Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. XII ZB 391/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8458

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 391/10

vom

7. März 2012

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 114, 322
a)
Bei der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe anzustel-lenden Beurteilung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung ist das Rechtsmittelgericht grundsätzlich an die inzwischen eingetretene Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung gebunden.
b) Ausnahmen gelten dann, wenn eine zweifelhafte Rechtsfrage verfahrensfehlerhaft in das Prozesskostenhilfeverfahren verlagert worden ist oder wenn das erstin-stanzliche Gericht die Entscheidung verzögert hat und die Erfolgsaussicht in der Zwischenzeit entfallen ist.

[X.], Beschluss vom 7. März 2012 -
XII [X.] 391/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
März 2012
durch die [X.] Richterin Dr.
Hahne und [X.], Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 27.
Zivilsenats -
Familiensenat
-
des [X.]s [X.] vom 29.
Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagten wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr.

ratenfreie Ver-fahrenskostenhilfe
bewilligt.

Gründe:
I.
Die [X.]en sind geschiedene Eheleute. Der Kläger hat -
nach Einrei-chung eines [X.]s mit Klagentwurf im August 2009 und Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das [X.] im Januar 2010
-
mit der Klage eine teilweise Herabsetzung des durch Jugendamtsurkun-den titulierten Unterhalts für die beiden minderjährigen Kinder der [X.]en be-gehrt. Die Beklagte hat zur Verteidigung gegen die Klage Prozesskostenhilfe beantragt. Das Amtsgericht
hat der Klage wegen verminderter [X.] stattgegeben. Erst im [X.] an das Urteil hat das Amtsge-richt
über das [X.] der Beklagten entschieden. Es hat diesen mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen und zur [X.] auf sein Urteil verwiesen. Das Urteil ist nicht angefochten worden.
1
-
3
-
Die Beklagte hat gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe Be-schwerde eingelegt, die vom [X.] zurückgewiesen worden ist. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom
[X.] zugelasse-nen Rechtsbeschwerde.

II.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung damit begründet, dass im [X.] keine der Rechtskraftwirkung des Ur-teils widersprechende Entscheidung ergehen dürfe. Das rechtskräftig [X.] Urteil des Amtsgerichts stelle verbindlich fest, dass die Klage begründet [X.] sei. Dass die Beklagte vom Amtsgericht
als richtige Prozesspartei ange-sehen worden sei, sei im Übrigen zutreffend, weil die Klage vor Rechtskraft der der Scheidung erhoben worden sei und die Prozessstandschaft der Beklagten auch nach der Scheidung fortdauere. Der Zulassung der Rechtsbeschwerde stehe die Rechtsprechung
des [X.], dass die Klärung grund-sätzlicher oder streitiger Rechtsfragen nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren verlagert werden dürfe, nicht entgegen. Denn die streitige Frage, ob die [X.] Entscheidung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegenstehe, wenn diese eine abweichende Beurteilung der Erfolgsaussicht durch das Be-schwerdegericht erfordern würde, könne im Hauptsacheverfahren nicht geklärt werden. Es handele sich vielmehr um eine das Verfahren der Prozesskostenhil-fe
betreffende Frage, die einer Klärung durch das Rechtsbeschwerdegericht nur im Prozesskostenhilfeverfahren zugänglich sei.
2. Das hält
im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.

2
3
4
-
4
-
a) Die Rechtsbeschwerde ist nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statt-haft und auch sonst zulässig.
Das Verfahren richtet sich nach dem in der Hauptsache anwendbaren Verfahrensrecht. Entgegen der Behandlung durch die Vorinstanzen ist auf das erst nach dem 31.
August 2009 anhängig ge[X.]e Hauptsacheverfahren das seit 1.
September 2009 geltende [X.] anzuwenden, weil die vorherige Einreichung des [X.] des [X.] noch nicht zur Anhängigkeit und zur Einleitung des ([X.] nach Art.
111 Abs.
1 Satz
1 FGG-RG geführt hat (Senatsbe-schluss vom 29.
Februar 2012
-
XII
[X.] 198/11
-
zur Veröffentlichung bestimmt).
Dementsprechend findet auch auf das [X.] neues Verfah-rensrecht Anwendung (zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nach §
574 ZPO vgl. Senatsbeschlüsse
vom 15.
Februar 2012 -
XII
[X.] 451/11
-
zur Veröf-fentlichung bestimmt -
Rn.
5 und vom 18.
Mai 2011 -
XII
[X.] 265/10
-
FamRZ 2011, 1138 Rn.
9).

Der rechtskräftige Abschluss des Hauptsacheverfahrens steht der Statt-haftigkeit des Rechtsmittels gegen die Prozesskostenhilfe-/Verfahrenskostenhilfeversagung wegen verneinter Erfolgsaussicht nicht im Wege, weil
auch in der Hauptsache ein Rechtsmittel statthaft gewesen wäre (vgl. Senatsbeschlüsse [X.]Z 162, 230 = FamRZ 2005, 790 und vom 18.
Mai 2009 -
XII [X.] 265/10
-
FamRZ 2011, 1138 jeweils mwN).
In der vorliegenden Familienstreitsache finden demnach auf die Verfah-renskostenhilfe (im Folgenden einheitlich: Prozesskostenhilfe) gemäß §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG die Vorschriften der §§
114 ff. ZPO entsprechende An-wendung.

b) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Versagung von Prozesskostenhilfe nicht mit der gleichzeitigen Zulassung der 5
6
7
8
-
5
-
Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
im Wi-derspruch steht. Denn es handelt es sich um eine Frage, die das Verfahren be-trifft (vgl. Senatsbeschluss vom 18.
Mai
2011 -
XII
[X.] 265/10
-
FamRZ 2011, 1138
Rn.
12
f.) und die im Hauptsacheverfahren nach dessen rechtskräftigem Abschluss nicht mehr geklärt werden kann.
c)
Die Frage, ob nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens der in der Hauptsache unterlegenen [X.] noch nachträglich Prozesskostenhilfe zu bewilligen oder diese aufgrund der Bindung an die rechtskräftige [X.] stets mangels Erfolgsaussicht zu versagen ist, ist umstritten
(für eine grundsätzliche Bindungswirkung der Hauptsacheentscheidung:
[X.], 494 =
DStR 1985, 50;
OLG [X.], 281; OLG Düsseldorf MDR 2009, 1356;
[X.]/[X.] 3.
Aufl. §
127 Rn.
17; gegen eine Bin-dungswirkung
jedenfalls bei verzögerter Entscheidung über das [X.]gesuch: [X.], 1588;
OLG [X.] FamRZ 1995, 1163;
Zöller/[X.] ZPO
29.
Aufl. §
119 Rn.
47
-
anders hingegen [X.]O
§
127 Rn.
50; [X.] ZPO
22.
Aufl.
§
114 Rn.
41
mwN). Im vorlie-genden Fall ist das [X.] zu Recht von einer Bindungswirkung der Hauptsacheentscheidung ausgegangen.
[X.]) Es ist allgemein anerkannt, dass Prozesskostenhilfe
nach Abschluss des Verfahrens noch rückwirkend bewilligt werden kann, wenn der Bewilli-gungsantrag mit den erforderlichen Unterlagen während des Verfahrens ge-stellt, aber nicht verbeschieden worden ist (Senatsbeschlüsse
vom 18.
November
2009 -
XII
[X.] 152/09
-
FamRZ 2010, 197 Rn.
20
f. und vom
30.
September
1981 -
IVb
ZR 694/80
-
FamRZ 1982, 58).
Das betrifft vor allem den Fall, dass das Gericht über das [X.] nicht unverzüg-lich entscheidet, sondern die [X.] in der Hauptsache abwartet.
9
10
-
6
-
Bei der Entscheidung des [X.] ist indessen im Hinblick auf die Erfolgsaussicht die -
zwischenzeitlich eingetretene
-
Rechtskraft der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung grundsätzlich zu beachten. Zwar wirkt die
Rechtskraft nach §
322 Abs.
1 ZPO nur zwischen den [X.]en des Rechtsstreits und nur insoweit, als über denselben
Streitgegenstand entschie-den worden ist. Gegenstand des Prozesskostenhilfe-/Verfahrenskostenhilfeverfahrens
ist demgegenüber das
von der Hauptsache unabhängige Verhältnis zwischen dem [X.] Antragsteller und der St[X.]tskasse, welches den Anspruch auf Prozesskostenhilfe als st[X.]tliche Sozi-alleistung betrifft. Die Rechtskraft bezweckt aber nicht nur den
Schutz der [X.] vor erneuter gerichtlicher Inanspruchnahme, sondern dient der Sicherung des Rechtsfriedens im Allgemeinen, indem abweichende
Entscheidungen zur selben Streitfrage vermieden werden sollen, und auch der Funktionsfähigkeit der Gerichte (vgl. [X.]/[X.] 3.
Aufl. §
322 Rn.
2 ff. mwN).
Aus der materiellen Rechtskraft folgt daher über das Verbot der wiederholten Ent-scheidung über denselben Streitgegenstand hinaus auch eine Bindungswirkung der Entscheidung, soweit diese für eine weitere Entscheidung vorgreiflich ist
(vgl. Senatsurteil vom 6.
März 1985 -
IVb
ZR 76/83
-
FamRZ 1985, 580; [X.]/[X.] 3.
Aufl. §
322 Rn.
11 mwN).
Die Entscheidung in der Hauptsache hat demnach
Bindungswirkung, soweit es für den Anspruch auf Prozesskostenhilfe auf die Erfolgsaussicht der Klage oder Rechtsverteidigung ankommt. Insoweit stimmen die zu beurteilen-den Fragen überein und ist die Hauptsacheentscheidung für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe vorgreiflich. Durch die Bindungswirkung der Haupt-sacheentscheidung wird vermieden, dass das Rechtsmittelgericht in einem Ne-benverfahren zu einem der rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung wider-sprechenden Ergebnis gelangt.
11
12
-
7
-
[X.]) Allerdings kann im Ausnahmefall eine nachträgliche Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch das Rechtsmittelgericht auch aufgrund einer [X.] Beurteilung der Erfolgsaussicht geboten sein.
(1) So kommt eine nachträgliche Bewilligung ausnahmsweise in [X.], wenn in der Hauptsache eine zweifelhafte Rechtsfrage zu klären war. In diesem Fall darf nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts
wie des [X.] die Klärung der Frage nicht in das Prozess-kostenhilfeverfahren verlagert werden. Die in Art.
3
Abs.
1 iVm Art.
20 Abs.
3 GG verbürgte [X.] gebietet im Fall zweifelhafter Rechtsfra-gen, die Erfolgsaussicht zu bejahen und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren, denn das Hauptverfahren eröffnet erheblich bessere Möglichkei-ten der Entwicklung und Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes ([X.]E
81, 347). Das nur einer summarischen Prüfung unterliegende Pro-zesskostenhilfeverfahren hat demgegenüber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden ([X.] FamRZ 2002, 665; [X.] vom 4.
Mai
2011 -
XII [X.] 69/11
-
FamRZ 2011, 1137 Rn.
8 und
vom 17.
März 2004 -
XII
[X.] 192/02
-
NJW 2004, 2022 juris Rn.
7 mwN).
Bei zweifel-haften Rechtsfragen
hat das Gericht demnach Prozesskostenhilfe
zu bewilligen, auch
wenn es der Auffassung ist, dass die Rechtsfrage zu Ungunsten des [X.] zu entscheiden ist.
Anders liegt der vom Senat entschiedene Fall, dass
eine
zunächst zwei-felhafte Rechtsfrage während des [X.] höchstrichter-lich geklärt
worden ist (Senatsbeschluss vom 27.
Januar
1982 -
IVb
[X.] 925/80
-
FamRZ 1982, 367; zur ähnlichen Fragestellung im Verfahren der Nichtzulas-sungsbeschwerde vgl. [X.] Beschluss vom 27.
Oktober
2004 -
IV ZR 386/02
-
NJW-RR 2005, 438 mwN).
Denn in diesem Fall ist anders als in der [X.] Fallkonstellation das Hauptverfahren nicht durchgeführt worden (s. dazu 13
14
15
-
8
-
[X.]Z 91, 311, 312 und [X.]Z 159, 263, 265), so dass sich die Frage der Rechtskraftwirkung der Hauptsacheentscheidung nicht
gestellt hat.
Ob an der seinerzeit vertretenen Auffassung des Senats, dass auch zur Entlastung von bereits entstandenen Kosten eine rückwirkende Bewilligung der [X.] nicht geboten ist, festzuhalten ist, bedarf daher hier keiner Entschei-dung.
Wenn das Verfahren
in der Hauptsache durchgeführt und rechtskräftig entschieden wird, ist
demnach bei bestehender Rechtsgrundsätzlichkeit auf ein rechtzeitig gestelltes und mit den erforderlichen Unterlagen eingereichtes [X.] die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder
-verteidigung nicht anders zu beurteilen,
als wenn das Gericht darüber bei
Ent-scheidungsreife hinsichtlich der Prozesskostenhilfe sogleich entschieden hätte. Denn auf den Zeitpunkt der Entscheidung hat der Antragsteller
regelmäßig kei-nen
Einfluss,
und es darf ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn das Gericht über sein Gesuch erst so spät entscheidet, dass eine Klärung in der [X.] vor Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr erreicht werden kann.
Die nachträgliche Bewilligung der Prozesskostenhilfe
widerspricht in [X.] nicht der Entscheidung in der Hauptsache. Denn die hinreichende [X.] im Sinne von §
114 Satz
1
ZPO
ergibt sich hier bereits aus der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage
und setzt nicht voraus, dass diese letztlich auch im Sinne der Prozesskostenhil-fe
beantragenden [X.] zu entscheiden ist. Durch eine nachträgliche Bewilli-gung der Prozesskostenhilfe
wird daher nur die verfahrensfehlerhafte Verlage-rung der Entscheidung in das Prozesskostenhilfeverfahren behoben, ohne dass die Entscheidung auf einer von der rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung abweichenden Einschätzung des Rechtsmittelgerichts
beruht.
16
17
-
9
-
(2) Eine weitere Ausnahme ist angezeigt, wenn die Entscheidung über das bewilligungsreife [X.]
vom Gericht verzögert worden ist und sich infolge der Verzögerung die Grundlage für die Beurteilung der [X.] zum Nachteil der antragstellenden [X.] verändert hat.
Für die gemäß §
114 Satz
1 ZPO vorzunehmende Erfolgsprognose ist der Sach-
und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung [X.], wenn alsbald nach [X.] entschieden wird. Zur Ent-scheidung reif ist das Prozesskostenhilfebegehren, wenn die [X.] es [X.] begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen [X.] vorgelegt und wenn der Gegner Gelegenheit gehabt hat, sich innerhalb angemessener Frist zum [X.] zu äußern (Senatsbe-schluss vom 18.
November
2009 -
XII
[X.] 152/09
-
FamRZ 2010, 197
Rn.
10 mwN; OLG [X.] FamRZ 1994, 1123).
Eine andere Beurteilung folgt auch hier nicht daraus, dass der [X.] in der Hauptsache inzwischen rechtskräftig entschieden ist. Auch in [X.] stehen vielmehr Verfahrensfragen im Vordergrund und widerspricht eine nachträgliche Bejahung der Erfolgsaussicht der Rechtskraft der Haupt-sacheentscheidung nicht. Denn das Gericht hat die Erfolgsaussicht aufgrund des Sach-
und Streitstandes zum Zeitpunkt der [X.] des [X.]s zu beurteilen.
Wenn dieser zu einer günstigeren Er-folgsprognose führt als die spätere Lage, ist die Erfolgsaussicht zu bejahen, ohne dass damit die Hauptsacheentscheidung in Frage gestellt wird. Das zeigt sich beispielsweise an dem Fall, dass das Gericht nach Eintritt der [X.] eine Beweisaufnahme
durchgeführt und diese ein für den [X.] ungünstiges
Ergebnis gehabt
hat
(vgl. [X.], 797 mwN). Dementsprechend hat auch der [X.] eine Ausnahme von der Bindungswirkung der Hauptsacheentscheidung für angebracht gehalten, 18
19
20
-
10
-
wenn die Erfolgsaussicht in einem früheren Stadium des Verfahrens anders zu beurteilen gewesen war als zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Hauptsache
([X.], 494 = DStR 1985, 50 juris Rn.
13; ähnlich [X.] FamRZ 2004, 1219 f. -
insoweit nicht abgedruckt
-
juris Rn.
7).

Der Senat hat damit im Ausgangspunkt übereinstimmend entschieden, dass nach einer Klagerücknahme noch Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Klage zu bewilligen ist, wenn Rechtsverteidigung und [X.]antragstellung schon zuvor erfolgt waren und die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (Senatsbeschluss vom 18.
November
2009 -
XII
[X.] 152/09
-
FamRZ 2010, 197). Gleiches muss gelten, wenn sich im Verlauf des Verfahrens infolge verzögerter Entscheidung über das [X.]gesuch die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder verteidigung durch die antragstellende [X.] verschlechtert haben
(vgl. OLG [X.] FamRZ
1994, 1123; zum -
besonders
gelagerten
-
Fall, dass eine Rechtsfrage noch während des [X.] höchstrichterlich geklärt [X.] ist, s.o. unter [X.] (1)). Etwas anderes gilt nur dann, wenn spätere [X.] zugleich die Unwahrheit des Prozessvortrags des Antragstellers im Sinne von §
124 Nr.
1 ZPO ergeben, weil in diesem Fall sogar eine rückwirkende Auf-hebung der bewilligten Prozesskostenhilfe
begründet wäre.
cc) In Fällen, in denen eine rechtskräftige Hauptsacheentscheidung schon vorliegt, ist die Rechtskraft dieser Hauptsacheentscheidung für die Beur-teilung der Erfolgsaussicht grundsätzlich zu beachten. Ausnahmen gelten nur dann, wenn die Prozesskostenhilfeentscheidung der Vorinstanz [X.] ergangen ist und sich der Verfahrensfehler auf die Beurteilung der [X.] für den Antragsteller nachteilig ausgewirkt hat.
21
22
-
11
-
d) Die Entscheidung des [X.]s entspricht den genannten Maßstäben.
[X.]) Im vorliegenden Fall besagt die Rechtskraft der Hauptsacheent-scheidung, dass sich die Unterhaltsansprüche der Kinder auf die im [X.] aufgenommenen [X.] verringert haben. Dies wider-spricht der Rechtsverteidigung der Beklagten, welche sich auf den unvermin-derten Fortbestand der Unterhaltsansprüche
berufen hat, und schließt somit die Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverteidigung aus.
[X.]) Eine Ausnahme von der Bindungswirkung ist im vorliegenden Fall nicht angezeigt. Denn in der Hauptsache waren weder rechtsgrundsätzliche Fragen zu klären noch haben
sich nach Eintritt der [X.] die Grundlagen für die Beurteilung der Erfolgsaussicht zum Nachteil der Beklagten verändert.
Aus der -
verfahrensfehlerhaften
-
Verzögerung der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe allein folgt noch nicht, dass der Beklagten rückwirkend Prozesskostenhilfe bewilligt werden muss. Vielmehr hätte für das Amtsgericht auch bei rechtzeitiger Bescheidung des [X.]s keine [X.] Beurteilungsgrundlage bestanden als nach dem Erlass des Urteils
in der Hauptsache. Dass das Amtsgericht zunächst noch die vom Kläger beantragte Prozesskostenhilfe verweigert hatte und die Beklagte bereits seinerzeit einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hatte, ändert daran nichts. Denn für das Pro-zesskostenhilfeverfahren selbst konnte der Beklagten noch keine [X.] bewilligt werden ([X.]Z 91, 311, 312 und [X.]Z 159, 263, 265). Für die letztlich in eingeschränktem Umfang erhobene Abänderungsklage war [X.] die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung erneut zu prüfen. Da sich die Grundlage zur Beurteilung der Erfolgsaussicht zwischen [X.] und 23
24
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26
-
12
-
der schließlich vom Gericht erlassenen Entscheidung nicht verändert hat, [X.] demnach für eine von der Hauptsacheentscheidung abweichende nach-trägliche Bewilligung kein Raum.
Die Rechtsbeschwerde räumt ein, dass sich im Verlauf des Prozesses keine neuen Erkenntnisse ergeben haben. Die von der Beklagten mit der Rechtsbeschwerde erhobenen Beanstandungen betreffen demnach die Rich-tigkeit des amtsgerichtlichen Urteils. Diesen steht aber die materielle Rechts-kraft des Urteils entgegen. Um diese Wirkung zu verhindern, hätte die Beklagte ein Rechtsmittel in der Hauptsache einlegen müssen. Ihrer Bedürftigkeit im Hinblick auf die Kosten hätte sie durch einen vorgeschalteten [X.] für die Rechtsmittelinstanz Rechnung tragen können.
Hahne

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.05.2010 -
313 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.07.2010 -
27 [X.] -

27

Meta

XII ZB 391/10

07.03.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. XII ZB 391/10 (REWIS RS 2012, 8458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8458

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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