Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2011, Az. 4 StR 445/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1678

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 445/11

vom
8. November
2011
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 8. November
2011
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. April 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte im Fall II.
2.
(1)
der Urteils-gründe verurteilt worden ist,
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Land-gerichts zurückverwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fäl-len, in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und sexuellem Missbrauch von Jugendlichen, und wegen sexuellen [X.] in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; von [X.] hat es ihn freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit
seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge den aus der 1
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3
-
Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung gemäß §
177
Abs.
1 Nr.
3, Abs.
2 Satz 2 Nr.
1 StGB
im Fall II.
2.
(1)
der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Nach den zu diesem Fall getroffenen Feststellungen sprach der Ange-klagte

.

im November 2000 die zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alte K.

B.

darauf an, ob er sie als Modell für ein Tattoo zeichnen dürfe. Nachdem das Mädchen sein Einverständ-nis erklärt hatte, forderte er es
auf, sich mit auseinander
gestellten Beinen und an der Wand abgestützten Armen mit dem Gesicht zur Wand zu stellen.

Das Mädchen kam dieser Aufforderung nach. Kurze Zeit
später trat der Angeklagte

von K.

B.

unbemerkt

hinter sie, zog ihr plötzlich und für sie [X.] unerwartet die Jogginghose und den Slip herunter; er
drang von hinten mit seinem erigierten Penis ohne Kondom in ihre Scheide ein
und führte den [X.] bis zum Samenerguss durch. Er wusste, dass dies gegen den Willen des paralysierten Mädchens

geschah. Hierbei nutzte er plangemäß den Umstand, dass beide in dem Anwesen allein waren,
sowie das Überra-schungsmoment aus.
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte K.

B.

unter Ausnutzung einer Lage, in der das Mädchen seiner
Einwirkung schutzlos
ausgeliefert gewesen ist, genötigt hat, die Vollziehung des [X.] zu dulden (§
177 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
2 Satz
2 Nr.
1 StGB). Der objektive Tatbe-stand dieser Variante
setzt voraus, dass das Tatopfer unter dem Eindruck [X.] schutzlosen Ausgeliefertseins aus Furcht vor möglichen Einwirkungen des 2
3
4
-
4
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Täters auf einen ihm grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet. Der sub-jektive Tatbestand setzt zumindest bedingten Vorsatz dahingehend voraus, dass das Tatopfer in die sexuellen Handlungen nicht einwilligt und dass es [X.] im Hinblick auf seine Schutzlosigkeit auf möglichen Widerstand verzichtet ([X.], Urteil vom 25. Januar 2006

2 [X.], [X.]St 50,
359). Der hierzu erforderliche Zwangszusammenhang
ergibt sich nicht schon
allein daraus, dass das betroffene Opfer dem Täter körperlich unterlegen ist oder dass der sexuelle Übergriff in einer Tatsituation begangen wird, in welcher das Opfer sich eines solchen nicht versieht (vgl. hierzu auch [X.] aaO S.
368). Feststellungen dazu, dass der Angeklagte vorsätzlich eine konkretisierte Furcht der Geschädigten vor körperlicher Gewalteinwirkung nötigend ausgenutzt hätte, hat das [X.] nicht getroffen
(vgl. dazu auch [X.], Beschlüsse
vom 4. April 2007 -
4 [X.], [X.]St 51, 280, 284, vom 12. November 2008

2 StR 474/08
und vom 4.
Dezember 2008

3 [X.], [X.], 443).
Der Wegfall von Schuld-
und Strafausspruch im Fall II.
2.
(1)
der Urteils-gründe nötigt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
5
-
5
-
2. Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird auch zum Vorlie-gen einer schutzlosen Lage des Opfers eingehendere Feststellungen zu treffen haben
(vgl. [X.], Beschluss vom 11. Juni 2008

5 [X.], [X.], 263 m.w.N.).
Ernemann

Cierniak Franke

Mutzbauer Quentin

6

Meta

4 StR 445/11

08.11.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2011, Az. 4 StR 445/11 (REWIS RS 2011, 1678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1678

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4 StR 445/11

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