Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2008, Az. NotZ 103/07

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2008, 4519

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] BESCHLUSS [X.] 103/07 vom 14. April 2008 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 73 Abs. 1 § 73 Abs. 1 [X.] enthält keine Ermächtigung für eine Satzungsbestim-mung, aufgrund der einem (früheren) [X.]mitglied ein Sonderbei-trag für die infolge einer wissentlichen Pflichtverletzung verursachten Kosten einer [X.] oder -vertretung auferlegt werden kann, wenn die Maßnahme erst nach Ausscheiden des Mitglieds aus dem Amt angeordnet wurde. [X.], Beschluss vom 14. April 2008 - [X.] 103/07 - [X.] wegen Festsetzung eines Sonderbeitrags - 2 - Der [X.], [X.], hat am 14. April 2008 durch [X.], die Richterin Dr. [X.], [X.] [X.], die Notarin Dr. Doyé und den Notar Dr. [X.] beschlossen: Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers werden der Be-schluss des 2. Senats für Notarsachen des [X.] vom 13. Juli 2007 und der Festsetzungsbe-schluss der Antragsgegnerin vom 5. April 2006 aufgehoben. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten zu tragen. [X.] Kosten werden nicht erstattet. Der Geschäftswert beträgt 30.022,72 •. Gründe: [X.] Der Antragsteller war [X.] mit Amtssitz in [X.]. 1 Mit Verfügung vom 24. März 2005 leitete die Präsidentin des [X.] gegen den Antragsteller wegen des Verdachts zahlreicher vorsätzlich begangener Dienstvergehen ein förmliches Disziplinar-2 - 3 - verfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Amt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 [X.]) ein und sprach zugleich die vorläufige Amtsenthebung aus. Das Disziplinarverfahren wurde nicht zu Ende geführt, da der [X.] seine Entlassung aus dem Amt beantragte, die die Präsidentin des [X.] durch Verfügung vom 18. April 2005 mit Wirkung zum 30. August 2005 aussprach. 3 Die Landesjustizverwaltung bestellte mit Verfügung vom 13. Oktober 2005 auf Vorschlag der Antragsgegnerin den Notar [X.]bis zum 15. Oktober 2006 als Verwalter des Notariats des Antragstellers. Die [X.] bewilligte dem Verwalter im Hinblick auf den Umfang der Abwicklung eine Vergütung von 75 • pro Stunde. 4 Mit "[X.]" vom 5. April 2006 setzte die Antragsgegne-rin auf der Grundlage von Nummer II[X.] 3) und 4) ihrer Beitragsordnung zum Ausgleich der dem Notariatsverwalter für den Zeitraum vom 14. Oktober 2005 bis zum 1. März 2006 zu zahlenden Vergütung einen Sonderbeitrag in Höhe von 27.522,72 • sowie einen [X.] von 2.500 • für den durch die Bearbeitung verursachten [X.] fest. Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommenen Bestimmungen der Beitragsordnung für das [X.] lauten wie folgt: 5 "II[X.] Sonderbeitrag - Schadensverursachung
– 3) Ist eine [X.] oder Notarvertretung durch wissentliche Pflichtverletzung eines [X.]mit-glieds verursacht, kann die [X.] gegen dieses [X.] einen Ausgleichsbetrag festsetzen in - 4 - Höhe der dem [X.]/[X.] zu zahlen-den Vergütung sowie zusätzlich einen Ausgleichsbetrag von bis zu • 2.500,-- für den durch die Bearbeitung ver-ursachten [X.] der [X.]. 4) [X.] nach den vorstehenden [X.] wird durch das Ausscheiden des Notars aus dem Amt nicht berührt." Der Antragsteller hat gegen den [X.] Antrag auf ge-richtliche Entscheidung gestellt, den das [X.] zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. 6 I[X.] Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 111 Abs. 4 [X.], § 42 Abs. 4 Satz 1 [X.]) und begründet. Der angefochtene [X.] der Antragsgegnerin ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rech-ten (§ 111 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Für Nummer II[X.] 3) und 4) der Beitragsord-nung der Antragsgegnerin besteht keine gesetzliche Ermächtigung, soweit auch ehemalige [X.]er in Anspruch genommen werden sollen, wenn die [X.], wie hier, erst nach dem Ausscheiden aus dem [X.] wurde. 7 1. Satzungen öffentlich-rechtlicher Verbände bedürfen zwar anders als Rechtsverordnungen grundsätzlich keiner nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hin-reichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung, so dass Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG weder direkt noch analog anwendbar ist. Vielmehr ist grundsätzlich die in-haltlich nicht näher bestimmte allgemeine Übertragung von Satzungsautonomie für einen bestimmten Kompetenzbereich der Selbstverwaltung in eigenen [X.] - 5 - legenheiten ausreichend ([X.] 33, 125, 157 ff; [X.] in [X.]/[X.], Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl., 2005, § 19 Rn. 12; [X.], [X.], in Handbuch des [X.], 3. Aufl., 2007, § 105 Rn. 39). Allerdings bedürfen wegen des aus den Grundrechten und dem [X.] folgenden Vorbehalts des Gesetzes Satzungsbestimmungen, die Eingrif-fe in Grundrechte, insbesondere in Freiheit und Eigentum, vorsehen, einer be-sonderen gesetzlichen Ermächtigung. Bei der Überantwortung der Rechtsset-zungskompetenz muss der Gesetzgeber die durch Satzungsrecht möglichen Einschränkungen besonders deutlich vorgeben, wenn Grundrechte empfindlich beeinträchtigt werden ([X.] 101, 312, 323; [X.] aaO Rn. 33; [X.], Kammerrecht, [X.]). Dies gilt erst recht, wenn die Interessen Dritter be-rührt werden, insbesondere wenn die Satzung auch für Außenstehende gelten soll, die in dem satzungsgebenden Organ der Selbstverwaltungseinheit nicht (mehr) repräsentiert sind und demzufolge auch nicht an der Selbstverwaltung partizipieren ([X.] aaO; ferner [X.] aaO Rn. 13; [X.] aaO Rn. 34; vgl. auch [X.], Die personellen Grenzen der Autonomie öffentlich-recht-licher Körperschaften, S. 179 ff). 2. Eine solche Ermächtigung für die Erhebung von Beiträgen in Fallgestal-tungen wie der vorliegenden enthält die [X.] nicht. 9 a) Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen durch die [X.] ist § 73 Abs. 1 [X.]. Danach erhebt die Kammer von den Nota-ren Beiträge, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ("von den Notaren") dürfen Beiträge nur von den aktuellen Mitgliedern der [X.] erhoben werden. Die [X.] verwendet den Begriff "Notar" nur für diesen Personenkreis. Ehemalige Notare, deren Amt, etwa wegen Erreichens der Altersgrenze oder Entlassung, 10 - 6 - erloschen ist (§ 47 Nr. 1 und 2, § 48, § 48a [X.]), werden als "frühere Notare" bezeichnet (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.]; siehe ferner § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.]). b) Allerdings gilt dies bei einer an seinem Zweck orientierten Auslegung des § 73 Abs. 1 [X.] nicht uneingeschränkt. So bestehen keine Bedenken dagegen, Beiträge, die während der Zugehörigkeit eines mittlerweile ausge-schiedenen Notars zur Kammer fällig geworden sind, auch nach Ende der [X.] einzufordern und notfalls nach § 73 Abs. 2 [X.] zwangsweise bei-zutreiben, da der Schuldner zum Zeitpunkt des vollständigen Entstehens des Beitragstatbestands noch Notar war. Ansonsten hätte er es - etwa bei [X.] Erreichen der Altersgrenze - in der Hand, sich durch [X.] seiner Beitragspflicht zu entziehen. 11 c) Jedoch ist eine darüber hinausgehende Auslegung des § 73 Abs. 1 [X.], nach der die Satzungen der [X.] eine Beitragspflicht für die [X.] gemäß § 56 Abs. 2 [X.] zu Lasten des ausgeschiede-nen [X.]s vorsehen können, auch unter Berücksichtigung des Geset-zeszwecks nicht möglich. 12 Zu den Aufgaben, zu deren Finanzierung die [X.] gemäß § 73 Abs. 1 [X.] Beiträge erheben darf, gehört zwar auch die Vergütung des Nota-riatsverwalters (§ 59 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Im Gegenzug stehen der Kammer etwaige Überschüsse aus der [X.] zu (§ 60 [X.]). Das be-deutet, dass für die Aufwendungen aus [X.]en grundsätzlich Beiträge erhoben werden können. Dies gilt insbesondere auch für die Notari-atsverwaltung gemäß § 56 Abs. 2 [X.], die frühestens mit Wirkung des Aus-scheidens eines [X.]s aus dem Amt und damit aus der [X.] 13 - 7 - angeordnet werden kann. Hieraus folgt indessen eine Ermächtigung zum Erlass von [X.], die die Festsetzung eines Sonderbeitrags zu Lasten des vormaligen Notars vorsehen, nicht. Es wird bereits bezweifelt, ob es über-haupt zulässig ist, einzelne Notare mit [X.] zu belasten (z.B. [X.] in [X.]/Vaasen, [X.]/BeurkG, 2. Aufl., 2004, § 73 [X.] Rn. 11 m.w.N.). Ob diesen Bedenken zu folgen ist, kann hier auf sich beruhen. [X.] lässt sich der bloßen Aufgabenzuweisung in § 56 Abs. 2 und § 59 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 73 Abs. 1 [X.] nur entnehmen, dass der Aufwand für [X.]en durch Beiträge gedeckt werden kann. Dem Gesetz ist aber kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass hierfür Sonderbeiträge erho-ben werden dürfen, geschweige denn, dass dies zu Lasten von nicht mehr der Kammer angehörenden Personen, mithin zum Nachteil Außenstehender, erfol-gen darf. Die [X.], dass es angemessen erscheint, einen Notar, der seiner Entfernung aus dem Amt wegen vorsätzlicher Verletzung von Dienstpflichten durch ein Entlassungsgesuch zuvor gekommen ist, für die finan-ziellen Folgen der deshalb notwendigen [X.] einstehen zu [X.] und damit nicht die Gesamtheit der Notare einer Kammer zu belasten, ge-nügt hierfür nicht. Sie hat im Gesetz keinen Niederschlag gefunden hat. Damit fehlt es an der, wie ausgeführt, notwendigen besonderen, klaren - 8 - gesetzlichen Ermächtigung zur Inanspruchnahme Dritter durch die Beitragssat-zung der [X.]. [X.] [X.] [X.] Doyé [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 13.07.2007 - 2 Not 2/06 -

Meta

NotZ 103/07

14.04.2008

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2008, Az. NotZ 103/07 (REWIS RS 2008, 4519)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4519

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.