Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2017, Az. AnwZ (Brfg) 33/17

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2017, 5229

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:180917[X.]ANWZ.[X.]RFG.33.17.0

[X.]UN[X.]SGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
[X.] ([X.]) 33/17

vom

18. September
2017

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft-

2

-

Der [X.]undesgerichtshof, [X.],
hat durch [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] sowie die Rechtsanwälte Dr. [X.]raeuer und Dr. Lauer

am
18. September
2017
beschlossen:

Der Antrag
des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des 1. Senats des [X.] für das Land [X.] vom 10. März 2017 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe:

I.

Der am 20. September 1949 geborene Kläger ist seit dem 26. Januar 1981
zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.
Mit [X.]escheid vom 14. September 2016
widerrief die
[X.]eklagte
die Zulassung des [X.] wegen [X.]. Die Klage des [X.] gegen diesen [X.]escheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.].

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II.

Der Antrag des [X.] ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser [X.] setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebli-che Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.], [X.]eschluss vom 29. Dezember 2016 -
[X.] ([X.]) 36/16, juris Rn. 3 mwN). Daran fehlt es hier. Das Urteil des [X.] steht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates.

1.
Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in [X.], schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. [X.]eweisanzeichen hierfür sind Schuldtitel und Vollstreckungsmaßnahmen, die sich gegen den Rechtsanwalt richten ([X.], [X.]eschlüsse vom 8. Dezember 2010 -
[X.] ([X.]) 119/09, juris
Rn. 12; vom 29. Juni 2011 -
[X.] ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn. 4; vom 20. Dezember 2013 -
[X.] ([X.]) 40/13, juris Rn.
4).
Ist der Rechtsanwalt in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis gemäß § 882b ZPO eingetragen, wird der Vermögensverfall vermu-tet.
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Widerrufsverfügung, hier also der 14. Sep-tember 2016
(vgl. dazu [X.], [X.]eschluss vom 29. Juni 2011 -
[X.] ([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn. 9 ff.).

2. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung war der Kläger
mit mehreren Forderungen
im Schuldnerverzeichnis gemäß § 882b ZPO eingetra-gen.
Der Forderungsliste zufolge, welche dem Widerrufsbescheid beigefügt 2
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war, handelte es sich um die
Forderungen der Gläubiger D.

Inkasso GmbH, C.

Krankenversicherung, G.

S.

W.

GmbH, I.

med., Dres.
med. M.

& V.

. Eine
vollständige Erledi-gung der genannten Forderungen bereits im Zeitpunkt des Widerrufsbeschei-des hat der
insoweit beweispflichtige
Kläger
(vgl. [X.], [X.]eschluss vom 26. No-vember 2002 -
[X.] ([X.]) 18/01, [X.], 577)
nicht dargelegt, obwohl die [X.]eklagte schon im Verwaltungsverfahren mehrfach hierzu aufgefordert hatte. Auch die [X.]egründung des Zulassungsantrags ist insoweit unergiebig. Soweit im Zulassungsantrag behauptet wird, der [X.] habe allein auf die unstreitige Forderung der [X.] Dü.

abgestellt, trifft dies nicht zu.

3. Ist der Rechtsanwalt im Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO einge-tragen, wird sein Vermögensverfall gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 [X.] vermutet. Die Vermutung ist widerlegbar. Zur Widerlegung der Vermutung muss der Rechtsanwalt jedoch ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und dartun, dass seine Vermögens-
und Einkommensverhältnisse -
wiederum bezogen auf den maßgeblichen Zeit-punkt des Widerrufs
-
nachhaltig geordnet waren
([X.], [X.]eschluss vom 6. Feb-ruar 2014 -
[X.] ([X.]) 83/13, [X.]RAK-Mitt. 2014, 164 Rn. 5; vom 24. März 2017 -
[X.] ([X.]) 60/16, juris Rn. 6 mwN; [X.] Rspr.).
Der Rechtsanwalt muss darle-gen, welche Forderungen im maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] gegen ihn bestanden und wie er sie zurückführen oder anderweitig regulieren wollte
([X.], [X.]eschluss vom 24. März 2017 -
[X.] ([X.]) 60/16, Rn.
7). Das
hat der Kläger
nicht getan, obwohl ihn bereits die [X.]eklagte zur umfassenden Darlegung seiner Vermögensverhältnisse und zur Vorlage einer Vermögens-aufstellung
aufgefordert hatte. Auch die [X.]egründung des Zulassungsantrags reicht insoweit nicht aus. Der Kläger verweist auf sein Immobilienvermögen. Ein 5
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ausreichender Überblick über seine Einkommens-
und Vermögensverhältnisse
im Zeitpunkt des Widerrufs
lässt sich daraus jedoch nicht gewinnen.
Nach der letzten im Verfahren vor dem [X.] vorgelegten Forderungsüber-sicht, welche die [X.]eklagte mit Schriftsatz vom 3. März 2017 überreicht hat, ist es überdies auch nach dem Widerruf noch zu einer Eintragung im [X.] und zu Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger gekommen.

4.
Entgegen der Ansicht des [X.] lässt sich eine Gefährdung der Inte-ressen der Rechtsuchenden nicht ausschließen.

a) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kommenden [X.] des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese
Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der ge-setzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft. Der Anwalt darf seine anwaltliche Tätigkeit nur noch im Rahmen einer an-waltlichen Sozietät ausüben und muss mit dieser rechtlich abgesicherte Maß-nahmen verabreden, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Die Einhaltung vertraglich vereinbarter Sicherungsmaßnahmen ist dabei nach ständiger Senatsrechtsprechung nur in einer Sozietät, nicht in einer Einzelkanz-lei sichergestellt. Selbst auferlegte [X.]eschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsu-chenden auszuschließen ([X.], [X.]eschluss
vom 25. April 2013 -
[X.] ([X.]) 9/13, NJW-RR 2013, 1012 Rn. 5; vom 29. Dezember 2016 -
[X.] ([X.]) 53/16, 6
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6

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NJW 2017, 1181 Rn. 15 f. mwN; vom 31. März 2017 -
[X.] ([X.]) 58/16, juris Rn. 6).

b)
Der Kläger verweist darauf, dass eine konkrete Gefährdung von [X.] nicht dargetan sei. Dies reicht nicht aus. Der Kläger meint weiter, dass den Interessen der Rechtsuchenden durch einen Insolvenzantrag hinreichend Rechnung getragen werden könnte. Auch dies trifft nicht zu, wie sich bereits aus § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] selbst ergibt; überdies hat der Kläger bisher nicht behauptet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Ver-mögen beantragt zu haben. Zu Vergleichs-
und Ratenzahlungsvereinbarungen mit (sämtlichen) Gläubigern fehlt ebenfalls hinreichender Vortrag.

c) Die Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] ist verfassungsgemäß. Soweit danach eine Fortführung anwaltlicher Tätigkeit bei Vermögensverfall nur in den Ausnahmefällen einer besonderen Absicherung vor den in solchen Fäl-len generell gegebenen Gefährdungen zu gestatten ist, verstößt dies weder gegen Art. 12 GG noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ([X.] Se-natsrechtsprechung, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 12. Februar 2001 -
[X.] ([X.]) 7/00, juris Rn. 13; vom 17. Oktober 2005 -
[X.] ([X.]) 73/04, NJW-RR 2006, 859; vom 22. Juni 2011 -
[X.] ([X.]) 12/11, juris Rn. 6; siehe auch
[X.]VerfG,
[X.], 3057
zur Parallelvorschrift des
§ 50 Abs. 1 Nr. 6 [X.]NotO).
Der Vermö-gensverfall eines Rechtsanwalts ist geeignet, das besondere Vertrauen, das in seine Person gesetzt wird, zu erschüttern.

d) Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit
Personen, die Rechtsdienstleistungen erbringen, ist schließlich ebenfalls nicht ersichtlich. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2 [X.] fehlt die persönliche Zuverlässigkeit als Voraussetzung einer Registrierung in der Regel dann, wenn die betreffende 8
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Person im Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO oder § 26 Abs. 2 InsO ein-getragen worden i[X.]
Gemäß
§ 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 [X.] liegen unge-ordnete Vermögensverhältnisse nicht vor, wenn die Vermögensinteressen der Rechtsuchenden nicht konkret gefährdet sind.
Der
amtlichen [X.]egründung ([X.]T-Drucks. 16/3655, [X.] zu § 12 Abs. 2)
zufolge
ist das dann der Fall, wenn die Verschuldung ausschließlich auf private, nicht im Zusammenhang mit der beruf-lichen Tätigkeit stehende
Ursachen zurückzuführen ist und keine Schulden ge-genüber den Kunden oder Mandanten bestehen; dies entspreche der Recht-sprechung des [X.]undesgerichtshofs zu § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]. Anders als §
12 Abs. 2 Halbsatz 2 [X.] enthält § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] jedoch keine Ein-schränkung dahingehend, dass die Interessen der Rechtsuchenden konkret gefährdet sein müssen. Der in den Materialien zu § 12 Abs. 2 [X.] (aaO) [X.] Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2004 ([X.] ([X.]) 43/03, [X.], 511) schränkt den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] auch nicht ent-sprechend ein. Er verneint vielmehr eine Gefährdung der Interessen der [X.] aufgrund der [X.]esonderheiten des damals zu entscheidenden Falles, in welchem sich der insolvente Rechtsanwalt einer Sozietät angeschlossen und
sich
erheblichen [X.]eschränkungen hinsichtlich des Umgangs mit Fremdgeld so-wie ständigen Kontrollen unterworfen hatte.
Die Ursachen des [X.] sind nach ständiger Senatsrechtsprechung für die Entscheidung über den Widerruf unerheblich (vgl. etwa [X.], [X.]eschluss vom 31. Mai 2010 -
[X.] ([X.]) 54/09, juris Rn. 10 mwN).

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154
Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]raeuer
Lauer

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 10.03.2017 -
1 [X.] 71/16 -

11

Meta

AnwZ (Brfg) 33/17

18.09.2017

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2017, Az. AnwZ (Brfg) 33/17 (REWIS RS 2017, 5229)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5229

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