Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.07.2019, Az. EnVR 6/18

Kartellsenat | REWIS RS 2019, 5681

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Gegenstand

Anreizregulierung: Genehmigungsfähigkeit von Investitionsmaßnahmen für Verteilernetze im Bereich der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung - Umspannwerk


Leitsatz

Umspannwerk

§ 23 Abs. 7 ARegV ist auf Investitionen in die Ebenen der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung nicht entsprechend anwendbar.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 10. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des [X.] einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Betroffene betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Mit Schreiben vom 31. März 2014 beantragte sie die Genehmigung einer Investitionsmaßnahme gemäß § 23 Abs. 7 [X.] für die Neuerrichtung eines 380/110-Kilovolt-Umspannwerks.

2

Mit Beschluss vom 18. Juli 2016 erteilte die Bundesnetzagentur die Genehmigung nur, soweit Betriebsmittel in der [X.] betroffen sind. Den weitergehenden Antrag, der Betriebsmittel in [X.] der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- auf Hochspannung betrifft, lehnte sie ab.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde, mit der die Betroffene die Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung in vollem Umfang und hilfsweise zur Neubescheidung begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betroffene ihr Begehren weiter. Die Bundesnetzagentur tritt dem Rechtsmittel entgegen.

4

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Aus § 23 Abs. 7 [X.] ergebe sich kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung. Maßnahmen zur Umstrukturierung eines [X.]s seien nach dieser Vorschrift nur insoweit genehmigungsfähig, als sie [X.] der Hochspannung beträfen. Diese umfasse nur die Netzebene mit einer Spannung von mehr als 60 und weniger als 220 Kilovolt.

7

Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Maßnahmen im Bereich der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung scheide aus. Angesichts des klaren Wortlauts könnte eine planwidrige Regelungslücke allenfalls dann angenommen werden, wenn klare Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Verordnungsgeber die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen auch außerhalb der [X.] habe ermöglichen wollen. Solche Anhaltspunkte ließen sich weder der Systematik und der Entstehungsgeschichte noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Darüber hinaus fehle es im Verhältnis zwischen den Betreibern von Übertragungsnetzen und den Betreibern von [X.]n an einer vergleichbaren Interessenlage. [X.] führten nicht zu einem anderen Ergebnis.

8

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

9

1. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung nicht unmittelbar aus § 23 Abs. 7 [X.] ergibt.

Nach § 23 Abs. 7 [X.] kommt eine Genehmigung nur für Investitionen in die [X.] in Betracht. Einrichtungen, die mit 380 Kilovolt betrieben werden oder der Umspannung von 110 auf 380 Kilovolt dienen, gehören hierzu nicht.

Der Begriff der Hochspannung ist zwar weder in der Anreizregulierungsverordnung noch im [X.] ausdrücklich definiert. Sowohl die Regelung in § 23 Abs. 7 [X.] als auch die Begriffsdefinitionen in § 3 Nr. 32 und 37 [X.], wonach Übertragung den Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- und Hochspannungsverbundnetz, Verteilung hingegen den Transport mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung über Elektrizitätsverteilernetze voraussetzt, beruhen aber auf der geläufigen Einteilung, wie sie zum Beispiel auch der Aufstellung der Kostenstellen und Kostenträger in den Anlagen zu § 13 und § 14 Abs. 3 [X.] zu Grunde liegt. Danach ist die Spannung von 110 Kilovolt dem Bereich der Hochspannung zugeordnet; die Spannungen von 220 und 380 Kilovolt gehören hingegen zum Bereich der Höchstspannung.

Von dieser Einteilung ist der Senat in anderem Zusammenhang bereits wiederholt ausgegangen ([X.], Beschluss vom 27. Februar 2018 - [X.] 1/17, [X.], 248 Rn. 17 - [X.]; Beschluss vom 9. Oktober 2018 - [X.] 32/17, [X.] 2019, 123 Rn. 34 - Chemiepark). Eine entsprechende Einteilung findet sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, auch in den Materialien zum Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze ([X.]. 17/6073 S. 18), wo Spannungen von mehr als 60 und weniger als 220 Kilovolt dem Bereich der Hochspannung zugeordnet werden.

2. Zu Recht hat das Beschwerdegericht eine entsprechende Anwendung von § 23 Abs. 7 [X.] auf Investitionen in [X.]n der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung abgelehnt.

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an einer Regelungslücke.

aa) § 23 [X.] sieht für die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen für [X.] andere Voraussetzungen vor als für die Genehmigung von Investitionsmaßnahmen für Übertragungsnetze.

Investitionsmaßnahmen für Übertragungsnetze sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] genehmigungsfähig, soweit die Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach § 11 [X.] notwendig sind. Die Aufzählung einzelner Regelbeispiele in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist nicht abschließend und dient dazu, den Anwendungsbereich dieses Tatbestandes zu veranschaulichen und die Rechtsanwendung in typischen Konstellationen zu vereinfachen ([X.], Beschluss vom 17. Dezember 2013 - [X.] 18/12, [X.], 291 Rn. 16 f. - 50Hertz Transmission GmbH; Beschluss vom 12. April 2016 - [X.] 3/15, [X.], 353 Rn. 12 - [X.] Gas mbH).

Für [X.] sind gemäß § 23 Abs. 6 [X.] nur bestimmte Arten von Maßnahmen genehmigungsfähig. Soweit dort auf einzelne Punkte aus der Aufzählung in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] Bezug genommen wird, bildet dies nicht lediglich eine Orientierungshilfe, sondern eine abschließende Festlegung der genehmigungsfähigen Tatbestände ([X.], Beschluss vom 29. Januar 2019 - [X.] 47/17 Rn. 15 - Umstrukturierungsmaßnahme). Ergänzend dazu sieht § 23 Abs. 7 [X.] für [X.] eine Genehmigung unter Voraussetzungen vor, die sich mit den in § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] normierten Voraussetzungen decken. Dieser Tatbestand ist aber auf Investitionen in die [X.] begrenzt.

bb) Vor diesem Hintergrund bildet der Umstand, dass eine Genehmigung von Maßnahmen im Bereich der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung in § 23 Abs. 6 und 7 [X.] nicht vorgesehen ist, keine Regelungslücke.

Die unterschiedliche Regelungstechnik hat allerdings zur Folge, dass Maßnahmen, die der Verordnungsgeber bei der Definition der Regelbeispiele in § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht konkret vor Augen hatte, einer Genehmigung nach der abstrakt gefassten Grundregel in § 23 Abs. 1 Satz 1 [X.] eher zugänglich sind als nach der eher punktuellen Regelung in § 23 Abs. 6 und 7 [X.]. Dies ist aber gerade die Folge davon, dass der Verordnungsgeber für Übertragungsnetze ein anderes Regelungskonzept gewählt hat als für [X.]. Wenn bestimmte Maßnahmen nur in Übertragungsnetzen genehmigungsfähig sind, nicht aber in [X.]n, entspricht dies mithin der vom Verordnungsgeber gewählten Systematik.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus dem Umstand, dass § 23 Abs. 7 [X.] in Bezug auf die Art der Maßnahme die gleichen Anforderungen stellt wie § 23 Abs. 1 [X.], nicht die Schlussfolgerung, dass die Betreiber von [X.]n in jeder Hinsicht mit den Betreibern von Übertragungsnetzen gleichgestellt sind. Der Verordnungsgeber hat trotz der in diesem Punkt eher abstrakten Fassung von § 23 Abs. 7 [X.] vielmehr insoweit an seiner eher punktuellen Regelungstechnik festgehalten, als er den Genehmigungstatbestand auf eine bestimmte Netzebene beschränkt hat. Auch unter diesem Gesichtspunkt entspricht es der Systematik der Regelung, wenn Maßnahmen in anderen Netzebenen nicht oder jedenfalls nicht unter den gleichen Voraussetzungen genehmigungsfähig sind.

cc) Aus dem Sinn und Zweck von § 23 Abs. 7 [X.] ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

§ 23 Abs. 7 [X.] dient dem Zweck, die Genehmigungsfähigkeit von Maßnahmen auf der [X.] zu erleichtern. Nach § 23 Abs. 6 [X.] sind Maßnahmen in diesem Bereich nur unter relativ engen Voraussetzungen genehmigungsfähig. Zudem ist eine Genehmigung ausgeschlossen, wenn die Maßnahme durch den Erweiterungsfaktor nach § 10 [X.] berücksichtigt wird. Der eher pauschale Ansatz des [X.] wurde für Investitionen im Bereich der Hochspannung als unzureichend angesehen, weil in Abhängigkeit vom Einzelfall in bestimmten Konstellationen die Transportfunktion und in anderen Konstellationen die Verteilerfunktion im Vordergrund stehen kann. Deshalb sollen Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen auf der [X.] vollständig über das Instrument der Investitionsmaßnahmen berücksichtigt werden ([X.]. 447/13 S. 20).

Diese Erwägungen gelten für Maßnahmen auf [X.] der Höchstspannung oder der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung nicht in gleicher Weise. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit auch hier je nach Einzelfall die Transport- oder die Verteilerfunktion stärker im Vordergrund stehen kann. Eine vollständige Einbeziehung solcher Maßnahmen in den Genehmigungstatbestand steht mit dem aufgezeigten Regelungszweck jedenfalls deshalb nicht in Einklang, weil Betriebseinrichtungen aus den genannten Spannungsebenen für [X.] eher untypisch sind.

Nach der Rechtsprechung des Senats können Errichtung und Betrieb solcher Einrichtungen zwar unter bestimmten Voraussetzungen als Teil der Versorgungsaufgabe eines Verteilernetzbetreibers anzusehen sein ([X.], Beschluss vom 9. Oktober 2012 - [X.] 88/10, [X.], 22 Rn. 44 - [X.]). Schon im Hinblick auf die Regelung in § 3 Nr. 37 [X.], wonach Verteilung grundsätzlich den Transport mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung über Elektrizitätsverteilernetze voraussetzt, handelt es sich dabei aber nicht um Investitionen, die typischerweise mit dem Betrieb eines [X.]s verbunden sind.

dd) Angesichts dessen bedarf die vom Senat bislang offen gelassene ([X.], Beschluss vom 27. Februar 2018 - [X.] 1/17, [X.], 248 Rn. 32 - [X.]) Frage, ob die in § 3 Nr. 2 [X.] vorgesehene Unterscheidung zwischen Übertragungs- und [X.]n insoweit lückenhaft ist, als es möglicherweise Betriebseinrichtungen in [X.] der Höchstspannung oder der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung geben kann, die nicht zu einem Übertragungsnetz gehören, auch im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Selbst wenn insoweit eine Lücke bestünde und diese durch Anerkennung einer dritten Netzart zu füllen wäre, ergäbe sich hieraus angesichts der aufgezeigten Besonderheiten nicht die Schlussfolgerung, dass auch die Regelung in § 23 Abs. 7 [X.] eine Lücke aufweist.

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt eine entsprechende Anwendung von § 23 Abs. 7 [X.] nicht deshalb in Betracht, weil sich der Verordnungsgeber zur Genehmigungsfähigkeit von Investitionsmaßnahmen für [X.] im Bereich der Höchstspannung und der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung nicht ausdrücklich verhalten hat.

Aus dem eher punktuellen Regelungscharakter in § 23 Abs. 6 und 7 [X.] ergibt sich, dass der Verordnungsgeber - anders als für Übertragungsnetze - gerade keinen abstrakten und umfassenden Genehmigungstatbestand schaffen wollte. Der Umstand, dass er sich mit Maßnahmen im Bereich der beiden in Rede stehenden Netzebenen nicht verhält, hat deshalb zur Folge, dass solche Maßnahmen jedenfalls nach § 23 Abs. 7 [X.] nicht genehmigungsfähig sind.

c) Ob und in welchem Umfang Einrichtungen aus [X.] der Höchstspannung oder der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung bei dem [X.] nach § 10a [X.] berücksichtigungsfähig sind, der gemäß § 34 Abs. 6 und 7 [X.] ab der dritten Regulierungsperiode an die Stelle der Genehmigung von Investitionsmaßnahmen getreten ist, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.

§ 10a [X.] beruht auf einem anderen Regelungskonzept. Schon deshalb können aus dieser Vorschrift keine Rückschlüsse auf die Auslegung von § 23 Abs. 7 [X.] gezogen werden.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 [X.], die Festsetzung des [X.] auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.

[X.]     

      

Raum     

      

[X.]

      

[X.]     

      

Schoppmeyer     

      

Meta

EnVR 6/18

09.07.2019

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 10. Januar 2018, Az: VI-3 Kart 125/16 (V)

§ 23 Abs 7 ARegV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.07.2019, Az. EnVR 6/18 (REWIS RS 2019, 5681)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5681

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