Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.05.2011, Az. IX ZB 27/10

9. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6469

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Gegenstand

Insolvenzverwaltervergütung: Ermittlung der Mindestvergütung bei Anmeldung mehrerer Forderungen durch verschiedene Behörden einer Gebietskörperschaft


Leitsatz

Eine Gebietskörperschaft zählt bei der Berechnung der Mindestvergütung des Insolvenzverwalters auch dann als (nur) eine Gläubigerin, wenn sie durch verschiedene Behörden mehrere Forderungen aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen angemeldet hat .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 25. Januar 2010 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 232,05 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die weitere Beteiligte war Verwalterin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. In dem Verfahren meldeten neben der [X.] und dem Finanzamt [X.] 19 Gläubiger Forderungen an. Das Insolvenzgericht hat die (Mindest-)Vergütung der weiteren Beteiligten für ihre Tätigkeit als Insolvenzverwalterin gemäß § 2 Abs. 2 [X.] auf 2.059,65 € festgesetzt (1.300 € Vergütung, 390 € Auslagen, 40,80 [X.], 19 v.H. Umsatzsteuer). Es hat seiner Berechnung eine Anzahl von 20 Gläubigern zugrunde gelegt, die ihre Forderungen angemeldet haben. Die sofortige Beschwerde der Verwalterin, mit der sie eine Berechnung nach 21 Gläubigern erreichen wollte, hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter.

II.

2

Die statthafte (§§ 7, 6, 64 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch sonst zulässige (§§ 575, 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

3

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, sowohl hinter der [X.] als auch hinter dem Finanzamt [X.] stehe der [X.]. Er sei bei der Bestimmung der Gläubigerzahl nur einmal zu berücksichtigen. Dass unterschiedliche Behörden tätig geworden seien, ändere daran nichts.

4

2. Diese Beurteilung trifft zu.

5

a) Die Mindestvergütung des Insolvenzverwalters beträgt nach § 2 Abs. 2 [X.] in Insolvenzverfahren, in denen nicht mehr als zehn Gläubiger ihre Forderungen angemeldet haben, regelmäßig 1.000 €. Sie erhöht sich, wenn in dem Verfahren 11 bis 30 Gläubiger ihre Forderungen angemeldet haben, für je angefangene fünf Gläubiger um 150 Euro. Ab 31 Gläubiger erhöht sich die Vergütung je angefangene fünf Gläubiger um 100 Euro. Die mit der Änderungsverordnung vom 4. Oktober 2004 ([X.] I S. 2569) eingeführte Regelung soll dem unterschiedlichen Aufwand der Verwalter in den jeweiligen Verfahren Rechnung tragen. Die Anzahl der Gläubiger wurde als geeignetes Differenzierungskriterium erachtet, das den Aufwand des Verwalters in etwa abbildet (vgl. die Begründung der Verordnung, abgedruckt u.a. in [X.], 1927, 1930 f). Maßgebend ist die Kopfzahl der anmeldenden Gläubiger, nicht die Anzahl der angemeldeten Forderungen ([X.], Beschluss vom 16. Dezember 2010 - [X.] 39/10, [X.], 132 Rn. 4). Der Verordnungsgeber hat sich damit für ein Kriterium entschieden, das den tatsächlichen Arbeitsaufwand des Insolvenzverwalters nur näherungsweise wiedergibt, dafür aber dem Insolvenzgericht eine einfache und sichere Handhabung ermöglicht. Er hat durch die Verwendung eines pauschalierenden Maßstabs im Interesse der Praktikabilität in Kauf genommen, dass die Mindestvergütung nicht in jedem Fall genau mit der Belastung des Verwalters korreliert (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Februar 2010 - [X.] 129/08, [X.], 486 Rn. 8). Diese Regelung ist von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt und verfassungsgemäß ([X.], Beschluss vom 13. März 2008 - [X.] 63/05, [X.], 976 Rn. 6 ff).

6

b) Der typisierenden [X.] entspricht es, die maßgebliche Anzahl der Gläubiger formal zu bestimmen. Entscheidend ist, wer jeweils materiell-rechtlich Inhaber der angemeldeten Forderung ist (vgl. § 241 Abs. 1 Satz 1 BGB). Unerheblich ist hingegen, ob ein Gläubiger mehrere Forderungen geltend macht, auch wenn diese auf unterschiedlichen Rechtsverhältnissen beruhen und von verschiedenen Organisationseinheiten des Gläubigers bearbeitet werden. Handelt es sich bei dem Gläubiger wie hier um eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft, die durch verschiedene Behörden rechtlich selbständige Forderungen angemeldet hat, ist sie bei der Ermittlung der Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 [X.] nur einmal zu zählen, auch wenn im konkreten Fall für den Insolvenzverwalter ein ähnlicher Arbeitsaufwand entsteht wie bei der Forderungsanmeldung durch unterschiedliche Gläubiger ([X.]/Kalkmann, [X.], 2. Aufl., § 2 [X.] Rn. 19). Eine auskömmliche Vergütung muss im Blick auf den Gesichtspunkt der Querfinanzierung nicht in jedem einzelnen Verfahren erzielt werden ([X.], Beschluss vom 13. März 2008, aaO Rn. 11 f).

7

c) Die Rechtsbeschwerde befürwortet unter Hinweis auf den Beschluss des Senats vom 4. Februar 2010 ([X.] 129/08, aaO) eine mehr wertende Betrachtung. Dort ging es jedoch nicht um die Vergütung des endgültigen, sondern um diejenige des vorläufigen Insolvenzverwalters. Da im Eröffnungsverfahren die Zahl der Gläubiger, die nach Verfahrenseröffnung Forderungen anmelden, noch nicht bekannt ist, hat der Senat für diesen Verfahrensabschnitt die Zahl der Gläubiger für maßgeblich erachtet, bei denen nach der Eröffnung des Verfahrens mit einer Forderungsanmeldung zu rechnen ist. Daraus ist nicht der Schluss zu ziehen, auch im eröffneten Verfahren müsse die Anzahl der Gläubiger, die in diesem Verfahrensstadium bekannt sind, wertend bestimmt werden.

8

d) Meldet ein Gläubiger mehrere Forderungen an, erhöht dies nach der geltenden Regelung nicht die Mindestvergütung des Insolvenzverwalters. Eine daraus resultierende Diskrepanz zwischen dem Arbeitsaufwand des Verwalters und der Höhe seiner Vergütung ist im Grundsatz hinzunehmen. In besonderen Fällen kann eine unangemessen niedrige Vergütung durch einen Zuschlag nach § 3 Abs. 1 [X.] vermieden werden. Die Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen einen solchen Zuschlag jedoch nicht.

[X.]                                        Fischer

                     Grupp                                          [X.]

Meta

IX ZB 27/10

19.05.2011

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Chemnitz, 25. Januar 2010, Az: 3 T 778/09, Beschluss

§ 2 Abs 2 InsVV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.05.2011, Az. IX ZB 27/10 (REWIS RS 2011, 6469)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6469

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