt und auf der [X.]esellschafterebene jeweils zu 1/3 auf die [X.]eststellungsbeteiligten A (als Nießbrauchsberechtigter), [X.] und [X.] verteilt wurden. [X.]er hiergegen erhobene [X.]inspruch der Klägerin blieb in der [X.]inspruchsentscheidung vom 20.05.2015 im Wesentlichen ohne [X.]rfolg.

9

In einem Rechtsbehelfsverfahren in Sachen Umsatzsteuer 2006 bis 2009 sind gegenüber der Klägerin unter dem 04.09.2015 geänderte Umsatzsteuerbescheide ergangen, welche jeweils zu [X.]rstattungen führten, die auf ein Konto der Klägerin überwiesen wurden. Über die Auskehrung dieses Aktivvermögens wurde bislang keine [X.]ntscheidung getroffen. [X.]ie Liquidation der Klägerin ist mithin noch nicht beendet.

[X.]as [X.]inanzgericht ([X.][X.]) wies die Klage, mit der die Klägerin eine Herabsetzung der [X.]inkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] von § 23 [X.]St[X.] auf 0 €, hilfsweise auf 24.418 € begehrte, mit in [X.]ntscheidungen der [X.]inanzgerichte 2019, 429 veröffentlichtem Urteil vom 30.01.2018 als unbegründet ab. Zwar sei für die "Anschaffung" eines Wirtschaftsguts [X.] des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 [X.]St[X.] ein vom Willen des Steuerpflichtigen getragener [X.]rwerbsvorgang erforderlich; dieser sei indes in der [X.]ntscheidung der [X.]esellschafter zu sehen, die gesellschaftsvertraglich vorgesehene [X.] (§ 738 Abs. 1 des [X.]ürgerlichen [X.]esetzbuches --[X.][X.][X.]--) zu akzeptieren und nicht --was der [X.]esellschaftsvertrag ausdrücklich als Möglichkeit vorsah-- einstimmig etwas Abweichendes zu beschließen. [X.]er [X.]rwerbsvorgang sei entgegen der Auffassung der Klägerin auch vollentgeltlich und nicht etwa teilentgeltlich, da für die Annahme der [X.] das Vorhandensein eines Schenkungswillens Voraussetzung sei, der im Streitfall nicht feststellbar sei. Zwar sei der angefochtene [X.]eststellungsbescheid insoweit fehlerhaft, als der Veräußerungsgewinn zu einem [X.]rittel dem bereits im Jahr 2005 aus der [X.]esellschaft ausgeschiedenen Nießbraucher A und nicht zu je einem Sechstel seinen beiden Kindern, den [X.]esellschaftern [X.] und [X.], zugerechnet worden sei, welche im Zeitpunkt der Veräußerung des [X.]rundbesitzes und auch bereits zum Zeitpunkt der "Anschaffung durch [X.]" [X.]esellschafter der Klägerin gewesen seien. [X.]ies wirke sich allerdings nicht zugunsten der Klägerin aus, die sich lediglich gegen die [X.]eststellung eines Veräußerungsgewinns über eine bestimmte Höhe hinaus, nicht aber gegen dessen Verteilung auf die [X.]esellschafter gewehrt habe.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die weiterhin die Auffassung vertritt, dass eine [X.] keine "Anschaffung" [X.] des § 23 [X.]St[X.] darstelle. Im Zuge einer [X.] nach § 738 Abs. 1 [X.][X.][X.] komme es lediglich zu einer reflexartigen Werterhöhung des bereits vorhandenen [X.]esellschaftsanteils der verbleibenden [X.]esellschafter; die hieraus resultierende Vermögensteilhabe der verbleibenden [X.]esellschafter führe nicht zu einer Anschaffung weiterer [X.]esellschaftsanteile, sondern lediglich zu einer Wertsteigerung der bereits im [X.]esamthandsvermögen gebundenen Wirtschaftsgüter. [X.]ine [X.] habe daher auch keine Auswirkungen auf den Anschaffungszeitpunkt der jeweiligen [X.]esellschafterbeteiligung. In der [X.] von [X.]esellschaftsanteilen einer [X.]bR könne auch keine rechtsgeschäftliche Übertragung erblickt werden, da die [X.] kraft [X.]esetzes eintrete, nicht aber aufgrund des bewussten, willentlichen Austretens des ausscheidenden [X.]esellschafters und auch nicht aufgrund eines entsprechenden Willensaktes des verbleibenden [X.]esellschafters. [X.]er Tatbestand, der im Streitfall eine [X.] kraft [X.]esetzes ausgelöst habe, hätte aufgrund der Satzung der Klägerin bereits im [X.]ründungszeitpunkt und nicht erst im Zeitpunkt der Veräußerung der Immobilie festgestanden. [X.]as [X.][X.] verkenne die rechtliche Wirkung auflösender [X.]edingungen, wenn es dem Umstand, dass die [X.]esellschafter keine von der [X.] abweichende Rechtsfolge durch [X.]esellschafterbeschluss herbeigeführt haben, die Rechtsfolge eines [X.]rwerbstatbestandes beimesse. Jedenfalls widerspräche es dem Zweck des § 23 [X.]St[X.], den seit [X.]ründung der [X.] feststehenden [X.]sbestimmungen im Zeitpunkt der [X.]rundstücksveräußerung die Wirkung einer entgeltlichen Anschaffung beizumessen. Jedenfalls sei der [X.]esellschaftsanteil des ausscheidenden [X.]esellschafters [X.] nicht voll entgeltlich, sondern lediglich teilentgeltlich erworben worden.

[X.]ie Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil des [X.][X.] vom 30.01.2018 - 5 K 1588/15 aufzuheben und den [X.]escheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen vom 02.12.2011 in [X.]estalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 20.05.2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass keine [X.]inkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] des § 23 [X.]St[X.] festgestellt werden,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil des [X.][X.] vom 30.01.2018 - 5 K 1588/15 aufzuheben und den [X.]escheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen vom 02.12.2011 in [X.]estalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 20.05.2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass [X.]inkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] des § 23 [X.]St[X.] lediglich in Höhe von 24.418 € festgestellt werden.

[X.]as [X.]A beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision ist im Ergebnis begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der [X.]inanzgerichtsordnung --[X.][X.]O--). [X.]ür eine gesonderte und einheitliche [X.]eststellung und Zurechnung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESt[X.] im [X.]escheid vom 02.12.2011 fehlte die gesetzliche [X.]rundlage.

1. [X.]ie Vorentscheidung verletzt §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. a [X.]; sie ist schon aufgrund des Verstoßes gegen die genannten verfahrensrechtlichen Normen, deren Einhaltung das Revisionsgericht auch ohne Rüge im Revisionsverfahren zu prüfen hat, aufzuheben.

a) Nach § 179 Abs. 1 [X.] werden die [X.]esteuerungsgrundlagen abweichend von § 157 Abs. 2 [X.] durch [X.]eststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem [X.]esetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. [X.]emäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. a [X.] sind Einkünfte gesondert und einheitlich festzustellen, wenn daran mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen zuzurechnen sind; Einkünfte, an denen [X.] der genannten Vorschrift "mehrere Personen beteiligt" sind, liegen --unter weiteren [X.] nur dann vor, wenn diese Personen "gemeinsam" (d.h. in der "Einheit der [X.]esellschaft") den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklichen (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 10.11.2015 - IX R 10/15, [X.], 529; vom 21.01.2014 - IX R 9/13, [X.], 225, [X.], 515; vom 13.07.1994 - [X.], [X.] 1995, 303, jeweils m.w.N.; [X.]/Ratschow, [X.], 14. Aufl., § 180 Rz 8).

b) Veräußert eine grundstücksbesitzende (vermögensverwaltende) [X.]bR eine in ihrem [X.]esamthandsvermögen befindliche Immobilie, ist mithin über die [X.]rage, ob durch das Veräußerungsgeschäft ein [X.] verwirklicht worden ist, nur dann im Verfahren der gesonderten und einheitlichen [X.]eststellung zu entscheiden, wenn die Tatbestandsmerkmale der maßgeblichen Norm gemeinsam in der Einheit der [X.]esellschaft verwirklicht werden (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 529; in [X.], 225, [X.], 515, und in [X.] 1995, 303, zu § 23 ESt[X.]).

2. Eine Personengesellschaft ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer [X.]esellschafter Merkmale eines [X.]esteuerungstatbestands verwirklicht, welche den [X.]esellschaftern für deren [X.]esteuerung zuzurechnen sind (vgl. [X.]eschluss des [X.]roßen Senats des [X.] vom 25.06.1984 - [X.]rS 4/82, [X.]E 141, 405, [X.] 1984, 751, unter [X.], beginnend Rz 135; [X.]-Urteil vom 18.05.2004 - IX R 42/01, [X.] 2005, 168). Solche Merkmale sind insbesondere die Verwirklichung des Tatbestands einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von [X.]ewinn oder Überschuss im Rahmen dieser Einkunftsart. Zu den den [X.]esellschaftern einer grundbesitzenden Personengesellschaft zuzurechnenden sonstigen Einkünften können auch die Anteile am Überschuss gehören, welche die [X.]esellschaft in [X.]orm eines [X.]ewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 ESt[X.]) durch den Verkauf einer im [X.]esamthandsvermögen befindlichen Immobilie erzielt.

a) Zu den sonstigen Einkünften zählen u.a. solche aus privaten Veräußerungsgeschäften bei [X.]rundstücken, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESt[X.]). [X.]ie Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren [X.]eteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter (§ 23 Abs. 1 Satz 4 ESt[X.]).

Unter "Anschaffung" bzw. "Veräußerung" [X.] des § 23 ESt[X.] ist der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen [X.] --d.h. auf eine andere Person-- zu verstehen. [X.]eide Teilakte des gestreckten Tatbestands eines steuerbaren privaten [X.] --Anschaffung und [X.] müssen wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen und mithin Ausdruck einer "wirtschaftlichen [X.]etätigung" sein ([X.]-Urteil vom [X.] - IX R 28/18, [X.]E 265, 258, [X.] 2019, 701, m.w.N.).

b) Nach § 23 Abs. 1 Satz 4 ESt[X.] können die Teilakte eines privaten [X.] ("Anschaffung" und "Veräußerung") in materiell-rechtlicher Hinsicht auch durch den Erwerb eines [X.]esellschaftsanteils verwirklicht werden; denn nach der genannten Regelung gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren [X.]eteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. [X.]arüber hinaus kann eine --von einer Personengesellschaft vorgenommene-- entgeltliche Übertragung einer Immobilie aus dem [X.]esamthandsvermögen auf einen [X.] dem [X.]esellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 [X.] anteilig als "Veräußerungsgeschäft" [X.] des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESt[X.] zuzurechnen sein (sog. [X.]ruchteilsbetrachtung; s. [X.]-Urteil in [X.], 225, [X.], 515).

c) In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist eine gesonderte und einheitliche [X.]eststellung und Zurechnung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. a [X.] indes in [X.]ällen, in denen die Anschaffung oder Veräußerung einer [X.]esellschaftsbeteiligung als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 4 ESt[X.]), nach den oben genannten Maßstäben (s. die Ausführungen unter [X.]) regelmäßig nicht zulässig, weil der rechtliche Vorgang, welcher nur über die [X.]iktions- oder Zurechnungsnorm zur Annahme eines "Anschaffungs-" oder "[X.]" führt, nicht gemeinsam und in der Einheit der [X.]esellschaft, sondern individuell durch den [X.]esellschafter verwirklicht wird ([X.]-Urteile in [X.], 529; in [X.], 225, [X.], 515, und in [X.] 1995, 303).

3. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall die vom [X.] vorgenommene gesonderte und einheitliche [X.]eststellung der sonstigen Einkünfte aus der Veräußerung der maßgeblichen Immobilie schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Erzielung von sonstigen Einkünften nicht vorliegen und es deshalb für die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung eines [X.]ewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] des § 23 Abs. 3 Satz 1 ESt[X.] an einer gesetzlichen [X.]rundlage fehlt.

a) [X.]urch das Ausscheiden des [X.]esellschafters [X.] aus der vermögensverwaltenden [X.]bR gegen Zahlung einer Abfindung ist sein Anteil den verbleibenden [X.]esellschaftern [X.], [X.], [X.] und [X.] angewachsen. [X.] der [X.]rage, ob es sich hierbei für die verbleibenden [X.]esellschafter [X.], [X.], [X.] und [X.] um ein "Anschaffungsgeschäft" [X.] des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESt[X.] i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 4 ESt[X.] gehandelt hat, haben diese den --durch die (gesetzliche) Rechtsfolge des § 738 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.][X.] ausgelösten-- [X.]serwerb jeweils einzeln und nicht in der Einheit der [X.]esellschaft verwirklicht. [X.]enn dieser Erwerb wurde nicht durch die das [X.] bestimmende gesamthänderische [X.]indung (s. § 719 Abs. 1 [X.][X.][X.]) geprägt, sondern beruhte auf einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, mit der die [X.]ründungsgesellschafter für den [X.]all des Ausscheidens eines [X.]esellschafters vorab eine individuelle, d.h. personenbezogene künftige Zuordnung des Anteils des Ausgeschiedenen vereinbart hatten.

Vor diesem Hintergrund ist die [X.] in abgabenrechtlicher Hinsicht ein gesellschafterbezogener, kein gesellschaftsbezogener Vorgang; denn der [X.]serwerb ist ein [X.]all des Anteilserwerbs. [X.]ieser rechtliche [X.]efund wird auch nicht durch den Umstand infrage gestellt, dass die gesellschaftsvertragliche Regelung von allen [X.]esellschaftern getragen und in derselben Urkunde vereinbart wurde und der [X.]serwerb für alle verbliebenen [X.]esellschafter sodann zum gleichen Zeitpunkt stattgefunden hat (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 529).

b) [X.]ie Sache ist spruchreif. [X.]er angefochtene [X.]escheid über die gesonderte und einheitliche [X.]eststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen ist insoweit rechtswidrig, als darin Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ESt[X.] festgestellt werden. Auf die von der Klägerin im Revisionsverfahren weiter aufgeworfenen [X.]ragen --etwa zur [X.] des [X.] kommt es mithin nicht mehr an.

4. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 [X.][X.]O.

Meta

IX R 24/18

19.11.2019

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 30. Januar 2018, Az: 5 K 1588/15, Urteil

§ 179 Abs 1 AO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 23 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 23 Abs 1 S 4 EStG 2002, § 23 Abs 3 S 1 EStG 2002, § 738 Abs 1 BGB, EStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.11.2019, Az. IX R 24/18 (REWIS RS 2019, 1405)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1405


Verfahrensgang

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Az. IX R 24/18

Bundesfinanzhof, IX R 24/18, 19.11.2019.


Az. 5 K 1588/15

FG München, 5 K 1588/15, 30.01.2018.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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