Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2016, Az. 2 StR 176/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3464

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:251016B2STR176.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 176/16
vom
25.
Oktober
2016
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten Totschlags u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts
und des Beschwerdeführers
am 25.
Oktober
2016 gemäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14.
Dezember 2015 im Strafausspruch sowie in der Anordnung des [X.] der Strafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere als Schwurgericht tätige [X.] des [X.] zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Entscheidung über den teilweisen [X.] der Freiheitsstrafe getroffen. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des [X.] hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs.
2 StPO).
1. [X.] hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dagegen [X.] der Strafausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1
2
-
3
-
Das [X.] hat von einer Anwendung des §
213 Alt.
1 StGB abge-sehen, weil der Angeklagte nicht ohne eigene Schuld durch eine ihm zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem Geschädigten zum Zorn [X.] und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden sei. Zwar sei der Angeklagte zuvor im Festzelt vom Geschädigten geschlagen worden, aufgrund des weiteren Geschehensablaufs sei
er aber nicht auf der Stelle zur Tat hinge-rissen worden. Er habe sich zunächst noch im Festzelt aufgehalten und habe sich dort ein abgebrochenes Glas besorgt. Er habe
sich sodann

nach zwi-schenzeitlicher Beruhigung

aus dem Zelt begeben, habe ruhig davor gestan-den und sei erst

nachdem er kurz weggegangen sei

zwecks Tatausführung zum Geschädigten gelaufen (UA S.
38).
Diese Würdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ihr liegt ein zu enges Verständnis des Merkmals auf der Stelle zur Tat hingerissen

zugrunde und findet im Übrigen

soweit die [X.] annimmt, der Angeklagte habe sich zwischenzeitlich beruhigt

keine tatsächliche Grundlage in den [X.]. Maßgeblich für das [X.] zur Tat ist nicht, ob sich die Tat als Spontantat darstellt; vielmehr kommt es darauf an, ob der durch die Provokation hervorgerufene Zorn noch angehalten und den Angeklagten zu seiner Tat hin-gerissen hat,
der Zorn also nicht durch rationale Abwägung unterbrochene Ge-fühlsaufwallung
[X.] hat ([X.],
[X.], 200; s. auch [X.],
NStZ-RR
2011, 10, 11).
Dies kommt nach den getroffenen Feststellungen des [X.] in Betracht. Schon der geschilderte enge zeitliche und räumliche Zusammenhang zwischen den den Zorn auslösenden Schlägen des [X.] gegen den Ange-klagten und dem späteren Übergriff auf dieses gibt einen deutlichen Hinweis dafür, dass die beim Angeklagten entstandene Gefühlsaufwallung [X.] hat. Insbesondere aber weist der Umstand, dass der Angeklagte offenbar so-3
4
5
-
4
-
fort, nachdem er nicht in Begleitung eines Securitymitarbeiters war, (unbemerkt) wiederum ein Bierglas ergriff und durch Abschlagen zu einem gefährlichen Werkzeug machte, darauf hin, dass er weiter zornig erregt war. Sein weiteres Verhalten, das nicht darin bestand, unmittelbar auf das [X.], spricht im Übrigen auch nicht ohne Weiteres für ein Abklingen seiner Gefühls-aufwallung. Dass er zunächst kurze Zeit vor dem Festzelt stand, dann in [X.] Richtung davon ging, um erst dann zu dem Tatopfer
zu laufen und auf die-ses einzuschlagen, dürfte vielmehr darauf zurückzuführen sein, dass Security-mitarbeiter in Kenntnis der [X.] nunmehr vor dem Zelt standen, die Situation weiter beobachteten, um gegebenenfalls eingreifen zu können, und der Angeklagte angesichts dessen naheliegenderweise erkannte, dass er seinen Zorn gegen das Tatopfer nicht blindlings abreagieren konnte. Soweit man darin rationale Erwägungen

des Angeklagten erblicken könnte, schließen sie

weil sie ersichtlich weiter der unmittelbaren Umsetzung der Gefühlserre-gung dienten

die Annahme der Fortwirkung des durch das Tatopfer ausgelös-ten [X.] nicht aus.
Die fehlerhafte Ablehnung des §
213 Alt.
1 StGB führt zur Aufhebung des Strafausspruchs, auch wenn der Tatrichter einen minder schweren Fall nach §
213 Alt.
2 StGB angenommen hat. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass der Tatrichter bei fehlerfreier
Prüfung die Voraussetzungen des §
213 Alt.
1 StGB angenommen hätte und unter weiterer Milderung nach §
21 StGB, der bei der Annahme des § 213 Alt.
2 StGB mit berücksichtigt worden ist, zu einem abweichenden Strafrahmen und zu einer geringeren Strafe gelangt wäre.
Die Sache bedarf deshalb neuer Prüfung, wobei es der Aufhebung von Feststellungen nicht bedarf. Der neue Tatrichter ist allerdings nicht gehindert, neue, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen zu treffen.
6
7
-
5
-
2. Die Aufhebung des Strafausspruchs entzieht der Anordnung des [X.] die Grundlage. Der [X.] nach §
64 StGB bleibt vom Wegfall der Strafe unberührt.
Fischer Krehl Ott

Zeng Bartel

8

Meta

2 StR 176/16

25.10.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2016, Az. 2 StR 176/16 (REWIS RS 2016, 3464)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3464

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 176/16 (Bundesgerichtshof)

Versuchter Totschlag: Minder schwerer Fall bei Tatprovokation


2 StR 378/19 (Bundesgerichtshof)

Versuchter Totschlag: Erforderlicher Zusammenhang zwischen Provokation und Tatbegehung zwecks Annahme eines minder schweren Falls


1 StR 372/16 (Bundesgerichtshof)

Totschlag: Vorliegen eines minderschweren Falls bei vorhergehender Beleidigung durch das Tatopfer


1 StR 372/16 (Bundesgerichtshof)


3 StR 17/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 176/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.