Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. IV ZR 95/10

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3163

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 95/10
vom

21. September 2011

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die [X.] Richterin Dr. Kessal-Wulf, [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

am 21. September 2011

beschlossen:

Auf die Beschwerde des [X.] wird die Revision gegen das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 26.
Februar 2010 zugelassen.

Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 35.997

Gründe:

[X.] Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Krankenta-gegeld aus einer Unfallversicherung geltend. Nach den der Versicherung zugrunde liegenden Bedingungen der Beklagten besteht Anspruch auf Krankentagegeld, wenn die versicherte Person unfallbedingt in der [X.] beeinträchtigt und in ärztlicher Behandlung ist, jedoch 1
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längstens für ein Jahr vom Unfalltag an gerechnet. In Nr.
5.2 der [X.] heißt es auszugsweise wie folgt:

"Ausgeschlossen sind außerdem folgende Beeinträchtigun-gen:

5.2.3 Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen oder Eingriffe am Körper der versicherten Person.

Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn die [X.] oder Eingriffe, auch strahlendiagnostische und
-therapeutische, durch einen unter diesen Vertrag fallenden Unfall veranlasst waren."

Der Kläger stürzte am 26.
Juni 2005 von einer Treppe. Bereits vorher litt er an einer Herzerkrankung, wegen der ihm im Oktober 2004 ein [X.] implantiert worden war. Bei einer MRT-Untersu-chung des [X.] am 13.
Juli 2005 kam es zu einer Dysfunktion dieses Gerätes, weshalb der Kläger sofort ins Krankenhaus überwiesen wurde, wo er bis zum 22.
Juli 2005 verblieb und das Gerät am 18.
Juli 2005 ausgetauscht wurde. Die Beklagte zahlte Krankentagegeld bis ein-schließlich 23.
Juli 2005.

Der Kläger begehrt weiteres Krankentagegeld für die [X.] bis zum 26.
Juni 2006 in einer Gesamthöhe von 35.997

der Behauptung, er sei seit der radiologischen Untersuchung und in de-ren Folge in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt; diese Untersuchung habe wegen infolge
des Treppensturzes aufgetretenen
unklaren Schwin-dels
stattgefunden.

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Die Beklagte hat behauptet, es habe sich um eine normale Kon-trolluntersuchung wegen des vorbestehenden Herzleidens gehandelt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

I[X.]
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die MRT-Unter-suchung durch den Unfall veranlasst gewesen sei; es sei aber nicht da-von auszugehen, dass der Kläger nach dem 23.
Juli 2005 noch als Folge dieser Untersuchung ganz oder teilweise arbeitsunfähig gewesen sei. Der Kläger habe eine Ursächlichkeit dieser Untersuchung bereits nicht ausreichend dargelegt. Der Austausch des [X.] sei laut Arztbericht kom-plikationslos erfolgt; keiner der vom Kläger vorgelegten Arztberichte be-zeichne den Vorfall vom 13.
Juli 2005
als ausschlaggebend für die weite-ren herzbedingten Gesundheitsprobleme des [X.]. Es sei damit kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die behauptete Arbeitsunfähigkeit auf der durch die MRT-Untersuchung hervorgerufenen Dysfunktion des [X.] beruht hätte. Anknüpfungstatsachen für das vom Kläger hierzu [X.] Sachverständigengutachten wie etwa Krankenunterlagen fehl-ten, so dass dieses Beweismittel ungeeignet sei.

II[X.] Die Abweisung der Klage mit dieser Begründung verletzt den Anspruch des [X.]
auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG), weil das Berufungsgericht die Berücksichtigung seines Vortrags und Beweis-antritts zu Unrecht von der Darlegung weiterer Anknüpfungstatsachen abhängig gemacht hat.

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Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine [X.] ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbin-dung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen; genügt das [X.]-vorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer [X.] nicht verlangt werden (Senatsurteil vom 17.
Februar 2010
IV ZR 259/08, [X.], 473 Rn.
18).

Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat
wie sich dem Berufungsurteil selbst entnehmen lässt

vorgetragen, dass er über den 23.
Juli 2005 hinaus arbeitsunfähig gewesen sei und dass dieser Zustand auf dem durch die MRT-Untersuchung hervorgerufenen Defekt des [X.] beruhe, sowie hierfür Beweis angetreten. Der Vortrag weiterer Hilfstatsachen, die diese Behauptung "nachvollziehbar" erscheinen lassen, war nicht erfor-derlich.

Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es hier um die Beurteilung medizinischer Zusammenhänge geht, die eine spezifische Sachkunde erfordern, welche beim Kläger nicht an-zunehmen ist. In derartigen Fällen geringer Sachkunde der [X.] dürfen an ihren klagebegründenden Sachvortrag keine hohen Anforderungen gestellt werden, sondern darf sie sich auf den Vortrag auch von ihr [X.] nur vermuteter Tatsachen beschränken (Senatsurteil vom 19.
Februar 2003
IV ZR 321/02, [X.], 83 unter II 1 a m.w.N.).

Das Berufungsgericht durfte sich deshalb nicht ohne Aufklärung über die Behauptung des [X.] hinwegsetzen, sein Körper habe das neue Gerät nicht angenommen, was ursächlich für seine weiteren Ge-sundheitsprobleme gewesen sei, selbst wenn der komplikationslos er-8
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folgte Austausch des [X.] ein Indiz für die Unrichtigkeit dieser Behaup-tung darstellen sollte.

Auch die fehlende Vorlage von (weiteren) Krankenunterlagen [X.] keinen ausreichenden Grund dar, von der Einholung des beantragten Gutachtens abzusehen. Zum einen kann das Gericht der [X.] noch im Beweisbeschluss die Vorlage bestimmter, vom Sachverständigen zu sichtender Unterlagen aufgeben oder den Sachverständigen nach §
404a Abs.
4 ZPO ermächtigen, Krankenhausunterlagen und Arztberichte zur Auswertung beizuziehen, sofern es die vorhandenen Unterlagen für nicht ausreichend erachtet. Zum anderen obliegt es zunächst der Beurteilung des zu beauftragenden Sachverständigen, ob nicht schon aus den vorge-legten Arztberichten ein zumindest mitursächlicher Zusammenhang zwi-schen Austausch des [X.] und Gesundheitszustand des [X.] ent-nommen werden kann. Dies durfte das Berufungsgericht ohne die [X.] eigener medizinischer Sachkunde schon deshalb nicht ausschlie-ßen, weil in dem Arztbericht der J.

-G.

-U.

M.

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vom 2.
September 2005 als Diagnose unter anderem auch "[X.]. Aggre-gatwechsel am 18.07.05" erwähnt ist. Schließlich hätten gegebenenfalls auch die vom Kläger als Zeugen für seinen die Arbeitsunfähigkeit be-gründenden Zustand benannten Ärzte vorab vernommen werden können.

Dr. [X.]

[X.] [X.]

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.10.2008 -
1 O 316/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
7 U 256/08 -

Meta

IV ZR 95/10

21.09.2011

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. IV ZR 95/10 (REWIS RS 2011, 3163)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3163

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