Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.11.2015, Az. 4 StR 76/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 2156

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Betrug: Beginn der Verfolgungsverjährungsfrist; maßgeblicher Zeitpunkt für Tatbeendigung bei Auszahlung des Vermögensvorteils an eine Vielzahl von Empfängern


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat Erfolg.

I.

2

Nach den Feststellungen veräußerte der Angeklagte ab dem [X.] über von ihm kontrollierte Firmen Immobilien zu überhöhten Preisen. Die Käufer verfügten jeweils nicht über hinreichende Eigenmittel und Einkünfte zur Aufnahme eines Kredites zum Erwerb der Wohnungen. Der Angeklagte spiegelte den Mitarbeitern der finanzierenden Bausparkassen durch Vorlage unrichtiger Unterlagen die Bonität der Darlehensnehmer vor, worauf es zum Abschluss der Darlehensverträge und zur Auszahlung der Valuta auf ein Anderkonto des beurkundenden Notars kam. Von diesem [X.] wurden die [X.] an die vom Angeklagten und den Käufern benannten Personen und Unternehmen ausgezahlt. Darauf kam es dem Angeklagten an.

3

In den fünf verfahrensgegenständlichen Fällen wurden die [X.] im Zeitraum zwischen Dezember 2006 und März 2007 geschlossen. In demselben Zeitraum wurden die Darlehensanträge bei der [X.]und der [X.] gestellt. Die Eintragung der Käufer als Eigentümer im Grundbuch erfolgte im Zeitraum zwischen April 2008 und Juni 2009. Feststellungen zu den Zeitpunkten, in denen die Auszahlungen vom [X.] an die von den Kaufvertragsparteien benannten Empfänger vorgenommen wurden, enthält das Urteil nicht.

4

Als früheste zur Verjährungsunterbrechung geeignete Untersuchungshandlung erfolgte am 25. Februar 2013 die Anordnung der ersten Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten.

II.

5

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen hat keinen Bestand, weil weder den Urteilsgründen noch dem Akteninhalt zu entnehmen ist, wann die abgeurteilten Betrugstaten beendet waren. Der [X.] kann daher nicht prüfen, ob das Verfahrenshindernis der Verjährung der Strafverfolgung vorliegt.

6

1. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB beginnt nach § 78a Satz 1 StGB, sobald die Tat beendet ist. Beim Betrug ist dafür nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] die Erlangung des letzten vom [X.] umfassten [X.] maßgeblich ([X.], Beschlüsse vom 22. Januar 2004 - 5 StR 415/03, [X.], 215; vom 25. April 2014 - 1 StR 13/13, [X.]St 59, 205, 217; vom 21. Mai 1992 - 4 StR 577/91, [X.], 253, 254). Die vom Angeklagten erstrebte Bereicherung bestand in der Auszahlung der Darlehensvaluta an die von ihm benannten Empfänger, so dass die Verjährung mit der vollständigen Auszahlung des [X.] vom [X.] an die vom Angeklagten angegebenen Personen und Unternehmen begann.

7

Der Auffassung des [X.]s, die Beendigung der Tat sei erst mit der Grundbucheintragung der jeweiligen Käufer als Eigentümer eingetreten, vermag der [X.] nicht zu folgen. Dabei kann dahinstehen, ob vom Beendigungsbegriff des § 78a Satz 1 StGB auch Verdeckungshandlungen, die nicht Merkmale des objektiven oder subjektiven Tatbestands erfüllen, erfasst sein können, wenn sie Teil des [X.]s sind, in zeitlichem Zusammenhang mit der Planverwirklichung stehen und dadurch die erlangte Beute gesichert werden soll (vgl. [X.], [X.], 2007, 251, 253; LK-StGB/[X.], 12. Aufl., § 78a Rn. 4). Denn die Eigentumsumschreibung auf die Käufer der Wohnungen war jedenfalls keine Verdeckungshandlung in diesem Sinne. Durch die Eigentumsübertragung ist weder ein Verhalten des Angeklagten verschleiert oder verdeckt worden noch diente sie der Sicherung des [X.] gegen drohende Entziehung. Zudem war der Angeklagte an dieser Handlung nicht selbst beteiligt und hatte auf ihre Durchführung keinen Einfluss. Allein der Zusammenhang zwischen Vollzug der [X.] und den betrügerisch erlangten [X.] rechtfertigt es nicht, für die Beendigung der Betrugstaten auf die Eigentumseintragung abzustellen.

8

2. Der demnach für die Beendigung der Tat maßgebliche Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta an die Empfänger ist weder den Urteilsfeststellungen noch der Verfahrensakte zu entnehmen. Der [X.] kann daher nicht prüfen, ob diese Taten zum Zeitpunkt der Anordnung der ersten Beschuldigtenvernehmung am 25. Februar 2013 bereits verjährt waren.

9

Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Zwar hat das Revisionsgericht grundsätzlich selbst über die Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses aufgrund der vorliegenden oder von ihm noch weiter zu treffenden ergänzenden Feststellungen und des Akteninhalts zu entscheiden ([X.], Beschluss vom 27. Oktober 1961 - 2 StR 193/61, [X.]St 16, 399, 403 mwN). Es ist ihm aber nicht verwehrt, die Sache zur Nachholung fehlender Feststellungen an den Tatrichter zurückzuverweisen ([X.], Beschlüsse vom 27. Oktober 1961 - 2 StR 193/61 aaO; vom 28. Februar 2001 - 2 StR 458/00, [X.]St 46, 307, 309 f.; vom 8. Februar 2011 - 1 StR 490/10, [X.]St 56, 146, 151 f.; vgl. auch Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10, [X.]St 56, 6). Dazu kann insbesondere dann Anlass bestehen, wenn die Ermittlung der maßgebenden Tatsachen eine Beweisaufnahme wie in der Hauptverhandlung vor dem Tatrichter erforderlich machen würde (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Februar 2001 - 2 StR 458/00 aaO; Urteil vom 10. Juni 1987 - 3 StR 97/87, [X.], 23; [X.]/[X.], 26. Aufl., § 337 Rn. 29; [X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 337 Rn. 6).

So liegt der Fall hier. Dem Akteninhalt sind die maßgeblichen Auszahlungszeitpunkte nicht zu entnehmen. Die Feststellung dieser Zeitpunkte würde eine Beweisaufnahme entsprechend dem tatrichterlichen Verfahren erforderlich machen. Lediglich im Fall II. 2. c) der Urteilsgründe könnten sich aus dem Urteil des [X.] vom 9. September 2011 in dem Zivilverfahren zwischen der [X.] und dem beurkundenden Notar Anhaltspunkte dafür erge- ben, dass die Auszahlung des [X.] am 7. März 2007 erfolgt ist und diese Tat somit verjährt wäre ([X.], [X.]. 3974, 3981 ). Die Feststellung dieses Auszahlungszeitpunktes wird indes nach den oben genannten Grundsätzen, ebenso wie in den weiteren vier Fällen, durch den neuen Tatrichter zu treffen sein.

3. Ergänzend weist der [X.] auf Folgendes hin:

Besteht beim Betrug der Taterfolg in einer Mehrzahl von Ereignissen, dann ist für die Beendigung der Zeitpunkt der Erlangung des letzten vom [X.] umfassten [X.] maßgebend ([X.], Beschlüsse vom 25. April 2014 - 1 StR 13/13, [X.]St 59, 205, 217; und vom 22. Januar 2004 - 5 StR 415/03, [X.], 215). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen der erstrebte Vorteil an verschiedene Empfänger ausgezahlt werden soll, beginnt die Verjährung daher mit der Auszahlung des letzten, vom Angeklagten erstrebten Teilbetrages an den von ihm bestimmten Empfänger.

[X.][X.]

                         Bender                        [X.]

Meta

4 StR 76/15

18.11.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bochum, 28. Juli 2014, Az: 2 KLs 21/13

§ 78 Abs 3 Nr 4 StGB, § 78a S 1 StGB, § 263 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.11.2015, Az. 4 StR 76/15 (REWIS RS 2015, 2156)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2156

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 76/15 (Bundesgerichtshof)


5 StR 433/19 (Bundesgerichtshof)

Urkundenfälschung und Betrug: Verfälschung von Urkunden mittels eines Computers; Beihilfe durch berufstypische Handlungen


1 StR 281/22 (Bundesgerichtshof)

Kapitalanlagebetrug: Konkurrenzrechtliche Bewertung von "Dauerbetrug" gegenüber denselben Geschädigten über mehrere Jahre


4 StR 103/21 (Bundesgerichtshof)

Beihilfe zum Betrug: Beihilfe nach Beendigung der Haupttat


4 StR 425/17 (Bundesgerichtshof)

Betrug: Einschränkende Auslegung des objektiven Tatbestandes und der die Tatbestandsmerkmale verbindenden Kausalbeziehung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.