Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. IX ZB 139/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 269

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[X.][X.] 139/07 vom 3. Dezember 2009 in dem [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja[X.] § 295 Abs. 1 Nr. 1 Ob und in welchem Umfang ein Schuldner neben einer von ihm übernommenen Kin-derbetreuung erwerbstätig sein muss, ist an Hand der zu § 1570 BGB entwickelten Maßstäbe zu bestimmen. [X.], [X.]uss vom 3. Dezember 2009 - [X.] 139/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] und [X.] am 3. Dezember 2009 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der [X.]uss der 6. Zivilkammer des [X.] vom 27. Juni 2007 aufgehoben. [X.] wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 5.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Mit [X.]uss vom 8. Dezember 2004 wurde dem Schuldner unter der Voraussetzung, dass er während der Laufzeit der Abtretungserklärung (Wohl-verhaltensperiode) die Obliegenheiten gemäß § 295 [X.] erfüllt, die [X.] - 3 - schuldbefreiung angekündigt. Mit [X.]uss vom 24. Februar 2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners aufgehoben. Unter dem 4. Oktober 2006 beantragte die weitere Beteiligte zu 1 (fortan: weitere Beteiligte) als Insolvenzgläubigerin, dem Schuldner die [X.] gemäß § 296 [X.] zu versagen. Zur Begründung nahm sie auf den Be-richt der Treuhänderin Bezug, wonach der Schuldner seinen Obliegenheiten nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht nachgekommen sei. Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2007 ergänzte die weitere Beteiligte ihren [X.] und wies darauf hin, der Schuldner habe gegenüber der Treuhänderin keinerlei Nachweise erbracht, dass er eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübe oder sich hierum bemüht habe. 2 Das Insolvenzgericht hat den [X.] wegen mangelnder Glaubhaftmachung als unzulässig angesehen und den Antrag mit [X.]uss vom 3. April 2007 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Be-schwerde hat das [X.] durch [X.]uss vom 27. Juni 2007 zurückge-wiesen. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte mit ihrer [X.], mit der sie weiterhin eine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 [X.] geltend macht. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 296 Abs. 3 Satz 1, §§ 7, 6 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung des angefochtenen [X.]usses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Beschwerdegericht. 4 - 4 - 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, eine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 [X.] habe die Gläubigerin nicht glaubhaft gemacht. Sie habe sich nur darauf bezogen, dass der Insolvenzakte keine Hinweise auf Be-werbungsschreiben oder ähnlichen Bemühungen des Schuldners entnommen werden könnten. Hieraus könne nicht die überwiegende Wahrscheinlichkeit ab-geleitet werden, dass sich der Schuldner tatsächlich nicht um Arbeit bemüht habe. Im Übrigen habe nunmehr der Schuldner plausibel angegeben, er habe wegen der Betreuung seines am 8. Juli 1997 geborenen [X.] keine Arbeit aufnehmen können. Die Gläubigerin müsse hinnehmen, dass der Schuldner die Betreuung des Kindes im Verhältnis zu seiner in Arbeit stehenden Lebensge-fährtin übernommen habe und deshalb kein Vermögen erwerben könne. 5 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 6 a) Die Obliegenheitsverletzung - nicht das Verschulden (vgl. [X.], [X.]. v. 24. September 2009 - [X.] 288/08, Rn. 6) - muss zwar grundsätz-lich von dem Antragsteller glaubhaft gemacht werden (HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 296 Rn. 8). Dies ist aber dann anders, wenn die Tatsachen, die bei objektiver Betrachtung einen Versagungsgrund ergeben können, unstreitig sind ([X.], [X.]. v. 8. Januar 2009 - [X.] 73/08, [X.], 515 Rn. 6 und [X.] 80/08, Z[X.] 2009, 298 Rn. 4). So war es hier. Denn der Schuldner hat geltend gemacht, er habe wegen der Betreuung seines Kindes keine Arbeit aufnehmen können. Unter diesen Umständen musste die weitere Beteiligte nicht glaubhaft machen, dass der Schuldner sich um Arbeit nicht bemüht hat. Es kann vielmehr nur noch darum gehen, ob dieser sich um Arbeit hätte bemühen müssen. 7 - 5 - b) Die vom Schuldner geltend gemachte Betreuung seines [X.] [X.] auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen des Landge-richts eine Zurückweisung des von der weiteren Beteiligten gestellten [X.] nicht zu rechtfertigen. 8 aa) Die Erwerbsobliegenheit des Schuldners entfällt, wenn ihm die Auf-nahme einer beruflichen Tätigkeit aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann (FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 295 Rn. 30 f; HK-[X.]/ [X.], aaO § 295 Rn. 5; MünchKomm-[X.]/Ehricke, 2. Aufl. § 295 Rn. 45, HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 295 Rn. 9). Dies kann auch im [X.] auf die Betreuung minderjähriger Kinder in Betracht kommen ([X.]/ [X.], [X.] 12. Aufl. § 295 Rn. 27; HmbKomm-[X.]/[X.], aaO). Die [X.] zu § 295 (§ 244 [X.]) [X.] nennt als Bei-spiel ausdrücklich die Betreuung von Kleinkindern durch die Mutter (BT-Drucks. 12/2443 [X.]). Hieran anknüpfend wird daher im Schrifttum zu Recht die An-sicht vertreten, dass die Frage, ob und in welchem Umfang ein Schuldner ne-ben einer von ihm übernommenen Kinderbetreuung erwerbstätig sein muss, in erster Linie nach den spezielleren familienrechtlichen Verpflichtungen zu bestimmen ist. Als Grundlage der Beurteilung sind die zu § 1570 BGB entwi-ckelten familienrechtlichen Maßstäbe heranzuziehen (FK-[X.]/[X.], aaO § 295 Rn. 35; Graf-Schlicker/[X.], [X.] § 295 Rn. 8; MünchKomm-[X.]/Ehricke, aaO § 295 Rn. 46; [X.] in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung § 17 Rn. 134). Nach der für den hier in Rede stehen-den Zeitraum maßgeblichen Rechtsprechung besteht bei der Betreuung eines Kindes bis zum achten Lebensjahr grundsätzlich keine Erwerbsobliegenheit (vgl. [X.], Urt. v. 9. Juli 1992 - [X.], [X.], 3164, 3165 f; v. 30. November 1994 - [X.], NJW 1995, 1148, 1149). Im Einzelfall kann dies nach den konkreten Umständen auch für die Betreuung eines Kindes bis 9 - 6 - zum elften Lebensjahr zutreffen (vgl. [X.], Urt. v. 21. Dezember 1988 - [X.], NJW 1989, 1083, 1084). Bei einem Kind, das zwischen acht und elf Jah-ren alt ist, kommt es bei der Frage, ob der Schuldner zumindest eine Teilzeit-Erwerbstätigkeit ausüben muss, wiederum auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. [X.], Urt. v. 16. April 1997 - [X.], [X.], 873, 874 ff). [X.]) Das [X.] wird daher zu prüfen haben, ob dem Schuldner auf-grund der Umstände des Einzelfalles zumutbar war, neben der Betreuung des Kindes auch eine Erwerbstätigkeit, aufzunehmen. Ferner ist zu prüfen, worauf die Rechtsbeschwerdebegründung zutreffend verweist, ob der Schuldner nach der von ihm geltend gemachten Arbeitslosigkeit der Mutter des Kindes über-haupt noch Aufgaben der Kinderbetreuung übernehmen musste. Sollte aus [X.] zumutbaren Tätigkeit kein pfändbares Einkommen erzielbar gewesen sein, fehlt es allerdings an der für § 295 Abs. 1 [X.] maßgeblichen konkreten Beein-trächtigung der Gläubiger (FK-[X.]/[X.], aaO § 295 Rn. 35). Nach § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 [X.] rechtfertigt ein Verstoß gegen eine der in § 295 [X.] aufgeführten Obliegenheiten die Versagung der Restschuldbefreiung nur, wenn dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird. [X.] Schlechterstellung muss konkret messbar sein; eine bloße Gefährdung der [X.] der Insolvenzgläubiger reicht nicht aus (vgl. [X.], [X.]. v. 5. April 2006 - [X.] 50/05, [X.], 413; v. 8. Februar 2007 - [X.] 88/06, [X.], 661, 662 Rn. 5). 10 - 7 - II[X.] Die Beschwerdeentscheidung ist somit aufzuheben. [X.] ist an das [X.] zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). 11 Ganter [X.] [X.] [X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.04.2007 - 145 IN 730/03 - [X.], Entscheidung vom 27.06.2007 - 6 T 336/07 -

Meta

IX ZB 139/07

03.12.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2009, Az. IX ZB 139/07 (REWIS RS 2009, 269)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 269

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