Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2016, Az. KZR 12/15

Kartellsenat | REWIS RS 2016, 10452

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:070616BKZR12.15.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF
BES[X.]HLUSS
KZR 12/15
vom
7.
Juni 2016
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 315; Richtlinie 2001/14/[X.]. 4, 7, 30
Dem [X.] der [X.] werden zur Auslegung der Richtlinie 2001/14/[X.] Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.
Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisen-bahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung ([X.] L
75 vom 15.
März 2001, S.
29
ff.)
folgende Fragen vorgelegt:
1.
Ist eine nationale Vorschrift, nach der der Nutzer einer Eisenbahninfrastruktureinrichtung, der vor einem Zivilgericht von dem Infrastrukturbetreiber auf Zahlung eines [X.] in Anspruch genommen wird oder die Rückzahlung gezahlten [X.] be-gehrt, geltend machen kann, das von dem Infrastrukturbetreiber festgesetzte Entgelt [X.] nicht billigem Ermessen, mit den Bestimmungen der Richtlinie zur [X.] der Geschäftsführung des [X.] (Art.
4 Abs.
1, 4, 5), zu den Grundsätzen der Entgeltfestsetzung (Art.
7 bis 12) und zu den Aufgaben der [X.] (Art.
30) vereinbar?
2.
Wenn Frage
1 zu bejahen ist: Ist eine nationale Vorschrift mit den genannten Vorschriften der Richtlinie vereinbar, nach der das Gericht, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass das festgesetzte Entgelt nicht der Billigkeit entspricht, berechtigt und verpflichtet ist, das stattdessen geschuldete Entgelt durch Urteil festzusetzen?
[X.], Beschluss vom 7. Juni 2016 -
KZR 12/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat am 7.
Juni 2016 durch die Präsidentin des [X.] [X.], [X.]
Dr.
Meier-Beck und
Dr.
Raum
sowie die Richter
Prof.
Dr.
Strohn und Dr.
Deichfuß
beschlossen:
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem [X.] der [X.] werden zur Auslegung der Richtlinie 2001/14/[X.] Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisen-bahn, die
Erhebung von Entgelten für die Nutzung von [X.] und die Sicherheitsbescheinigung ([X.] [X.] vom 15. März 2001, [X.] ff.) folgende Fragen
vorgelegt:
1.
Ist eine nationale Vorschrift, nach der der Nutzer einer Eisenbahn-infrastruktureinrichtung, der vor einem Zivilgericht von dem Infra-strukturbetreiber auf Zahlung eines [X.] in Anspruch genommen wird oder die Rückzahlung gezahlten [X.] begehrt, geltend machen kann, das von dem Infrastrukturbetreiber festgesetzte Entgelt entspreche nicht billigem Ermessen, mit den Bestimmungen der Richtlinie zur Unabhängigkeit der Geschäftsfüh-rung des [X.] (Art. 4 Abs. 1, 4, 5), zu den Grundsätzen der Entgeltfestsetzung (Art. 7 bis 12)
und zu den [X.] der [X.] (Art. 30)
vereinbar?
2.
Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Ist eine nationale Vorschrift
mit den genannten Vorschriften der Richtlinie vereinbar, nach der das [X.], wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass das festgesetzte Ent-gelt nicht
der Billigkeit entspricht, berechtigt und verpflichtet ist, das stattdessen geschuldete Entgelt durch Urteil festzusetzen?
-
3
-

Gründe:
I.
Die beklagte [X.], eine Tochtergesellschaft der [X.], ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz ([X.]). Sie unterhält etwa 5.400 Bahnhöfe ([X.]) in [X.]. Die klagende Die Länderbahn GmbH [X.], ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, nutzt [X.] der [X.] im Rahmen des Schienenpersonennahverkehrs. Die Parteien streiten über die Höhe des dafür zu entrichtenden Entgelts.
Die Beklagte schließt mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen, die die von ihr vorgehaltene Infrastruktur in Anspruch nehmen wollen,
jeweils Rahmenverträge über die Stationsnutzung ab. Darin nimmt sie hinsichtlich der Höhe der Nutzungsentgelte Bezug auf ihre jeweils gültige Stationspreisliste (Stationspreissystem, [X.]). Die [X.] der Bahnhöfe werden in gesonderten Stationsnutzungsverträgen gere-gelt.
Die Parteien schlossen im November 1998 einen derartigen Rahmenvertrag. Damals galt das Preissystem 1999, das Preise für jeden Bahnhof unter Berücksichti-gung unter anderem der Kosten des Betriebs dieses Bahnhofs vorsah. Zum 1. Janu-ar 2005 führte
die Beklagte
ein neues Preissystem ([X.] 05)
ein. Danach wurden die Preise nach bestimmten Preiskategorien und bezogen auf die jeweiligen [X.] pauschal ermittelt. Die Klägerin, für die das neue System zu Preiserhöhungen führte, zahlte die [X.] ab dem 1. Januar 2005 nur noch unter Vorbe-halt.

; das sind die von ihr gezahlten Stationsnutzungsentgelte für November 2006 bis Februar 2008, soweit sie über die Entgelte nach dem
Preissystem 1999 hinausgehen.
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4
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4
-

im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 473.91egen wehren
sich beide Parteien
mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen.
II.
Vor der Entscheidung über die Revisionen
ist das Verfahren auszuset-zen und gemäß Art. 267 Abs. 1, 3 A[X.]V eine Vorabentscheidung des [X.]s der [X.] zu den
in der Entscheidungsformel
gestellten Fragen
einzu-holen.
1.
Die Richtlinie 2001/14/[X.], die durch Art. 65 der Richtlinie 2012/34/[X.] vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen [X.] Eisenbahn-raums ([X.] L 343 vom 14. Dezember 2012
S. 32 ff.) aufgehoben und durch die

im Wesentlichen inhaltsgleichen -
Regelungen dieser Richtlinie ersetzt worden ist, kommt im vorliegenden Fall noch zur Anwendung. Denn die Klägerin begehrt die Rückzahlung von Entgelten, die sie in der [X.] bis
Februar 2008 an die [X.] hat. In dieser [X.] war die Richtlinie 2001/14/[X.] noch in Kraft.
2.
Die Sachentscheidung hängt von der Beantwortung der Vorlagefragen
ab.
Nach der

mit der Rechtsprechung des Senats übereinstimmenden

Beurtei-lung
des Berufungsgerichts ist das Stationsnutzungsentgelt im Streitfall nach § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) daraufhin zu überprüfen, ob es billigem Er-messen entspricht.
§ 315 BGB lautet, soweit die Vorschrift im Streitfall von Bedeutung ist, wie
folgt:
(1)
Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermes-sen zu treffen ist.
(2)

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5
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(3)
Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch

Nach Auffassung des Berufungsgerichts entsprechen die Entgelte für die [X.] in dem von der [X.] angewendeten Preissystem
nicht billigem Ermessen, weil die Beklagte zwar nachvollziehbar dargelegt habe, dass sie für die von ihr betriebenen Bahnhöfe jeweils eine Grundkategorisierungszahl ermittelt habe, um den Bahnhöfen mit besserer Ausstattung ein höheres Stationsentgelt zuzuweisen als denen mit schlechterer Ausstattung. Dem lägen aber keine sachgerechten Krite-rien zugrunde. So würden der Fern-
und der Nahverkehr nicht zutreffend [X.] abgegrenzt. Weiter verändere die Beklagte den von ihr ermittelten [X.] im Rahmen einer abfallenden Preistreppe und begrenze die Preissteigerung inner-halb eines Bundeslandes auf etwa 1,5 %. Sie habe aber nicht dargelegt, warum [X.] Eingriffe in das von ihr selbst gewählte Preissystem sachgerecht seien. Deshalb hat das Berufungsgericht der Klage auf Rückzahlung der von der Klägerin gezahlten Entgelte teilweise stattgegeben.
Dass die Bestimmung eines Preises, der von einer Vertragspartei festzuset-zen ist, nach billigem Ermessen zu erfolgen hat, ist jedoch nach § 315 Abs. 1 BGB nur "im Zweifel"
anzunehmen. Stünde die Anwendung der Vorschrift im Widerspruch zur Richtlinie, könnte und müsste sie nach nationalem Recht unterbleiben. [X.] gilt für die Vorschrift des § 315 Abs.
3 Satz 2 BGB, nach der die [X.] durch Urteil erfolgt, wenn die getroffene Bestimmung nicht der Billigkeit entspricht. Die Revision der [X.] wäre in diesem Fall

jedenfalls teil-weise

begründet.
Dass die Parteien keinen Vertrag geschlossen haben, nach dem das von der [X.] herangezogene Preissystem 2005 gelten soll, steht der Anwendung des §
315 BGB nicht entgegen. Der [X.] nimmt in ständiger Rechtspre-chung an, dass diese Vorschrift auch dann

entsprechend

anwendbar ist, wenn sich die Parteien bei Vertragsschluss über den Preis nicht einigen konnten, den Ver-11
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trag aber

wie hier

dennoch durchgeführt haben, weil keine oder keine zumutbare
Alternative zur Verfügung stand (s. etwa [X.], Urteil vom 18. Oktober 2011

[X.], [X.]/E [X.]-R 3417 Rn. 11 f.

Stornierungsentgelt).
3.
Die Vorlagefragen sind
vom [X.] der [X.] noch nicht entschieden worden.
Ihre Beantwortung ist mittlerweile
auch nicht mehr derart offenkundig, dass für vernünftige Zweifel kein Raum mehr bliebe
(acte clair). So
hat die [X.] auf die Vorlage des [X.] in einem gleichgelagerten Fall ([X.], [X.] vom 3. September 2015

20 O 203/14, N&R 2016, 53 ff., eingereicht am 17.
September 2015, [X.] [X.] vom 7. Dezember 2015, [X.] ff. -
[X.]TL Logistics GmbH/[X.] AG,
Aktenzeichen des [X.]: [X.]/15) in ihrer Stellungnahme vom 23. Dezember 2015 die Auffassung vertreten, die Anwendung des § 315 BGB ver-stoße gegen die Richtlinie.
III.
Aus den nachfolgend dargelegten Gründen ist
der Senat der [X.], dass die genannten Vorschriften der Richtlinie einer
Anwendung des § 315 BGB im Zivilprozess zwischen dem Infrastrukturbetreiber und einem Nutzer der Infra-struktur
nicht entgegenstehen.
1.
Das [X.] Zivilrecht enthält Vorschriften über einseitige Leistungs-bestimmungsrechte. Dazu zählt der oben zitierte § 315 BGB.
Er betrifft [X.], bei denen der Preis für die vertragsgemäß von einem Vertragspartner zu erbringende geldwerte Leistung nicht ausgehandelt wird, der Preis vielmehr von einer Partei, typischerweise von dem Leistungserbringer, einseitig festgesetzt werden soll. Ein typischer Anwendungsfall sind Entgelte für Leistungen, die für eine Vielzahl von Abnehmern in gleicher oder
ähnlicher Weise erbracht werden und nach allgemein bestimmten Preislisten oder Tarifen abgerechnet werden. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass der Leistungserbringer in der Preisfestsetzung nicht völlig frei sein soll, sondern den Preis nach billigem Ermessen zu bestimmen hat.
Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Leistungserbringer eine Monopolstel-14
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lung innehat. Die Bindung seiner Preisfestsetzung an den Maßstab der Billigkeit beugt in diesen Fällen auch einem Missbrauch von Marktmacht vor.
Der Maßstab der Billigkeit in § 315 BGB gebietet eine Abwägung der objekti-ven wirtschaftlichen Interessen beider Vertragspartner und eine umfassende Würdi-gung des Vertragszwecks und der Bedeutung der Leistung, für die der Preis einen angemessenen Gegenwert darstellen soll. In diese Abwägung können weitere Ge-sichtspunkte

wie etwaige spezialgesetzliche Vorgaben -
einfließen. Der "billige Preis"
entspricht dabei weder theoretisch noch praktisch einem bestimmten Betrag. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts verbleibt vielmehr für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein Spielraum, der nach sachlichen Kriterien auszufüllen ist. Welche Kriterien dies im Einzelnen sind, legt § 315 BGB selbst nicht fest. Die [X.] ist daher offen für die Heranziehung von Preisbemessungsfaktoren, die sich aus für das betroffene Vertragsverhältnis geltenden spezialgesetzlichen Vorschriften ergeben. So hat der Senat für Verträge über die Nutzung von Strom-
oder Gasnetzen entschieden, dass sich der Netzbetreiber bei
der Ausübung seines Ermessens bei der Preisfestsetzung an den energiewirtschaftsrechtlichen Zielen einer möglichst si-cheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit und darüber hinaus der [X.] wirksamen [X.] orientieren müsse ([X.], Urteil vom 18. Oktober 2005 -
[X.], [X.]Z 164, 336, 341 -
Stromnetznutzungsentgelt I). Innerhalb der Bandbreite, die durch die allgemeinen oder im Einzelfall maßgeblichen Preiskriterien bestimmt wird,
stehen dem [X.] regelmäßig mehrere Entschei-dungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Da der "billige Preis"
keinem bestimmten Betrag entspricht, ist auch Ziel der gerichtlichen Prüfung nicht die Ermittlung eines "gerechten Preises"
von Amts we-gen. Vielmehr geht es darum, ob sich die getroffene Bestimmung in den Grenzen hält, die durch die Vorschrift des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gezogen werden. Damit dient die Billigkeitskontrolle der Sicherung elementarer Vertragsgerechtigkeit ([X.], 18
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-
Urteil vom 18. Oktober 2007 -
III ZR 277/06, [X.]Z 174, 48 Rn. 19 ff. mit weiteren Nachweisen).
2.
Die Nutzung der
Eisenbahninfrastruktur ist in [X.]
durch das [X.] ([X.]) und die [X.] ([X.]) geregelt, die die Richtlinie 2001/14/[X.] in nationales Recht um-setzen. Eines der Ziele der Richtlinie besteht darin, den Eisenbahnverkehrsunter-nehmen
einen diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu bieten und soweit
wie möglich den Bedürfnissen aller Nutzer und Verkehrsarten gerecht zu werden
(siehe Erwägungsgrund 11). Die [X.] sollen einen fairen Wett-bewerb bei der Erbringung von [X.] ermöglichen (siehe Erwägungsgrund 16). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.]
sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen demgemäß verpflichtet, die Benutzung der von ihnen betriebenen Serviceeinrichtungen diskriminierungsfrei zu gewähren sowie die damit verbundenen Leistungen diskriminierungsfrei zu erbringen. Um die effiziente Verwaltung und die gerechte und nichtdiskriminierende Nutzung von [X.] und -Stationen zu sichern, sieht die Richtlinie die Einrichtung einer
[X.] vor, die über die Anwendung dieser gemeinschaftlichen Rechtsvorschrif-ten wacht und ungeachtet der gerichtlichen Nachprüfbarkeit als Beschwerdestelle fungieren kann (siehe Erwägungsgrund 46).
Nach § 14b Abs. 1 [X.] obliegt der [X.] demgemäß die Aufgabe, die Einhaltung der Vorschriften
des
[X.] über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu überwachen. Sie kann nach §
14f Abs.
1 [X.] von Amts wegen Schienennetz-Benutzungsbedin-gungen und die Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen sowie Regelungen über die Höhe oder Struktur der Wegeentgelte und sonstiger Entgelte eines [X.] überprüfen. Sie kann ferner mit Wirkung für die Zu-kunft das Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur Änderung der Bedingungen oder [X.] verpflichten oder diese für ungültig erklären, soweit sie nicht den Vorschriften des [X.] über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur [X.]n. Nach § 14f Abs. 2 [X.] können die Entscheidungen des [X.]unternehmens durch die Regulierungsbehörde auf Antrag oder von Amts [X.]
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gen überprüft werden, wenn eine Vereinbarung über den Zugang nach § 14 Abs.
6 [X.] oder über einen Rahmenvertrag nach § 14a [X.] nicht zustande kommt. [X.] sind die [X.], deren Recht auf Zugang zur Eisen-bahninfrastruktur beeinträchtigt sein kann. Der Antrag ist innerhalb der Frist zu stel-len, in der das Angebot zum Abschluss von Vereinbarungen angenommen werden kann.
Die Richtlinie enthält zahlreiche Regelungen, die sich auf die Festsetzung der angemessenen Entgelte beziehen. Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie nimmt dabei der Betreiber der Infrastruktur die Berechnung des [X.] und die [X.] dieses Entgelts vor. Damit stimmt überein, dass nach § 14 Abs. 6 [X.] über die Nutzung der Infrastruktur ein Vertrag zwischen dem Eisenbahninfrastrukturunter-nehmen und dem Eisenbahnverkehrsunternehmen zu schließen ist. Damit unterliegt die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur nicht dem öffentlichen Recht, sondern dem Zivilrecht.
3.
Vor diesem Hintergrund ist die zivilrechtliche Norm des § 315 BGB oh-ne weiteres auf die Entgeltvereinbarung zwischen dem Infrastrukturunternehmen und dem Nutzer der Eisenbahninfrastruktur anwendbar. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die
Anwendung des § 315 BGB mit Bestimmungen der Richtlinie 2001/14/[X.] und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen [X.] unvereinbar wäre oder deren Wirksamkeit oder der Erreichung ihrer Ziele entgegenstünde. Dies ist
nach Auffassung des Senats jedoch nicht der Fall.
a)
Das gilt
zum
einen für die Frage, ob durch die Anwendung des § 315 BGB die Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Eisenbahninfrastrukturunterneh-men nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie verletzt
wird.
[X.])
Dazu verhält sich die Entscheidung des [X.]s der [X.] vom 28.
Februar 2013 ([X.]/10, [X.] [X.] 2013, Nr. [X.] 114, 6) in
einem Ver-tragsverletzungsverfahren der [X.] gegen Spanien.
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(1)
Zugrunde lag eine Regelung im [X.] Recht, nach der die Festle-gung
der Entgelte für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur in die Zuständigkeit des [X.] fiel
([X.]O juris Rn. 12, 17). Auf dieser Grundlage hatte das Ministerium durch Erlass die Höhe der Nutzungsentgelte [X.].
Der [X.] hat diese Praxis
beanstandet. Er hat eine Verletzung der nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie zu wahrenden Unabhängigkeit des Infrastrukturunterneh-mens darin gesehen, dass dieses Unternehmen bei der Berechnung der Höhe der Entgelte nicht über einen gewissen Spielraum verfügte
([X.]O juris Rn. 37 ff., 49). Ein solcher Spielraum sei nötig, um im Sinne des
zwölften [X.] der Richt-linie mit der Entgeltregelung als Gestaltungsinstrument einen Anreiz zu schaffen, die Nutzung der Fahrwege
und Stationen
zu optimieren.
(2)
Bedenken gegen die Geltung und Anwendung des § 315 BGB im [X.] zwischen dem Betreiber und dem Nutzer einer Eisenbahninfrastruktur erge-ben sich hieraus nach Auffassung des Senats nicht.
In
dem entschiedenen Fall ging es um einen "regulierten Preis". Indem dieser Preis von der Regulierungsbehörde, als die das [X.] nach tätig geworden war ([X.]O juris Rn. 48), vorgegeben worden war, wurde der [X.] für das Infrastrukturunternehmen zu eng gefasst, nämlich auf Null redu-ziert. Bei der Anwendung des § 315 BGB geht es hingegen weder um st[X.]tliche Preisregulierung, noch wird der Preissetzungsspielraum des Infrastrukturunterneh-mens ganz oder auch nur teilweise beseitigt. Das Infrastrukturunternehmen unterliegt bei der Preisfestsetzung vielmehr nur denjenigen Schranken, die auch für jedes an-dere Unternehmen gelten, das bei der Preissetzung den zivilrechtlichen Maßstab der Billigkeit nach § 315 BGB zu beachten hat. Es hat demgemäß auch den oben (Rn.
17
f.) dargestellten Gestaltungsspielraum
und kann seine Entgelte bis zur Ober-grenze des billigen Ermessens festsetzen. Tut es
dies, wird sein Preissetzungsspiel-raum auch durch eine nachfolgende (zivil-)gerichtliche Prüfung nicht eingeschränkt.
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-
Dabei wird der von der Richtlinie gewollte Anreiz, mittels der Entgeltgestaltung die Nutzung der Fahrwege und Stationen zu optimieren, durch die Anwendung des §
315 BGB keineswegs vermindert. Vielmehr kann diesem Ziel der Richtlinie im Rahmen der Anwendung des § 315 BGB unmittelbar Rechnung getragen werden. Denn der Begriff der Billigkeit in § 315 Abs. 3 BGB wird

ähnlich wie im bereits er-wähnten Bereich der Stromnetznutzung

durch die eisenbahnrechtlichen Entgeltbe-messungsgrundsätze konkretisiert ([X.], Urteil vom 18.
Oktober 2011 -
KZR
18/10, [X.]/E [X.]-R 3417 Rn. 17

Stornierungsentgelt).
Eine Beseitigung des Preissetzungsspielraums des [X.] durch einen "st[X.]tlich regulierten Preis"
ist nach Auffassung des Senats auch dann nicht anzunehmen, wenn das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass
der von dem Infrastrukturunternehmen festgesetzte Preis nicht der Billigkeit entspricht, und der Preis sodann gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil bestimmt wird.
Zum einen wird hierdurch nur eine Entscheidung im Verhältnis zwischen den Parteien des [X.] getroffen und der Preis bestimmt, den die eine Partei der anderen zu zahlen hat. Mit der Unabhängigkeit der Geschäftsführung des [X.] von unzulässiger st[X.]tlicher
Einflussnahme hat dies nichts zu tun.
Zum anderen sieht Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie ausdrücklich vor, dass die Mit-gliedst[X.]ten auch einzelne [X.] festlegen können. Erst recht müssen daher diejenigen [X.] gelten, die

wie § 315 BGB

in dem [X.] Mitgliedst[X.]t allgemein für Vereinbarungen gelten, bei denen einer Vertragspar-tei das Recht zusteht, das Entgelt einseitig festzusetzen. Zwar verbleibt der Ge-schäftsführung

in dem konkreten Fall

kein "Spielraum"
mehr, wenn das Entgelt durch Urteil
festgesetzt wird. Dies ist aber nur die Folge des Umstandes, dass der an sich bestehende Spielraum von dem Infrastrukturbetreiber nicht oder nicht rechtmä-ßig genutzt worden ist, und in diesem Fall der Streit der Parteien um die Höhe des für die Nutzung der Infrastruktur geschuldeten Entgelts nur dadurch entschieden werden kann, dass das Gericht den geschuldeten Preis bestimmt.
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[X.])
Der [X.] der [X.] hat mit Urteil vom 28. Februar 2013 ([X.]556/10, [X.] [X.] 2013, Nr. [X.] 114, 7) im Rahmen eines Vertragsverletzungs-verfahrens gegen [X.] festgestellt, dass in § 14 Abs. 4 [X.] die Regeln der Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt sind. Dabei ging es um die von der Richtlinie geforderte Flexibilität des [X.]. Der [X.] hat -
ebenso wie in der oben zitierten Entscheidung vom selben Tage ([X.]483/10) -
darauf abge-stellt, dass diese Flexibilität gewahrt sei, weil eine Unter-
und eine Obergrenze der zulässigen Entgelte bestimmt worden sei und die Unternehmen in dieser Bandbreite die Möglichkeit hätten, die Entgelte zu differenzieren (Urteil [X.]556/10, NVwZ 2013, 494
Rn. 79 ff., 88).
Auch gegen diese Prinzipien wird durch die Anwendung des § 315 BGB nach Auffassung des Senats nicht verstoßen. Der Gläubiger, der sein Entgelt
nach billigem Ermessen zu bestimmen hat, muss eine Obergrenze einhalten, ab der das Entgelt unbillig ist, und eine Untergrenze, unterhalb deren
er nicht mehr kostendeckend [X.] kann. In diesem Rahmen hat er volle Flexibilität. Wenn
die Zivilgerichte ein-zelne Preisbildungsfaktoren beanstanden, ändert das
nichts
an der grundsätzlichen Flexibilität des [X.], sondern bringt nur zum Ausdruck, dass die
konkrete Preisbildung unbillig ist.
b)
Der Richtlinie lässt sich nach Auffassung des Senats auch nicht ent-nehmen, dass allein die Regulierungsbehörde -
und gegebenenfalls die zur [X.] ihrer Entscheidungen berufenen Verwaltungsgerichte -, nicht aber die Zivilge-richte für Streitigkeiten über die Entgeltfestsetzung zuständig wären.

Der Wortlaut der Richtlinie enthält hierfür keine Anhaltspunkte. Auch nach ih-rem Sinn und Zweck steht die Richtlinie einer "zweigleisigen"
nationalen Regelung nicht entgegen, die es dem Nutzer der Infrastruktur sowohl erlaubt, sich mit einer Be-schwerde an die Regulierungsbehörde zu wenden, als auch in einem [X.] geltend zu machen, das von dem Infrastrukturbetreiber geforderte Nutzungsentgelt sei unbillig.
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13
-
[X.])
Durch die zivilrechtliche Prüfung der Billigkeit des [X.] wird die
Prüfung der Entgeltregeln durch die Regulierungsbehörde weder ersetzt noch unterlaufen.

Die Regulierungsbehörde kann, wie oben ausgeführt (Rn. 20), Entgeltregelun-gen nur beanstanden, soweit sie mit Vorschriften des [X.] unvereinbar sind. Sie hat damit insbesondere den diskriminierungsfreien Zugang sicherzustellen.
§ 315 BGB hat demgegenüber einen
eigenständigen
Anwendungsbereich, der es geboten erscheinen lässt, diese Norm neben dem öffentlich-rechtlichen Eisen-bahnrecht zur Geltung zu bringen ([X.], N&R 2008, 94,
95
f.; [X.] in [X.], Eisenbahnrecht, Stand 2009, [X.] § 14 Rn. 49; [X.], DVBl 2014, 1558 ff.). Nach §
315 BGB ist zu prüfen, ob das Eisenbahninfrastrukturunternehmen
im Rah-men seines nach dem
eisenbahnrechtlichen Regulierungsrecht bestehenden Ermes-sens bei der Preisfestsetzung auch die über den diskriminierungsfreien Netzzugang hinausgehenden Interessen des [X.]s
angemessen berücksichtigt hat ([X.], Urteil vom 18.
Oktober 2011 -
[X.], [X.]/E [X.]-R 3417 Rn. 17 -
Stor-nierungsentgelt).
[X.])
Dass die Entgelte nach § 21 Abs. 6 [X.] (entsprechend Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie)
für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen in gleicher Weise zu berech-nen sind, steht der Anwendung des § 315 BGB zugunsten des Unternehmens, das eine entsprechende Klage vor dem Zivilgericht erhoben hat, nicht entgegen.
Auch dann, wenn Entgelte nach Art eines allgemeinen Tarifs festgesetzt wer-den, kann § 315 BGB anwendbar sein ([X.], Urteil vom 18. Oktober 2005

[X.], [X.]Z 164, 336,
341 -
Stromnetznutzungsentgelt I; Urteil vom 7. Febru-ar 2006 -
KZR 8/05, [X.]/E
[X.]-R 1730 Rn. 13 -
Stromnetznutzungsentgelt II; Urteil vom 4. März 2008 -
KZR 29/06, [X.]/E
[X.]-R 2279 Rn. 20 f.

[X.]; Urteil vom 13. Juni 2007 -
VIII ZR 36/06, [X.]Z 172, 315 Rn. 17). Dies gilt erst recht
im vorliegenden Fall, in dem das Rechtsverhältnis zwischen dem Eisen-bahninfrastrukturunternehmen und dem Eisenbahnverkehrsunternehmen durch § 14 37
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14
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Abs. 6 [X.] zivilrechtlich ausgestaltet und damit die Anwendung des § 315 BGB er-öffnet ist. Dass diejenigen Eisenbahnverkehrsunternehmen, die keine Klage nach §
315 Abs. 3 BGB erhoben haben, gegebenenfalls ein höheres Entgelt zahlen müs-sen als die klagenden Unternehmen, steht dem nicht entgegen. Das [X.]unternehmen hat bei der Festsetzung der Entgelte für die auf das Urteil des [X.] folgende Netzfahrplanperiode etwaige sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellungen der anderen Unternehmen durch eine Änderung ihres [X.] zu beseitigen ([X.], Urteil vom 18. Oktober 2011

[X.], [X.]/E [X.]-R 3417 Rn. 14 ff. -
Stornierungsentgelt).
c)
Mit der
Anwendung des § 315 BGB durch die Zivilgerichte wird zugleich auch die Durchsetzung der Entgeltgrundsätze der
Richtlinie befördert.

Eine Klage mit dem Ziel, nach § 315 Abs. 3 BGB
das billige Entgelt durch das Gericht festsetzen zu lassen, kann das Eisenbahnverkehrsunternehmen ohne weite-re Voraussetzungen erheben. Die Klage führt zwingend zu einer Überprüfung des von dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen festgesetzten Entgelts und [X.] zu einer Herabsetzung auf den noch billigem Ermessen entsprechenden Betrag mit Wirkung ex tunc.
Dabei sind von dem Zivilgericht die Grundsätze der Entgeltbe-stimmung nach der Richtlinie zu beachten.
Die Möglichkeiten des [X.], nach den eisen-bahnrechtlichen Vorschriften
einen vergleichbaren Rechtsschutz zu erhalten, ist
da-gegen deutlich schwächer ausgestaltet. Die Richtlinie sieht insoweit in Art. 30 Abs. 2 Nr. d, e vor, dass
das Eisenbahnverkehrsunternehmen, das die von dem Eisen-bahninfrastrukturunternehmen erhobenen Entgelte als zu hoch empfindet, eine Be-fassung der
[X.] mit den Entgelten verlangen kann. Nach Art. 30 Abs.
5 Satz 1 der Richtlinie kann es
weiter verlangen, dass auf
seine -
begründete -
Beschwerde binnen zwei Monaten ab Erhalt aller Auskünfte von der [X.] Abhilfemaßnahmen getroffen werden. Die [X.] kann nach Art. 30 Abs.
5 Satz 3 der Richtlinie dem Betreiber der
Infrastruktur eine Änderung seiner Entscheidung entsprechend der
behördlichen Vorgaben vorschreiben. Nach dem 42
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-
nationalen [X.]n Recht, mit dem diese Bestimmungen
umgesetzt worden sind (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 2013 -
[X.]556/10, [X.] [X.] 2013, Nr. [X.] 114, 7), hat der [X.]
keine rechtliche Möglichkeit, die Regulierungsbehörde zu [X.] nach § 14e Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 2 [X.] zu veranlassen. Er
kann nach dem Wortlaut des § 14f Abs. 2 Satz 1, 2 [X.] nur dann, wenn eine Vereinbarung wegen der Meinungsverschiedenheit über den angemesse-nen Preis nicht zustande gekommen ist, einen Antrag auf Überprüfung der Entgelte stellen. Auch wenn diese Vorschrift entsprechend anwendbar sein sollte, wenn der Vertrag trotz Fehlens einer Einigung über einen Teil der Entgeltregelung -
wie hier -
im Übrigen wirksam zustande gekommen ist, steht es doch jedenfalls im Ermessen der Regulierungsbehörde, ob und inwieweit sie die beanstandeten Entgelte über-prüft. Hinsichtlich des Umfangs dieses Ermessens besteht zwar im Schrifttum Streit (für ein Entschließungsermessen [X.] in [X.], Eisenbahnrecht, Stand 2009, [X.] §
14f Rn. 6; a.[X.] in [X.]/Staebe, Einführung in das Eisenbahn-Regulierungsrecht Rn. 641). Jedenfalls ist die Regulierungsbehörde aber nicht ver-pflichtet, auf jeden Antrag hin ausnahmslos in ein Prüfverfahren einzutreten. Unklar ist auch die Rechtsfolge eines begründeten Antrags. Zwar heißt es in § 14f Abs. 3 [X.], dass die Regulierungsbehörde das Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu [X.] Änderung seiner Entscheidung verpflichten oder die Vertragsbedingungen selbst festlegen und entgegenstehende Verträge für unwirksam erklären kann. Ob dies aber -
wie in § 14f Abs. 1 Satz 2 [X.] ausdrücklich geregelt -
nur mit Wirkung für die Zukunft geschehen kann oder auch rückwirkend, ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht. Jedenfalls erscheint zweifelhaft, ob die Entscheidung der Regulie-rungsbehörde auch Verträge über Trassennutzungen erfassen kann, die zum [X.]-punkt der behördlichen Entscheidung schon abgeschlossen sind -
wie es bei einem kurzfristig beantragten Gelegenheitsverkehr vorkommen kann
([X.], Urteil vom 18.
Oktober 2011 -
[X.], [X.]/E [X.]-R 3417 Rn. 20 Stornierungsentgelt).
Zudem haben die Nutzer der Infrastruktur keine gesicherte Rechtsposition in einem etwa von der Regulierungsbehörde eingeleiteten Prüfungsverfahren.
-
16
-
Im Übrigen ist in den vom Senat entschiedenen Fällen noch nicht vorgetragen worden, dass die von dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen verlangten und nach § 315 BGB zur Überprüfung gestellten Entgelte von der Regulierungsbehörde [X.] worden seien.
d)
Die Anwendung des § 315 BGB im [X.] zwischen dem [X.] und dem Nutzer der Eisenbahninfrastruktur fördert und sichert ferner die Durchsetzung des primärrechtlichen Verbots des Missbrauchs einer markbeherr-schenden Stellung (Art. 102
A[X.]V), namentlich des Verbots des Preishöhenmiss-brauchs (Art. 102
Satz 2 Buchst. a
A[X.]V).
[X.])

Das Eisenbahninfrastrukturunternehmen befindet sich regelmäßig in einer marktbeherrschenden Stellung, weil es als
einziges Unternehmen über [X.] verfügt, auf deren Nutzung andere Unternehmen für die Erbrin-gung von [X.] angewiesen sind. Die eisenbahnrecht-lichen Entgeltvorschriften entbinden die Infrastrukturunternehmen nicht von der Be-achtung des hiernach geltenden Verbots, ihre markbeherrschende Stellung zu miss-brauchen. Art. 56 Abs. 2 der Richtlinie 2012/34 bestimmt demgemäß ausdrücklich, dass die Befugnisse der Kartellbehörden unberührt bleiben.
[X.])
Die gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde sind nicht soweit entwickelt, dass sie die von den Infrastrukturunternehmen verlang-ten Entgelte umfassend darauf prüfen könnten, ob sie auf einem Missbrauch von Marktmacht beruhen. Die Regulierungsbehörde kann im Wesentlichen Diskriminie-rungen, aber keine anderen Formen des Missbrauchs von Marktmacht abstellen. Im Übrigen sind, wie ausgeführt, ihre Befugnisse

anders als etwa im Energiewirt-schaftsrecht

bislang nur auf eine punktuelle Rechtmäßigkeitskontrolle der Preisset-zung ausgelegt.
cc) Vor diesem Hintergrund dient die Möglichkeit des [X.]s, in einem gerichtlichen Verfahren die Billigkeit des ihm abverlangten [X.] überprüfen zu lassen, nicht zuletzt der privatrechtlichen Durchsetzung des Verbots 45
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17
-
des Missbrauchs von Marktmacht. Zwar kann der [X.] auch unmittel-bar einen Verstoß gegen Art. 102
A[X.]V oder die entsprechenden Vorschriften des nationalen Rechts geltend machen. In den dem Senat bekannten Streitfällen ist dies auch regelmäßig der Fall gewesen. Um hiermit erfolgreich zu sein, muss der [X.] aber den Missbrauch darlegen, was ihm regelmäßig nur schwer oder gar nicht möglich ist, weil er über die hierfür erforderlichen Informationen nicht ver-fügt. Hat sich der [X.] mit dem von dem Infrastrukturbetreiber verlang-ten Entgelt nicht einverstanden erklärt, obliegt hingegen die Darlegung, dass das [X.] Entgelt der
Billigkeit entspricht, dem Infrastrukturbetreiber ([X.], Urteil vom 18. Oktober 2011 -
[X.], [X.]/E [X.]-R 3417 Rn. 24

Stornierungsentgelt). Der [X.] kann auf diese Weise eine wirksame Überprüfung erreichen, ob das verlangte Entgelt tatsächlich einen angemessenen Gegenwert für die von ihm in Anspruch genommene Leistung darstellt oder ob der Infrastrukturbetreiber sein Preissetzungsrecht dazu ausgenutzt hat, einen Preis durchzusetzen, der seiner Höhe

-
18
-

oder Struktur nach erheblich von demjenigen Preis abweicht, den er durchsetzen könnte, wenn er im Wettbewerb stünde, und sich daher sowohl als Missbrauch seiner Marktmacht im Sinne des Art. 102
A[X.]V als auch als unbillig im Sinne des § 315 BGB darstellt.
[X.]
Meier-Beck
Raum

Strohn
Deichfuß
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.02.2014 -
4 [X.] 3065/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 11.02.2015 -
U 3/14 Kart -

Meta

KZR 12/15

07.06.2016

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2016, Az. KZR 12/15 (REWIS RS 2016, 10452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10452

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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