Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.01.2020, Az. AK 61/19

3. Strafsenat | REWIS RS 2020, 11971

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ECLI:DE:BGH:2020:090120BAK61.19.0

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AK 61/19

vom
9. Januar
2020
in dem
Strafverfahren
gegen

wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen [X.]u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.]hat nach Anhörung des Angeschul-digten und seiner Verteidiger am 9.
Januar 2020 gemäß §§
121, 122 StPO be-schlossen:

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.]findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.]in [X.]übertragen.

Gründe:
I.
Der Angeschuldigte ist aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.]vom 4.
Juni 2019 (2
BGs
322/19) am 12.
Juni 2019 vorläu-fig festgenommen worden und befindet sich seither ununterbrochen in Unter-suchungshaft.
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte ha[X.]in 15
Fällen die ausländische terroristische [X.]"Islamischer Staat" (IS) unterstützt, davon in elf Fällen in Tateinheit mit einem Verstoß gegen ein Be-reitstellungsverbot nach §
18 AWG.
1
2
-
3
-
Wegen dieser Tatvorwürfe hat der [X.]gegen den [X.]unter dem Datum des 4.
Dezember 2019 Anklage vor dem [X.]in [X.]erhoben. Er wirft dem Angeschuldig-ten nunmehr Unterstützung einer ausländischen terroristischen [X.]in 13
Fällen, davon in elf Fällen tateinheitlich mit Verstößen gegen das AWG,
vor. Auf Antrag des [X.]hat die Vorsitzende des Strafsenats die Akten dem [X.]zur Entscheidung im besonderen [X.]nach §
121 StPO vorgelegt. Der [X.]beantragt, die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen. Der zuständige Strafsenat hat über die Erforderlichkeit der Fortdauer der Untersuchungshaft bisher nicht ent-schieden.
II.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
1.
Der Angeschuldigte ist der ihm im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.]vom 4.
Juni 2019 vorgeworfenen Straftaten dringend verdächtig.
a)
Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Geschehen auszugehen:
aa)
Der [X.]ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islami-scher Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.]und die historische Region "ash-Sham" -
die heutigen 3
4
5
6
7
-
4
-
Staaten Syrien, [X.]und [X.]sowie Palästina
-
umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im [X.]sowie das Regime des [X.]Präsidenten [X.]zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die [X.]als legitimes Mittel des Kampfes an.
Die Führung der Vereinigung, die sich mit der Ausrufung des "Kalifats" am 29.
Juni 2014 aus "[X.]im [X.]und in Großsyrien" (ISIG) in "Islamischer Staat" (IS) umbenannte -
wodurch sie von der territorialen Selbst-beschränkung Abstand nahm
-, hatte seit 2010 bis zu seiner Tötung im Oktober 2019 [X.]inne. Inzwischen wurde ein Nachfolger ernannt. Bei der Ausrufung des Kalifats war [X.]von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Dem "Kalifen" unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "Kriegsminister" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "Shura-Räte". Veröffentlichun-gen
werden in der Medienabteilung "Al-Furqan" produziert und über die Medi-enstelle "al-l'tisam" verbreitet, die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein [X.]nutzt. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.]besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift "Allah -
Rasul -
Muhammad" auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem [X.]Glaubensbekenntnis. Die -
zeitweilig mehreren tausend
-
Kämpfer sind dem "Kriegsminister" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
8
-
5
-
Die [X.]teilte von ihr besetzte Gebiete in [X.]ein und richtete einen [X.]ein; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der [X.]und syri-schen Armee, aber auch in Gegnerschaft zum [X.]stehender Oppositionsgrup-pen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von [X.]sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des [X.]in Frage stellten, sa-hen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom [X.]zu Zwecken der Ein-schüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht der [X.]immer wieder [X.]an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Ter-roranschläge. So übernahm er auch für Anschläge in Europa, etwa in Paris, Brüssel, [X.]und Berlin, die Verantwortung.
bb)
Der aus dem K.

stammende, sich seit seiner Hochzeit im Jahr
2010 mit seiner seit vielen Jahren in [X.]lebenden Ehefrau hier aufhal-tende Angeschuldigte vertrat seit Jahren eine radikal-islamistische Einstellung und symphatisierte mit der Ideologie des IS. In diesem Zusammenhang kam es seit Juli 2015 zu den folgenden Taten:
(1)
Im Zeitraum zwischen dem 15.
Juli 2016 und dem 28.
August 2017 leitete der Angeschuldigte von [X.]aus in elf Fällen im Wege des
"Hawala-Bankings" Geld an den ebenfalls aus dem K.

stammenden

H.

, der zu dieser Zeit in [X.]für den [X.]kämpfte (Fälle
A.
1.-11. des Haft-
befehls). Er holte das Geld -
insgesamt mehr als 14.000

-, das ihm in der [X.]über den Finanzdienstleister

überwiesen worden war, ab und
brachte es einem gesondert Verfolgten, der es ihm Rahmen des [X.]weiterleitete. In den Fällen
A.
1.-3. und 5.-7. des Haftbefehls war ihm das Geld -
insgesamt über 5.000

-
von

B.

jeweils aus dem K.

9
10
11
-
6
-

übersandt worden, wobei sich im Fall
A.
1. des Haftbefehls ein weiterer
Geldgeber aus Be.

an dem zu überweisenden Betrag beteiligte. Im
Fall
A.
6. des Haftbefehls steuerte der Angeschuldigte einen Teilbetrag aus
eigenen Mitteln bei. In den Fällen
A.
4. und 11. des Haftbefehls war ihm das Geld innerhalb [X.]überwiesen worden. Auch ließ der Angeschuldigte einen Betrag aus eigenen Beständen an

H.

weiterleiten (Fall
A.
10.
des Haftbefehls). Im Fall
A.
7. des Haftbefehls war das Geld zu einem größeren Teil (200

H.

selbst, sondern für die Familie seines gefal-
lenen Bruders bestimmt. Im Fall
A.
8. des Haftbefehls bat

H.

den
Angeschuldigten, ihm zustehende Außenstände (1.000

.

abzuholen
und an ihn nach [X.]zu transferieren. Der Angeschuldigte beauftragte [X.]seine in P.

lebende Nichte, die das Geld entgegennahm und es an
ihn überwies. Auch dieses Geld leitete er nach [X.]weiter. Im Fall
A.
9.
des Haftbefehls war dem Angeschuldigten ein Betrag von mehr als 3.000

einem Geldgeber aus dem K.

überwiesen worden, der es für seine Toch-
ter, [X.]als IS-Kämpfer gefallen war, bestimmt hatte. Der [X.]transferierte den Betrag an

H.

, der es der Familie des Gefalle-
nen übergab.
(2)
Im [X.]2015 unterstützte der Angeschuldigte einen m.

Staatsangehörigen, der von M.

nach [X.]reiste, um sich
dem [X.]als Kämpfer anzuschließen, indem er ihm während der Reise am
12. und 17.
Juli sowie am 2.
August 2015 in mehreren Teilbeträgen insgesamt
einen Betrag von 500

A.
12.-14. des Haftbefehls). [X.]erreichte in der Folge Syrien, wo er sich in die Organisation [X.]einfügte, für diese kämpfte und schließlich auch fiel.
12
-
7
-
(3)
Ebenfalls im [X.]2015 eröffnete der Angeschuldigte für ein nicht identifiziertes Mitglied des IS, das sich zu diesem Zeitpunkt in [X.]aufhielt, einen Facebook-
sowie einen Twitter-Account und unterwies dieses in deren Gebrauch. Jedenfalls auf dem Facebook-Account wurden in der Folge offizielle Verlautbarungen des [X.]veröffentlicht (Fall
A.
15.
des Haftbefehls).
b)
Der dringende Verdacht der vorstehenden Taten ergibt sich aus den Einlassungen des Angeschuldigten sowie den
durch die Ermittlungsbehörden erhobenen Beweisen.
aa)
Der Angeschuldigte hat in seinen polizeilichen Einlassungen am
1. und 2.
Oktober 2019 die Taten -
mit Ausnahme der unter A.
7. des Haftbe-fehls ausgeführten Transaktion, an die er sich nach seinen Angaben nicht mehr erinnern kann,
-
eingeräumt. Er hat auch zugegeben, gewusst zu haben, dass es sich bei

H.

um einen IS-Kämpfer handelte. Ebenso sei ihm be-
kannt gewesen, dass der in den Fällen
A.
12.-14. des Haftbefehls genannte
m.

Staatsangehörige auf dem Weg nach [X.]war, um sich dem
[X.]anzuschließen. Die Unterstützung des [X.]bei der Einrichtung eines Facebook-
und Twitter-Accounts (Fall
A.
15. des Haftbefehls) sei auf dessen Bitten erfolgt, weil [X.]entsprechende Seiten in der Regel lösche, wenn sie mit einer Rufnummer oder einer IP-Adresse in [X.]eingerichtet würden. Ihm sei auch bekannt, dass auf dem Facebook-Account [X.]und öffentliche Stellungnahmen des [X.]veröffentlicht worden seien.
bb)
Die Angaben des Angeschuldigten werden durch den Inhalt des
sichergestellten Chatverkehrs, die Auskünfte der jeweiligen Finanzdienstleister und die Aussagen von Zeugen bestätigt.
13
14
15
16
-
8
-
(1)
In den Fällen
A.
1.-11. des Haftbefehls haben die [X.]des Angeschuldigten insbesondere mit

H.

sowie mit

A.

, der das Geld jeweils übernahm und in das
sogenannte Hawala-System einstellte, ausgewertet. Diese belegt die im [X.]aufgeführten Transaktionen. Ergänzende Feststellungen zu den genannten Vorwürfen haben sich zudem aus der Sichtung des [X.]des Ange-schuldigten mit den Geldgebern und mit seiner Nichte (Fall
A.
8. des Haftbe-fehls) ergeben. Die dort genannten Beträge stimmen mit den Auskünften der Firma

überein, die von den [X.]aus dem K.

re-
gelmäßig beauftragt worden war. Der in Be.

inhaftierte Zeuge

Ma.

hat ausgesagt, von

H.

erfahren zu haben, dass der Ange-
schuldigte in [X.]Geldtransaktionen für ihn organisiere. Er selbst ha[X.]im Fall
A.
1. des Haftbefehls ebenfalls Geld an H.

schicken lassen. Auch
wenn der Chatkommunikation zwischen dem Angeschuldigten und H.

nicht
in allen Fällen eine ausdrückliche Bestätigung dafür entnommen werden kann, dass das Geld tatsächlich angekommen war, so finden sich doch keinerlei An-haltspunkte, dass eine der Transaktionen im Einzelfall nicht gelungen wäre. Vielmehr hat H.

in den meisten Fällen den Empfang des
Geldes bestätigt.
Ein Fehlschlag ist dagegen in keinem der Fälle im Chat thematisiert worden. Im Fall
A.
4. des Haftbefehls hat der Überweisende, der sich in [X.]auf-hält, bestätigt, dem Angeschuldigten das Geld für H.

, bei dem er noch
Schulden gehabt habe, überwiesen zu haben. Auch im Fall
A.
11. des Haftbe-fehls hat der Geldgeber als Zeuge eingeräumt, dem Angeschuldigten das Geld zur Weiterleitung an H.

überlassen zu haben. Dass es sich bei

H.

um einen aus dem K.

nach [X.]gereisten IS-Kämpfer handelte,
hat der Zeuge Ma.

(s.o.) bei seiner Vernehmung durch die be.

Poli-
zeibehörden ausgesagt. Dies ergibt sich zudem aus einem Behördenzeugnis 17
-
9
-
des [X.]sowie den Ermittlungen k.

Behörden und Presseartikeln in

Zeitungen.
(2)
Hinsichtlich der drei Überweisungen an den nach [X.]reisenden m.

Staatsangehörigen (Fälle
A.
12.-14. des Haftbefehls) werden
die geständigen Einlassungen des Angeschuldigten durch den Inhalt der zwi-schen den beiden geführten Chatkommunikation sowie die entsprechenden Auskünfte des Finanzdienstleisters [X.]bestätigt. Den Nachrichten, die der Angeschuldigte mit weiteren Personen austauschte, ist ferner zu ent-nehmen, dass der m.

Staatsangehörige nicht nur in [X.]für den
[X.]kämpfte, sondern dort auch ums Leben kam.
(3)
Dass es sich bei der Person, für die der Angeschuldigte den Face-book-Account einrichtete (Fall
A.
15. des Haftbefehls), um ein [X.]han-delte, bestätigt der Chatverkehr zwischen dieser und dem Angeschuldigten. Dieser enthält die Absprachen über die Einrichtung des Accounts. Die [X.]des öffentlich einsehbaren Profils des Facebook-Accounts hat die [X.]als "offiziell" gekennzeichneter Nachrichten des [X.]gezeigt.
cc)
Der Angeschuldigte hat seine radikal-islamistische Einstellung sowie seine Zustimmung zur Ideologie des [X.]eingeräumt. 2017 seien ihm indes Zwei-fel an der Richtigkeit dieses Gedankengutes gekommen. Seit Anfang 2019 sei er überzeugt, dass es sich beim [X.]um eine Terrororganisation handele. Die Einstellung des Angeschuldigten erschließt sich aus einer Reihe von [X.]und Audiodateien, die auf bei ihm sichergestellten Datenträgern gesichtet wer-den konnten, sowie aus seinen Äußerungen im Chatverkehr.
18
19
20
-
10
-
dd)
Hinsichtlich der ausländischen terroristischen [X.][X.]ergibt sich der dringende Tatverdacht insbesondere aus mehreren Gutachten des Sachverständigen Dr.
S.

.
ee)
Wegen der weiteren Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht gegen den Angeschuldigten begründenden Beweismittel und Indizien wird auf die Darlegungen im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.]und im wesentlichen Ergebnis
der Ermittlungen der Anklageschrift des [X.]Bezug genommen.
c)
Der Angeschuldigte hat sich damit im Sinne eines dringenden Tatver-dachts wie folgt strafbar gemacht:
aa)
In den Fällen
A.
1.-11. des Haftbefehls ist das dem Angeschuldigten vorgeworfene Verhalten jedenfalls als Unterstützung einer terroristischen Verei-nigung im Ausland (§
129b Abs.
1 Sätze
1 und 2, §
129a Abs.
5 Satz
1 StGB) in elf tatmehrheitlichen Fällen zu werten.
(1)
Die Organisation [X.]stellt nach dem derzeitigen Erkenntnisstand eine ausländische terroristische [X.]dar, deren Zwecke darauf gerichtet sind, Mord (§
211 StGB), Totschlag (§
212 StGB) oder Verbrechen nach dem [X.]zu begehen (§
129a Abs.
1 Nr.
1, §
129b Abs.
1 StGB).
(2)
Der Angeschuldigte unterstützte diese Vereinigung.
Unter einem Unterstützen im Sinne von §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
5 Satz
1, §
129b Abs.
1 Sätze
1 und 2 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung 21
22
23
24
25
26
27
-
11
-
grundsätzlich jedes Tätigwerden
eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die [X.]und deren Zusammenhalt unmittelbar för-dert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten -
wenngleich nicht unbe-dingt maßgebend
-
erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung
in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eige-ne Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14.
August 2009
-
3
StR
552/08, BGHSt 54, 69 Rn.
136). Dies kann zum einen dadurch gesche-hen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche [X.]eines Ange-hörigen der [X.]fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim [X.]um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3.
Oktober 1979 -
3
StR
264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des [X.]einer [X.]über ein im strengeren Sinne des §
27 Abs.
1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und -
wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt
-
sogar in erster Linie auf die [X.]als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nicht-mitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisa-tionsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 14.
August 2009
-
3
StR
552/08, BGHSt 54, 69 Rn.
136; Beschluss vom 16.
Mai 2007 -
AK
6/07, BGHSt 51, 345 Rn.
16
ff.). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam,
für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mit-glieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 14.
August 2009 -
3
StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn.
134; Beschlüsse vom 16.
Mai 2007
-
AK
6/07, BGHSt 51, 345 Rn.
11; vom 27.
Oktober 2015 -
3
StR
334/15, BGHR StGB §
129a Abs.
5 Unterstützen
6
Rn.
5). In diesem Sinne muss der Organisa--
12
-
tion durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Urteile vom 25.
Januar 1984 -
3
StR
526/83, BGHSt 32, 243, 244; vom 25.
Juli 1984
-
3
StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; Beschluss vom 17.
August 2017 -
AK
34/17, BGHR StPO §
114 Abs.
2 Nr.
2 Tat
2 Rn.
6). Die Wirksamkeit der [X.]und deren Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fak-ten nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11.
Juli 2013 -
AK
13 u. 14/13, BGHSt 58, 318 Rn.
20; vom 19.
Oktober 2017 -
AK
56/17, juris Rn.
18).
Fördert ein Außenstehender die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des [X.]in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Organisation. Da als Folge des [X.]ein irgendwie gearteter Vorteil für die [X.]ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Be-teiligung eines Mitglieds an der [X.]darstellt, grundsätzlich bereits hier-in ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt [X.]dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufga[X.]durch ein Mitglied för-dert, die diesem von der [X.]aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristi-schen [X.]dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (vgl. BGH, [X.]vom 14.
Dezember 2017 -
StB
18/17, NStZ-RR 2018,
72, 74 mwN).
Vorliegend sorgte der Angeschuldigte in den Fällen
A.
1.-11. des Haftbe-fehls dafür, dass einem in [X.]kämpfenden [X.]über die Dauer von mehr als einem Jahr hinweg nicht unbeträchtliche Geldbeträge zugingen. Ob dieser das Geld für sich verwandte oder an die Organisation weitergab, ist zwar nicht geklärt. Doch selbst wenn der Empfänger die Geldbeträge zur Deckung seines Bedarfs -
etwa zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes
-
genutzt ha-28
29
-
13
-
ben sollte, hätte der Angeschuldigte eine terroristische [X.]unterstützt.
Eine tatbestandliche Unterstützung der terroristischen [X.]gemäß §
129a Abs.
5 Satz
1 StGB liegt nämlich nach oben dargelegtem Maßstab auch dann vor, wenn der Täter die mitgliedschaftlichen [X.]eines ihrer Mitglieder fördert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Mitglied die Handlungen im Auftrag der [X.]vornimmt. Der Empfänger der Gelder kämpfte [X.]für den [X.]und betätigte sich somit für diesen. Diese [X.]förderte der Angeschuldigte mit den Geldzuwendungen. Bei diesen handelte es sich zum Teil um vierstellige Beträge, die es ihrem Empfänger er-laubten, sich ohne Einschränkungen dem Kampf für den [X.]zur Verfügung zu stellen. Bereits darin ist auch ein hinreichender Nutzen für die terroristische [X.][X.]zu sehen. Somit weisen die Zuwendungen schon nach ihrem Umfang einen spezifischen Bezug zur Tätigkeit und den Zwecken des [X.]auf. Dies gilt auch, soweit in einzelnen Fällen -
etwa in den Fällen
A.
4.-7. des Haft-befehls
-
die Beträge eher geringfügig waren. Durch die sich im Abstand von wenigen Monaten wiederholenden Überweisungen unterstützte der [X.]ihren Empfänger regelmäßig. Es handelte sich auch bei den eher niedri-gen Zuwendungen also nicht um solche,
mit denen der Lebensunterhalt des Empfängers sporadisch in nur geringem Umfang sichergestellt werden sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 14.
Dezember 2017 -
StB
18/17, NStZ-RR 2018, 72, 74).
Eine Unterstützung der Organisation [X.]liegt auch insoweit vor, als der Angeschuldigte in den Fällen
A.
7. und 9. des Haftbefehls Geldmittel überwies, die nicht für

H.

selbst, sondern für die Familien gefallener IS-
Kämpfer bestimmt waren. Daraus, dass der Angeschuldigte es dem [X.]

H.

ermöglichte, die Familien im Kampf gestorbener "Helden" finan-
ziell zu unterstützen, erwuchs auch der Organisation ein Vorteil, weil dieses 30
-
14
-
Vorgehen deutlich machte, dass der [X.]die Familien seiner Kämpfer nicht im Stich lässt. Somit weisen auch diese
Geldzuwendungen des Angeschuldigten den erforderlichen Organisationsbezug auf.
Ob der Angeschuldigte sich darüber hinaus in den Fällen
A.
1.-11. des Haftbefehls zudem der Terrorismusfinanzierung nach §
89c Abs.
1 Nr.
1 StGB schuldig gemacht hat und wie
sich das Konkurrenzverhältnis in diesem Fall, in dem sich die Unterstützung der terroristischen [X.]in der Zuwendung von [X.]erschöpft, darstellt, kann hier offenbleiben. Dies gilt auch hinsicht-lich der Frage, ob sich der Angeschuldigte in den
genannten Fällen
jeweils tat-einheitlich wegen Verstoßes gegen ein Bereitstellungsverbot nach §
18 Abs.
1 Nr.
1 [X.]strafbar gemacht hat.
bb)
In den Fällen
A.
12.-14.
des Haftbefehls ist der Angeschuldigte eben-falls der Unterstützung einer terroristischen [X.]dringend verdächtig. Der Angeschuldigte unterstützte den m.

Staatsangehörigen, der
-
wie ihm bekannt war
-
von M.

nach [X.]reiste, um sich dort dem
[X.]als Kämpfer anzuschließen, mit drei Geldzahlungen während seiner Reise. Somit war er diesem bei seinem [X.]an die Organisation behilflich und förderte mithin durch jedenfalls eine Tat die terroristischen Ziele dieser Vereini-gung (vgl. BGH, Beschluss vom 8.
August 2019 -
StB
19/19, juris Rn.
28).
cc)
Das Handeln des Angeschuldigten im Fall
A.
15.
des Haftbefehls [X.]ebenfalls den Tatbestand der Unterstützung einer terroristischen Vereini-gung. Indem er dem nicht identifizierten, auf Hilfe außerhalb [X.]angewie-senen Mitglied einen Facebook-Account einrichtete, auf dem dieser Propagan-da und offizielle Verlautbarungen des [X.]verbreitete, unterstützte
er diese Per-31
32
33
-
15
-
son in ihren mitgliedschaftlichen Betätigungen für die Organisation (vgl. BGH, Beschluss vom 26.
Juni 2019 -
AK
32/19, juris Rn.
22 mwN).
Deutsches Strafrecht ist anwendbar, weil die Tathandlungen in [X.]begangen wurden und der Angeschuldigte sich in [X.]befindet. Die nach §
129b Abs.
1 Sätze
2
und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung liegt vor.
2.
Es ist der Haftgrund der Fluchtgefahr (§
112 Abs.
2 Nr.
2
StPO) gege-ben. Der Angeschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände entgegen. Zwar lebt die Familie des Angeschuldigten in Deutschland, wobei seine Frau schon seit vielen Jahren hier beheimatet ist und seine Kinder in der [X.]geboren sind. Auch der Angeschuldigte bemühte sich um seine Einbürgerung, wobei das Einbürge-rungsverfahren im Hinblick auf die hier erhobenen Vorwürfe zurzeit ruht. Zudem ging er seit seiner Einreise nach [X.]nahezu durchgängig einer Arbeit nach. Schließlich hat er die Taten eingeräumt und gibt an, inzwischen erkannt zu haben, dass es sich beim [X.]um eine Terrororganisation handelt. [X.]war er jahrelang mit der islamistischen Szene verbunden und hat -
wie auch die hier erhobenen Vorwürfe zeigen
-
zahlreiche Kontakte im [X.]und außer[X.]Ausland. Vor diesem Hintergrund ist zu erwar-ten, dass er sich, sollte er in Freiheit gelangen, dem weiteren Strafverfahren durch Flucht entziehen wird. Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§
116 Abs.
1 StPO) ist unter den gegebenen Umständen nicht erfolgversprechend.
3.
Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus (§
121 Abs.
1 StPO) liegen vor. Nach der 34
35
36
-
16
-
Festnahme des Angeschuldigten hat das [X.]die bei den [X.]sichergestellten Datenträger ausgewertet, die allerdings nur in ge-ringem Umfang zur Aufklärung der hier vorgeworfenen Taten beigetragen ha-ben. Diese waren zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls insbesondere durch die Auswertung der bereits früher sichergestellten Chats sowie den Aus-künften der Finanzdienstleister und den Aussagen des in Be.

inhaftierten
Zeugen Ma.

weitgehend aufgeklärt. Soweit die Sichtung der sichergestell-
ten Dateien nach der Verhaftung der Aufklärung weiterer dem Angeschuldigten vorgeworfener Taten gedient hat, die insbesondere seine Beteiligung an der Planung und Vorbereitung eines Anschlags in [X.]betrafen und hinsichtlich derer das Verfahren inzwischen nach §
170 Abs.
2 StPO eingestellt worden ist, vermag dies die [X.]nicht zu legitimieren. Die Notwendigkeit der Auf-klärung weiterer, im Haftbefehl nicht aufgeführter Straftaten stellt keinen wichti-gen Grund im Sinne des §
121 Abs.
1 StPO dar, der die Fortdauer der Untersu-chungshaft rechtfertigen kann. Der Vollzug der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus ist vielmehr nur zulässig, wenn sich die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein sonstiger wichtiger Grund im Sinne des §
121 Abs.
1 StPO gerade auf die Taten bezieht, die im Haftbefehl aufgeführt sind und deretwegen die Untersuchungshaft vollzogen wird (BVerfG, Beschlüsse vom 28.
Januar 1992 -
2
BvR
1754/91, NJW 1992, 1749, 1750;
vom 13.
September 2001 -
2
BvR
1286/01 u.a., NStZ 2002, 100 Rn.
3). Allerdings sind eine Reihe von Ermittlungsmaßnahmen nach der [X.]auch zur Verifizierung des Verdachts der im [X.]aufgeführten Straftaten durchgeführt worden. So ist noch eine der an den vorgeworfenen Transaktionen unmittelbar beteiligten Personen als Zeuge be-fragt worden. Auch ist der Zeuge Ma.

aufgrund einer [X.]Ermitt-
lungsanordnung in Be.

in Anwesenheit von Mitarbeitern [X.]Ermitt-
lungsbehörden am 22.
Oktober 2019 erneut vernommen worden. Schließlich ist -
17
-
der Angeschuldigte zu einer ausführlichen Vernehmung durch die Polizei bereit gewesen, die am 1. und 2.
Oktober 2019 stattgefunden hat. Danach sind die Ergebnisse aus Rechtshilfeersuchen an den K.

, N.

und Be.

abzuwarten gewesen. Die [X.]haben bis November 2019 ange-dauert. Nachdem am 25.
November 2019 mit dem Angeschuldigten erneut ein Vernehmungstermin vereinbart worden war, der von diesem kurzfristig [X.]worden ist, hat das [X.]Schleswig-Holstein die Ermittlun-gen noch im November 2019 abgeschlossen.
Bereits unter dem Datum des 4.
Dezember 2019 hat der Generalbun-desanwalt Anklage zum [X.]in [X.]erho-ben. Mit Verfügung vom 6.
Dezember 2019 hat die Vorsitzende die Zustellung der Anklageschrift an die Verteidiger sowie eine Übersetzung der Anklage ver-anlasst. Die bis zum 23.
Dezember 2019 gewährte Erklärungsfrist nach §
201 StPO ist mittlerweile abgelaufen. Mit einer baldigen Entscheidung über die Er-öffnung des Hauptverfahrens nach Rückkunft der
Akten ist somit zu rechnen. Die
Vorsitzende hat in der Verfügung vom 6.
Dezember 2019 eine unter Vorbe-halt der Eröffnung des Hauptverfahrens vorzunehmende zeitnahe [X.]mit den Verteidigern angekündigt. In Anbetracht dessen ist das Verfah-ren bislang noch mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt wor-den.
37
-
18
-
4.
Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht derzeit nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§
120 Abs.
1 Satz
1 StPO).
Schäfer
Spaniol
Anstötz
38

Meta

AK 61/19

09.01.2020

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.01.2020, Az. AK 61/19 (REWIS RS 2020, 11971)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11971

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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