Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2011, Az. V ZR 82/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1728

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
82/11
Verkündet am:

4. November 2011

Lesniak

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 16 Abs. 2; [X.] § 1967 Abs. 2, § 2213 Abs. 1

Gehört eine Eigentumswohnung zu dem Nachlass, weil sie der [X.] für den Erben mit [X.] erworben hat, sind die Hausgeldschulden, die während der Dauer der Testamentsvollstreckung fällig werden, Nachlassverbind-lichkeiten.

[X.], Urteil vom 4. November 2011 -
V [X.] -
LG Bamberg

[X.]

-
2
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 4. November 2011 durch [X.] Lemke, Prof.
Dr.
[X.]t-Räntsch und Dr.
Roth und die Richterin-nen Dr.
Brückner
und Weinland

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 5. April 2011 wird auf Kosten des [X.]n zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notariellem Testament setzte die im Januar 2008 verstorbene A.
K. ihren Enkel als Erben ein, ordnete die Testamentsvollstreckung durch den [X.]n bis zum 31. Dezember 2022 an und verfügte darüber hin-aus, dass der Testamentsvollstrecker für den Enkel -
soweit dieser es wünsche und an ihrem Todestag noch keine Eigentumswohnung besitze
-
von ihrem Bargeld bzw. sonstigen Vermögen eine angemessene Eigentumswohnung kau-fen solle. Der [X.] erwarb im August 2008 für den Erben eine Eigentums-wohnung, die zu der Wohnanlage der klagenden [X.] gehört. Im Grundbuch wurden der Erbe als Wohnungseigentümer sowie ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen. Die Klägerin erwirkte gegen den Erben wegen rückständiger Hausgeldforderungen für die [X.] von August 2008 bis September 2009 rechtskräftige [X.] über 1
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insgesamt 5.636,03

i-gentümer den Wirtschaftsplan für das [X.] und legten fest, dass die [X.] unverändert bleiben sollten. Nachdem die Zwangsvollstre-ckung in die Eigentumswohnung nicht gelang, verlangt die Klägerin nunmehr von dem [X.]n Zahlung des gegen den Erben titulierten Betrags sowie des e-stre-Berufung hat das [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der [X.] mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin [X.].

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, das Amtsgericht habe den [X.] zutreffend in einen Duldungsantrag umgedeutet, soweit die Forderung gegen den Erben bereits tituliert worden sei. Es sei unerheblich, dass die Wohnung erst nach dem Tod der Erblasserin erworben worden sei, weil dies mit Mitteln aus dem Nachlass und aufgrund der Anweisung in dem Testament geschehen sei. [X.] stellten sowohl Eigen-
als auch Nachlassverbind-lichkeiten dar mit der Folge, dass sowohl das Eigenvermögen des Erben als auch das Nachlassvermögen hafte. Ihre Begleichung entspreche der [X.] Verwaltung des Nachlasses.

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II.
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Hausgeld-forderungen zu Recht als Nachlassschulden angesehen, die gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 1 [X.] sowohl gegen den Erben als auch gegen den [X.]n als Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden können. Dies setzt voraus, dass die Wohnung zu dem Nachlass gehört und der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegt (vgl. §
2213 Abs.
1 Satz 2 [X.]). Ferner [X.] die Hausgeldschulden Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 Abs. 2 [X.] sein (vgl. [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 2213 Rn. 1). Diese Vor-aussetzungen sind gegeben.
1. Die Wohnung gehört zu dem Nachlass, für den eine Dauervollstre-ckung im Sinne von §
2209 [X.] angeordnet ist. Weil er aus diesem Grund ein Sondervermögen bildet, findet die auf die Erbengemeinschaft bezogene Be-stimmung des §
2041 Satz 1 [X.] über die dingliche [X.] analoge An-wendung (vgl. [X.], 132, 134; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., §
2041 Rn.
3; [X.]/[X.], [X.] [2010]
§ 2041 Rn. 12). Die [X.] tritt auch dann ein, wenn der Erwerb -
wie hier
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mit Mitteln des Nachlasses erfolgt (MünchKomm-[X.]/[X.], 5.
Aufl., §
2041
Rn. 12). Dabei ist unerheblich, ob der Testamentsvollstrecker eine testamentarische Anordnung im Sinne von §
2216 Abs. 2 Satz 1 [X.] befolgt. § 2216 [X.] betrifft nämlich nicht das Au-ßenverhältnis zu den Gläubigern -
also der Klägerin
-, sondern die dem [X.] gegenüber dem Erben obliegenden Pflichten (näher Münch-Komm-[X.]/[X.], 5.
Aufl., § 2216 Rn. 3 und 13). Entgegen der [X.] der Revision kommt es deshalb nicht darauf an, dass der [X.] den Kauf nur mit Einverständnis
des Erben ausführen sollte. Die Zugehörigkeit der Eigentumswohnung zu dem Nachlass ist auch nicht durch eine Freigabe ge-mäß §
2217 Abs. 1 Satz 1 [X.] aufgehoben worden. Ebenso wenig enthält das 3
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Testament einen Anhaltspunkt dafür, dass die Wohnung nach dem Erwerb nicht mehr der Testamentsvollstreckung unterliegen sollte. Deshalb erstreckt sich die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gemäß § 2205 Satz 1 [X.] auf sie (vgl. § 2213 Abs. 1 Satz 2 [X.]).
2. [X.] sind Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von §
1967 Abs.
2 [X.].

a) Überwiegend werden Hausgeldschulden für eine im Wege der Erbfol-ge erworbene Eigentumswohnung auch dann als Nachlassverbindlichkeiten angesehen, wenn sie erst nach dem Erbfall fällig werden und -
wie hier jeden-falls teilweise
-
ihre Grundlage in einem erst nach dem Erwerb gefassten Be-schluss der Wohnungseigentümer haben. Im Einzelnen streitig ist dabei ledig-lich, ob sie reine Nachlassschulden (so jedenfalls im Ergebnis BayObLG, [X.], 41 ff.; [X.]/Bub,
[X.] [2005], § 28 [X.] Rn. 174) oder [X.] darstellen, bei denen sowohl der Nachlass als auch der Erbe persönlich haftet (so mit unterschiedlichen Differenzierungen [X.], NJW-RR 1986, 177; [X.], NJW-RR 1992, 460; [X.], [X.], 902, 906; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 1967 Rn. 20; [X.], [X.] 2000, 153, 154; Niedenführ, [X.], 641, 642). Teilweise wird aber auch vertreten, dass eine reine Eigenschuld des Erben entstehe (für die [X.] ab dem Erbfall [X.]/[X.]/Elzer, [X.], 3. Aufl., § 16 Rn. 199; für die auf die erste Beschlussfassung nach dem Erbfall folgende [X.] [X.], [X.], 244, 245; [X.], [X.], 995, 996).

b) Eine reine Eigenschuld des Erben scheidet jedenfalls dann aus, wenn -
wie hier
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eine Dauervollstreckung angeordnet ist und die Wohnung von dem Testamentsvollstrecker verwaltet wird. Geht der Testamentsvollstrecker im Rahmen der Verwaltung Verbindlichkeiten ein, entstehen nach allgemeiner 5
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Meinung notwendig Nachlassverbindlichkeiten (MünchKomm-[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 1967 Rn. 21; Hügel, [X.] 2006, 174, 177). Weil der [X.] verwaltungsbefugt ist, hat nach allgemeiner Ansicht er und nicht der Erbe das Stimmrecht auszuüben ([X.], [X.], 11. Aufl., § 25 Rn. 26; Jennißen in Jennißen, [X.], 2. Aufl., §
25 Rn. 29; Pa-landt/Bassenge, [X.], 70. Aufl., § 25 [X.] Rn. 2; Hügel, [X.] 2006, 174, 178). Unabhängig davon, ob er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht, sind die beschlossenen Hausgeldforderungen insgesamt Folge seiner Verwaltung und damit Nachlasserbenschulden (vgl. Hügel, [X.] 2006, 174, 177).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Lemke

[X.]t-Räntsch

Roth

Brückner

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.07.2010 -
30 C 769/10 [X.] -

LG Bamberg, Entscheidung vom 05.04.2011 -
1 S 40/10 [X.] -

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Meta

V ZR 82/11

04.11.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2011, Az. V ZR 82/11 (REWIS RS 2011, 1728)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1728

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 82/11

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