Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. I ZR 84/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14150

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I
[X.]R 84/14
Verkündet am:

12. März 2015

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.][X.]:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
[X.] § 4 Nr. 11; [X.] § 11 Abs. 1 Satz 1; StGB §§ 26 f., 28 Abs. 1, § 30 Abs.
1 StGB analog
a)
Die in §
11 Abs.
1 Satz
1 [X.] geregelten Tatbestände, die Kooperationen zwischen Inhabern von Erlaubnissen nach §
1 Abs.
2, §
14 Abs.
1, §
16 oder §
17 [X.] und dem Personal von Apotheken einerseits und Ärzten verbie-ten, sind Marktverhaltensregelungen im Sinne von §
4 Nr.
11 [X.], deren Verletzung geeignet ist, die Interessen der Verbraucher und Mitbewerber spürbar zu beeinträchtigen.
b)
An der Rechtsprechung, wonach eine täterschaftliche
Haftung desjenigen ausscheidet, der nicht selbst Adressat der dem [X.] nach §
4 Nr.
11 [X.] zugrundeliegenden Norm ist, und daher insoweit allein eine Teilnehmerhaftung in Betracht kommt, wird auch nach der Aufgabe der [X.] im [X.]recht festgehalten.
[X.], Urteil vom 12. März 2015 -
I [X.]R 84/14 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
[X.]ivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12.
März 2015 durch [X.] Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
[X.], Dr.
Kirchhoff, Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Schwonke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6.
[X.]ivilsenats des [X.] vom 20.
März 2014 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] Lahn
1.
Kammer für Handelssachen
vom 17.
De-zember 2012 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte strahlt in Arztpraxen unter der Bezeichnung "TV-Warte-zimmer" ein Programm auf Bildschirmen aus, die in [X.] angebracht sind.
Sie arbeitet dabei mit einem anderen Unternehmer zusammen, der die für die Ausstrahlung erforderlichen Verträge
mit den Ärzten
schließt.

1
-
3
-
Die Beklagte warb für ihr Programm "[X.]" mit einem vier Seiten umfassenden Faltprospekt (Anlage
K
1 zur Klageschrift) und in einem Internetauftritt (Anlage
K
2 zur Klageschrift) dafür, dass Apotheker bei ihr einen Sendeplatz für Werbung bei einem bestimmten Arzt buchten.
Auf der Vorderseite des Prospekts (Anlage
K
1) hieß es blickfangmäßig:
Werden SIE
beim Arzt empfohlen oder Ihr Wettbewerb?
Auf den beiden Innenseiten des Prospekts wurde zunächst beispielhaft ein "re-gionales Gesundheitsfenster" abgebildet und dabei auch eine Werbung einer fiktiven "[X.]" gezeigt. Das Werbeformat der Beklagten wurde im Weiteren wie folgt beschrieben:

[X.] bringt Informationen, Unterhaltung und moderne, optisch an-sprechende [X.] ins Wartezimmer. Der Arzt erhält ein hochwertiges Kommunikationsmittel, das seine Patienten umfassend über individuelle Praxis-leistungen und Präventionsmöglichkeiten informiert, das [X.] effektiv vorbereitet, seine Praxis und sein Team vorstellt und seine Pati-enten informiert.
Patienten verkürzen sich mit [X.] die "gefühlte" Wartezeit mit Tier-
und Naturfilmen, Magazinen, medizinischen Informationssendungen, Nachrich-ten, etc.
Eingebettet in dieses wertige und kurzweilige Programm beim Arzt "um die Ecke", senden wir ein regionales Gesundheitsfenster, welches ausgewählte Anbieter des regionalen Gesundheitsmarktes exklusiv empfiehlt. Das Angebot ist auch in Ihrer Region riesig und reicht von "A" wie Apotheke bis "[X.]" wie [X.]ahn-medizin. Es stehen allerdings insgesamt maximal acht Sendeplätze für acht Partner zur Verfügung und jede Branche ist [X.] vertreten!
Sichern Sie sich noch heute Ihre Branche!
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6.
Freuen! Sie werden exklusiv als Vertreter Ihrer Branche beim Arzt empfoh-len. Niemand kann Ihnen diesen Platz in der von Ihnen gewählten Laufzeit streitig machen. Wenn Sie die
Verlängerungsoption gewählt haben -
auch darüber hinaus nicht.
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3
-
4
-
Auf der Rückseite des Faltprospekts hieß es dann:
Das regionale Gesundheitsfenster auf [X.]

Empfehlung statt Werbung

Exklusiv statt nur dabei

Günstig statt teuer

Gesehen statt gesucht
Im Internetauftritt (Anlage K
2)
wurde die Leistung der Beklagten wie folgt beschrieben:
Fernsehen bis der Arzt kommt!
www.

.de GmbH produziert und sendet zwei exklusive For-
mate auf [X.]: Das regionale Gesundheitsfenster und das regi-onale Wirtschaftsfenster.
Die Ausstrahlung erfolgt auf großen, hochmodernen Flachbildschirmen in medi-zinischen Wartezonen beim niedergelassenen Arzt (human, dental, [X.]) oder in Kliniken und Krankenhäusern (Ambulanz, Wartezonen) in
Ihrer Region.
Derzeit sind bereits über 5.200
Standorte in ganz [X.] verfügbar. Mo-natlich kommen etwa 100 neue hinzu -
sicherlich auch in Ihrer Nähe!
Im regionalen Gesundheitsfenster
auf [X.] empfehlen wir, indi-viduell an jedem Standort ansässige Unternehmen aus den Bereichen Gesund-heit, Wellness, Fitness und Medizin,
im regionalen Wirtschaftsfenster
präsen-tieren wir Unternehmen aus den Bereichen Dienstleistung und Einzelhandel!
Nach Ansicht der Klägerin, der [X.]entrale zur Bekämpfung unlauteren [X.], stellen die Ausstrahlung von Werbespots für Apotheken und die Werbung für eine solche Ausstrahlung ein Verhalten dar, mit dem die Beklagte gegen das apothekenrechtliche Verbot der [X.]uweisung von Verschreibungen,
gegen das nach dem Berufsrecht der Apotheker bestehende Verbot einer an Patienten in Arztpraxen gerichteten Werbung und gegen das nach dem [X.] an bestimmte [X.] verstößt und damit zugleich wettbewerbswidrig handelt.
4
5
6
-
5
-
Die Klägerin hat beantragt, es der Beklagten unter Androhung näher [X.] Ordnungsmittel zu verbieten,
1.
Apothekern Werbung im Rahmen eines "[X.]" anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wenn dies geschieht wie in dem Prospekt gemäß der
Anlage K
1 zur Klageschrift,
und/oder
2.
im Rahmen eines "[X.]", bei dem
wie aus der Anlage K
1 und dem Internetauftritt gemäß Anlage K
2 zur Klageschrift ersichtlich

auf ei-nem Bildschirm im Wartezimmer von Arztpraxen Werbung ausgestrahlt wird, für Apotheker zu werben und/oder werben zu lassen.
Darüber hinaus hat die Klägerin von der Beklagten den Ersatz pauscha-lierter Abmahnkosten für eine Abmahnung vom 3.
Juni 2011 in Höhe von 219,35

Das [X.] hat der Klage stattgegeben ([X.], Urteil vom 17.
Dezember 2012
5
O
29/11, juris). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.] 2014, 270 = [X.], 600). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren [X.]urückwei-sung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat die [X.] als aus §§
8, 3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
11 Abs.
1 [X.] begründet angesehen, weil die Beklagte mit der Werbebroschüre gemäß Anlage K
1 für eine [X.]uwiderhand-lung gegen das an Apotheker gerichtete Verbot gemäß
§
11 Abs.
1 [X.] ge-worben habe, mit Ärzten Absprachen über die [X.]uführung von Patienten zu tref-fen, und weil für die Begehung einer [X.]uwiderhandlung gemäß dem [X.] zu
2 eine Erstbegehungsgefahr bestehe. Dazu hat es ausgeführt:
7
8
9
10
-
6
-
Für die mit der Werbung gemäß Anlage K
1 angesprochenen Apotheker sei diese Werbung dahin zu verstehen, dass sie durch Abschluss des [X.] mit der Beklagten eine gezielte Empfehlung ihrer Apotheke in dem Programm "[X.]" durch den Arzt erreichen könnten. Die Vorschrift des §
11 Abs.
1 [X.] sei eine Marktverhaltensregelung. Die Beklagte sei für den danach gegebenen Verstoß gegen §
4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit §
11 Abs.
1 [X.] zwar nicht unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung der mit der Werbung angesprochenen Apotheker zu deren unlauterem Verhalten, aber als (M)Täterin verantwortlich. [X.]war richte sich das Verbot des §
11 Abs.
1 [X.] direkt nur an Apotheker,
und lehne die Rechtsprechung bislang eine täterschaft-liche Haftung desjenigen ab, der selbst nicht Adressat
der den [X.] nach §
4 Nr.
11 [X.] zugrundeliegenden Norm sei. [X.]u berücksichtigen sei
aber, dass -
erstens
-
nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 [X.] als geschäftliche Hand-lung auch ein Verhalten einer Person zugunsten eines fremden Unternehmens einzuordnen sei, das mit der Förderung des Absatzes der Dienstleistungen die-ses fremden Unternehmens zusammenhänge, -
zweitens
-
die
Haftung des Handelnden als Teilnehmer an oft nicht vorliegende besondere Verschuldens-voraussetzungen geknüpft sei und

drittens
-
der [X.] die [X.] für den Bereich des [X.] aufgegeben habe. Danach reiche zur Begründung einer Haftung als Täter zwar nicht jeder Beitrag
aus, den ein Außenstehender zu der unlauteren Handlung des [X.]en leiste.
Es genüge aber ein Verhalten, das über eine
Teilnahme hinausgehe. Im [X.] sei das deshalb der Fall gewesen, weil die mit einem weiteren
Unternehmer zusammenwirkende Beklagte nicht nur ein eigenes Interesse an der [X.]uwider-handlung durch den Apotheker
gehabt, sondern auch über die Tatherrschaft für die Erfüllung der Voraussetzungen des §
11 Abs.
1 [X.] verfügt
habe.
Aus der Formulierung des
Unterlassungsantrags
zu
2
ergäben
sich zwar gewisse [X.]weifel über den genauen [X.]. Der Antrag sei aber, da er 11
12
-
7
-
auf eine Erstbegehungsgefahr gestützt sei, hinreichend bestimmt und ebenfalls
begründet.
Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten sei dem Grunde nach aus §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] gerechtfertigt und der Höhe nach unbestritten.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist [X.] und führt zur Abweisung der Klage. Die [X.] sind weder aus den vom Berufungsgericht angenommenen Gründen gegeben (dazu un-ter
II
1 und 2) noch stellt sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig dar (dazu unter
II
3). Eine Haftung der Beklagten für die mit dem [X.] zu
2 beanstandete Ausstrahlung der Werbung unter dem Ge-sichtspunkt einer Erstbegehungsgefahr besteht ebenfalls nicht
(dazu unter
II
4). Auf die Frage, ob das Verhalten der bei dem angegriffenen Geschäftsmodell der Beklagten mitwirkenden Ärzte und Apotheker

wie das Berufungsgericht gemeint hat
nach §
11 Abs.
1 Satz
1 Fall
3 [X.] wegen unzulässiger [X.]ufüh-rung von (Kunden mit) Verschreibungen durch einen Arzt an eine Apotheke un-zulässig
ist (vgl. dazu [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2014, §
11 Rn.
6
f. und 33
ff., 35 [X.]), kommt es nicht an.
1. Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus-gegangen, dass die in §
11 Abs.
1 Satz
1
[X.] geregelten Tatbestände, die Kooperationen zwischen Inhabern von Erlaubnissen nach §
1 Abs.
2, §
14 Abs.
1, §
16 oder §
17 [X.] sowie
dem Personal von Apotheken und Ärzten sowie
anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befas-sen, verbieten, Marktverhaltensregelungen im
Sinne von §
4 Nr.
11 [X.] sind, deren Verletzung geeignet ist, die Interessen der Verbraucher und Mitbewerber spürbar zu beeinträchtigen (vgl. [X.], [X.] 2013, 470, 471; v.
[X.] in Harte/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
4 Nr.
11 Rn.
45; Münch-Komm.[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
4 Nr.
11 Rn.
147; Großkomm.[X.]/Metzger,
2.
Aufl.,
§
4 Nr.
11 Rn.
84).
Dasselbe gilt für die Beurteilung des Berufungsge-13
14
15
-
8
-
richts, die dort getroffene Regelung richte sich direkt nur an Apotheker (zur [X.], ob die dortigen
Verbote sich darüber hinaus auch an Ärzte richten, vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO §
11 Rn.
6
f.).
Ebenfalls zutreffend hat das [X.] angenommen, dass der [X.] bislang eine [X.] Haftung desjenigen abgelehnt
hat, der nicht selbst Adressat der dem [X.] nach §
4 Nr.
11 [X.] zugrundeliegenden Norm ist, und daher
insoweit allein eine Teilnehmerhaftung in Betracht kommt (vgl. [X.], Ur-teil vom 24.
Juni 2003
K[X.]R
32/02, [X.][X.] 155, 189, 194
f.
Buchpreisbindung; Urteil vom 3.
Juli 2008
I
[X.]R
145/05, [X.][X.] 177, 150 Rn.
13
f.
[X.]; [X.].[X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
237; [X.] in [X.]/Bornkamm, [X.], 33.
Aufl., §
4 Rn.
11.22, jeweils [X.]).
2. Mit Erfolg
wendet sich die Revision aber gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, von einer
täterschaftlichen
Haftung sei auch auszugehen, wenn das konkrete Verhalten desjenigen, der nicht [X.] sei, die Vor-aussetzungen eines über die bloße Teilnahme hinausgehenden täterschaftli-chen Beitrags erfülle.
Das Berufungsgericht lässt bei dieser Sichtweise unbe-rücksichtigt, dass derjenige, der nicht selbst Adressat einer Verbotsnorm ist, nach
den im allgemeinen Deliktsrecht und im Lauterkeitsrecht entsprechend geltenden strafrechtlichen Bestimmungen allenfalls
als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) haften kann ([X.][X.] 177, 150 Rn.
14
Kommunalversicherer; [X.], Urteil vom 26.
Oktober 2004
XI
[X.]R
279/03, [X.] 2005, 556, 557; [X.].[X.]/[X.] aaO §
4 Nr.
11 Rn.
45; Fezer/Büscher, [X.], 2.
Aufl., §
8 Rn.
121 [X.]).
Das Berufungsgericht meint demgegenüber, es komme in Fällen wie dem hier vorliegenden zu unvertretbaren Schutzlücken, nachdem der Bundes-gerichtshof die Störerhaftung für den Bereich des [X.] aufgegeben habe (zur Aufgabe der Störerhaftung im Lauterkeitsrecht [X.], Urteil vom 22.
Juli 2010
I
[X.]R
139/08, [X.], 152 Rn.
48 =
[X.], 223 16
17
-
9
-

Kinderhochstühle im Internet
I; Urteil vom 18.
Juni 2014
I
[X.]R
242/12, [X.][X.] 201, 344 Rn.
11
Geschäftsführerhaftung, [X.]). Das Berufungsgericht hat dabei dem Umstand nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen, dass in solchen Fällen bei Personen, die nach der früheren Rechtsprechung als Störer in Anspruch genommen werden konnten, eine Haftung als Teilnehmer an einer

gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbs-rechtlichen Verkehrspflicht (vgl. dazu [X.], Urteil vom 12.
Juli 2007

I
[X.]R
18/04, [X.][X.] 173, 188 Rn.
22
ff.
[X.] bei [X.]) begründeten
fremden Haupttat in Betracht kommt. Das bei der Teilnehmerhaf-tung bestehende Vorsatzerfordernis kann zwar dazu führen, dass der Dritte, der nicht Adressat der Norm ist, zunächst nicht mit Aussicht auf Erfolg wettbe-werbsrechtlich in Anspruch genommen werden kann. Es besteht für denjenigen, der sich durch ein entsprechendes Verhalten in seinen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen verletzt sieht, aber die Möglichkeit, den Handelnden zunächst auf die Rechtslage hinzuweisen. Ein entsprechender Hinweis wird regelmäßig zur Folge haben, dass der Adressat der Mitteilung sein Verhalten im Weiteren korrigiert oder dass bei Fortsetzung der Verhaltensweise von einem Teilnehmervorsatz auszugehen
ist.
3. Die Revision der Beklagten ist auch nicht gemäß §
561 [X.]PO zurück-zuweisen, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts -
wie die Revisi-onserwiderung geltend macht
-
aus anderen Gründen als richtig darstellt.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, von einer Anstiftung von Apothekern oder Ärzten durch die Beklagte könne nicht ausgegangen werden, weil die Abmahnung der Klägerin vom 3.
Juni 2011 zwar möglicherweise einen bedingten ([X.] auf Seiten der Beklagten begründet habe,
eine erneute Verwendung der Werbung der Anlage
K
1 durch die Beklagte nach Er-halt dieser Abmahnung aber nicht vorgetragen sei. Dagegen wendet sich die Revisionserwiderung ohne Erfolg mit der [X.], das Berufungsgericht ha-18
19
-
10
-
be unberücksichtigt gelassen, dass sowohl das Antwortschreiben der Beklagten vom 10.
Juni 2011 auf die Abmahnung als auch die in dem beanstandeten Werbeprogramm enthaltenen Disclaimer "Dies ist keine Information Ihres Arz-tes!" und "Bei diesem regionalen Gesundheitsfenster handelt es sich um [X.], in keinem Fall um eine Empfehlung Ihres Arztes" zeigten, dass die [X.] einen Verstoß gegen §
11 Abs.
1 [X.] bereits zuvor für möglich gehal-ten habe. Das Berufungsgericht habe zudem nicht berücksichtigt, dass die Klä-gerin ihre Abmahnung und ihre Klage außer auf §
11 Abs.
1 [X.] auch auf §
20 Abs.
2 Nr.
4 der Berufsordnung der Bayerischen Apothekenkammer und auf §
34 Abs.
5 der Musterberufsordnungen für Ärztinnen und Ärzte aF (jetzt: §
31 Abs.
2 der Musterberufsordnung) gestützt und geltend gemacht habe, dass die Beklagte Verstöße gegen diese Vorschriften zumindest billigend in Kauf genommen habe.
b) Die Revisionserwiderung
übersieht bei diesen Ausführungen, dass die Klägerin im Blick auf die Anstiftung von Ärzten
oder Apothekern
allenfalls
Ver-suchshandlungen vorgetragen hat, die nach der
entsprechend anzuwendenden Bestimmung des §
30 Abs.
1 StGB noch nicht den Tatbestand einer [X.]uwider-handlung im Sinne von §
4 Nr.
11 [X.] erfüllen (vgl. [X.], Urteil vom 8.
November 2007 -
I
[X.]R
60/05, [X.], 530 Rn.
11 = [X.], 777

Nachlass bei der Selbstbeteiligung; [X.].[X.]/[X.] aaO §
4 Nr.
11 Rn.
83 [X.]).
4. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt eine Haftung der Beklagten für die mit dem Unterlassungsantrag zu
2 beanstandete Ausstrah-lung der Werbung nicht unter dem Gesichtspunkt einer Erstbegehungsgefahr in Betracht. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der mit dem Antrag zu
2 verfolgte Unterlassungsanspruch sei gegeben, weil eine Erstbegehungsge-fahr dafür bestehe, dass die Beklagte in "[X.]" entsprechend der Ankündigung Empfehlungen von Ärzten zugunsten von Apotheken ausstrahlen 20
21
-
11
-
werde. Dem kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat in [X.] [X.]usammenhang nicht berücksichtigt, dass die Beklagte in
der [X.] ausdrücklich erklärt hat, sie verteidige die Werbung der Anlage
K
1 ausschließlich zum [X.]wecke der Rechtsverteidigung im vorliegenden Verfahren, nachdem die Klägerin in einem unmittelbar vor dieser Verhandlung eingereich-ten Schriftsatz geltend gemacht hatte, es bestehe jedenfalls Erstbegehungsge-fahr. Die Beklagte hat damit zu erkennen gegeben, dass sie das dort vorgestell-te Geschäftsmodell in [X.]ukunft nicht betreiben wird. Damit ist eine zuvor in die-ser Hinsicht etwa entstandene Erstbegehungsgefahr zumindest nachträglich wieder weggefallen
(vgl. [X.], Urteil vom 31.
Mai 2001 -
I
[X.]R
106/99, [X.], 1174, 1176 =
WRP 2001, 1076 -
Berühmungsaufgabe; Urteil vom 15.
Januar 2009
I
[X.]R
57/07, [X.], 841 Rn.
23 =
[X.], 1139

[X.]; Urteil vom 29.
Oktober 2009 -
I
[X.]R
180/07, [X.], 455 Rn.
26 =
WRP 2010, 746 -
Stumme Verkäufer
II; [X.].[X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
98; [X.].[X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
42, jeweils [X.]).

Dass die Beklagte zu dem Internetauftritt der
Anlage
K
2 keine entspre-chende Erklärung abgegeben hat, war unschädlich, weil dort keine Werbung für Apotheken angeführt ist.
5.
Eine von der Revisionserwiderung schließlich noch in den Raum ge-stellte täterschaftliche Haftung der Beklagten wegen Verkehrspflichtverletzung oder Verletzung der fachlichen Sorgfalt im Sinne des §
3 [X.] scheidet [X.] aus (vgl. oben Rn.
16).
Danach ist es -
anders als das Berufungsgericht gemeint hat
-
unerheblich, dass das Tatbestandsmerkmal des §
3 [X.] "ge-schäftliche Handlung" nach
§
2 Abs.
1 Nr.
1 [X.] auch fremdnützige Verhal-tensweisen
erfasst.
II[X.] Nach allem kann das mit der Revision angefochtene Urteil des [X.]s insgesamt keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben. Die Klage ist unter Abänderung des
Urteils des [X.]s abzuweisen.
22
23
24
-
12
-
Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 [X.]PO.

Büscher
[X.]
Kirchhoff

[X.]
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.12.2012 -
5 O 29/11 -

[X.], Entscheidung vom 20.03.2014 -
6 [X.] -

25

Meta

I ZR 84/14

12.03.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. I ZR 84/14 (REWIS RS 2015, 14150)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14150

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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