Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.06.2011, Az. 4 StR 249/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5929

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Gegenstand

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Anforderungen an die Urteilsgründe


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Januar 2011 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des [X.] vom 3. November 2009 und vom 6. September 2010 und unter Auflösung der im letztgenannten Urteil gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des [X.]s; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Bildung der nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3

Nach den Feststellungen des [X.]s wurde der Angeklagte nach den hier abgeurteilten Taten und vor Erlass der einbezogenen Entscheidungen zwei weitere Male durch das [X.] verurteilt, nämlich am 13. Juli 2004 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und am 21. September 2005 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit Bewährung. Feststellungen zum Vollstreckungsstand - bezogen auf den Zeitpunkt des angefochtenen Urteils - fehlen völlig; auch werden die den Vorverurteilungen zugrunde liegenden [X.] nicht mitgeteilt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass bereits dem Urteil vom 13. Juli 2004 Zäsurwirkung zukommt. Denn auszugehen ist von der ersten unerledigten Verurteilung, die Zäsurwirkung entfaltet, so dass eine Gesamtstrafenbildung nur für die bis dahin begangenen Taten möglich ist ([X.], Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 [X.], [X.], 28, 29; zu den Anforderungen an die Entscheidungsgründe bei Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Februar 2011 - 4 StR 658/10 und vom 3. Mai 2011 - 3 [X.]/11).

4

Dieser Rechtsfehler kann sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass lediglich die am 13. Juli 2004 verhängte Freiheitsstrafe von zehn Monaten gemäß § 55 Abs. 1 StGB einzubeziehen ist.

5

Der [X.] macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über den [X.] dem Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zuzuweisen; das danach zuständige Gericht wird auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu entscheiden haben.

6

2. Für die erneute Sachbehandlung weist der [X.] darauf hin, dass bei der Bildung einer Gesamtstrafe unter Einbeziehung von zur Bewährung ausgesetzter Strafen gegebenenfalls auch über die Anrechnung im Rahmen der Bewährung erbrachter Leistungen zu entscheiden ist (§ 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 56f Abs. 3 StGB).

Ernemann                                  Roggenbuck                                  [X.]

                        Mutzbauer                                        [X.]

Meta

4 StR 249/11

08.06.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Detmold, 12. Januar 2011, Az: 4 KLs 22 Js 110/10 - 57/10, Urteil

§ 55 Abs 1 StGB, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.06.2011, Az. 4 StR 249/11 (REWIS RS 2011, 5929)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5929

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 548/14

4 StR 574/13

4 StR 464/13

4 StR 249/11

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