Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. VII ZB 55/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1551

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 55/10

vom

10. November 2011

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 845; [X.] 46 Abs. 6
Die Vorpfändung eines Steuererstattungsanspruchs ist mit der vom [X.] bewirkten Zustellung des die Vorpfändung enthaltenden Schrei-bens im Sinne des §
46 Abs.
6 [X.] "erlassen". Auf den Zeitpunkt, zu dem das Schreiben dem Gerichtsvollzieher übergeben worden ist, kommt es nicht an.
[X.], Beschluss vom 10. November 2011 -
VII ZB 55/10 -
LG Essen

[X.]

-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 10.
November
2011 durch den Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
[X.], den [X.] [X.], die [X.]in [X.], den [X.] Dr.
Eick und den [X.] Halfmeier
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 23.
August 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

I.
Die Gläubigerin betreibt aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner wegen eines [X.] von 500.000

Am 2.
Januar 2007 um 07.45
Uhr stellte der Gerichtsvollzieher dem Dritt-schuldner, einem Finanzamt, im Wege der Vorpfändung ein vorläufiges [X.] der Gläubigerin zu. Damit kündigte die Gläubigerin an, dass die Pfändung der Ansprüche des Schuldners auf Zahlung des Lohnsteuerjahres-ausgleichs, insbesondere von Lohn-
und Kirchensteuer sowie auf Erstattung von Einkommens-, Kirchen-
und Vermögenssteuer für das [X.] bevorste-1
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he. Das das vorläufige Zahlungsverbot enthaltende Schreiben hatte die Gläubi-gerin auf den 2.
Januar 2007 vordatiert und dem Gerichtsvollzieher bereits am 27.
Dezember 2006 übergeben. Ebenfalls am 2.
Januar 2007, jedoch nach Zu-stellung des vorläufigen Zahlungsverbots, zeigte der Schuldner dem Dritt-schuldner an, dass er seinen Erstattungsanspruch an eine Frau R. abgetreten habe.
Am 23.
Januar 2007 erwirkte die Gläubigerin einen Pfändungs-
und
Überweisungsbeschluss, mit dem die angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Erstattung der im vorläufigen Zahlungsverbot auf-geführten Steuern gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen wurden. Die dagegen eingelegte Erinnerung des Schuldners, mit der er die Un-wirksamkeit der Vorpfändung geltend machte, hatte keinen Erfolg. Die sofortige Beschwerde hat der Schuldner nach richterlichem Hinweis auf mangelnde [X.] zurückgenommen.
Die anschließend eingelegte Erinnerung des Schuldners gegen die Vor-pfändung hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte [X.] Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde will der Schuld-ner weiterhin die Aufhebung der Vorpfändung erreichen.

II.
Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in Rpfleger 2011, 95 ver-öffentlicht ist, bejaht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erinnerung des [X.] und sieht die Vorpfändung als mit der Zustellung an das [X.] geworden an. Die Vorpfändung sei nicht
in entsprechender Anwendung des §
46 Abs.
6 [X.] nichtig. Nach dieser Vorschrift dürfe ein Pfändungs-
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Überweisungsbeschluss nicht erlassen werden, bevor der Steuererstattungsan-spruch entstanden sei. Bei entsprechender Anwendung des §
46 Abs.
6 [X.] auf die Vorpfändung komme es für den Zeitpunkt des "Erlasses" darauf an, wann der Gerichtsvollzieher durch seine Entäußerung in Richtung auf den [X.] verleihe. Dieser Zeitpunkt falle bei einer Über-gabe durch den Gerichtsvollzieher an den Drittschuldner mit dem Zustellungs-zeitpunkt zusammen. Es [X.] daher keine Rolle, dass das [X.] noch vor der mit Ablauf des Jahres 2006 eintretenden Fälligkeit des zu [X.] an den Gerichtsvollzieher überge-ben worden sei.

III.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1.
Gemäß §
46 Abs.
6 [X.] darf ein Pfändungs-
und Überweisungsbe-schluss nicht erlassen werden, bevor der zu pfändende Steuererstattungsan-spruch entstanden ist. Ein entgegen diesem Verbot erwirkter Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss ist nichtig (§
46 Abs.
6 Satz
2 [X.]). Entstanden und pfändbar ist der Erstattungsanspruch aus einem Steuerschuldverhältnis (§
37 Abs.
1 [X.]), wenn der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die [X.] knüpft, §
38 [X.]. Die Einkommenssteuer ist eine Jahressteuer; [X.] ist das Kalenderjahr (§
25 Abs.
1 EStG). Entsprechendes gilt für die Kirchensteuer ([X.], Forderungspfändung, 15.
Aufl., Rn.
391) und auch für die Vermögenssteuer, §
20 Vermögenssteuergesetz. Die entsprechen-den [X.] entstehen dementsprechend mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums ([X.], [X.]E
161, 412, 414; [X.], 7
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ZVI
2004, 614). Der Anspruch des Schuldners auf Lohnsteuerjahresausgleich 2006 ist folglich mit Ablauf des Jahres 2006 entstanden.
2.
Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass auf Vorpfän-dungen von [X.]n §
46 Abs.
6 [X.] entsprechend an-wendbar ist ([X.], Forderungspfändung, aaO, Rn.
371; [X.], 3.
Aufl., §
829 Rn.
15; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
829 Rn.
9). Denn die Vorpfändung wirkt wie eine Beschlagnahme der betroffenen Forde-rung ([X.], Urteil vom 30.
März 1983 -
VIII
ZR
7/82, [X.]Z
87, 166, 168) und begründet den Rang des [X.], das durch eine Pfändung in-nerhalb eines Monats seit Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots entsteht (§
845 Abs.
2 i.V.m. §§
804, 930 Abs.
1 ZPO; [X.], Urteil vom 8.
Mai
2001 -
IX
ZR
9/99, NJW
2001, 2976). Sie muss daher für ihre Wirksamkeit die glei-chen Anforderungen erfüllen wie der Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss.
3.
Es kommt danach darauf an, ob die Vorpfändung im Sinne des §
46 Abs.
6 [X.] erst im Jahre 2007 "erlassen" worden ist. Mit zutreffenden Erwägun-gen und in Übereinstimmung mit der Literatur (vgl. [X.], Forderungspfän-dung, aaO, Rn.
371; [X.], aaO, §
829 Rn.
9; Musielak/[X.], ZPO, 8.
Aufl., §
829 Rn.
28; [X.], ZPO, 28. Aufl., §
845 Rn.
2; Boeker in [X.]/[X.]/[X.], Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 10.
Aufl., §
46 [X.] Rn.
114; [X.], [X.]
1985, 1428, 1432) hat das Beschwer-degericht auf den Zeitpunkt der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher am 2.
Januar
2007 abgestellt. Dabei hat es richtig hervorgehoben, dass bei [X.] nicht der Zeitpunkt der Zustellung maßgebend ist, sondern der Zeitpunkt, zu dem der unterschriebene Beschluss aus dem [X.] Geschäftsgang des Gerichts [X.] ist, das Gericht sich also des Beschlusses entäußert hat
([X.], Urteil vom 19.
Oktober 2005 -
VIII
ZR 217/04, [X.]Z 164, 347, 354). Entsprechendes gilt bei behördlichen Pfändungsverfü-9
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6
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gungen (vgl. [X.], [X.]E 161, 412, 416). Es hat auch richtig gesehen, dass [X.] keine derartige hoheitliche Maßnahme vorausgeht, so dass insoweit kein geeigneter Anknüpfungspunkt besteht. Vielmehr muss bei der entsprechenden Anwendung des §
46 Abs.
6 [X.] auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem die Vorpfändung hoheitliche Wirkung entfaltet. Das ist der Zeit-punkt der Zustellung an den Drittschuldner, weil in diesem Augenblick die Wir-kung der Beschlagnahme eintritt. Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, der richtige Zeitpunkt sei die Übergabe des Vorpfändungsschreibens durch den Gläubiger an den Gerichtsvollzieher. Dem kann nicht gefolgt werden, weil diese Übergabe nicht mit einer hoheitlichen Maßnahme vergleichbar ist, wie sie ein Pfändungsbeschluss oder eine Pfändungsverfügung darstellen.
Zutreffend hat das Beschwerdegericht entschieden, dass diese Ausle-gung mit Sinn
und Zweck des §
46 Abs.
6 [X.] im Einklang steht und zudem [X.] beiträgt, eine Benachteiligung des Pfändungsgläubigers gegenüber dem Zessionar zu verhindern (vgl. auch [X.], [X.] 1985, 1428).
4. Ob der Schuldner nach [X.] Pfändung der Forderung noch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Erinnerung hat, mit der er die [X.] der Vorpfändung mit dem Ziel geltend macht, sich auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses auf die Unwirksamkeit der Pfändung beru-fen zu können (vgl. [X.], Rpfleger 1991, 261; Musielak/[X.], ZPO, 8.
Aufl., §
845 Rn.
11; [X.], Forderungspfändung, 15.
Aufl., Rn.
811;
[X.], 3.
Aufl., §
845 Rn.
23), muss der Senat nach allem nicht entscheiden.

11
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-
7
-

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]
[X.]
[X.]

Eick
Halfmeier
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.06.2010 -
30 M 26/07 -

LG Essen, Entscheidung vom 23.08.2010 -
7 T 329/10 -

13

Meta

VII ZB 55/10

10.11.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. VII ZB 55/10 (REWIS RS 2011, 1551)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1551

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