Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2015, Az. 1 StR 366/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 1871

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 366/15

vom
24. November
2015
in der Strafsache
gegen

wegen
Steuerhinterziehung u.a.

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat am 24.
November
2015
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 31.
März 2015 aufgehoben
a)
soweit der Angeklagte wegen der Taten zu 1. bis 17. der Urteilsgründe (Steuerhinterziehung in 17
Fällen) verur-teilt worden ist,
b)
im Gesamtstrafausspruch.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer zurückverwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 32
Fällen und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 15
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei
Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von dieser Gesamtfreiheitsstrafe hat es drei Monate wegen einer
rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.
1
-
3
-
1.
Der Schuld-
und Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung stand,
soweit der Angeklagte wegen der Hinterziehung von Lohnsteuer (Taten zu 18. bis 32.) und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (Taten zu 33. bis 47.) jeweils in den Monaten Januar 2010 bis März 2011 verur-teilt worden ist.
2.
Hingegen kann der Schuldspruch wegen der Verurteilung zu 17 weite-ren Taten der Steuerhinterziehung (Taten zu 1. bis 17.) keinen Bestand haben.
a)
Insoweit hat das [X.] folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte buchte als faktischer Geschäftsführer der A.

GmbH Scheinrechnungen in seine Buchführung ein und machte daraus im Zeitraum November
2009 bis März
2011, mithin in 17 monatlichen Voranmeldungen
zu Unrecht Vorsteuern geltend, um dadurch seine Steuerzahllast zu senken.
b)
Hierzu hat der [X.] ausgeführt:

I.
Soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer ver-urteilt worden ist (Fälle
II.1. -
Taten
1 bis 16), hat das Urteil keinen Bestand, weil ihm die für die Beurteilung der Frage, ob Tatvollendung oder nur Versuch gegeben ist, maßgeblichen Umstände
nicht ent-nommen werden können.
1.
Steuerhinterziehung ist nicht lediglich ein Erklärungs-, sondern auch ein [X.]. Vollendung tritt erst ein, wenn der Täter durch seine Tathandlung Steuern verkürzt oder für sich oder
einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat ([X.], Urteil vom 19.
März 2013 -
1
StR
318/12, [X.]R [X.] §
370 Abs.
1 Nr.
1 Vollendung
3 mwN). Gründet der Tatvorwurf wie hier in der Abgabe unrichtiger Voranmeldungen, tritt für Fälle der 2
3
4
5
6
-
4
-
Steuervergütung der tatbestandliche [X.] erst auf-grund der gemäß §
168 Satz
2 [X.] erforderlichen Zustimmung der Finanzbehörde ein. In den Konstellationen des §
168 Satz
1 [X.] ist die Steuerhinterziehung dagegen bereits mit der (unrichti-gen) Anmeldung vollendet ([X.] aaO; siehe auch [X.], [X.] vom 5.
Februar 2014 -
1
StR
422/13, [X.], 335, 336; [X.], Beschluss vom 23.
Juli 2014 -
1
StR
196/14, [X.], 282).
2.
Die Urteilsgründe enthalten lediglich Feststellungen zur Höhe der in die Buchhaltung des Unternehmens A.

GmbH eingeflosse-nen Rechnungen, aus denen jeweils unberechtigt [X.] geltend gemacht wurden (UA S.
17
ff.), wobei der Ange-klagte die Abgabe von entsprechenden [X.] veranlasst hat. Daraus lässt sich indes nicht ableiten, ob bereits mit den jeweiligen Voranmeldungen ein [X.] einge-treten ist. Auch aus dem Gesamtzusammenhang des Urteils las-sen sich hierfür keine Anhaltspunkte entnehmen. Das [X.] führt vielmehr aus, dass die verfahrensgegenständlichen Straftaten im Zuge einer aufgrund von Vorsteuerüberhängen durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung bekannt geworden sind (UA S.
11), ohne dass jedoch deutlich würde, welche Tat-zeiträume
davon betroffen sind. Zu möglichen Zustimmungs-erklärungen der zuständigen Finanzbehörden verhält sich das Urteil nicht. Der Umstand, dass das Finanzamt [X.] gesehen hat, spricht dabei eher gegen solche Zustimmungen.
II.
Da danach nicht ausgeschlossen ist, dass ein Teil der Taten lediglich in das Versuchsstadium gelangt ist, kann der Schuldspruch insoweit keinen Be

c)
Dem schließt sich der Senat an. Nichts anderes gilt allerdings für die Tat zu
17., die die Voranmeldung von Vorsteuern aus Scheinrechnungen für den Monat März 2011 betrifft.

7
-
5
-
3.
Die Aufhebung des Schuldspruchs insoweit führt zum Wegfall der für die Taten zu
1. bis 17. verhängten [X.] und zieht die Auf-hebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
4.
Die Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen und können [X.] bestehen bleiben.
Das neu zuständige Tatgericht wird ergänzende Fest-stellungen, insbesondere zu den Voraussetzungen von § 168 [X.] zu treffen ha-ben.
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrich-terlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätz-lich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Ent-scheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. [X.], Urteil vom 27.
August 2009 -
3
StR
250/09, [X.]St 54, 135; [X.], Beschluss vom 22.
Januar 2013
-
1
StR
234/12, NJW 2013, 949, 950).
Graf
Jäger
Cirener

Radtke
Bär
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9
10

Meta

1 StR 366/15

24.11.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2015, Az. 1 StR 366/15 (REWIS RS 2015, 1871)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1871

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