Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2008, Az. III ZR 121/08

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 987

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 121/08 Verkündet am: 6. November 2008 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2008 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 29. Februar 2008 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Juli 2007 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin beteiligte sich im Jahre 2003 an einer sogenannten "Schenkbörse", die ähnlich wie im Senatsurteil vom 13. März 2008 ([X.] = NJW 2008, 1942) beschrieben organisiert war. Am 27. Juni 2003 übergab sie - auf der Geberposition stehend - an den Beklagten, der in der "[X.]" auf der Empfängerposition eingetragen war, einen Betrag von 5.000 •. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie die Rückerstattung dieser Zu-wendung. 1 - 3 - Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass nicht er, sondern seine Mutter Empfängerin der Leistung gewesen sei. Seine Eintragung in die [X.] sei ohne sein Wissen vorgenommen worden. Das Geld habe er auf Bitten seiner Mutter entgegengenommen, die wegen eines gegen sie geführten Insolvenzver-fahrens nicht habe in Erscheinung treten wollen. 2 Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung an die Klägerin verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Kla-ge abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter. 3 Entscheidungsgründe Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des amtsge-richtlichen Urteils. 4 Der Beklagte ist aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB - Leistungskondiktion) zur Rückgewähr der geleisteten "Schenkung" an die Klägerin verpflichtet. 5 1. Der Beklagte selbst - und nicht etwa seine Mutter - war hier Empfänger der von der Klägerin erbrachten Leistung gewesen. 6 a) Für die Ermittlung des Leistungsempfängers kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also zunächst darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist 7 - 4 - nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] eine objektive Be-trachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten. Es kommt darauf an, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwen-dung nach [X.] und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte (Senatsurteil vom 21. Oktober 2004 - [X.]/04 = NJW 2005, 60 f m.w.N.). b) Beide Vorinstanzen haben unter Beachtung dieser Grundsätze in [X.] nicht angreifbarer tatrichterlicher Würdigung hier eine Empfän-gereigenschaft des Beklagten bejaht. Diesem war - wie er selbst einräumt - [X.] bekannt, dass seine Mutter bei der Veranstaltung vom 27. Juni 2003 nach außen nicht als Empfängerin in Erscheinung treten wollte. Die jeweiligen Geber, darunter auch die Klägerin, haben den Beklagten als denjenigen ange-sehen, den sie "beschenken" wollten. Dies ergab sich objektiv auch aus der "[X.]", unabhängig davon, ob diese dem Beklagten bekannt war. Bei [X.] Betrachtungsweise musste daher dem Beklagten nach den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen klar sein, dass die Geldbeträge nach ihrer Zweckbestimmung zunächst ihm selbst zufließen sollten, wobei unerheblich ist, wie er selbst sie später verwendete, insbesondere, dass er sie an seine Mutter weiterleitete. 8 c) Auf die von der Revisionserwiderung angesprochenen insolvenzrecht-lichen Fragen kommt es angesichts dieser objektiven Sachlage nicht an. Die weiteren von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO). 9 - 5 - 2. Diese Zuwendung war wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig. Bei den Schenkkreisen handelt es sich um ein Schneeballsystem, welches darauf angelegt ist, dass die ersten Mitglieder einen (meist) sicheren Gewinn erzielen, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitglieder mehr geworben werden können. Dies verstößt - wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist - gegen die guten Sitten (vgl. insbe-sondere Senatsurteile vom 10. November 2005 - [X.] = NJW 2006, 45, 46 Rn. 9 und vom 13. März 2008 - [X.] = NJW 2008, 1942 Rn. 6; [X.] m.w.N.). Dieser Verstoß gegen die guten Sitten fällt sowohl der Klägerin als der Leistenden als auch dem Beklagten als dem Empfänger zur Last. 10 3. Dies verkennt vom rechtlichen Ansatzpunkt her auch das Berufungsge-richt nicht. Es meint jedoch, der hierauf gestützte Bereicherungsanspruch schei-tere an § 817 Satz 2 BGB. Darin vermag der Senat ihm nicht zu folgen. Der [X.] hat vielmehr - nach Erlass des hier in Rede stehenden Berufungsurteils - entschieden, dass die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB nicht nur bei [X.] entfällt, die sich gegen die Initiatoren eines "Schenkkreises" richten, sondern allgemein bei allen Zuwendungen im Rahmen derartiger Kreise, ohne dass es auf eine einzelfallbezogene Prüfung der Ge-schäftsgewandtheit und Erfahrenheit des betroffenen Gebers oder Empfängers ankommt (Senatsurteil vom 13. März 2008 aaO Rn. 10). An diesem Grundsatz ist - auch bei voller Würdigung der gegenteiligen Argumentation des Landge-richts und der Revisionserwiderung - festzuhalten. Die generelle Rückforder-barkeit der geleisteten Zuwendungen hat nach Einschätzung des Senats eine "generalpräventive" Funktion, die geeignet ist, diesem sozialschädlichen Trei-ben entgegenzuwirken. 11 - 6 - 4. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Bereicherung bei ihm weggefallen sei, weil er die empfangenen Zuwendungen an seine Mutter weitergeleitet habe. Vielmehr gilt insoweit § 819 Abs. 2 BGB, wonach der [X.] bereits vom Empfang der Leistung an verschärft haftet, wenn er durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt. Die [X.] gemäß § 819 Abs. 2 BGB setzt das Be-wusstsein des Empfängers von der Rechts- oder Sittenwidrigkeit voraus (MünchKommBGB/[X.], 4. Aufl. 2004 § 819 Rn. 14 m.w.N. in [X.]. 32). Dieses Bewusstsein haben beide Vorinstanzen bei dem Beklagten in [X.] tatrichterlicher Würdigung festgestellt. Dem Beklagten war entweder positiv [X.], dass es sich bei dem "Schenkkreis" um ein [X.] Schneeballsys-tem gehandelt hat, oder er hat sich dieser Erkenntnis in einer Weise verschlos-sen, die es ihm nach [X.] und Glauben verwehrt, sich nunmehr auf ein fehlen-des Bewusstsein zu berufen. Auch die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten hat der Senat geprüft und für nicht durchgrei-fend erachtet (§ 564 ZPO). 12 - 7 - 5. Der Beklagte ist nach alledem mit Recht zur Rückzahlung an die Klägerin verurteilt worden; das verurteilende Erkenntnis des Amtsgerichts war unter [X.] des klageabweisenden Berufungsurteils wiederherzustellen. 13 [X.] [X.] Herrmann

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 27.07.2007 - 92 C 1507/07-12- - [X.], Entscheidung vom 29.02.2008 - 3 S 67/07 -

Meta

III ZR 121/08

06.11.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2008, Az. III ZR 121/08 (REWIS RS 2008, 987)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 987

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