Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2010, Az. IX ZB 156/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6089

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[X.]BES[X.]HLUSS [X.] 156/08 vom 8. Juni 2010 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja[X.] § 4a Abs. 1 Bei der Beurteilung, ob das Schuldnervermögen zur Kostendeckung ausreicht, [X.] auch [X.] von Bedeutung sein. [X.], [X.]uss vom 8. Juni 2010 - [X.] 156/08 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.] [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und Grupp am 8. Juni 2010 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 4. Juni 2008 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 2.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Schuldner beantragte am 31. März 2008 die Eröffnung des [X.], die Erteilung der Restschuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten. Im Ergänzungsblatt 5 [X.] zum Vermögensverzeichnis machte der Schuldner unter Punkt 1.3. [X.] keine Angaben. Auf die Aufforderung des Amtsgerichts, den Steuerbescheid zur letzten Steuererklä-rung vorzulegen, reichte der Schuldner einen Lohnsteuerausdruck seines Ar-beitgebers zur Akte und teilte auf erneute Anfrage mit, in den letzten drei [X.] keine Einkommensteuererklärung vorgenommen zu haben. 1 - 3 - Mit [X.]uss vom 5. Mai 2008 hat das Amtsgericht den Stundungsan-trag mit der Begründung abgewiesen, die Stundung sei ausgeschlossen, weil der Schuldner nicht nachgewiesen habe, dass sein Vermögen zur Deckung der Verfahrenskosten voraussichtlich nicht ausreiche. Ein Lohnsteuerjahresaus-gleich sei nicht von vornherein aussichtslos; dem Schuldner sei zuzumuten, ein entsprechendes Erstattungsverfahren durchzuführen. Die gegen diesen Be-schluss gerichtete Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner weiter die Stundung der [X.]. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 4d Abs. 1, §§ 6, 7 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg. 3 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Schuldner habe zu einem möglichen Steuererstattungsanspruch keine Angaben gemacht. Er habe in der Beschwerdebegründung eingeräumt, dass ihm für die vergangenen [X.] gegen das zuständige Finanzamt zustünden. Er habe aber deren Höhe nicht dargetan. Die pauschale Behauptung, mit dem [X.] für das [X.] ließe sich die Kostentragung nicht gewährleisten, reiche nicht aus. Der Schuldner habe damit seiner Obliegenheit zur umfassen-den Darstellung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ge-nügt. Da weder an der Werthaltigkeit des Erstattungsanspruches gegen das Finanzamt noch an dessen zeitnaher, zumutbarer Realisierbarkeit Zweifel be-4 - 4 - stünden und der Schuldner allein im Jahre 2007 Lohnsteuer in Höhe von über 7.000 • gezahlt habe, müsse er sich so behandeln lassen, als gehöre ein zu-mindest in der Höhe der Verfahrenskosten zügig realisierbarer Steuererstat-tungsanspruch zur Insolvenzmasse. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. 5 a) Ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a [X.] kann nur dann Erfolg haben, wenn der Schuldner dem Insolvenzgericht sämtliche Angaben macht, die dieses zur Beurteilung benötigt, ob das Schuldnervermö-gen zur Kostendeckung nicht ausreichen wird ([X.] 156, 92, 93 f; [X.], [X.]. v. 22. April 2004 - [X.] 64/03, [X.] 2004, 281; v. 4. November 2004 - [X.] 70/03, Z[X.] 2004, 1307, 1308; v. 3. Februar 2005 - [X.] 37/04, [X.] 2005, 119 f). Die Fragestellung, über die das Gericht zu entscheiden hat, ent-spricht derjenigen des § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.], [X.]. v. 4. November 2004 - [X.] 70/03, aaO). Aus § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] folgt, dass der [X.] dem Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren umfassende Auskünfte über seine Vermögensverhältnisse zu erteilen, insbesondere ein Verzeichnis seiner Gläubiger und Schuldner vorzulegen und eine geordnete Übersicht seiner [X.] einzureichen hat. Die Anforderungen an die Begründung eines Stundungsantrags sind an diesem Maßstab auszurichten ([X.] 156, 92, 93 f). Der Schuldner muss daher nachvollziehbar darlegen, dass sein Vermö-gen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die anfallenden Kosten zu decken (HK-[X.]/Kirchhof, 5. Aufl. § 4a Rn. 17). 6 Im vorliegenden Fall hat der Schuldner eingeräumt, dass ihm bei Abgabe von Einkommensteuererklärungen [X.] zustünden, oh-ne sich zu deren Höhe näher einzulassen. Damit hat er nicht dargetan, dass 7 - 5 - sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, die Kosten des Verfah-rens zu decken. b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sind bei der Prüfung der Frage, ob das Schuldnervermögen zur Kostendeckung ausreicht, auch die dem Schuldner zustehenden [X.] von Bedeutung. 8 aa) Zwar ist nach den vom Senat zu § 4a Abs. 1 Satz 1 [X.] aufgestell-ten Grundsätzen der Schuldner grundsätzlich nicht verpflichtet, Rücklagen für die zu erwartenden Kosten eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen zu bilden ([X.], [X.]. v. 21. September 2006 - [X.] 24/06, [X.] 2006, 511, 512 Rn. 11; v. 25. Oktober 2007 - [X.] 14/07, [X.] 2007, 609, 610 Rn. 7). Hierauf vermag sich der Schuldner aber nicht zu berufen. Hat der Schuldner seine Ein-künfte verbraucht, ohne Rücklagen zu bilden, so ist sein gegenwärtiges Vermö-gen nicht mehr ausreichend, um die Verfahrenskosten zu decken. Der Verbrauch kann nur unter dem Gesichtspunkt der Verschwendung Bedeutung gewinnen (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 [X.], vgl. [X.], [X.]. v. 5. März 2009 - [X.] 141/08, [X.] 2009, 307, 308 Rn. 10). Vorliegend geht es aber nicht um die Frage der vorsorglichen Bildung von Rücklagen, sondern um das gegenwärtige Ver-mögen des Schuldners, zu dem die Erstattungsansprüche schon jetzt gehören. Auch nach dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde waren die [X.] bereits vor dem Antrag des Schuldners auf Eröffnung des [X.] entstanden. 9 bb) Der Umstand, dass die Erstattungsansprüche mangels Festsetzung noch nicht fällig werden konnten (vgl. § 122 Abs. 2 Nr. 1, § 124 Abs. 1 Satz 1, § 218 Abs. 1 AO, s. ferner [X.] ZIP 2007, 1514; [X.] 2007, 369 f), steht einer 10 - 6 - Berücksichtigung dieser Ansprüche im Rahmen der Prüfung des Schuldner-vermögens nicht entgegen. Hinsichtlich der Beurteilung des Vermögens des Schuldners ist aner-kannt, dass dieser gehalten sein kann, kurzfristige Möglichkeiten zur Verbesse-rung der Vermögenslage auszunutzen. So kann er etwa darauf verwiesen wer-den, durch den Wechsel der Steuerklasse sein liquides Vermögen zu erhöhen (AG Kaiserlautern [X.] 2002, 378, 380; [X.]/[X.], [X.] § 4a Rn. 23, 26; HK-[X.]/Kirchhof, aaO Rn. 17; Prütting/[X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 4a Rn. 33a; zu § 4c Nr. 5 [X.] vgl. [X.], [X.]. v. 5. März 2009 - [X.] 2/07, [X.] 2009, 264). Ferner können in die gerichtliche Prüfung auch Ansprü-che des Schuldners gegen Dritte einbezogen werden, wenn diese kurzfristig zu realisieren sind ([X.], [X.]. v. 25. Oktober 2007, aaO Rn. 8; HK-[X.]/ Kirchhof, aaO Rn. 17; Graf-Schlicker/[X.], [X.] 2. Aufl. § 4a Rn. 26; [X.]/[X.], [X.] 13. Aufl. § 4a Rn. 8). Im Regelfall ist hierbei auf die Fäl-ligkeit des Anspruchs abzustellen (vgl. [X.], [X.]. v. 25. Oktober 2007 aaO Rn. 8). Dies gilt aber dann nicht, wenn der Schuldner, wie vorliegend gegeben, davon absieht, die lediglich von seinem Handeln abhängige Fälligkeit herbeizu-führen (§ 162 BGB). Daher kann dem Schuldner im Rahmen der Vermögens- 11 - 7 - prüfung entgegen gehalten werden, bislang die ihm zustehenden [X.] nicht geltend gemacht zu haben. [X.] Gehrlein Fischer Grupp Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 05.05.2008 - 7 [X.][X.], Entscheidung vom 04.06.2008 - 2 T 368/08 -

Meta

IX ZB 156/08

08.06.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2010, Az. IX ZB 156/08 (REWIS RS 2010, 6089)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6089

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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