Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.12.2023, Az. XII ZB 514/21

12. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 9767

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Gegenstand

Betreuungsverfahren: Anhörung des Betroffenen; Feststellung des freien Willens des an Demenz erkrankten Betroffenen


Leitsatz

Wird der Betroffene in einem Betreuungsverfahren durch die vollbesetzte Beschwerdekammer angehört und wirken infolge eines anschließenden Richterwechsels nur noch zwei der an der Anhörung beteiligt gewesenen Richter an der Beschwerdeentscheidung mit, kann die Anhörung weiterhin in ihrem objektiven Ertrag verwertet werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden des Betroffenen und der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 21. Zivilkammer des [X.] vom 3. November 2021 werden zurückgewiesen.

Das [X.] ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Eine Festsetzung des [X.] (§ 36 Abs. 3 GNotKG) ist nicht veranlasst.

Gründe

I.

1

Der 1945 geborene Betroffene leidet an einem dementiellen Abbauprozess des Gehirns mit Störungen der Orientierung, der Gedächtnisleistung, des Antriebs und der Urteilsfähigkeit. [X.] wurde ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet, das vor allem aus einer Vielzahl von Immobilien besteht. Im Februar 2019 heirateten der Betroffene und die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Ehefrau) und erteilten sich kurze Zeit danach gegenseitig notarielle Vorsorgevollmachten.

2

Auf Anregung der Tochter des Betroffenen leitete das Amtsgericht im Februar 2019 ein Betreuungsverfahren ein und bestellte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Beschluss vom 3. September 2019 den Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Betreuer) als anwaltlichen Berufsbetreuer für den Betroffenen mit dem Aufgabenkreis „Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post, Vertretung in Immobilienangelegenheiten, Widerruf von Vollmachten“. Ferner hat es angeordnet, dass der Betroffene zu Willenserklärungen in Angelegenheiten der Vermögenssorge der Einwilligung des Betreuers bedarf. Mit Schreiben vom 18. September 2019 widerrief der Betreuer gegenüber der Ehefrau die vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht. Die gegen die Einrichtung der Betreuung gerichteten Beschwerden des Betroffenen und seiner Ehefrau hat das [X.] mit Beschluss vom 6. Dezember 2019 zurückgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 15. Januar 2020 hat das Amtsgericht den Aufgabenkreis des Betreuers um die Bereiche „Vertretung gegenüber Gerichten, Behörden und Versicherungen einschließlich in Strafverfahren und eherechtlichen Verfahren“ erweitert. Auch gegen diese Entscheidung hat der Betroffene Beschwerde eingelegt, der sich seine Ehefrau angeschlossen hat.

3

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat (Senatsbeschluss vom 27. Mai 2020 - [X.] 582/19 - FamRZ 2020, 1410) die Entscheidung des [X.]s vom 6. Dezember 2019 aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen. Das [X.] hat nach Einholung eines Ergänzungsgutachtens und nach Anhörung des Betroffenen die Beschwerden gegen die amtsgerichtlichen Beschlüsse vom 3. September 2019 und vom 15. Januar 2020 zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich der Betroffene und - soweit ihre Beschwerde gegen den Beschluss vom 3. September 2019 zurückgewiesen worden ist - seine Ehefrau wiederum mit ihren Rechtsbeschwerden.

II.

4

Die Rechtsbeschwerden sind nicht begründet.

5

1. Die von den Rechtsbeschwerden erhobene Verfahrensrüge, wonach das Beschwerdegericht die Anhörung des Betroffenen nach dem Wechsel eines Mitglieds der [X.] hätte wiederholen müssen, greift im Ergebnis nicht durch.

6

a) Wie der Senat bereits zur Anhörung durch den beauftragten [X.] entschieden hat, muss die Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren nicht zwangsläufig durch alle Mitglieder der [X.] erfolgen, die an der Entscheidung mitwirken. In diesem Fall ist jedoch zu beachten, dass die Anhörung durch den beauftragten [X.] nur als dessen persönlicher Eindruck und nur in ihrem objektiven Ertrag durch die Kammer verwertet werden darf (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. März 2023 - [X.] 285/22 - FamRZ 2023, 1062 Rn. 14 mwN und vom 22. Juli 2020 - [X.] 228/20 - FamRZ 2020, 1671 Rn. 14 mwN).

7

b) Ob - wie das Beschwerdegericht möglicherweise meint - das Ergebnis der Anhörung dann als persönlicher Eindruck der gesamten Kammer verwertet werden darf, wenn zwei von drei der an der Entscheidung beteiligten [X.] an der Anhörung teilgenommen und diese dem neu hinzugetretenen [X.] „den bei der Anhörung gewonnen persönlichen Eindruck … vollständig vermittelt“ haben, erscheint zwar zweifelhaft. Es kommt darauf aber im Ergebnis nicht an. Denn das Gericht darf auch in dieser Konstellation die Anhörung jedenfalls in ihrem objektiven Ertrag verwerten.

8

So liegt der Fall auch hier. Das Beschwerdegericht hat der Anhörung des Betroffenen kein entscheidendes Gewicht beigemessen, sondern seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen gestützt. Zur Begründung, weshalb das Beschwerdegericht die Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend erachtet, hat es zwar auch darauf abgestellt, dass der Betroffene bei der Anhörung nicht orientiert wirkte und insbesondere erkennbar geworden sei, dass er die Bedeutung der Betreuung ebenso wenig erfassen konnte wie die wirtschaftlichen Folgen einer wiederholten Mandatierung von Rechtsanwälten. Soweit hiermit subjektive Einschätzungen verbunden sind, finden diese jedoch durch den aus dem gerichtlichen Protokoll ersichtlichen Verlauf der Anhörung und durch die dort wiedergegebenen Äußerungen des Betroffenen eine hinreichend objektivierbare Tatsachengrundlage im Inhalt des [X.]. Unter diesen Umständen wurde die Anhörung, an der (nur) zwei Mitglieder der erkennenden [X.] teilgenommen haben, in zulässiger Weise nur in ihrem objektiven Ertrag verwertet.

9

2. Auch in der Sache hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen der Rechtsbeschwerden stand.

a) Zu Unrecht beanstanden die Rechtsbeschwerden, es fehle an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen zum Fehlen eines freien Willens im Sinne von § 1814 Abs. 2 BGB (bis 31. Dezember 2022: § 1896 Abs. 1a BGB).

aa) Die beiden entscheidenden Kriterien für den Begriff der freien Willensbildung sind die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern allenfalls ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite seiner Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann. Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss es ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen. Die Feststellungen zum Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (vgl. Senatsbeschlüsse vom 31. Oktober 2018 - [X.] 552/17 - FamRZ 2019, 239 Rn. 6 mwN und vom 22. Januar 2014 - [X.] 632/12 - FamRZ 2014, 647 Rn. 6 f.).

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben hat das sachverständig beratene Beschwerdegericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise einen freien Willen des Betroffenen verneint. Zwar äußert sich der Sachverständige, wie die Rechtsbeschwerden im Ausgangspunkt zutreffend anführen, zum Fehlen eines freien Willens ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Vermögenssorge und der Erforderlichkeit der Anordnung eines [X.]. Jedoch hat der Sachverständige in seinen Gutachten zugleich ausgeführt, beim Betroffenen bestehe „kein Krankheitsbewusstsein“, er behaupte, „sowohl körperlich, psychisch als auch intellektuell ohne Beeinträchtigung zu sein“. Damit steht in Einklang, dass der Betroffene ausweislich des gerichtlichen Protokolls bei der Anhörung erst auf ausdrückliche und auf mehrfache Nachfrage erklärt hat, dass er „manchmal vergesslich“, es mit dem Vergessen aber „weniger schlimm“ sei. Es ist danach aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht in tatrichterlicher Verantwortung die für eine freie Willensbildung unabdingbare Einsichtsfähigkeit verneint hat, weil der Betroffene unter Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten seine gesundheitlichen Defizite negiert, jedenfalls aber in ihrem Ausmaß deutlich verkennt und deshalb nicht einschätzen kann, inwieweit er der Hilfe durch einen Betreuer bedarf.

b) Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht ferner die Voraussetzungen für die Anordnung eines [X.] als erfüllt angesehen.

aa) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht nach § 1825 Abs. 1 Satz 1 BGB (bis 31. Dezember 2022: § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB) an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen. Eine Gefahr für das Vermögen kann sich insbesondere auch daraus ergeben, dass der Betreute sein umfangreiches Vermögen nicht überblicken und verwalten kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Juli 2018 - [X.] 167/18 - FamRZ 2018, 1691 Rn. 15 und vom 24. Januar 2018 - [X.] 141/17 - FamRZ 2018, 625 Rn. 12 mwN). Auch bei einem umfangreichen Vermögen des Betreuten darf ein Einwilligungsvorbehalt allerdings nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen auf einen einzelnen Vermögensgegenstand oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2018 - [X.] 399/17 - FamRZ 2018, 1601 Rn. 22 und vom 7. Dezember 2016 - [X.] 136/16 - FamRZ 2017, 478 Rn. 11 mwN).

bb) Diesen Maßgaben wird die angefochtene Entscheidung gerecht. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei zu der Beurteilung gelangt, dass der Betroffene krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, sein aus einer Vielzahl von Immobilien bestehendes Vermögen und seine Zahlungsverpflichtungen zu überblicken. Seine krankheitsbedingten Einschränkungen haben nach den getroffenen Feststellungen dazu geführt, dass der Betroffene von 2009 bis 2018 keine Steuererklärungen mehr abgab, seine Briefe nicht mehr öffnete, keine Rechnungen mehr beglich und in der Folge ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet wurde. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerden ist die Erforderlichkeit des [X.] im vorliegenden Fall auch nicht mit Blick auf den Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts auf die Insolvenzverwalterin entfallen. Die Beurteilung, dass weiterhin die Gefahr erheblicher Vermögensgefährdungen besteht, durfte das Beschwerdegericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise unter anderem darauf stützen, dass der Betroffene mehrere Rechtsanwälte mit seiner Vertretung im Insolvenzverfahren mandatiert hat, weil er krankheitsbedingt die wirtschaftlichen Folgen einer wiederholten Beauftragung von Rechtsanwälten nicht einschätzen kann. Es ist ebenfalls aus Rechtsgründen nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht den angeordneten Einwilligungsvorbehalt nicht auf ein einzelnes Objekt oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt hat.

c) Auch die durch das Beschwerdegericht vorgenommene [X.] hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

aa) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Ehefrau als ungeeignet für die Führung der Betreuung angesehen hat.

(1) Nach § 1816 Abs. 2 Satz 1 BGB (bis 31. Dezember 2022: § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB) hat das Betreuungsgericht dem Wunsch des Betreuten, eine Person zum Betreuer zu bestellen, zu entsprechen, es sei denn, die gewünschte Person ist zur Führung der Betreuung nicht geeignet. Ein solcher Wunsch erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Hat der Betreute niemanden als Betreuer vorgeschlagen, ist gemäß § 1816 Abs. 3 BGB (bis 31. Dezember 2022: § 1897 Abs. 5 BGB) bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen Beziehungen des Betroffenen, insbesondere auf dessen persönliche Bindungen Rücksicht zu nehmen. Diese dem Schutz von Ehe und Familie dienende Vorschrift kommt auch dann zur Anwendung, wenn der Betreute einen nahen Angehörigen als Betreuer benannt hat. Denn dieser nahe Angehörige ist nach Maßgabe von § 1816 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BGB „erst recht“ zu bestellen, wenn der Betreute selbst ihn ausdrücklich als Betreuer seiner Wahl benannt hat. Mit Rücksicht auf die in diesen Vorschriften getroffenen Wertentscheidungen wird deshalb der Ehegatte des Betreuten, der zum Betroffenen persönliche Bindungen unterhält und den der Betreute als Betreuer gewünscht hat, bei der [X.] besonders zu berücksichtigen sein und nur dann zugunsten eines Berufsbetreuers übergangen werden können, wenn sich nach einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von ganz erheblichem Gewicht ergeben, die auf einen Eignungsmangel des Ehegatten schließen lassen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 3. Mai 2023 - [X.] 442/22 - FamRZ 2023, 1310 Rn. 16 mwN).

Dabei hat der Tatrichter eine Gesamtschau all derjenigen Umstände vorzunehmen, die für oder gegen eine Eignung sprechen könnten, und eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob die in Frage stehende Person die aus der Betreuung erwachsenden Aufgaben in Zukunft erfüllen kann. Diese in tatrichterlicher Verantwortung vorgenommene Beurteilung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden, also darauf, ob der Tatrichter den unbestimmten Rechtsbegriff der Eignung verkennt, relevante Umstände in unvertretbarer Weise bewertet oder bei der Subsumtion wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. Mai 2022 - [X.] 118/21 - FamRZ 2022, 1559 Rn. 10 und vom 18. August 2021 - [X.] 151/20 - FamRZ 2021, 1822 Rn. 10, 12 jeweils mwN).

(2) Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung noch gerecht. Das Beschwerdegericht hat die Ehefrau als ungeeignet zur Führung angesehen, weil sie sich ausweislich des durch Lichtbilder dokumentierten verwahrlosten Zustands der Wohnung nicht hinreichend um die angemessene Versorgung des Betroffenen gekümmert habe und hieraus eine Gesundheitsgefahr für ihn resultiert sei. Weiter habe sie für eine medizinische Abklärung und Begleitung der Demenz- und der Blasenkrebserkrankung sowie das Bestehen eines [X.] nicht hinreichend Sorge getragen, wobei auch für einen medizinischen Laien erkennbar gewesen sei, dass die fortschreitende Demenzerkrankung einer ärztlichen Abklärung bedurft habe. Auch habe die Ehefrau dringend erforderliche Maßnahmen zur Sanierung des baufälligen Wohnhauses durch den Betreuer und die Insolvenzverwalterin verhindert und den Betroffenen ohne Kenntnis und Unterrichtung des Betreuers an unbekannte Aufenthaltsorte verbracht.

Diese Feststellungen vermögen in der Gesamtschau die Würdigung des [X.] zur fehlenden Eignung der Ehefrau zu tragen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerden ist diese Würdigung weder fehlerhaft noch unvollständig. So hat das Beschwerdegericht durchaus auch die weiteren Entwicklungen und Bemühungen, wie etwa den aufgeräumten Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Anhörung durch die Kammer, die Reaktivierung des [X.], Arztbesuche oder die Unterstützung durch einen „Gesundheitscoach“ in den Blick genommen. Das Beschwerdegericht durfte bei seiner Prognoseentscheidung demgegenüber aber auch den vorherigen langen Zeitraum der gravierenden Vernachlässigung des Betroffenen und den Umstand berücksichtigen, dass solche Maßnahmen erst nach Einleitung des Betreuungsverfahrens ergriffen worden sind. Wenn das Beschwerdegericht danach in tatrichterlicher Verantwortung zu der Überzeugung gelangt ist, dass sich die Ehefrau in Zukunft nicht angemessen um die Angelegenheiten des Betroffenen kümmern werde, ist hiergegen aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

bb) Es lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen, dass das Beschwerdegericht der Bestellung des Orthopäden [X.] als ehrenamtlichen Einzelbetreuer nicht den Vorrang vor der Bestellung des Beteiligten zu 2 als anwaltlichen Berufsbetreuer eingeräumt hat.

Unabhängig davon, ob [X.] als Betreuer für die zu regelnden Aufgabenbereiche geeignet war, wurde er in dem von der Rechtsbeschwerde des Betroffenen in Bezug genommenen Schriftsatz des vorinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 10. Juni 2021 (lediglich) als möglicher Mitbetreuer neben der Ehefrau benannt. Da das Beschwerdegericht die Ehefrau indessen zur Führung der Betreuung als ungeeignet angesehen hatte, musste das Beschwerdegericht auch im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) nicht mehr der Frage nachgehen, ob [X.] als möglicher ehrenamtlicher Einzelbetreuer in Betracht gekommen wäre. Dies gilt umso mehr, als der Betroffene bei seiner Anhörung durch das Beschwerdegericht einen entsprechenden Betreuerwunsch nicht geäußert, sondern vielmehr angegeben hat, [X.] überhaupt nicht zu kennen.

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

[X.]     

      

[X.]     

      

Botur 

      

Pernice     

      

Recknagel     

      

Meta

XII ZB 514/21

20.12.2023

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Frankfurt, 3. November 2021, Az: 2-21 T 217/19

§ 68 FamFG, § 1814 Abs 2 BGB, § 1825 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.12.2023, Az. XII ZB 514/21 (REWIS RS 2023, 9767)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9767

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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