Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2012, Az. 1 StR 267/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 788

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
1
StR
267/12

vom
4. Dezember
2012
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

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Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
4. Dezember 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Nack

und die Richter am [X.]
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,
Rechtsanwalt
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als amtlich bestellter Vertreter von Rechtsanwältin

-

als [X.],

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

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Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.]s [X.] vom 7. Oktober 2011 wird verworfen.

Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels sowie die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] [X.] hat den
Angeklagten mit Urteil vom 7. Okto-ber 2011 der Vergewaltigung in 46 tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung, sowie der versuchten Nötigung in zwei Fällen, der Nötigung und der Bedrohung schuldig gesprochen. Unter Einbeziehung verschiedener Einzelstrafen aus zwei Urteilen des Amtsgerichts [X.] wurde der Angeklagte zu einer [X.] von sieben Jahren und zwei Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfrei-heitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 StGB) angeordnet.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, die mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge begründet wird. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

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I.

1. Nach den Feststellungen des [X.] hat der Angeklagte die Geschädigte, die als Prostituierte arbeitete, erstmals im [X.] 2006 als [X.] besucht und mit ihr einvernehmlichen Geschlechtsverkehr durchgeführt. In der Folge gab es einige private Treffen, bei denen es nach den landgerichtli-chen Feststellungen zu keinen sexuellen Handlungen kam.

Entweder am 14. Oktober 2006 oder kurz danach kam es in der Woh-nung des Angeklagten zu folgendem Vorfall: Die Geschädigte und der Ange-klagte
lagen angezogen auf seinem Bett. Als die Geschädigte über Rücken-schmerzen klagte, massierte der Angeklagte sie zunächst, erklärte dann aber, Angeklagte zu ihm auf der Seite liegende Geschädigte mit einem Bein, drückte sie mit sei-nem Körpergewicht auf das Bett und zog ihr und sich die Hose bis zu den hielt er sie an Schultern und Haaren fest und drang von hinten in die Scheide ein und vollzog den Geschlechtsverkehr, wobei er seine Körperkraft und sein Gewicht bewusst einsetzte, während sie versuchte, seinen Bauch von sich wegzudrücken.

2. In der Folgezeit ging die Geschädigte mit dem Angeklagten, der bei ihr einzog, eine durch mehrfache, kurzzeitige Trennungen unterbrochene Bezie-hung ein, die vom Frühjahr 2006 (richtigerweise wohl Frühjahr 2007) bis Ende Oktober 2010 dauerte und mit dem endgültigen Auszug des Angeklagten aus dem damals von beiden erst kurz zuvor bezogenen Anwesen endete. Während der gesamten Dauer der Beziehung gab es regelmäßig einvernehmliche Sexu-3
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alkontakte. Darüber hinaus stellte das [X.] jedoch auch folgende [X.] und körperliche Übergriffe des Angeklagten fest:

Zwischen März und Dezember 2007 führte der Angeklagte gegen den Willen der Geschädigten in 40 Fällen den Geschlechtsverkehr durch, indem er entweder

a) die mit dem Rücken zu ihm auf der Seite liegende Geschädigte von hinten festhielt, mit einem Bein umklammerte, so dass sie sich nicht bewegen konnte, die Hose herunterzog, die
Beine
der Geschädigten
spreizte und dann von hinten eindrang und den Geschlechtsverkehr durchführte;

e-ren Hose herunterzog, ihre Beine spreizte und dann den [X.] durchführte.
Dabei versuchte die Geschädigte jeweils, den Angeklagten wegzudrü-cken. Stärkere Gegenmaßnahmen ergriff sie hingegen nicht, da sie im Lauf der Beziehung erkannt hatte, dass es dem Angeklagten gefiel, ihren Widerstand zu überwinden.

Zusätzlich erzwang der Angeklagte, um sich sexuell zu erregen, in [X.] 16 der vorgenannten Fälle die Praktik des sogenannten Natursekts, indem er die

er sie veranlasste, auf sein Gesicht und in seinen Mund zu urinieren. Dies ge-lang ihm deswegen, weil die Geschädigte nach eigenen Angaben nur selten zur Toilette geht und daher meist eine volle Blase hat.
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3. Nachdem es im Jahre
2008 zu keinen feststellbaren sexuellen Über-griffen kam, zwang der Angeklagte, welcher sich vom 14. bis 18. Dezember 2008 im Bezirkskrankenhaus [X.] befand, bei einem Besuch der [X.] diese zum Geschlechtsverkehr auf seinem Bett. Dies konnte sie nicht verhindern, obgleich sie sich in diesem Fall derart widersetzte, dass sie mit den Füßen nach ihm trat und mit den Fäusten nach ihm schlug.

4. Im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2010 kam es in der Wohnung der Geschädigten erneut zu drei Vergewaltigungen, wie unter Ziffer 2 [X.], wobei jeweils auch die Praktik des Natursekts

vom Angeklagten durch-gesetzt wurde. Auch in diesen
Fällen ergriff die Geschädigte keine stärkeren Abwehrmaßnahmen als Wegdrücken und Gegenstemmen, da sie im Lauf der Beziehung bemerkt hatte, dass es dem Angeklagten gefiel, ihren Widerstand zu überwinden.

5. Nachdem der Angeklagte nach erheblichen Streitigkeiten am [X.] endgültig ausgezogen war, aber dennoch weiterhin regelmäßigen Kontakt per [X.] zur Geschädigten hatte, traf er diese am 1. Dezember 2010 in dem zuletzt gemeinsam bewohnten Haus, in dem die Geschädigte
gerade da-bei war, mit ihren Sachen in eine neue Wohnung umzuziehen. Der Angeklagte mit einem anderen,

Angeklagte mit der flachen Hand ins Gesicht, warf sie auf das Bett und würgte sie mit der linken Hand, so dass sie massive Atemschwierigkeiten bekam. Zusätzlich drohte er, sie umzubringen, um sie von Widerstandshandlungen abzuhalten. Er zog ihre Jogginghose nach unten und verlangte die Praktik des Natursekts. Da die Geschädigte dies aus-9
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drücklich ablehnte und sich in der Folge gegen das Bett stemmte, gelang es Angeklagte führte in der Folge gegen den Willen der Geschädigten den [X.] durch, während er sie weiterhin im Würgegriff hielt.

6. Zwischen dem 8. und 15. Dezember 2010
wollte der Angeklagte in zwei Fällen erreichen, dass die Geschädigte sich mit ihm trifft,
indem er ihr per [X.] drohte, sie ansonsten umzubringen. In einem weiteren Fall schickte er ihr .

erzwang er am 15. Dezember 2010
ein Treffen mit der Geschädigten, indem er bei ihr anrief und sie erneut damit bedrohte, zunächst sie und dann sich umzubringen. Die Geschädigte kam dem Verlangen des Angeklagten, auch aus Angst um ihre erwachsene Tochter, nach.

II.

Während der Angeklagte die unter Ziffer 6 dargelegten Drohungen ein-geräumt hat, wurde von ihm bestritten, dass die [X.] nicht in [X.] Einvernehmen stattgefunden haben. Vielmehr hätten die [X.] und er
fast täglich Geschlechtsverkehr gehabt.

Demgegenüber hat die [X.] die diesbezüglichen Feststellungen im Wesentlichen auf die Angaben der Geschädigten gestützt, wobei das [X.] berücksichtigte, dass die Geschädigte hinsichtlich zweier Umstände, welche nicht die sexuellen Handlungen betreffen, in der Hauptverhandlung [X.] unwahre Angaben gemacht und die Beziehung zum Angeklagten trotz der angegebenen zahlreichen sexuellen Übergriffe über Jahre hinaus aufrecht-
erhalten hatte. Nach Ansicht des [X.] stand der Glaubwürdigkeit der 12
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Geschädigten nicht entgegen, dass der Sachverständige A.

festgestellt hat-n-dung mit hyperthymen, haltschwachen, dysthymen, [X.] sowie [X.] vorhanden sind, welche unter Stress auftreten und dazu führen, Gegenüber eine schnelle Lösung anbiete, um selbst der Stresssituation zu [X.], dass die Geschädigte den Angeklagten falsch belastete.

III.

1. Die auf § 244 Abs. 3 bis 6 StPO gestützte Verfahrensrüge ist aus den
im Antrag
des Generalbundesanwalts ausgeführten Gründen jedenfalls unbe-gründet.
2. Die auf die Sachrüge
veranlasste Nachprüfung des Urteils im Hinblick auf Schuld-
und Strafausspruch deckt keinen
den Angeklagten beschwerenden
Rechtsfehler auf.
Die Zuordnung der Gesamtstrafen zum Schuldspruch lässt sich dem Ur-teil in seiner Gesamtheit ausreichend entnehmen.

IV.

Bezüglich der gemäß § 66 Abs. 2 StGB angeordneten Sicherungsver-wahrung hat die [X.] die Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts vom 4. Mai 2011 -
2 BvR 2365/09
-, wonach die Vorschriften über die 15
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Sicherungsverwahrung derzeit wegen Verstoßes gegen
Art.
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Abs.
2 Satz
2 GG und Art. 104 Abs. 1 GG verfassungswidrig sind und vorläufig nur unter einge-schränkten Voraussetzungen bis zum 31. Mai 2013 weiter gelten ([X.] 128,
326
=
NJW 2011,
1931
=
NStZ 2011, 450), gesehen und ihrer Entschei-dung zu Grunde gelegt. Nach derzeit fortgeltendem Recht liegt die Anordnung von Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB im pflichtgemäßen Er-messen des Tatrichters. Die sich hieraus für das [X.] ergebenden Grenzen sind nicht überschritten. Die Entscheidung des Tatrichters ist nur der eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr.; [X.], Beschluss vom 4. August 2009 -
1 [X.], [X.]R StGB § 66 Abs. 2 Ermessensausübung 1) und hat daher Bestand.
Es ist insoweit unschädlich, dass der Tatrichter die Übergangsregelung des Art. 316 e Abs. 1 [X.] nicht bedacht hat.
[X.] Graf

Jäger

[X.]

Meta

1 StR 267/12

04.12.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2012, Az. 1 StR 267/12 (REWIS RS 2012, 788)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 788

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2 BvR 2365/09

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