Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2011, Az. 2 AZR 388/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 3501

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Gegenstand

Ersatzmitglied des Betriebsrats - besonderer Kündigungsschutz


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. April 2010 - 16 [X.]/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die [X.]irksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt in [X.] die Verwaltung, den Neubau, die Sanierung und den Verkauf von Immobilien. Sie beschäftigt etwa 100 Arbeitnehmer. Der 1958 geborene Kläger war bei ihr seit dem 1. Juli 1997 als sog. Kleininstandhalter und Außendiensttechniker tätig.

3

Bei der Beklagten ist ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt. Der Kläger war zuletzt erstes Ersatzmitglied. Am 10. März 2009 wurde er zu einer Betriebsratssitzung herangezogen.

4

Zu den Arbeitsaufgaben des [X.] gehörte es, Immobilien im Stadtgebiet aufzusuchen, um dort ggf. Abnahmen durchzuführen, Gespräche mit Handwerkern zu führen und sonstige Arbeiten zu erledigen. Die erforderlichen Fahrten führte er mit seinem privaten Pkw durch. Zum Nachweis hatte er ein Fahrtenbuch zu führen. Die Beklagte erstattete ihm für jeden dienstlich gefahrenen Kilometer 0,30 Euro.

5

Die betriebliche Arbeitszeitregelung sieht eine Kernarbeitszeit von 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr vor. Ab 6:00 Uhr können Arbeitszeiten erfasst werden.

6

Am 3. Februar 2009 beauftragte die Beklagte wegen - aus ihrer Sicht - auffallend hoher Kilometerabrechnungen eine Detektei mit der Beobachtung der Außendiensttätigkeit des [X.]. Die Detektei nahm an vier Tagen Ende Februar 2009 und in der [X.] vom 15. bis 20. März 2009 Observationen vor. Hierfür stellte sie der Beklagten einen Betrag von rund 26.000,00 Euro in Rechnung. Das Fahrtenbuch für März 2009 legte der Kläger am 3. April 2009 vor. Am 6. April 2009 glich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die dortigen Eintragungen mit den Feststellungen der Detektei ab. Daraus ging hervor, dass der Kläger für zwei Tage im Februar und drei Tage im März 2009 [X.] eingetragen hatte, die er nicht angefahren hatte. Außerdem ergab sich, dass er an manchen Tagen während der Arbeitszeit private Angelegenheiten verrichtet hatte, im Einzelfall bis zu 20 Minuten.

7

Am 7. April 2009 wurde die Beklagte in Person ihres Geschäftsführers über das Ergebnis der Beobachtung und des Abgleichs unterrichtet. Mit Schreiben vom selben Tag hörte sie den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des [X.] an. Am 14. April 2009 beschloss der Betriebsrat durch seine ordentlichen Mitglieder, „die Zustimmung“ zur Kündigung zu verweigern. Er war - anders als die Beklagte - der Auffassung, dem Kläger stehe aufgrund früheren Nachrückens in das Gremium der Sonderkündigungsschutz nach § 103 BetrVG zu.

8

Ebenfalls am 7. April 2009 hörte die Beklagte den Kläger zum Ergebnis ihrer Ermittlungen an. Zugleich stellte sie ihn von der Arbeitsleistung frei und erteilte ihm Hausverbot. Mit Schreiben vom 14. April 2009 räumte der Kläger ein, an zwei Tagen kurzzeitig während der Arbeitszeit private Dinge erledigt zu haben. Einen vorsätzlichen Spesenbetrug bestritt er.

9

Am 14. April 2009 bewilligte die Beklagte einem ordentlichen Betriebsratsmitglied Erholungsurlaub für den 15. und den 20. April 2009.

Mit Schreiben vom 15. April 2009, das dem Kläger um 10:00 Uhr desselben Tags durch Boten zugestellt wurde, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien unter dem Gesichtspunkt einer Tatkündigung außerordentlich fristlos. Um 16:00 Uhr des Tags nahm das beurlaubte Betriebsratsmitglied - nach telefonischer Abstimmung mit der Betriebsratsvorsitzenden - trotz Urlaubs an einem Beratungsgespräch in einer Rechtsanwaltskanzlei teil. Das Gespräch diente der Abstimmung des weiteren Vorgehens im Fall des [X.].

Mit Schreiben vom 21. und 22. April 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut jeweils fristlos, diesmal unter dem Gesichtspunkt des Verdachts. Daneben beantragte sie vorsorglich beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer noch auszusprechenden fristlosen Kündigung. Hierüber werden getrennte Verfahren geführt, die derzeit ausgesetzt sind.

Der Kläger hat gegen die Kündigung vom 15. April 2009 rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, er habe seine Arbeitspflichten jedenfalls nicht schwerwiegend verletzt. Im Übrigen sei die Kündigung schon deshalb unwirksam, weil sie ohne die nach § 103 Abs. 1 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats erfolgt sei. Ihm habe bei Zugang der Kündigung Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] zugestanden. Er sei am Morgen des 15. April 2009 für das urlaubsbedingt verhinderte ordentliche Mitglied in den Betriebsrat nachgerückt. Der Annahme eines Verhinderungsfalls stehe nicht entgegen, dass dieses Mitglied am Nachmittag des [X.] einen auswärtigen Beratungstermin wahrgenommen habe. Für eine Verhinderung des ordentlichen Mitglieds jedenfalls bis zum Beginn des Beratungstermins spreche auch die - unstreitige - Hinzuziehung eines anderen Ersatzmitglieds zu einer um die Mittagszeit des 15. April 2009 durchgeführten Betriebsratssitzung, an der teilzunehmen er selbst wegen eigener Betroffenheit verhindert gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten vom 15. April 2009 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, widerklagend,

        

den Kläger zu verurteilen, an sie 26.032,38 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB liege vor. Der Kläger habe einen vorsätzlichen Arbeitszeit- und Spesenbetrug begangen. Damit sei die Kündigung auch unter Berücksichtigung eines ihm aufgrund der Betriebsratstätigkeit vom 10. März 2009 zustehenden nachwirkenden Kündigungsschutzes gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.] wirksam. Besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] könne der Kläger dagegen nicht beanspruchen. Im Kündigungszeitpunkt habe mangels Verhinderung des ordentlichen Betriebsratsmitglieds kein Fall der Stellvertretung vorgelegen. Das ordentliche Betriebsratsmitglied habe sich während seines Urlaubs am Ort des [X.] aufgehalten. Das indiziere die Bereitschaft, Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen. Zudem habe das Mitglied der Betriebsratsvorsitzenden am Vortag zugesagt, trotz seines Urlaubs für Betriebsratstätigkeiten zur Verfügung zu stehen. Unabhängig davon habe ein Kündigungsschutz für den Kläger frühestens mit Beginn der Kernarbeitszeit eingesetzt; das [X.] habe aber bereits um 8:30 Uhr ihren Machtbereich verlassen. Der Kläger habe überdies Betriebsratsaufgaben nicht wahrgenommen. Auch sei er durch die Freistellung und das Hausverbot selbst an der Ausübung des Betriebsratsamts verhindert gewesen. Im Übrigen sei es ihm nach [X.] und Glauben verwehrt, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen. Er habe sich diesen im kollusiven Zusammenwirken mit dem ordentlichen Betriebsratsmitglied verschafft. [X.]as die mit der [X.]iderklage geltend gemachten Detektivkosten angehe, so sei die Beauftragung einer Detektei zur Aufklärung des Verdachts auf erhebliche Pflichtverletzungen seitens des [X.] erforderlich gewesen.

Der Kläger hat beantragt, die [X.]iderklage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Teilurteil stattgegeben. Über die [X.]iderklage hat es nicht entschieden. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision der Beklagten ist unbegründet. [X.]as Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung vom 15. April 2009 nicht aufgelöst worden. [X.]ie Kündigung ist, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] iVm. § 103 Abs. 1 [X.] unwirksam, da sie ohne die erforderliche Zustimmung des [X.] erklärt worden ist.

I. [X.]as Zustimmungserfordernis ergibt sich nicht schon aus der [X.]tätigkeit des [X.] vom 10. März 2009. [X.]er Verhinderungsfall, der dieser Tätigkeit zugrunde lag, bestand im Kündigungszeitpunkt unstreitig nicht mehr. [X.]er Kläger konnte sich wegen seiner früheren [X.]tätigkeit demzufolge nur auf den nachwirkenden Kündigungsschutz aus § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.] berufen, ohne dass es zudem einer Zustimmung des [X.] bedurft hätte (vgl. [X.] 18. Mai 2006 - 6 [X.] - Rn. 22 mwN, [X.] 1969 § 15 Nr. 2 = EzA ArbGG 1979 § 69 Nr. 5; 12. Februar 2004 - 2 [X.] - Rn. 14 mwN, [X.] 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 1 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 56).

II. [X.]ie Zustimmung des [X.] zur Kündigung war deshalb notwendig, weil der Kläger am 15. April 2009 mit Beginn dieses Arbeitstags für das urlaubsbedingt verhinderte [X.]mitglied erneut in den Betriebsrat nachgerückt war. Ihm stand damit im Kündigungszeitpunkt der besondere Kündigungsschutz aus § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu.

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die Kündigung eines Mitglieds des [X.] unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 [X.] erforderliche Zustimmung des [X.] vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist.

2. [X.]ieser besondere Kündigungsschutz gilt auch für Ersatzmitglieder, soweit und solange sie ein verhindertes ordentliches Ersatzmitglied im Betriebsrat vertreten.

a) Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] rückt ein Ersatzmitglied in den Betriebsrat nach, sofern ein ordentliches Mitglied aus diesem ausscheidet. [X.]as gilt nach § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] entsprechend für die [X.]auer der Stellvertretung eines zeitweilig verhinderten ordentlichen Mitglieds.

b) Eine zeitweilige Verhinderung in diesem Sinne liegt vor, wenn ein [X.]mitglied aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, sein Amt auszuüben ([X.] 23. August 1984 - 2 [X.] - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 46, 258). [X.]iese Voraussetzung ist während des Erholungsurlaubs eines [X.]mitglieds jedenfalls dann erfüllt, wenn es nicht zuvor seine Bereitschaft angezeigt hat, trotz des Urlaubs für [X.]tätigkeiten zur Verfügung zu stehen.

aa) [X.]ie Frage, ob die Gewährung von Erholungsurlaub stets zu einer Verhinderung iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] führt, wird unterschiedlich beantwortet.

(1) [X.]as [X.] hat sich mit der Problematik vornehmlich aus der Sicht des beurlaubten [X.]mitglieds befasst. Zur urlaubsrechtlichen Behandlung freigestellter [X.]mitglieder hat es ausgeführt, die Gewährung von Erholungsurlaub bewirke, dass das [X.]mitglied von seiner betriebsverfassungsrechtlichen Amtstätigkeit suspendiert werde. [X.]araus folge, dass Urlaub ein Verhinderungsgrund für die Teilnahme an [X.]sitzungen iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] sei ([X.] 20. August 2002 - 9 [X.] - zu I 1 der Gründe, [X.]E 102, 251). In einer älteren Entscheidung ([X.] 24. Juni 1969 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] § 39 Nr. 8 = EzA [X.] § 39 Nr. 3) ging es um die Frage, ob einem ordentlichen [X.]mitglied Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten für die Anreise zu einer [X.]sitzung zustand, an der es während seines Urlaubs teilgenommen hatte. In diesem Zusammenhang hat das [X.] entschieden, das [X.]mitglied sei zwar wegen seiner urlaubsbedingten Verhinderung nicht verpflichtet gewesen, an der [X.]sitzung teilzunehmen, sei dazu aber berechtigt gewesen.

(2) Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, die Gewährung von Erholungsurlaub begründe nicht in jedem Fall eine Verhinderung iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] ([X.]KK/[X.] [X.] 12. Aufl. § 25 Rn. 17; Fitting [X.] 25. Aufl. § 25 Rn. 21; Stege/[X.]/[X.] 9. Aufl. § 25 Rn. 4; [X.]/Wlotzke [X.] 4. Aufl. § 25 Rn. 10; [X.] 1983, 177, 179; [X.] NZA 2000, 576, 579). Insbesondere dann, wenn sich das [X.]mitglied während des Urlaubs in der Nähe des [X.] aufhalte, müsse im Rahmen einer Einzelfallbewertung geklärt werden, ob die mit der Urlaubsgewährung verbundene Freistellung von der Arbeitspflicht eine zeitweilige Verhinderung bewirke. Von einer tatsächlichen Verhinderung sei auszugehen, wenn die Amtsausübung dem [X.]mitglied persönlich unzumutbar sei ([X.]/[X.] 2. Aufl. § 25 [X.] Rn. 8; Fitting [X.] 25. Aufl. § 25 Rn. 21; ähnlich wohl [X.] in: Schwarze/[X.]/[X.] [X.] § 15 Rn. 27).

(3) Ein anderer Teil der Lehre (GK-[X.]/[X.] 9. Aufl. § 25 Rn. 17) und mit ihm einige Instanzgerichte ([X.] 9. April 2001 - 7 [X.]/01 -; [X.] 13. [X.]ezember 1978 - 1 [X.]/78 - [X.] 1979, 132; für das Personalvertretungsrecht: [X.] 28. August 1986 - 2 PVB 3/86 - [X.] 87, 55) gehen davon aus, Erholungsurlaub begründe stets eine objektive rechtliche Verhinderung an der Wahrnehmung der [X.]tätigkeit. [X.]em ist das [X.] im angefochtenen Berufungsurteil mit der Einschränkung gefolgt, eine Verhinderung bestehe jedenfalls so lange, bis das beurlaubte [X.]mitglied seine Bereitschaft zur Wahrnehmung von [X.]aufgaben positiv anzeige.

bb) [X.]er Senat schließt sich im Ergebnis den Ausführungen des [X.]s an. Wird einem [X.]mitglied Erholungsurlaub bewilligt, führt dies nicht nur zum Ruhen seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung, sondern zugleich zur Suspendierung seiner Amtspflichten. [X.]em [X.]mitglied wird zwar aufgrund des Erholungsurlaubs die Verrichtung seiner Amtspflichten nicht ohne Weiteres objektiv unmöglich, grundsätzlich aber unzumutbar. [X.]as beurlaubte [X.]mitglied gilt zumindest so lange als zeitweilig verhindert, bis es seine Bereitschaft, gleichwohl [X.]tätigkeiten zu verrichten, positiv anzeigt.

(1) Zwar handelt es sich bei der Erfüllung von [X.]aufgaben um die Wahrnehmung eines Ehrenamts (§ 37 Abs. 1 [X.]) und nicht um eine dem [X.] entgegenstehende Erwerbstätigkeit iSv. § 8 BUrlG. Es widerspräche aber dem auf Erholung ausgerichteten Sinn der Befreiung von der Arbeitspflicht, nicht zugleich von der [X.]tätigkeit befreit zu sein. [X.]ie Wahrnehmung des [X.] während des Urlaubs ist dem [X.]mitglied deshalb, auch wenn sie objektiv möglich sein sollte, typischerweise unzumutbar. [X.]ie Rechtslage ist der bei der Elternzeit, für die das [X.] angenommen hat, sie führe nicht zwingend zu einer Verhinderung iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] (vgl. [X.] 25. Mai 2005 - 7 [X.] - Rn. 17, [X.] 1972 § 24 Nr. 13 = EzA [X.] 2001 § 40 Nr. 9), schon deshalb nicht vergleichbar, weil der Arbeitnehmer während der Elternzeit sogar die Möglichkeit hat, einer gewerblichen Tätigkeit - in Teilzeit - nachzugehen.

Auch bei der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit kann es Fälle geben, in denen die Erkrankung den Arbeitnehmer zwar außerstande setzt, seine Arbeitspflichten zu erfüllen, nicht aber sein [X.]amt wahrzunehmen ([X.] 15. November 1984 - 2 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 47, 201).

(2) Zudem sprechen Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit dafür, dass mit der Urlaubsgewährung regelmäßig eine Suspendierung der Pflicht zur Wahrnehmung des [X.] einhergeht. Hinge die Beurteilung, ob einem [X.]mitglied während des Urlaubs eine [X.]tätigkeit persönlich zumutbar ist oder nicht, von den Umständen des Einzelfalls ab, würde dies die Feststellung einer Verhinderung erheblich erschweren. [X.]ies wiederum würde zum einen die Funktionsfähigkeit des [X.] beeinträchtigen. Zum anderen wären [X.], die in Abwesenheit eines beurlaubten [X.]mitglieds gefasst werden, mit einem nicht unerheblichen Risiko der Unwirksamkeit behaftet. Eine Einzelfallbetrachtung liefe zudem darauf hinaus, Umstände zu erforschen, die der privaten Urlaubsgestaltung und damit dem engsten persönlichen Lebensbereich des [X.]mitglieds zuzuordnen sind (vgl. HaKo-[X.]/[X.]üwell 3. Aufl. § 25 Rn. 9; [X.]/[X.] [X.] 12. Aufl. § 25 Rn. 15; [X.]/Wlotzke [X.] 4. Aufl. § 25 Rn. 10). Es bedarf deshalb einfacher, klarer Kriterien für die Feststellung einer zeitweiligen Verhinderung. [X.]iesem Verlangen der Rechtssicherheit ist am ehesten Genüge getan, wenn die Urlaubsgewährung grundsätzlich zur Verhinderung des [X.]mitglieds führt, es sei denn, dieses hätte seine Bereitschaft zur [X.]tätigkeit positiv, ggf. konkludent angezeigt. Solange eine solche - positive - Anzeige nicht vorliegt, ist das beurlaubte [X.]mitglied iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] als verhindert anzusehen (im Ergebnis ebenso HaKo-[X.]/[X.]üwell 3. Aufl. § 25 Rn. 9).

c) [X.]as Ersatzmitglied erwirbt den Sonderkündigungsschutzschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die [X.]auer der Verhinderung des [X.]mitglieds. [X.]er Schutz hängt nicht davon ab, dass das Ersatzmitglied während der Vertretungszeit tatsächlich [X.]aufgaben erledigt. Er setzt im Urlaubsfall regelmäßig mit dem üblichen Arbeitsbeginn am ersten Urlaubstag des verhinderten [X.]mitglieds ein.

aa) Ersatzmitglieder vertreten ordentliche Mitglieder des [X.] nicht nur in einzelnen Amtsgeschäften, wie etwa in der Teilnahme an [X.]sitzungen. Sie rücken vielmehr gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] für die [X.]auer der Verhinderung eines [X.]mitglieds in den Betriebsrat nach (vgl. [X.] 5. September 1986 - 7 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 53, 23; 17. Januar 1979 - 5 [X.] 891/77 - zu 2 a der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 5 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 21). [X.]er Eintritt des [X.] vollzieht sich automatisch mit Beginn des [X.]. Er hängt nicht davon ab, dass die Verhinderung des ordentlichen Mitglieds dem Ersatzmitglied bekannt ist ([X.] 5. September 1986 - 7 [X.] - aaO).

(1) [X.]ie zeitweilige Verhinderung des ordentlichen Mitglieds erfasst die Wahrnehmung des [X.] als solches. [X.]er während dieser [X.] gewährleistete - volle - Sonderkündigungsschutz des [X.] ist dementsprechend nicht auf [X.]en beschränkt, in denen es konkrete [X.]tätigkeit entfaltet. [X.]er besondere Schutz steht ihm selbst dann zu, wenn während der Vertretungszeit keine [X.]tätigkeit anfällt ([X.] 5. September 1986 - 7 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 53, 23; 17. Januar 1979 - 5 [X.] 891/77 - zu 2 der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 5 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 21). Es genügt die Möglichkeit, dass dem Ersatzmitglied [X.]aufgaben zufallen könnten (so auch [X.]/[X.] 11. Aufl. § 25 [X.] Rn. 8; Fitting [X.] 25. Aufl. § 25 Rn. 9; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 15 Rn. 38; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 103 [X.] Rn. 48; MünchKommBGB/[X.] 5. Aufl. § 15 [X.] Rn. 32; [X.]/Wlotzke [X.] 4. Aufl. § 25 Rn. 23; [X.] NZA 2000, 576, 578).

(2) [X.]ie gegenteilige Auffassung, die den besonderen Kündigungsschutz für Ersatzmitglieder auch während einer Vertretung davon abhängig macht, dass das Ersatzmitglied in irgendeiner Form [X.]aufgaben wahrgenommen hat (so [X.]/[X.]/[X.]örner § 15 [X.] Rn. 20; [X.] in Schwarze/[X.]/ [X.] [X.] § 15 Rn. 28; [X.]/Spinner [X.] 9. Aufl. § 15 Rn. 31; vermittelnd [X.] [X.]. EzA [X.] § 15 nF Nr. 36: kein Kündigungsschutz bei Vertretungszeiten ohne Amtstätigkeit bis zu drei Tagen), wird dem Zweck der Vertretungsregelung und dem durch sie vermittelten besonderen Kündigungsschutz nicht hinreichend gerecht.

(a) [X.]as Nachrücken des [X.] während der zeitweiligen Verhinderung eines ordentlichen [X.]mitglieds soll im Interesse einer möglichst wirksamen Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Befugnisse eine stets vollzählige und dem Wählerwillen entsprechende Besetzung des [X.] sicherstellen. Es soll nicht nur die Möglichkeit einer wirksamen Beschlussfassung nach § 33 Abs. 2 [X.] gewährleisten. Vielmehr sollen selbst kurze Unterbesetzungen vermieden werden ([X.] 6. September 1979 - 2 [X.] 548/77 - zu II 2 e der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 7 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 23; [X.]/[X.] 11. Aufl. § 25 [X.] Rn. 4).

(b) [X.]ie außerordentliche Kündigung eines [X.] während eines andauernden [X.] berührt damit kollektive Interessen des [X.] und der Belegschaft. Ihnen trägt das Zustimmungserfordernis in § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] iVm. § 103 Abs. 1 [X.] Rechnung. Sie verlangen nach einem nahtlosen Eintritt des Sonderkündigungsschutzes für das zeitweise nachgerückte Ersatzmitglied. Setzte der volle Sonderkündigungsschutz erst bei Verrichtung konkreter [X.]tätigkeit ein, bestünde die Gefahr, dass die Funktionsfähigkeit des [X.] beeinträchtigt wird. [X.]ies gilt insbesondere dann, wenn außer dem [X.] kein weiteres Ersatzmitglied zur Verfügung steht (ähnlich [X.] 9. November 1977 - 5 [X.] 175/76 - zu 1 b der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 3 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 13).

(c) [X.]er Gefahr eines Rechtsmissbrauchs auf Seiten des [X.] kann mit Hilfe von § 242 BGB sachgerecht begegnet werden. [X.]anach kann die Berufung auf den besonderen Kündigungsschutz im Einzelfall ausgeschlossen sein. [X.]avon ist etwa auszugehen, wenn ein Verhinderungsfall kollusiv zu dem Zweck herbeigeführt wurde, dem Ersatzmitglied den besonderen Kündigungsschutz zu verschaffen (vgl. [X.] 12. Februar 2004 - 2 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 1 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 56).

bb) [X.]em Urteil des [X.]s vom 12. Februar 2004 (- 2 [X.] - [X.] 1969 § 15 Ersatzmitglied Nr. 1 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 56) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. [X.]ie Entscheidung betrifft den nachwirkenden Kündigungsschutz eines [X.], dh. den Bestandsschutz nach Beendigung des konkreten [X.]. [X.]ie Auffassung des Senats, der Kündigungsschutz aus § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.] stehe dem Ersatzmitglied nur zu, wenn es während der [X.] der Stellvertretung tatsächlich [X.]tätigkeit entfaltet hat, beruht auf dem anderen Schutzzweck dieser Regelung. Ihr Zweck besteht darin, eine „Abkühlungsphase“ in der Beziehung von ehemaligem [X.]mitglied und Arbeitgeber zu gewährleisten und erst danach die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung wieder zu eröffnen. Hat das Ersatzmitglied während der [X.], in der es in den Betriebsrat nachgerückt war, keine konkreten [X.]aufgaben wahrgenommen, fehlt es an einer Situation, in der Konflikte mit dem Arbeitgeber hätten entstehen können; einer durch den nachwirkenden Kündigungsschutz herbeizuführenden „Abkühlung“ bedarf es dann nicht (vgl. auch [X.] 6. September 1979 - 2 [X.] 548/77 - zu II 2 e der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 7 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 23; [X.]/[X.] 11. Aufl. § 15 Rn. 13; [X.]/[X.] [X.] 12. Aufl. § 25 Rn. 31).

d) Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen im Streitfall die Voraussetzungen des besonderen Kündigungsschutzes aus § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] für den Kläger vor. [X.]ieser war bei Zugang der Kündigung Mitglied des [X.] iSv. § 15 Abs. 1 [X.], § 103 Abs. 1 [X.], § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.].

aa) [X.]er Kläger war für den 15. April 2009 nach § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] in den Betriebsrat nachgerückt. [X.]ie Beklagte hatte einem ordentlichen [X.]mitglied am 14. April 2009 für den 15. und den 20. April 2009 Erholungsurlaub bewilligt. [X.]amit war das ordentliche Mitglied an der Wahrnehmung seines [X.] am 15. April 2009 verhindert. [X.]as [X.] hat festgestellt, das Mitglied habe der [X.]vorsitzenden am 14. April 2009 nicht etwa eine Zusage gegeben, am nächsten Tag für [X.]tätigkeiten zur Verfügung zu stehen. Es habe auch nicht erklärt, sich für telefonische Rückfragen in [X.]angelegenheiten bereit zu halten. Mit dem Ziel der Abstimmung eines [X.] habe sodann der Betriebsrat am 15. April 2009 frühestens um 10:55 Uhr Kontakt mit dem beurlaubten Mitglied aufgenommen. An diese Feststellungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, ist der Senat gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO).

bb) [X.]er Sonderkündigungsschutz des [X.] begann am Morgen des 15. April 2009 spätestens um 6:00 Uhr. [X.]ies ist der [X.]punkt, zu dem das verhinderte [X.]mitglied nach den im Betrieb geltenden Arbeitszeitregelungen seine Arbeit aufnehmen konnte (für die Maßgeblichkeit dieses [X.]punkts vgl. [X.] 5. September 1986 - 7 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 53, 23; 6. September 1979 - 2 [X.] 548/77 - zu II 2 e der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 7 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 23). Bei Zugang der Kündigung gegen 10:00 Uhr hat demnach der Sonderkündigungsschutz für den Kläger schon bestanden. Selbst wenn man mit der Beklagten den Beginn der Kernarbeitszeit um 9:00 Uhr für maßgebend hielte, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Für die Beurteilung, ob dem Ersatzmitglied besonderer Kündigungsschutz zusteht, kommt es auf die Verhältnisse bei Zugang und nicht bei Abgabe der Kündigungserklärung an (statt vieler: [X.] in Schwarze/[X.]/[X.] [X.] § 15 Rn. 34).

cc) [X.]em Kündigungsschutz steht nicht entgegen, dass sich das beurlaubte [X.]mitglied noch am 15. April 2009 bereit erklärt hat, einen Termin bei dem den Betriebsrat beratenden Rechtsanwalt wahrzunehmen. Es ist schon fraglich, ob damit seine Verhinderung entfiel. Selbst wenn dies anzunehmen sein sollte, wäre damit für den Kläger nicht der nachträgliche Wegfall des zuvor erworbenen Kündigungsschutzes verbunden gewesen. [X.]er besondere Schutz aus § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] steht dem Ersatzmitglied unabhängig von der [X.]auer des [X.] und damit auch bei nur kurzzeitiger Verhinderung zu. [X.]ass sich die Kündigungsbeschränkung in solchen Fällen, zumal wenn es nicht zur Wahrnehmung von [X.]aufgaben durch das Ersatzmitglied gekommen ist, selten auswirken mag, steht dem nicht entgegen ([X.] 9. November 1977 - 5 [X.] 175/76 - zu 1 d der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 3 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 13; [X.] 1983, 177, 178; [X.] NZA 2000, 576, 578). Ob freilich überhaupt eine Verhinderung vorliegt, wenn der Ausfall eines ordentlichen [X.]mitglieds von vornherein allenfalls für wenige Stunden zu erwarten steht - etwa wegen eines kurzzeitigen [X.] - und der Betriebsrat sich darauf einstellen kann, braucht nicht entschieden zu werden. Im Fall des - und sei es wie hier nur eintägigen - Erholungsurlaubs ist eine Verhinderung gegeben, soweit sich das ordentliche [X.]mitglied nicht von vornherein zur Erledigung von [X.]tätigkeit bereit erklärt hat.

e) [X.]er Sonderkündigungsschutz scheitert nicht daran, dass der Kläger wegen seiner Freistellung und der Erteilung eines Hausverbots im maßgebenden [X.]punkt selbst iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 [X.] an einer Mitwirkung im Betriebsrat gehindert gewesen wäre.

aa) Bei der Freistellung des [X.] handelte es sich um eine einseitige Maßnahme der Beklagten, die die betriebsverfassungsrechtliche Position des [X.] unberührt ließ. Anders als beim Erholungsurlaub, der auf einen Freistellungswunsch des Arbeitnehmers zurückgeht, ist bei einseitiger Suspendierung der Arbeitspflicht durch den Arbeitgeber nicht zugleich von persönlicher Unzumutbarkeit der Wahrnehmung des [X.] auszugehen. [X.]er Umstand, dass im Streitfall der Kläger gegen die Freistellung keine rechtlichen Schritte unternommen hat, ändert hieran nichts.

bb) Ein vom Arbeitgeber ausgesprochenes Hausverbot lässt die Befugnis des Arbeitnehmers, das [X.]büro zum Zwecke der [X.]tätigkeit aufzusuchen, im Regelfall unberührt. [X.]a der Arbeitgeber Personen, die eine Funktion in der Betriebsverfassung wahrnehmen, zu denen auch Ersatzmitglieder zählen, nach § 78 Satz 1 [X.] bei ihrer Amtsausübung nicht behindern darf (vgl. Fitting [X.] 25. Aufl. § 78 Rn. 2; [X.]/[X.] [X.] 12. Aufl. § 78 Rn. 7), wäre das Verbot andernfalls grundsätzlich unwirksam. Im Einzelfall sind zwar Ausnahmen denkbar. Hier hat die Beklagte jedoch kein besonderes schutzwürdiges Interesse daran dargetan, dem Kläger den Zutritt zum Betrieb selbst zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben verweigern zu können.

cc) [X.]er Sonderkündigungsschutz wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass am 15. April 2009 im Betriebsrat Beschlüsse gefasst oder Gespräche in Bezug auf einen Gegenstand geführt wurden, von dem der Kläger möglicherweise selbst betroffen war. [X.]ies erfolgte in jedem Fall nach Zugang der Kündigung. Zwar steht einem Ersatzmitglied bei einer eigenen zeitweiligen Verhinderung der besondere Kündigungsschutz nur zu, wenn die [X.]auer dieser Verhinderung im Vergleich zur Gesamtdauer der Vertretungszeit verhältnismäßig gering ist ([X.] 6. September 1979 - 2 [X.] 548/77 - zu II 2 b bb der Gründe, [X.] 1969 § 15 Nr. 7 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 23). [X.]ies gilt aber nicht für die Verhinderung eines [X.], die auf eigener Betroffenheit beruht. In diesem Fall verbleibt stets die Möglichkeit, dass weitere [X.]aufgaben anfallen, an deren Erledigung das Ersatzmitglied nicht gehindert wäre.

[X.]. [X.]ie Beklagte hat die erforderliche Zustimmung des [X.] zur Kündigung des [X.] nicht eingeholt. [X.]ies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. [X.]em Kläger ist es nicht nach [X.] und Glauben verwehrt, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen. [X.]ie Würdigung des [X.]s, es fehle an hinreichenden Anhaltspunkten für einen Rechtsmissbrauch, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. [X.]as in § 242 BGB verankerte Prinzip von [X.] und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Einschränkungen sich daraus für die Ausübung einer erworbenen Rechtsposition ergeben, hängt von einer umfassenden Bewertung der gesamten [X.] ab. [X.]iese Bewertung vorzunehmen ist zunächst Sache des Tatrichters und in der Revisionsinstanz nur auf mögliche Rechtsfehler hin zu überprüfen ([X.] 8. Mai 2003 - VII ZR 216/02 - zu [X.] 2 der Gründe, NJW 2003, 2448).

2. Solche Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. [X.]as Berufungsgericht hat geprüft, ob das ordentliche [X.]mitglied den Urlaub für den 15. und 20. April 2009 zu dem Zweck beantragt haben könnte, dem Kläger den besonderen Kündigungsschutz zu verschaffen. Es hat dies auf der Grundlage des Ergebnisses der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme verneint. [X.]abei hat es durchaus die Kurzfristigkeit des erst am 14. April 2009 förmlich gestellten Urlaubsantrags in den Blick genommen. Es hat dieser deshalb kein entscheidendes Gewicht beigemessen, weil das ordentliche Mitglied seinen Urlaubswunsch für die beiden Tage, an deren Vorabenden Fußballländerspiele übertragen wurden, schon längere [X.] zuvor mündlich angebracht habe. [X.]ie Revision macht nicht geltend, das [X.] habe sonstige Gesichtspunkte, die für eine kollusive Herbeiführung des Kündigungsschutzes sprechen könnten, übersehen.

IV. [X.]ie Revision ist nicht deshalb begründet, weil das Arbeitsgericht über die Wirksamkeit der Kündigung nicht durch Teilurteil nach § 301 Abs. 1 ZPO hätte entscheiden dürfen.

1. Soweit die Vorinstanzen aus tatsächlichen Erwägungen von einer mangelnden Entscheidungsreife des Streits über die Widerklageforderung ausgegangen sind, ist dies revisionsrechtlich nicht zu überprüfen.

2. § 301 Abs. 1 ZPO setzt neben der Teilbarkeit des Streitgegenstands voraus, dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist; das Schlussurteil darf dem Teilurteil in keinem Fall widersprechen können ([X.] 23. März 2005 - 4 [X.] 243/04 - zu I der Gründe mwN, [X.]E 114, 194). Widersprüchlichkeit bestünde nicht erst im Fall eines [X.], sondern schon bei unterschiedlicher Beurteilung von [X.], auch wenn diese weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (vgl. [X.] 23. März 2005 - 4 [X.] 243/04 - aaO; [X.] 11. Mai 2011 - V[X.] ZR 42/10 - Rn. 13, NJW 2011, 2736; 19. November 2008 - V[X.] ZR 47/07 - Rn. 15, NJW-RR 2009, 494; 5. [X.]ezember 2000 - VI ZR 275/99 - zu II der Gründe, NJW 2001, 760; 27. Mai 1992 - IV ZR 42/91 - zu I 2 der Gründe mwN, NJW-RR 1992, 1053; Musielak ZPO 8. Aufl. § 301 Rn. 11). Ein Teilurteil kommt schon dann nicht in Betracht, wenn es eine Vorfrage entscheidet, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren noch einmal stellt. [X.]as gilt grundsätzlich auch im Verhältnis von Klage und Widerklage (vgl. [X.] 26. September 1996 - [X.] - NJW 1997, 453; 12. Januar 1994 - [X.] - zu 4 der Gründe, NJW-RR 1994, 379).

3. Nach der Begründung, auf die das Arbeitsgericht seine Entscheidung im Teilurteil gestützt und der sich das [X.] im Ergebnis angeschlossen hat, ist die Gefahr einer Widersprüchlichkeit nicht zu erkennen. Beide Vorinstanzen haben die Kündigung vom 15. April 2009 bereits aus den formellen Gründen des § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] für unwirksam erachtet. Aus ihrer Sicht kam es auf das Vorbringen der Beklagten zur materiell-rechtlichen Rechtfertigung der Kündigung, das teilweise zugleich ihre Widerklageforderung stützt, nicht an (zur möglichen Widersprüchlichkeit in einem solchen Fall vgl. [X.] in [X.]/[X.] ZPO 32. Aufl. § 301 Rn. 3). Zwar kann sich die Gefahr einer Widersprüchlichkeit auch aus der bloßen Möglichkeit abweichender Beurteilung im Rechtsmittelverfahren ergeben ([X.] 23. März 2005 - 4 [X.] 243/04 - zu I der Gründe, [X.]E 114, 194; [X.] 4. November 2002 - II ZR 287/01 - [X.]Report 2003, 284; aA wohl [X.]/[X.]/[X.]/[X.] ZPO 69. Aufl. § 301 Rn. 6). Ob im Streitfall von einer solchen Gefahr auszugehen war, kann offenbleiben. Wie aufgezeigt, sind die Ausführungen der Vorinstanzen zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 15. April 2009 revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. [X.]as schließt die Gefahr einer abweichenden Beurteilung für die Zukunft aus. Ein etwaiger Mangel des [X.] wäre damit jedenfalls geheilt.

V. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Niebler    

                 

Meta

2 AZR 388/10

08.09.2011

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wuppertal, 24. November 2009, Az: 7 Ca 1658/09, Teilurteil

§ 1 Abs 2 S 1 Alt 2 KSchG, § 15 Abs 1 S 1 KSchG, § 15 Abs 1 S 2 KSchG, § 25 Abs 1 S 2 BetrVG, § 103 Abs 1 BetrVG, § 242 BGB, § 301 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2011, Az. 2 AZR 388/10 (REWIS RS 2011, 3501)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3501


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 AZR 388/10

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 388/10, 08.09.2011.


Az. 7 Ca 1658/09

Arbeitsgericht Wuppertal, 7 Ca 1658/09, 24.11.2009.


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7 Ca 1658/09 (Arbeitsgericht Wuppertal)


Referenzen
Wird zitiert von

18 P 14 2564

4 TaBVGa 16/17

5 TaBV 5/19

13 Sa 1364/15

10 Sa 929/15

4 Sa 574/14

5 Sa 604/10

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