Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2013, Az. III ZB 59/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6397

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[X.]R: ja

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] ZB 59/12
vom

23. April 2013

in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung
eines ausländischen [X.]iedsspruchs

-

2

-

Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 23. April 2013 durch den Vizepräsidenten [X.] sowie [X.]
[X.], [X.], [X.]
und Seiters

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 34. Zivilsenats des [X.] vom 30.
Juli
2012 -
34 [X.] 18/10 -
wird auf ihre Kosten als unzulässig verwor-fen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheit-lichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
574
Abs.
2
ZPO).

Der Wert des Beschwfestgesetzt.

Gründe:
I.

Die Parteien streiten um die Vollstreckbarerklärung eines in K.

([X.]) ergangenen
[X.]iedsspruchs, der von den staatlichen [X.] Gerichten
aufgehoben wurde. Das [X.] hat den Antrag abge-lehnt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

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II.

Die von Gesetzes wegen statthafte (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 i.V.m. §
1025 Abs.
4, §
1065 Abs.
1 Satz
1, §
1062 Abs.
1 Nr.
4 Fall
2 ZPO) Rechts-beschwerde ist unzulässig.

1.
Nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet sich die Anerkennung und Voll-streckung ausländischer [X.]iedssprüche nach dem Übereinkommen vom 10.
Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer [X.]ieds-sprüche ([X.]; BGBl. 1961 II S.
121). Die Vorschriften in anderen Staatsver-trägen über die Anerkennung und Vollstreckung von [X.]iedssprüchen bleiben unberührt (§ 1061 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Art.
[X.] Buchst. a bis d, Abs. 2 Buchst.
a und b [X.] regeln -
in gleicher Weise wie §
1059 Abs.
2 Nr. 1 a bis d, [X.] und b ZPO für inländische [X.]iedssprüche
-
die Gründe für eine Versa-gung der Anerkennung und Vollstreckung eines [X.]iedsspruchs. Art.
[X.] Buchst. e [X.] enthält (unter anderem) als zusätzlichen Versagungsgrund, dass der [X.]iedsspruch von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben worden ist. Nach Art.
VII Abs. 1 [X.] lassen die Bestimmungen des Übereinkommens die Gültigkeit mehr-
oder zweiseitiger Verträge, welche die Vertragsstaaten über die Aner-kennung und Vollstreckung von [X.]iedssprüchen
geschlossen haben, unbe-rührt. Eine im Sinne von §
1061 Abs.
1 Satz
2 ZPO sowie
Art.
VII Abs. 1 [X.] vorrangige Regelung stellt insoweit das [X.] Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.
April 1961 ([X.]; BGBl.
1964 II S.
426) dar. [X.] und die [X.] sind jeweils Vertragsstaaten sowohl des [X.] als auch des [X.]. Art.
[X.] [X.] schränkt Art.
[X.]
Buchst. e [X.] dahinge-hend ein, dass die Aufhebung durch die Gerichte des Staates, in dem oder nach dessen Recht der [X.]iedsspruch ergangen ist, nicht generell, sondern nur 2
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dann für eine Versagung ausreicht, wenn die Aufhebung durch das staatliche Gericht auf einen der in Art. [X.] Abs. 1 Buchst. a bis d [X.] angeführten Gründe gestützt worden ist (vgl. Art. [X.] Abs. 2 [X.]). Hierzu gehört unter anderem die fehlende Zuständigkeit des [X.]iedsgerichts (Art. [X.] Abs. 1 Buchst. d [X.]), nicht aber ein Verstoß gegen den [X.].

2.
Das [X.] ist davon ausgegangen, der streitgegenständli-che [X.]iedsspruch sei in der [X.] nicht nur wegen eines Verstoßes gegen den [X.], sondern auch wegen fehlender Zuständigkeit des [X.]iedsgerichts aufgehoben worden. Die hiergegen gerichteten [X.] der [X.] sind ungeeignet, die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zu be-gründen (§ 574 Abs. 2 ZPO). Der für den Fall der Anwendbarkeit des Art.
[X.] Abs. 1 Buchst. d [X.] von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Frage, ob das [X.] inzidenter hätte prüfen müssen, inwieweit das den [X.]ieds-spruch aufhebende Urteil mangels Verbürgung der Gegenseitigkeit nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht anerkannt werden kann, kommt entgegen der [X.] der Antragstellerin keine grundsätzliche Bedeutung zu. Im Übrigen stellt sich diese Frage im Verhältnis der Vertragsstaaten des [X.]/[X.] in dieser Form auch nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebli-che, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in [X.] unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts be-rührt, d.h. allgemein
von Bedeutung ist. [X.] ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechts-vorschrift Unklarheiten bestehen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn 4
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5

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die Rechtsfrage vom [X.] noch nicht entscheiden und in der Rechtsprechung der [X.]e umstritten ist, oder wenn in der Litera-tur unterschiedliche Meinungen vertreten werden, wobei es aber nicht [X.], wenn abweichende Ansichten im [X.]rifttum vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (vgl. nur [X.], Beschluss vom 8. Februar 2010 -
II ZR
156/09, NJW-RR 2010, 978
Rn. 3
mwN).

Zwar ist umstritten, ob die Regelung über die Anerkennung ausländi-scher Urteile in § 328 Abs. 1 ZPO auf Entscheidungen ausländischer Gerichte, durch die ein [X.]iedsspruch aufgehoben worden ist, Anwendung findet, das heißt,
ob das über die Anerkennung des [X.]iedsspruchs befindende Gericht inzidenter zu prüfen hat, ob dem aufhebenden Urteil in einem Verfahren nach §
328 ZPO die Anerkennung zu versagen wäre.

Überwiegend wird dies verneint (vgl. nur [X.], [X.], Beila-ge
8, [X.], 23; Musielak/[X.], ZPO, 9.
Aufl., §
1061 Rn
18, [X.]/[X.], 3. Aufl., §
1061 Rn.
12; [X.]/[X.], [X.]iedsgerichtsbarkeit, 7.
Aufl., Kap.
30 Rn.
14). Auch in den sogenannten Denkschriften zum [X.] (BT-Drucks. [X.]/2160, [X.], 27 zu Art. V) und zum [X.] (BT-Drucks. IV/1597, S.
36 f zu Art. [X.]) wird das Verfahren nach § 328 ZPO nicht erwähnt, vielmehr davon gesprochen, es sei "an sich selbstverständlich, dass die Aufhebung des [X.]iedsspruchs der Anerkennung und Vollstreckung entgegenstehen muss"
(aaO S. 27) beziehungsweise "das Gericht des [X.]es hat sich bei der Prüfung, ob das Aufhebungsurteil anzuerkennen sei, darauf zu [X.], festzustellen, ob das Aufhebungsurteil auf einem der genannten vier Gründe beruht", wobei es "keinesfalls nachprüfen darf, ob das Gericht des
[X.] das Gesetz und das Übereinkommen richtig angewendet hat"
(aaO S. 36 f).
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Von den Autoren, die eine Anwendung des § 328 ZPO im Grundsatz
be-jahen, wird hiervon zumeist § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ausgenommen, um [X.] und Divergenzen mit dem [X.]iedsverfahrensstatut zu vermeiden (vgl. etwa [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., § 328 Rn. 267, §
1061 Rn.
25, derselbe in Internationales Zivilprozessrecht, 6.
Aufl., Rn.
3944; [X.]losser in [X.], ZPO, 22.
Aufl., [X.]ang zu §
1061 Rn.
131a, der nur § 328 Abs.
1 Nr. 2, 4 ZPO anwenden will).

Lediglich vereinzelt (vgl. etwa [X.]ütze, [X.] in der ZPO, 2.
Aufl., §
1061 Rn.
120) wird die Meinung vertreten, auch §
328 Abs.
1 Nr.
5 ZPO gelte. Zur Begründung wird angeführt, der [X.]uldner des [X.]iedsspruchs erfahre keinen Nachteil, wenn die Aufhebungsentschei-dung mangels Verbürgung der Gegenseitigkeit im [X.] nicht an-erkannt werden könne, da er die Gründe, die er im Ausland gegen den [X.]iedsspruch geltend gemacht habe, genauso im inländischen Vollstreckbar-erklärungsverfahren wieder vorbringen könne. Hierbei
wird jedoch übersehen, dass es nicht um den [X.]utz des [X.]uldners, sondern um die in den [X.] Übereinkommen/Verträgen geregelte Frage der Anerkennung von [X.]iedssprüchen und deren Aufhebung im Ausland geht. Zwar sind die in Art. [X.] Abs. 1 Buchst. a bis d [X.] angeführten Gründe im [X.] mit denen des Art. [X.] Buchst. a bis d [X.] identisch, also vom [X.] Gericht unabhängig von einer Aufhebung des [X.]iedsspruchs im
Ausland (Art. [X.] Buchst.
e [X.]) zu prüfen. Durch Art. [X.] Buchst. e [X.], Art. [X.] [X.] wird aber
dem [X.] Gericht die Beachtung der ausländischen Entscheidung aufge-geben, auch
wenn es
bei einer eigenen Prüfung im Rahmen des Art. [X.] Buchst.
a bis d [X.] keinen Verstoß feststellen könnte. Art. [X.] Buchst. e
[X.], Art. [X.] [X.] enthalten insoweit einen eigenständigen, über Art. [X.] 8
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Buchst. a bis d [X.] hinausgehenden Versagungsgrund. Würde man die [X.]. [X.] Buchst. e [X.] von der Verbürgung der Gegen-seitigkeit abhängen machen, stünde dies auch in Widerspruch zu der Entschei-dung des Gesetzgebers in § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach sich die [X.] und Vollstreckung ausländischer [X.]iedssprüche künftig generell
-
und nicht nur gegenüber Vertragsstaaten des [X.] -
nach dem [X.] richtet (vgl. BT-Drucks. 13/5274 S. 61 f); die Bundesregierung hat dementsprechend den zunächst (BGBl. [X.]) erklärten [X.] zum [X.] zurückgenommen (BGBl. 1999 II 7).

Die Frage der Anwendbarkeit des §
328 Abs.
1 Nr.
5 ZPO ist deshalb nicht im obigen Sinn klärungsbedürftig. Im Übrigen übersieht die Antragstellerin, dass selbst dann, wenn man die Verbürgung der Gegenseitigkeit für notwendig hielte, es nicht darauf ankäme, ob generell im Verhältnis zur [X.] die
gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen verbürgt ist (vgl. zu letzterem [X.]/[X.]ütze, [X.]s Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., E. 1 Rn.
247; [X.] in [X.]/[X.]ütze, Internationaler Rechtsverkehr, Loseblatt-sammlung , O 115210 f; siehe auch den Hinweis bei [X.]/[X.], ZPO, 29. Aufl., [X.]. V S. 3307 auf die Reformgesetze in der [X.] im Jahr 2010). Vielmehr würde es für die Frage der Anerkennung und Vollstreckung des hier streitgegenständlichen [X.] [X.]iedsspruchs ausreichen, wenn die Ge-genseitigkeit im Hinblick auf einen [X.]iedsspruch aufhebende gerichtliche Ent-scheidungen gewährleistet ist. Sowohl [X.] als auch die [X.] sind aber Vertragsstaaten des [X.] und des [X.] und haben sich insoweit den Re-gelungen in Art.
V [X.], Art. [X.] [X.] unterworfen. Damit ist die Gegenseitigkeit rechtlich abgesichert. Dass sich in der Gerichtspraxis die [X.] an das [X.]/[X.] nicht halten würde, ist weder mit der Rechtsbeschwerde vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich.
Vor diesem Hintergrund kommt es man-10
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gels Entscheidungserheblichkeit nicht auf die weiteren [X.] der Antragstelle-rin gegen die Auffassung des [X.]s an, einer Anerkennung und Vollstreckbarerklärung stehe auch Art. V
Abs. 2 Buchst. b [X.] entgegen.

[X.]
[X.]

[X.]

[X.]
Seiters
Vorinstanz:
OLG [X.]en, Entscheidung vom 30.07.2012 -
34 [X.] 18/10 -

Meta

III ZB 59/12

23.04.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.04.2013, Az. III ZB 59/12 (REWIS RS 2013, 6397)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6397

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