Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. 2 StR 59/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 7898

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:200716U2STR59.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 59/16
vom
20. Juli
2016
in der Strafsache
gegen

wegen
Vergewaltigung

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 20.
Juli
2016, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,

[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
[X.]in am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.] am Bundesgerichtshof
Zeng,

Oberstaatsanwältin
beim Bundesgerichtshof

als Vertreterin
der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger
des Angeklagten,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2015 mit den [X.].
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das [X.] hat Erfolg.
I.
1. Nach den Feststellungen des [X.] lernte der Angeklagte, der aus [X.] stammt, die Geschädigte, die ebenfalls [X.]nerin ist, im Februar oder März 2014 durch die Zeugen A.

und Y.

kennen. Anschließend
hielten sie über [X.] miteinander Kontakt. Am 26.
November 2014 reiste der Angeklagte auf ihre Anregung zu der Geschädigten. In ihrer Unter-1
2
-
4
-
kunft bereitete sie ihm ein Essen. Nachdem er gegessen hatte, äußerte er den Wunsch, den Geschlechtsverkehr auszuüben. Dies lehnte die
Geschädigte ab. Darauf packte der Angeklagte sie am Arm, zog sie aufs Bett, hielt sie mit einer Hand fest und zog ihr mit der anderen Hand die Hose aus. Dann drang er in sie ein. Als er ihren Oberkörper auf das Bett drückte, riss ihr Top im V-Ausschnitt ein. Der Angeklagte führte den ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durch.
Danach band sich die Geschädigte einen Wickelrock um und verließ [X.]. Sie schloss die Zimmertür ab und rief im Treppenhaus mit ihrem Mobil-telefon die Polizei. Nach Eintreffen der Polizeibeamten zeigte sie auf den Ange-klagten und erklärte, er habe sie vergewaltigt. Der Angeklagte war überrascht und behauptete, es sei nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen. Die [X.] zog darauf ihren Rock hoch, griff zwischen ihre Beine und präsentierte den Beamten Reste von Sperma.
2. Der Angeklagte hat die Tatbegehung bestritten und behauptet, die Geschädigte habe sich ausgezogen, aufs Bett gelegt und ihn zum Geschlechts-verkehr verführt. Der Vergewaltigungsvorwurf treffe
nicht zu. Er habe sich mit dem Zeugen A.

zerstritten und dieser habe die Geschädigte zu einer
Racheaktion instrumentalisiert.
Das [X.] hat die Einlassung des Angeklagten für widerlegt erach-tet und ist den Zeugenaussagen der Geschädigten gefolgt. Besondere Beweis-bedeutung komme der Tatsache zu, dass ihr Top eingerissen gewesen sei und Zellspuren mit dem DNA-Muster des Angeklagten aufgewiesen habe. Mit der Einlassung, die Geschädigte habe sich vor dem Geschlechtsverkehr entkleidet, sei dies nicht vereinbar. Obwohl der Angeklagte nach Erstattung des Sachver-ständigengutachtens zur Spurenauswertung durch Unterbrechung der Haupt-3
4
5
-
5
-

einzurichten, hat er dem Gericht keine Erklärung dafür, wie seine DNA auf das Top der Zeugin Aj.

gelangt sein könne, aufgezeigt. Die Kammer vermag sich
die DNA-Spur des Angeklagten auf dem Top der Zeugin deshalb nur dadurch zu erklären, dass, wie die Zeugin ausgesagt hat, der Angeklagte das Top der Zeugin angefasst hat, als er ihren Oberkörper mit der Hand auf das Bett drück-

II.
Die Revision des Angeklagten ist mit der Sachrüge begründet. Die Be-weiswürdigung des [X.] ist lückenhaft.
Es geht um einen Fall, in dem in der entscheidenden Frage, ob der Ge-schlechtsverkehr des Angeklagten mit der Nebenklägerin einvernehmlich erfolg-te, wie es der Angeklagte behauptet, oder vom Angeklagten erzwungen wurde, wie es die Geschädigte darstellt, letztlich Aussage gegen Aussage steht. [X.] hat die Geschädigte nach Ansicht des [X.] teilweise falsche An-gaben gemacht, welche sich allerdings auf Umstände zu ihrem ungesicherten Aufenthaltsstatus beziehen. In einem solchen Fall ist eine besonders sorgfältige Gesamtwürdigung aller Umstände durch das Tatgericht erforderlich (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Februar 2014

1 StR 700/13). Seine Urteilsgründe müssen genau erkennen lassen, dass es alle Umstände, welche die Entscheidung be-einflussen können, in seine Überlegungen einbezogen hat. Hierbei sind das Gewicht und Zusammenspiel der einzelnen Indizien zusammenfassend zu [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 19.
November 2008

2 [X.]). Dies hat die [X.] nicht ausreichend beachtet.
Die Annahme, die Antragung der Zellspur mit DNA vom Angeklagten sei nur dadurch erklärbar, dass sie beim Niederdrücken der zunächst bekleideten 6
7
8
-
6
-
Geschädigten durch den Angeklagten an das Top gelangt sei, lässt eine konk-ret in Betracht kommende Alternative unberücksichtigt. Die Geschädigte prä-sentierte den Polizeibeamten unmittelbar nach deren Eintreffen Spermaspuren und hatte dadurch selbst Zellmaterial, das vom Angeklagten stammte, an der Hand. Nach ihrer Zeugenaussage in der Hauptverhandlung hatte sie das Top p noch während des poli-zeilichen Einsatzes ausgezogen und hingeworfen. Die Beamten hätten jedoch nahe liegende Möglichkeit, dass die Geschädigte das Zellmaterial vom Ange-klagten an dem Kleidungsstück angetragen hat. Mit dieser Alternative hätte sich das [X.] auseinandersetzen müssen. Die Urteilsgründe lassen [X.], dass dies nicht geschehen ist. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das Urteil darauf beruht.
Fischer

[X.] Eschelbach

[X.] Zeng

Meta

2 StR 59/16

20.07.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. 2 StR 59/16 (REWIS RS 2016, 7898)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7898

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 59/16 (Bundesgerichtshof)

Vergewaltigung: Beweiswürdigung bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellation


1 StR 648/11 (Bundesgerichtshof)


08 KLs 44/19 (Landgericht Paderborn)


2 StR 283/23 (Bundesgerichtshof)


1 StR 648/11 (Bundesgerichtshof)

Notwendige Feststellungen im Strafurteil: Ausschöpfen des Unrechtsgehalts der angeklagten Tat


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 59/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.