Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.05.2023, Az. 35 W (pat) 9/22

35. Senat | REWIS RS 2023, 4730

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 20 2021 100 854.7

(hier: Zurückweisung der Anmeldung)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.] und Eisenrauch

beschlossen:

Der Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des [X.] vom 28. Februar 2022 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat die beschwerdegegenständliche, unter der Nummer 20 2021 100 854.7 geführte Gebrauchsmusteranmeldung am 19. Februar 2021 beim [X.] ([X.]) eingereicht. Die ursprünglich eingereichten Unterlagen umfassen die Beschreibungsseiten 1-3, die [X.] 1-10 und 13 Seiten mit Zeichnungen. Gegenstand der Anmeldung ist ein Verbinderelement zum Verbinden von Profilen, wie es insbesondere bei Möbelbausystemen zum Einsatz kommt.

2

Mit Bescheid vom 1. Juni 2021 beanstandete die Gebrauchsmusterstelle des [X.] die Anmeldung in formaler Hinsicht, da Zeichnungen nicht fortlaufend nummeriert worden seien und nicht zulässige Erläuterungen enthielten.

3

Nachdem sich die Anmelderin zu diesem Mängelbescheid nicht geäußert hatte, kündigte die Gebrauchsmusterstelle mit weiterem Bescheid vom 3. September 2021 einen Zurückweisungsbeschluss an, falls sich die Anmelderin innerhalb einer Frist von einem Monat nicht äußere.

4

Die Anmelderin gab auch auf diesen Bescheid keine Stellungnahme ab und reichte auch keine geänderten Unterlagen ein.

5

Gemäß ihrer Ankündigung hat die Gebrauchsmusterstelle mit Beschluss vom 28. Februar 2022 die Anmeldung unter Verweis auf den vorgenannten Mängelbescheid zurückgewiesen. Der Beschluss ist der Anmelderin am 1. April 2022 zugestellt worden.

6

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 2. Mai 2022, eingegangen mit einer Einzugsermächtigung am selben Tag, mit welcher die Anmelderin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Eintragung des angemeldeten Gebrauchsmusters verfolgt.

7

Mit gerichtlichem Schreiben vom 6. September 2022 hat der [X.] darauf hingewiesen, dass die Beanstandungen der Gebrauchsmusterstelle teilweise einer ausreichenden Rechtsgrundlage entbehrten, aber die Anmeldung mit Blick auf § 7 Abs. 3, 4 und 6 [X.] gleichwohl Mängel aufweise, die aber beseitigt werden könnten.

8

Nachdem die Anmelderin zunächst weder die angekündigte Beschwerdebegründung eingereicht noch eine Stellungnahme auf die gerichtlichen Hinweise vom 6. September 2022 abgegeben hat, hat der [X.] mit Blick auf den von der Anmelderin mit [X.] hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Mai 2023 bestimmt.

9

Am Tag vor der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin einen Schriftsatz mit geänderten [X.] 1 - 29 eingereicht.

Der [X.] hat der Anmelderin mit Hinweis vom selben Tag erneut Zweifel an der Erfüllung der für Gebrauchsmusteranmeldungen geltenden formellen Voraussetzungen mitgeteilt.

Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2023 hat die Anmelderin nochmals geänderte [X.] 1 – 30 eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Gebrauchsmusterstelle, die Schriftsätze und Unterlagen der Anmelderin sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht unter Zahlung der Beschwerdegebühr erhobene Beschwerde der Anmelderin ist aufgrund der nunmehr vorliegenden Unterlagen vom 16. Mai 2023 auch begründet.

1. Soweit die Gebrauchsmusterstelle die Anmeldung wegen des Fehlens einer Nummerierung der von der Antragstellerin eingereichten Zeichnungen zurückgewiesen hat, stellt dies keinen hinreichenden Grund für die Zurückweisung dar.

Zwar sind die Bestimmungen über die Form von Gebrauchsmusteranmeldungen, insbesondere die §§ 4 – 7 [X.], nicht nur formale Ordnungsvorschriften, sondern haben den Zweck, die weitere Bearbeitung und vor allem die dem [X.] obliegende Information der Öffentlichkeit über eingetragene Gebrauchsmuster in verlässlicher und hoher Qualität sicherzustellen und so insbesondere in Bezug auf Inhalt und Umfang des jeweiligen Gebrauchsmusters Rechtssicherheit herzustellen. Jedoch sieht § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht vor, dass mehrere Zeichnungen zwingend fortlaufend zu nummerieren sind. Es handelt sich vielmehr um eine Soll-Vorschrift. Wird diese, wie im vorliegenden Fall, nicht gewahrt, so trägt allein dies die Zurückweisung der Anmeldung nicht.

2. Eine verlässliche Information der Öffentlichkeit über den Inhalt und Umfang eines Gebrauchsmusters setzt voraus, dass die entsprechenden Unterlagen überhaupt lesbar sind. Diesem Zweck dienen auch die in § 7 Abs. 4 Satz 2 [X.] enthaltenen Vorgaben über die Höhe der in Zeichnungen eingefügten Buchstaben und Zahlen. Diese Vorgaben sind – anders als bei den vorher von der Anmelderin eingereichten Unterlagen – in Bezug auf die [X.] 1 – 30 vom 16. Mai 2023 nunmehr erfüllt.

3. Die weiteren, in den Zeichnungen vom 16. Mai 2023 enthaltenen Erläuterungen stellen für das Verständnis des [X.] wesentliche Angaben dar und sind auch mit Blick auf § 7 Abs. 6 [X.] unbedenklich.

4. Die Zeichnungen vom 16. Mai 2023 erfüllen nunmehr auch im Übrigen die formalen Vorgaben der [X.], insbesondere die des § 7 Abs. 3 [X.].

5. Die nunmehr vorliegenden Unterlagen stellen nach alledem eine geeignete Grundlage für die weitere Durchführung des [X.] bei der Gebrauchsmusterstelle dar. Der angefochtene Beschluss war somit aufzuheben und die Eintragung kann seitens der Gebrauchsmusterstelle mit den vorliegenden Unterlagen nunmehr vorgenommen werden.

Meta

35 W (pat) 9/22

16.05.2023

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.05.2023, Az. 35 W (pat) 9/22 (REWIS RS 2023, 4730)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4730

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