Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2012, Az. VI ZR 296/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3368

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

11. September 2012

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 5 Abs. 1
Ist die Haftung des Unfallverursachers bzw. seines Haftpflichtversicherers dem Grunde nach unstreitig, ist der Einzug der Forderung des Geschädigten auf Er-stattung der [X.] durch das Mietwagenunternehmen als [X.] gemäß §
5 Abs.
1 [X.] erlaubt (Bestätigung des [X.] vom 31.
Januar 2012 -
VI
ZR 143/11, [X.], 458).
[X.], Urteil vom 11. September 2012 -
VI [X.] -
LG Arnsberg

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
11.
September 2012
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], Pauge und [X.] und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 5.
Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt von dem beklagten [X.] aus abgetretenem Recht des Geschädigten Er-satz restlicher [X.] sowie vorgerichtliche Anwaltskosten
nach ei-nem Verkehrsunfall vom 28. August
2008. Die volle Einstandspflicht der [X.] steht außer Streit.
Der
Geschädigte mietete bei der Klägerin für die Zeit der
Reparatur
sei-nes Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. Bei der Anmietung am 28. August
2008
unterzeichnete er
eine von der Klägerin vorformulierte Abtretung und [X.], die u.a. wie folgt lautet:
1
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-

3

-

"Hiermit trete ich die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Miet-wagenkosten gegen den Fahrer, den Halter und deren/dessen [X.] aus dem unten bezeichneten Schadensereignis erfüllungshalber an die Autovermietung ... ab.
Ich weise die Versicherung und gegebenenfalls den regulierenden Rechtsanwalt an, den sich aus der Fahrzeuganmietung ergebenden Schadens-betrag unmittelbar an die oben genannte Autovermietung zu zahlen und bitte darum, die Zahlungsbereitschaft kurzfristig dorthin zu bestätigen.
Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht von [X.] Verpflichtung zur Zahlung der [X.] befreit, wenn die [X.] nicht in angemessener Zeit/Höhe leistet. Zahlungen werden mit den [X.] der Geschädigten gegengerechnet."
Unter dem 11. September
2008
übersandte die Klägerin dem Geschädig-ten sowie der Beklagten eine Rechnung über einen Betrag von [X.]

, den die Beklagte teilweise erstattete.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Be-rufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klägerin nicht aktivlegiti-miert, weil die Abtretung der Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes ge-gen §§
3 [X.], 134 BGB unwirksam sei. Es handele sich um die Besorgung 3
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einer fremden Rechtsangelegenheit im Sinne des §
2 Abs.
1 [X.]. Dies [X.] der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine fremde Rechtsangele-genheit besorgt werde, wenn nach der Geschäftspraxis des Mietwagenunter-nehmens die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden [X.] würden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen [X.].
Es liege
auch nicht eine erlaubte Nebentätigkeit im Sinne des §
5 Abs.
1 [X.]
vor, weil die rechtliche Beurteilung von Schadensfällen nicht zum Berufs-bild eines Mietwagenunternehmers
gehöre.

II.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher [X.] nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Kläge-rin
aktivlegitimiert und hat eine jedenfalls nach §
5 Abs.
1 [X.] erlaubte Rechtsdienstleistung vorgenommen.
1. Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (vgl. [X.]surteil vom 7.
Juni 2011 -
VI
ZR 260/10, [X.], 1008 Rn.
6 [X.]). Dies ist der Fall, weil nach dem Wortlaut der Abtretung vom 28. August 2008 nur die Scha-densersatzforderung auf Erstattung der [X.] nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurde. Eine Bezifferung des [X.] war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich noch erforderlich.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Abtretung nicht nach §
134 BGB wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleis-tungsgesetz
nichtig. Es kann offenbleiben, ob es sich bei der Einziehung der an 9
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-

5

-

die Klägerin abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten um eine Rechtsdienstleistung im Sinne des §
2 Abs.
1 [X.] handelt
oder eine eigene Rechtsangelegenheit der Klägerin vorliegt. Auch wenn man vom Vorliegen [X.] Rechtsdienstleistung ausgeht, ist diese jedenfalls nach den Grundsätzen des nach der Entscheidung des Berufungsgerichts ergangenen [X.] vom 31.
Januar 2012 (VI
ZR 143/11, veröffentlicht u.a. in [X.], 458) nach §
5 Abs.
1 Satz
1 [X.] erlaubt.
Nach dieser Vorschrift
sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs-
oder Tätigkeitsbild des Handelnden gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätig-keit und der Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§
5 Abs.
1 Satz
2 [X.]). Danach sind im Streit-fall die Voraussetzungen des §
5 Abs.
1 Satz
1 [X.] erfüllt. Im [X.]surteil vom 31.
Januar 2012 hat der [X.] entschieden, dass die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschä-digten auf Erstattung von [X.] grundsätzlich erlaubt ist, wenn [X.] die Höhe der [X.] streitig ist ([X.]surteil vom 31.
Januar 2012 -
VI
ZR 143/11, aaO Rn.
8 ff.,
15). Nachdem im Streitfall die Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig war, liegt eine Fallgestaltung vor, in wel-cher nach dem [X.]surteil vom 31.
Januar 2012, auf das zur Begründung er-gänzend Bezug genommen wird, der Forderungseinzug durch das Mietwagen-unternehmen als Nebenleistung zum Berufs-
oder Tätigkeitsbild der Klägerin gehört und auch bei Annahme einer Rechtsdienstleistung im Sinne des §
2 Abs.
1 [X.] jedenfalls gemäß
§
5 Abs.
1 [X.] erlaubt ist.
Dies entspricht den Interessen der Beteiligten. Die an der Anmietung ei-nes [X.] interessierten Unfallgeschädigten gehen erkennbar 12
13
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6

-

davon aus, dass die [X.] von dem gegnerischen Haftpflichtversi-cherer, der ihnen gegenüber dem Grunde nach zu deren Übernahme verpflich-tet ist, erstattet werden und sie mit der Schadensregulierung in keinem größe-ren Umfang behelligt werden, als unbedingt notwendig ([X.]surteil vom 31.
Januar 2012 -
VI
ZR 143/11, aaO Rn.
15; [X.], Urteil vom 25.
März 2009 -
XII
ZR 117/07, [X.], 1243 Rn.
14; [X.], [X.], 556, 557
f.). Demzufolge sind Direktabrechnungen von Autovermietern mit dem geg-nerischen Haftpflichtversicherer weit verbreitet ([X.]surteile vom 26.
April 1994 -
VI
ZR 305/93, [X.], 950, 952; vom 31.
Januar 2012 -
VI
ZR 143/11, aaO; [X.], aaO; Otting, SVR 2011, 8, 10). Damit liegt es auch im Interesse des Vermieters, seine Tarife so zu gestalten, dass sie einerseits dem eigenen [X.] entsprechen, andererseits in der Abrechnung mit dem Haftpflichtversicherer durchgesetzt werden können. [X.] wird dadurch verstärkt, dass bei Anmietung eines [X.] nach einem Unfall eine Aufklärungspflicht des Vermieters
über mögliche Regulierungsschwierigkeiten mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer be-stehen kann und dem Vermieter bei Verletzung der Aufklärungspflicht gegen-über dem Geschädigten unter Umständen nur der Betrag zusteht, der in einem Rechtsstreit mit dem Haftpflichtversicherer als nach §
249 Abs.
2 BGB erforder-lich angesehen wird (vgl. [X.]surteil vom 31.
Januar 2012 -
VI
ZR 143/11, aaO; [X.], Urteil vom 25.
März 2009 -
XII
ZR 117/07, aaO
Rn.
13
ff. [X.]).
Schon im Hinblick darauf muss sich der Autovermieter -
auch rechtliche
-
Kenntnisse hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Rechnungen aneignen, wenn es sich um die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach einem Unfall han-delt. Die Höhe des Mietpreises ist nach §
287 ZPO von dem insoweit besonders frei gestellten Tatrichter zu schätzen, der dabei auf regelmäßig zugrunde geleg-te Listen oder Tabellen zurückgreifen und gegebenenfalls Einwänden gegen die Anwendung einer bestimmten Liste auch durch Abschläge oder Zuschläge auf 14
-

7

-

den sich aus ihnen ergebenden Normaltarif begegnen kann (vgl. [X.]surteile vom 12.
April 2011 -
VI
ZR 300/09, [X.], 769 Rn.
16
ff. [X.]; vom 31.
Januar 2012 -
VI
ZR 143/11, aaO Rn.
16).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Abtretung nicht deshalb unwirksam, weil die Abtretung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem noch nicht geklärt war, ob und wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversiche-rer einlässt (so [X.], Urteil vom 17.
Juli 2012 -
36
C 491/11, juris Rn.
17 ff.). Die Abtretung als solche ist ein neutrales Geschäft, welches nicht per se gegen ein Verbotsgesetz (§
134 BGB) verstößt. Sie wäre allenfalls unwirksam, wenn sie von vornherein auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleis-tung zielte. Dies ist bei der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs auf Er-stattung von [X.] nicht der Fall, weil die Einziehung dieses An-spruchs durch das Mietwagenunternehmen gemäß §
5 Abs.
1 Satz
1 [X.] grundsätzlich erlaubt ist, wenn allein die Höhe der [X.] streitig ist. Liegen mithin keine Umstände vor, aus denen ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich um einen Unfall handelt, bei dem die Einziehung einer abgetrete-nen Schadensersatzforderung durch ein Mietwagenunternehmen nicht erlaubt ist (vgl. dazu [X.]surteil vom 31.
Januar 2012 -
VI
ZR 143/11, aaO Rn.
8
f.), ist die Abtretung nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Rechts-dienstleistungsgesetz unwirksam, weil noch nicht feststeht, wie sich der [X.] bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt.
3. Da die Abtretung mithin wirksam ist, ist das Berufungsurteil aufzuhe-ben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen, weil es -
nach seiner rechtlichen Bewertung folgerichtig
-
keine Fest-

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8

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stellungen zur von der Beklagten bestrittenen Anspruchshöhe getroffen hat (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Galke
[X.]
Pauge

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.02.2011 -
12 C 374/09 -

LG Arnsberg, Entscheidung vom 05.10.2011 -
I-5 S 46/11 -

Meta

VI ZR 296/11

11.09.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2012, Az. VI ZR 296/11 (REWIS RS 2012, 3368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3368

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