Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2011, Az. I ZB 47/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 148

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/09
vom

21. Dezember 2011

in der Rechtsbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Rechtsanwalt an einem dritten Ort
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1
Beauftragt ein Unternehmen, das bei einem auswärtigen Gericht klagt oder ver-klagt wird, einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung, der weder am Gerichts-ort noch am Unternehmenssitz der [X.] und auch nicht an dem Ort der unter-nehmensinternen Bearbeitung der Sache ansässig ist, sind die Reisekosten des Rechtsanwalts regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten vom [X.] zum Gerichtsort erstattungsfähig.
[X.], Beschluss vom 21. Dezember 2011 -
I [X.]/09 -
OLG [X.] a.M.

LG [X.] a.M.

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 21.
Dezember 2011
durch [X.] [X.] und die Richter Prof.
Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert, Dr.
Koch
und Dr.
Löffler

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18.
Zivilsenats des [X.] vom 20.
April 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gegenstandswert: 516,98

Gründe:

[X.] Die Klägerin ist eine in [X.] ansässige Versicherungsgesellschaft, die über eine Zweigniederlassung in [X.] verfügt. Eine Rechtsabteilung hat die [X.]er Zweigniederlassung nicht.

Die Klägerin nahm die Beklagte wegen eines Transportschadens vor dem [X.] auf
Zahlung von 14.300

Anspruch. Mit der Prozessvertretung beauftragte sie
in [X.] ansässige Rechtsanwälte, die auch die vorprozessuale Anspruchsdurchsetzung über-nommen hatten. Nach dem zwischen den [X.]en zustande gekommenen [X.] Vergleich hat die Klägerin 30% und die Beklagte 70% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

1
2
-
3
-

Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Klägerin
Kosten
eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts für die Wahrnehmung von zwei Terminen vor dem [X.] in Höhe von 1.269,85

Kostenausgleichung angemeldet. Das [X.] hat bei der Kostenausglei-chung die Kosten des unterbevollmächtigten Rechtsanwalts nur bis zur Höhe der Reisekosten für zwei Fahrten von [X.] nach [X.] zur [X.] von 531,30

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie die Festsetzung weiterer 516,98

u-rückgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statt-haft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Die [X.]keit der Kosten eines Unterbevollmächtigten rich-tet sich nach §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO ([X.], Beschluss vom 9.
September 2004 -
I
ZB
5/04, [X.], 84
f. = [X.], 1492 -
Unterbevollmächtigter
II). Um dem
erforderlichen persönlichen
Kontakt und
dem Vertrauensverhältnis zwischen [X.] und Anwalt Rechnung zu tragen, kann eine [X.] grundsätz-lich die Kosten ihres Prozessbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozessgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort nicht ansässig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
Dezember 2003

I
ZB
18/03, [X.], 448 = [X.], 495 -
Auswärtiger Rechtsanwalt
IV; Beschluss vom 6.
Mai 2004 -
I
ZB
27/03, [X.], 886 = [X.], 1169 -
Auswärtiger Rechtsanwalt im Berufungsverfahren). Die dann gegebenenfalls zusätzlich ent-stehenden Kosten eines Unterbevollmächtigten sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aber nur insoweit erstattungsfähig, 3
4
5
6
-
4
-

als sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten erstattungs-fähigen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen ([X.], Beschluss vom 14.
September
2004

VI
ZB
37/04, NJW-RR 2005, 707, 708; Beschluss vom 21.
September 2005

IV
ZB
11/04, [X.], 301, 302; Beschluss vom 28.
Juni 2006

IV
ZB
44/05, [X.], 3008 Rn.
7).

Maßstab für die [X.]keit von Reisekosten des Hauptbevoll-mächtigten ist
dabei
§
91 Abs.
2 Satz
1 Halbsatz
2 ZPO. Danach ist die Beauf-tragung des Hauptbevollmächtigten nicht erforderlich, wenn ein am Ort des [X.] ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte [X.] werden müssen ([X.], Beschluss vom 13.
Mai 2004 -
I
ZB
3/04, [X.] 2004, 1212, 1213).

2. Die Klägerin war zwar nicht gehalten, einen Bevollmächtigten am Ge-richtsort zu
beauftragen. Sie kann aber auch nicht die höheren Kosten [X.], die
dadurch entstanden sind, dass sie einen Hauptbevollmächtigten an einem vom Unternehmenssitz abweichenden dritten Ort beauftragt hat.

Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Klägerin habe vorgetragen, dass sie über keine eigene Rechtsabteilung verfüge,
als internati-onal tätiger Versicherer die in [X.] ansässigen Prozessbevollmächtigten regelmäßig mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im nationalen und internationalen Bereich beauf-trage
und diese im Jahr mit der Prüfung mehrerer hundert
derartiger Vorgänge befasst würden. Diese Organisationsform, die den berechtigten Interessen der Klägerin Rechnung trägt, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen, muss die Beklagte zwar grund-sätzlich hinnehmen (vgl. [X.], [X.], 3008 Rn.
12). [X.] sind die fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, der eine [X.] vertritt, die 7
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-
5
-

bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Unternehmenssitz der [X.] ansässig ist, regelmäßig aber nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten vom Unternehmenssitz zum Gerichtsort (vgl. [X.], [X.] vom 23.
Januar 2007
-
I
ZB
42/06, [X.], 726 Rn.
13 = [X.], 957 -
Auswärtiger Rechtsanwalt
VI). Eine Ausnahme hiervon kommt in Betracht, wenn ein Unternehmen einen Prozessbevollmächtigten an dem Ort beauftragt, an dem die vorausgegangene unternehmensinterne Bearbeitung der Sache erfolgt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Mai 2008 -
VIII
ZB
92/07, NJW-RR 2009, 283 Rn.
7). Einen derartigen Ausnahmefall hat das Berufungs-gericht vorliegend aber zutreffend verneint. Dagegen ist es nach der Recht-sprechung des [X.] für sich allein noch kein ausreichender Grund zur Beauftragung des auswärtigen an einem dritten Ort ansässigen Pro-zessbevollmächtigten, wenn zwischen der [X.] und dem [X.] eine vertrauensvolle Zusammenarbeit besteht ([X.], NJW-RR 2009, 283 Rn.
8). Damit vergleichbar ist der vorliegende Fall, in dem die Klägerin nicht an ihrem Unternehmenssitz in [X.], sondern in [X.] ansässige Pro-zessbevollmächtigte vorprozessual und prozessual mit der Rechtsverfolgung beauftragt.

-
6
-

II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Bornkamm
Büscher
Schaffert

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG [X.]/Main, Entscheidung vom 01.08.2008 -
3/3 O 70/07 -

OLG [X.]/Main, Entscheidung vom 20.04.2009 -
18 W 363/08 -

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Meta

I ZB 47/09

21.12.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2011, Az. I ZB 47/09 (REWIS RS 2011, 148)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 148

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