Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2013, Az. AK 14/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 4195

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 13 und 14/13
vom
11. Juli
2013
Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:

ja
Veröffentlichung:
ja

___________________________________

StGB §§ 129, 129a Abs. 5 Satz 1

Ein Außenstehender unterstützt eine [X.] auch mit Tätigkeiten, die sich der Sache nach als Förderung des Werbens für die [X.] durch ein Or-ganisations-mitglied darstellen.

[X.], Beschluss vom 11. Juli 2013 -
AK 13 und 14/13

in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen [X.] im

Ausland u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie der Angeschuldigten und ihrer Verteidiger am 11.
Juli 2013 gemäß §§
121, 122 [X.]
beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

Gründe:
Die Angeschuldigten wurden aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungs-richters des [X.] vom 21.
November 2012 (4
BGs
3 und 5/12) am 5.
Dezember 2012 festgenommen und befinden sich seitdem in Unter-suchungshaft. Der [X.] hat am 28.
Mai 2013 Anklage zum [X.] erhoben.
Gegenstand der Haftbefehle ist der Vorwurf, die Angeschuldigten hätten gemeinsam mit dem weiteren Beschuldigten U.

eine Zelle der in den
Provinzen [X.] und [X.] der [X.] (im Folgenden: [X.]) operierenden paramilitärischen [X.] "[X.]" (im Folgenden: [X.]) gebildet und Teile der Tätigkeiten übernommen, welche zuvor von den anderweitig verfolg-ten Dr.
Mu.

, M.

und Mb.

ausgeübt worden waren,
1
2
-
3
-
strafbar als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen [X.] nach §
129a Abs.
1, §
129b Abs.
1 StGB. Der Angeschuldigte T.

habe daneben dem Dr.
Mu.

zwei Geldbeträge zu-
kommen lassen, obwohl dies nach Art.
2 Abs.
2 der Verordnung (EG) Nr.
1183/2005 des Rates der Europäischen Union vom 18.
Juli 2005 in Verbin-dung mit der im Anhang
I der Verordnung enthaltenen Liste der in Art.
2 ge-nannten Personen untersagt gewesen sei, strafbar als zwei Verstöße gegen §
34 Abs.
4 Nr.
2 AWG.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen für beide Angeschuldigte vor. Für diese Entschei-dung kommt es nicht darauf an, ob das Verhalten, dessen die Angeschuldigten dringend verdächtig sind, rechtlich als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen [X.] oder als mehrfache Unterstützung einer solchen Organisation zu werten ist. Nicht entscheidungserheblich ist ebenfalls, ob der Angeschuldigte T.

in zwei Fällen gegen das Außenwirt-
schaftsgesetz verstoßen hat. Der [X.] lässt diese Fragen daher offen.
1.
Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Geschehen auszugehen:
a)
Die [X.] ist eine bewaffnete Rebellengruppe, die überwiegend aus [X.] Staatsangehörigen der Bevölkerungsgruppe der Hutu besteht. Sie operiert vorwiegend im Osten der [X.] in den Provinzen Nord-
und
[X.]. Dort übt sie eine auf Waffengewalt gestützte Schreckensherrschaft über die einheimische Zivilbevölkerung aus. Zur Festigung ihres Regimes setzt sie etwa Mord, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexuelle Versklavung, gewaltsame Landnahme, Raub, Plünderung und Brandschatzung ein. In der Vergangenheit kam es zu einer Vielzahl von gewaltsamen Übergriffen bis hin zu Massakern, 3
4
5
-
4
-
bei denen ganze Dörfer vernichtet und zahlreiche Menschen getötet wurden. Die [X.] rekrutiert Kindersoldaten, erhebt eigenmächtig Wegezölle und beutet die [X.] Bodenschätze aus. Sie ist darauf bedacht, sich nach außen als im [X.] politische Organisation darzustellen und sieht letztlich ausschließ-lich Angehörige der Volksgruppe der Hutu als berechtigt an, die Macht in [X.] auszuüben. Seit einigen Jahren konzentrieren sich die Aktivitäten der [X.] vornehmlich darauf, durch die weiterhin brutale Unterjochung der einheimischen Zivilbevölkerung die Situation in den [X.] aus ihrer Sicht stabil zu halten und die Bemühungen zu vereiteln, die [X.] Milizionäre in ihre Heimat zurückzuführen. Ihr erklärtes Endziel ist es, eines Tages die amtierende Regierung [X.] zu entmachten, in der Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Tutsi den bestimmenden Einfluss ausüben. In den öffentlichen Erklärungen der [X.] werden diese Absichten indes verschleiert. Dort tritt die [X.] als Organisation auf, deren Ziel vor allem die ethnische Versöhnung sei. Völker-rechtsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen werden entschieden ge-leugnet.
b)
Die [X.] umfasst derzeit noch etwa 3.000 bis 3.500
Milizionäre. Sie ist hierarchisch organisiert und nach sachlichen Zuständigkeitsbereichen ge-gliedert; ihre Funktionäre gehen arbeitsteilig vor. An der Spitze steht der Präsi-dent, der zugleich auch oberster militärischer Befehlshaber ist. Dieses Amt wurde von Dr.

Mu.

bis zu dessen Festnahme am
17.
November 2009 ausgeübt. Sein Nachfolger ist der in der [X.] aufenthält-liche

I.

. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten vertre-
ten, von denen der eine für den administrativen Bereich und die Außendarstel-lung, der andere für die militärischen Belange zuständig ist. Erster [X.] war

M.

, der ebenfalls am 17.
November 2009 festgenommen
wurde.
Ihm folgte

Mud.

alias

Mp.

, der gleichzeitig
6
-
5
-
als militärischer Kommandeur die Milizen vor Ort in der [X.] befehligt. Weiteres Mitglied der Führung ist der Exekutivsekretär, der die operativen [X.] maßgeblich mitbestimmt. Darüber hinaus existieren mehrere Komitees; für verschiedene Bereiche sind [X.] berufen. So übt zum Beispiel

[X.]

alias

F.

das Amt des Kommissars für Informations-
wesen aus.
Die militärische Unterorganisation
der [X.], die "[X.]" (im Folgenden: [X.]), ist maßgeblich in die gewaltsamen [X.] in den Provinzen Nord-
und [X.] verwickelt. Die [X.] ist wie eine [X.] aufgebaut; sie verfügt über eine hierarchische Struktur mit einem Oberkommando sowie über ein Netzwerk zur Rekrutierung von Kämp-fern. Sie gliedert sich in mehrere militärische Einheiten und hält [X.] vor. Ihr Oberkommando ist wie der Generalstab einer [X.] struktu-riert. Die Entscheidungen der
Führung der [X.] stehen unter dem Vorbehalt der Billigung durch die [X.]-Gesamtorganisation.
c)
Der Angeschuldigte T.

kam im Jahre 1984 nach Deutsch-
land und schloss im Jahre 1995 ein Ingenieurstudium ab. Seitdem lebt er über-wiegend von staatlichen Sozialleistungen. Er ist verheiratet und hat zwei er-wachsene Kinder. Der Angeschuldigte B.

reiste im Jahre 1990 in die
[X.] ein. In der Folgezeit studierte er, ohne einen [X.] zu erlangen. Danach absolvierte er eine Lehre und lebte vor seiner Festnahme von Arbeitslosengeld. Er ist ebenfalls verheiratet und hat zwei [X.].
Die Angeschuldigten schlossen sich nach der Inhaftierung von Dr.
Mu.

und M.

mit dem U.

zusammen, um einen
Teil der Tätigkeiten für die [X.] zu übernehmen, die zuvor von diesen ausge-7
8
9
-
6
-
übt worden waren. In Ausführung dieses Entschlusses wirkten sie bei der [X.] und Veröffentlichung von Presseerklärungen der [X.] im [X.] mit. Bei der hierfür notwendigen Kommunikation untereinander verhielten sie sich zumeist in hohem Maße konspirativ. Die Angeschuldigten gingen regelmäßig wie folgt vor: Nach Kenntnisnahme von einem Beitrag im [X.], der die [X.] betraf, wandte sich T.

per E-Mail an den [X.]

oder den Exekutiv-
kommissar der [X.]. [X.]

entwarf sodann ein Kommuniqué und sandte
dieses zur Korrektur bzw. Ergänzung an T.

. Dieser leitete den Ent-
wurf an B.

und U.

weiter. In der Folgezeit wurden inhalt-
liche und/oder sprachliche Änderungen vorgenommen. Anschließend versah B.

das Dokument mit der eingescannten Unterschrift

F.

,
dem Aliasnamen von [X.]

, und wandelte es in eine [X.] um. Sodann
versandte T.

das Dokument als E-Mail und veröffentlichte es in
mehreren [X.]foren.
Im Einzelnen wirkten die Angeschuldigten und U.

an der Er-
stellung und Verbreitung folgender Erklärungen mit: [X.]-[X.] Nr.
1 aus Mai 2011, Nr.
1 aus Juni 2011, Nr.
1 aus August 2011 und Nr.
1 aus Okto-ber 2011. T.

und U.

waren darüber hinaus an der Ver-
öffentlichung des [X.] Nr.
1 aus Dezember 2011 in einem [X.]-forum beteiligt. T.

veröffentlichte zudem zwischen September 2009
und März 2012 zwölf
weitere [X.]-[X.].
Schließlich stellte der Angeschuldigte T.

dem Dr.
Mu.

in zwei Fällen über Konten von [X.] Gelder zur Verfügung, indem
er am 8.
Januar 2009 60

August 2009 100

l-ches Konto überwies.

10
11
-
7
-
2.
Der dringende Verdacht hinsichtlich dieses Geschehens ergibt sich
bei der gebotenen vorläufigen Würdigung auch unter Beachtung der Einlassun-gen der Angeschuldigten, insbesondere derjenigen des Angeschuldigten B.

sowie derjenien des U.

, aus den Bekundungen zahlrei-
cher Zeugen, die vor allem zu Struktur, Zielen und Vorgehen der [X.] ent-sprechend ausgesagt haben, den aus der Überwachung der Telekommunika-tion
und der Auswertung des [X.] der Angeschuldigten gewonne-nen Erkenntnissen sowie zahlreichen Urkunden und Augenscheinsobjekten. Hinsichtlich der Einzelheiten nimmt der [X.] Bezug auf die ausführlichen Dar-legungen in den Haftbefehlen vom 21.
November 2012 sowie der Anklageschrift vom 24.
Mai 2013.
3.
Danach besteht der dringende Verdacht, dass die Angeschuldigten sich nach den §§
129a, 129b StGB strafbar gemacht haben, wobei offen blei-ben kann, ob Ihr Verhalten als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristi-schen [X.] (§
129a Abs.
1, §
129b Abs.
1 StGB) oder als jeweiliges mehrfaches Unterstützen einer solchen Organisation (§
129a Abs.
1, Abs.
5 Satz
1, §
129b Abs.
1 StGB) zu werten ist.
a)
Die [X.] stellt aufgrund ihrer Organisationsstruktur, der Anzahl und willensmäßigen Einbindung ihrer Mitglieder sowie der Dauerhaftigkeit der [X.] eine [X.] im Sinne der §§
129, 129a, 129b StGB dar (vgl. hierzu im Einzelnen schon [X.], Beschlüsse vom 17.
Juni
2010 -
AK
3 und 4/10, [X.]St 55, 157).
b)
Die Zwecke oder Tätigkeit der [X.] sind darauf gerichtet, Straftaten nach §
129a Abs.
1 Nr.
1 StGB, namentlich Tötungsdelikte und Straftaten nach den §§
7, 8 [X.], zu begehen. Hierfür genügt es, wenn sich die Mitglieder der [X.] bewusst sind, dass es bei der Verfolgung ihrer Pläne zur Bege-12
13
14
15
-
8
-
hung von Katalogtaten kommen kann und sie dies auch wollen; die [X.] muss nicht ausschließlich das Ziel der Begehung solcher Taten verfolgen.
c)
Die Angeschuldigten haben sich an dieser [X.] durch ihre in der [X.] entfalteten Tätigkeiten entweder als Mitglied beteiligt oder sie haben jeweils mehrfach diese [X.] unterstützt.
aa)
Nach ständiger Rechtsprechung bedarf die Frage, ob eine Person, die in der [X.] lebt, sich als Mitglied an einer terroristi-schen [X.] beteiligt, regelmäßig bereits deshalb besonderer Prüfung, weil sie sich nicht im unmittelbaren Betätigungsgebiet der
([X.]-)Organisation aufhält; dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich nie an einem Ort befunden hat, an dem [X.]sstrukturen bestehen, und sie nur der Kontakt zu einem in [X.] befindlichen Mitglied mit der Organisation verbindet. Allein die Tätigkeit für die [X.], mag sie auch besonders [X.] sein, reicht hierfür nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch die Förderung der [X.] zu deren Mitglied. Vielmehr setzt die [X.]schaft ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die der [X.] regel-mäßig nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Eine Beteiligung als Mitglied scheidet deshalb aus, wenn die [X.] nicht von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teil-nahme am [X.] getragen sind (vgl. etwa [X.], Urteil vom 14.
August 2009 -
3
StR
552/08, [X.]St
54, 69, 112
f.; Beschluss vom 13.
September 2011 -
StB
12/11, [X.], 372). Der [X.] lässt offen, ob eine diesen Maß-stäben genügende Einbindung der Angeschuldigten in die [X.] bei [X.] aller maßgebenden Umstände bereits allein dadurch belegt werden kann, dass die Angeschuldigten zu den führenden Vertretern der [X.] in
[X.] vor deren Verhaftung in langjähriger Verbindung standen und ihre 16
17
-
9
-
Handlungen mit hochrangigen Funktionsträgern der [X.] eng abstimmten, die sich im Gebiet der [X.] in der [X.] befanden.
bb)
Sollten sich die Angeschuldigten nicht mitgliedschaftlich an der [X.] beteiligt haben, so hätten sie jedenfalls durch ihre Tätigkeiten die [X.] unter-stützt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Inhalte der [X.], an deren Veröffentlichung die Angeschuldigten mitwirkten, als werbende Äußerungen für die [X.] anzusehen sind. Hierzu gilt:
(1)
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s ist unter einem Unter-stützen im Sinne von §
129a Abs.
5 Satz
1, §
129b Abs.
1 Satz
1 StGB grund-sätzlich jedes Tätigwerden zu verstehen, durch das ein Nichtmitglied der Verei-nigung deren innere Organisation und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der
von ihr geplanten Straftaten -
wenn auch nicht unbedingt maßgebend
-
erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (s. etwa [X.], Urteil vom 14.
August 2009 -
3
StR
552/08, [X.]St 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein
Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der [X.] fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa [X.], Ur-teile vom 30.
Oktober 1964 -
3
StR
45/64, [X.]St 20, 89; vom 3. Oktober 1979
-
3
StR
264/79, [X.]St 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unter-stützens einer [X.] über ein im strengeren Sinne des §
27 Abs.
1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines [X.]smitglieds beschränktes [X.] hinaus; denn er bezieht sich auch und -
wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt
-
sogar in erster Linie auf die [X.] als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des [X.] zu einer einzelnen organisati-18
19
-
10
-
onsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007 -
AK 6/07,
[X.]St 51, 345, 350
f.; Urteil vom 14.
August 2009 -
3
StR
552/08, [X.]St 54, 69, 117
f.). Auch muss das Wirken des [X.] nicht zu einem von diesem erstrebten Erfolg führen, es genügt, wenn [X.] für die Organisation objektiv nützlich ist, ohne
dass ein messbarer Nutzen für diese
eintritt ([X.], Urteile vom 14.
August 2009
-
3
StR
552/08, [X.]St 54, 69, 116; vom 25.
Juli 1984 -
3
StR
62/84, [X.]St 33, 16, 17; vom 25.
Januar 1984 -
3
StR
526/83, [X.]St 32, 243, 244).
Diese im Ausgangspunkt weite Begriffsbestimmung des [X.] darf indes nicht dahin missverstanden werden, dass jedes Handeln eines [X.] im Sinne der [X.] als tatbestandsmäßig einzustufen wäre, ohne dass es auf die konkreten Wirkungen seines Tuns ankäme. Die
vorausgesetzte Nützlichkeit für die [X.] muss anhand belegter Fakten nachgewiesen sein und darf sich nicht nur auf vermeintliche Erfahrungswerte oder allgemeine Vermutungen stützen. Außerdem darf nicht aus dem Blick ver-loren werden, dass der Gesetzgeber mit dem 34.
Strafrechtsänderungsgesetz (vom 22.
August 2002, BGBI.
I S.
3390) und dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze (vom 22.
Dezember 2003, BGBI.
I S.
2836) die Strafbarkeit des propagandistischen Wirkens eines [X.] im Sinne der [X.] auf die Fälle des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für die Organisation beschränkt und das lediglich befürwortende Eintreten für eine terroristische [X.], die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten straffrei gestellt hat. Diese gesetzgeberische Grundent-scheidung ist zu beachten. Es ist nicht zulässig, sie dadurch zu umgehen, das propagandistische Handeln eines [X.], das sich nicht als Werben um Mitglieder oder Unterstützer für die [X.] darstellt, allein wegen der 20
-
11
-
psychologischen Folgen,
die es -
insbesondere etwa im Falle der [X.] oder Verherrlichung von Gewalttaten der Organisation
-
auf die angespro-chenen [X.] haben kann, als Unterstützen der [X.] einzu-stufen ([X.], Beschlüsse vom 19.
Juli 2012 -
3
StR
218/12, juris Rn.
5; vom 16.
Mai 2007 -
AK 6/07, [X.]St 51, 345, 349 f.).
(2)
Hieran hält der [X.] fest. Soweit sein Hinweis, die in der Werbung um Mitglieder, Unterstützer oder Sympathie für eine terroristische [X.] etwa liegende Beihilfe zu täterschaftlichen terroristischen Handlungen im Sinne des §
129a Abs.
1-3 StGB sei ebenfalls durch §
129a Abs.
5 Satz
2 StGB privi-legiert (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007 -
AK
6/07, [X.]St 51, 345, 351), dahin verstanden werden kann, auch in den Fällen, in denen ein Außenstehen-der ein Mitglied der Organisation bei dessen Propagandahandlungen unter-stützt, komme für das Nichtmitglied allenfalls eine Strafbarkeit wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine [X.] in Betracht, gilt klarstel-lend:
Ein Unterstützen ist auch anzunehmen bei Tätigkeiten, die inhaltlich als Werbung für die [X.] einzuordnen sind, wenn im konkreten Einzelfall das Handeln des [X.] über die propagandistische Wirkung seines Tuns hinaus einen objektiv nützlichen Effekt für die mitgliedschaftliche Betäti-gung eines Angehörigen der Organisation bewirkt (vgl. schon [X.], Beschluss vom 20.
September 2012 -
3
StR
314/12, [X.]R StGB §
129a Abs.
5 Unterstüt-zen
4 mwN; insoweit noch offen [X.], Beschluss vom 16.
Mai 2007 -
AK
6/07, [X.]St 51, 345, 351). Dies bedeutet, dass ein Außenstehender eine Vereini-gung auch mit
Tätigkeiten unterstützt, die sich der Sache nach als Förderung des Werbens
für die [X.] durch ein
Organisationsmitglied darstellen, unabhängig davon, ob dieses um (weitere) Mitglieder oder Unterstützer der 21
22
-
12
-
Gruppierung wirbt oder sein Verhalten als sonstige propagandistische Tätigkeit im Sinne einer reinen Sympathiewerbung anzusehen ist. Demgegenüber [X.] die um Sympathie oder um Mitglieder oder Unterstützer werbende Tätigkeit eines [X.] dann nicht dem Tatbestandsmerkmal des [X.] im Sinne des §
129a
Abs.
5 Satz
1 StGB, wenn sie sich allgemein für die [X.] oder ihre Ziele einsetzt, ohne dabei die propagandistische Tätigkeit eines [X.]smitglieds individuell zu fördern. Dies ergibt sich aus Folgendem:
(2.1)
Die bisher vom [X.] in diesem Zusammenhang zu beurteilenden Fallgestaltungen waren jeweils dadurch maßgebend geprägt, dass der Täter selbst propagandistisch für die [X.] tätig wurde, nicht aber einem [X.] der [X.] bei dessen werbender Tätigkeit Hilfe leistete. [X.] ein Mitglied einer terroristischen [X.] um Sympathie oder um Mitglieder
oder Unterstützer für die Organisation, ist dies materiellrechtlich nach allgemei-ner Auffassung als eine von §
129a Abs.
1 StGB erfasste Beteiligungshandlung des Mitglieds an der [X.] einzuordnen, nicht aber als straflose oder in den Bereich des §
129a Abs.
5 Satz
2 StGB fallende Tätigkeit zu qualifizieren ([X.], Urteile vom 24. März 1982 -
3
StR
28/82, [X.]St 31, 16, 17; LK/Krauß, StGB, 12.
Aufl., §
129 Rn.
120). Hieran hat sich durch die Neufassung des §
129a StGB durch das 34.
Strafrechtsänderungsgesetz vom 22.
August 2002 (BGBl.
I
S.
3390) sowie das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13.
Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze vom 22.
Dezember 2003 (BGBI.
I S.
2836) nichts geändert.
Durch diese Neufassungen ist -
soweit hier von Bedeutung
-
lediglich die [X.] auf das Werben um Mitglieder oder Unter-stützer beschränkt, nicht aber die Tathandlung der mitgliedschaftlichen [X.] modifiziert worden. Soweit der außerhalb der [X.] stehende Täter einem Mitglied der Organisation bei dessen Werbung für die Gruppierung Hilfe 23
-
13
-
leistet, ist Anknüpfungspunkt des strafrechtlichen Vorwurfs nicht in erster Linie der Inhalt der werbenden Äußerung, sondern die Hilfeleistung zu der propagan-distischen mitgliedschaftlichen Betätigung des Angehörigen der Organisation, die sich ohne die Sonderregelung des §
129a Abs.
5 StGB ohne Weiteres als Beihilfe (§
27 StGB) zu dem Beteiligungsakt des [X.]smitglieds darstel-len würde. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber durch das Heraus-nehmen der Sympathiewerbung aus dem Kreis strafbarer Werbungs-
und Un-terstützungshandlungen auch dieses nach allgemeinen Grundsätzen zu ahn-dende Verhalten von der Strafbarkeit ausnehmen oder nicht als täterschaftliche Unterstützungshandlung sondern lediglich als Beihilfe zur mitgliedschaftlichen Beteiligung pönalisieren wollte (vgl. BT-Drucks.
14/8893 S.
8).
(2.2)
Fördert der Außenstehende konkret die mitgliedschaftliche [X.] eines Mitglieds an der [X.], so bedarf es für die Tathandlung Un-terstützen in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden posi-tiven Effekts der Handlungen des [X.] für die [X.]. Da als Folge des [X.] ein irgendwie gearteter Vorteil für die [X.] aus-reicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der [X.] darstellt, regelmäßig bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die [X.] zu sehen ist. Dies gilt [X.] dann, wenn der Täter ein Mitglied der [X.] bei der Erfüllung einer Aufgabe unterstützt, die diesem von der [X.] aufgetragen worden ist. Denn die Mitwirkung an der Erfüllung eines Auftrags, den die [X.] selbst einem Mitglied erteilt hat, erweist sich nicht nur allein für das betroffene Mitglied als im hier relevanten Sinne vorteilhaft; der ausreichende, nicht not-wendigerweise spezifizierte Nutzen wirkt sich in einem solchen Fall vielmehr auch auf die Organisation als solche in vergleichbarer Weise aus wie in den Fällen, in denen die Mitglieder in ihrem Entschluss gestärkt werden, die [X.]
-
14
-
ten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen [X.] dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen ([X.], Urteil vom 14. August 2009 -
3
StR
552/08, [X.]St 54, 69, 117 f.).
(3)
Nach diesen Maßstäben würde das Ermittlungsergebnis ein mehrfa-ches Unterstützen der [X.] durch beide Angeschuldigten belegen. Ihre [X.] erschöpften sich unabhängig vom jeweiligen Text der [X.] nicht lediglich darin, werbend für die [X.] einzutreten. Vielmehr förderten sie jeweils die mitgliedschaftliche Beteiligung eines hochrangigen Mitglieds der [X.], indem sie jedenfalls deren Kommissar für Informationswesen [X.]

bei
der Erfüllung der ihm von der [X.] übertragenen, für die Organisation erkenn-bar besonders wichtigen Aufgaben Hilfe leisteten.
d)
Die Ermächtigung des [X.] gemäß §
129b Abs.
1 Satz
3 StGB zur Verfolgung von Taten nach den §§
129a, 129b StGB in [X.], die im Zusammenhang mit der [X.] stehen, wurde am 8.
De-zember 2008 erteilt.
4.
Für beide Angeschuldigte ist der Haftgrund der Fluchtgefahr (§
112 Abs.
2 Nr.
2 [X.]) gegeben. Sie haben im Falle ihrer Verurteilung mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Von dieser Straferwartung geht ein entsprechend hoher Fluchtanreiz aus. Dem stehen ausreichend gewichtige, die Fluchtgefahr hemmende Umstände nicht entgegen. Die Angeschuldigten haben vielmehr Kontakt zu zahlreichen Mitgliedern und Unterstützern der [X.] in [X.] und [X.]. Es ist deshalb wahrscheinlicher, dass sie, in [X.], sich dem Verfahren entziehen als sich ihm stellen werden. Ergänzend wird auf die [X.] Gründe der Haftbefehle verwiesen.

25
26
27
-
15
-
Unter diesen Umständen vermögen Maßnahmen nach §
116 Abs.
1 [X.] nicht die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
5.
Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus

121 Abs.
1 [X.]) liegen vor. Die be-sondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersu-chungshaft. Nach der Festnahme der Angeschuldigten waren zahlreiche, zum Teil aufwändige und zeitintensive Ermittlungsmaßnahmen vorzunehmen. So war eine Vielzahl von sichergestellten Beweismitteln zu sichten und auszuwer-ten.
Darunter befanden sich Kommunikationsmittel und elektronische Spei-chermedien, die teilweise zunächst mit erheblichem Aufwand technisch aufbe-reitet werden mussten. Daneben waren zahlreiche in den Fremdsprachen Fran-zösisch und [X.] abgefasste Dokumente und Dateien zu übersetzen. Gleichwohl hat der [X.] noch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist Anklage erhoben. Nach Eingang der Anklageschrift hat das [X.] zeitnah die zur Förderung des Verfahrens angezeigten Maßnahmen veranlasst. Nachdem der zuständige [X.] des [X.] sich für überlastet erklärt hat, wird die Untersuchungshaft für beide Angeschuldigte
allerdings nur weiterhin aufrechterhalten werden können, wenn das Oberlan-desgericht geeignete und ausreichende Maßnahmen ergreift, die sicherstellen, dass dem Verfahren ein angemessen zügiger Fortgang gegeben werden kann.
6.
Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu den gegen die Angeschuldigten erhobenen Tatvorwürfen
noch nicht außer Verhältnis (§
120 Abs.
1 Satz 1 [X.]). Der [X.] weist insoweit allerdings bereits jetzt darauf hin, dass das Gewicht der Tatvorwürfe insbesondere gegen den Angeschuldigten 28
29
30
-
16
-
B.

jedenfalls eine unter Umständen mehrjährige Untersuchungshaft
nicht rechtfertigen dürfte.
Becker
Schäfer
Spaniol

Meta

AK 14/13

11.07.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2013, Az. AK 14/13 (REWIS RS 2013, 4195)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4195

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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