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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Erwerb einer Eigentumswohnung durch den Testamentsvollstrecker: Hausgeldschulden als Nachlassverbindlichkeiten
Gehört eine Eigentumswohnung zu dem Nachlass, weil sie der Testamentsvollstrecker für den Erben mit Nachlassmitteln erworben hat, sind die Hausgeldschulden, die während der Dauer der Testamentsvollstreckung fällig werden, Nachlassverbindlichkeiten .
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.]vom 5. April 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Mit notariellem Testament setzte die im Januar 2008 verstorbene A. K. ihren Enkel als Erben ein, ordnete die Testamentsvollstreckung durch den Beklagten bis zum 31. Dezember 2022 an und verfügte darüber hinaus, dass der Testamentsvollstrecker für den Enkel - soweit dieser es wünsche und an ihrem Todestag noch keine Eigentumswohnung besitze - von ihrem Bargeld bzw. sonstigen Vermögen eine angemessene Eigentumswohnung kaufen solle. Der Beklagte erwarb im August 2008 für den Erben eine Eigentumswohnung, die zu der Wohnanlage der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft gehört. Im Grundbuch wurden der Erbe als Wohnungseigentümer sowie ein Testamentsvollstreckervermerk eingetragen. Die Klägerin erwirkte gegen den Erben wegen rückständiger Hausgeldforderungen für die Zeit von August 2008 bis September 2009 rechtskräftige [X.]über insgesamt 5.636,03 €. Am 17. September 2009 beschlossen die Wohnungseigentümer den Wirtschaftsplan für das [X.]und legten fest, dass die [X.]unverändert bleiben sollten. Nachdem die Zwangsvollstreckung in die Eigentumswohnung nicht gelang, verlangt die Klägerin nunmehr von dem Beklagten Zahlung des gegen den Erben titulierten Betrags sowie des Hausgelds von Oktober 2009 bis März 2010 in Höhe von 2.586 €. Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, in Höhe von 5.636,03 € die Zwangsvollstreckung in den Nachlass zu dulden und 2.586 € an die Klägerin zu zahlen. Die Berufung hat das [X.]zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
I.
Das Berufungsgericht meint, das Amtsgericht habe den [X.]zutreffend in einen Duldungsantrag umgedeutet, soweit die Forderung gegen den Erben bereits tituliert worden sei. Es sei unerheblich, dass die Wohnung erst nach dem Tod der Erblasserin erworben worden sei, weil dies mit Mitteln aus dem Nachlass und aufgrund der Anweisung in dem Testament geschehen sei. Die [X.]stellten sowohl Eigen- als auch Nachlassverbindlichkeiten dar mit der Folge, dass sowohl das Eigenvermögen des Erben als auch das Nachlassvermögen hafte. Ihre Begleichung entspreche der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die [X.]zu Recht als Nachlassschulden angesehen, die gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB sowohl gegen den Erben als auch gegen den Beklagten als Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden können. Dies setzt voraus, dass die Wohnung zu dem Nachlass gehört und der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterliegt (vgl. § 2213 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ferner müssen die Hausgeldschulden Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB sein (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 70. Aufl., § 2213 Rn. 1). Diese Voraussetzungen sind gegeben.
1. Die Wohnung gehört zu dem Nachlass, für den eine Dauervollstreckung im Sinne von § 2209 BGB angeordnet ist. Weil er aus diesem Grund ein Sondervermögen bildet, findet die auf die Erbengemeinschaft bezogene Bestimmung des § 2041 Satz 1 BGB über die dingliche [X.]analoge Anwendung (vgl. RGZ 138, 132, 134; MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Aufl., § 2041 Rn. 3; Staudinger/Werner, [X.][2010] § 2041 Rn. 12). Die [X.]tritt auch dann ein, wenn der Erwerb - wie hier - mit Mitteln des Nachlasses erfolgt (MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Aufl., § 2041 Rn. 12). Dabei ist unerheblich, ob der Testamentsvollstrecker eine testamentarische Anordnung im Sinne von § 2216 Abs. 2 Satz 1 BGB befolgt. § 2216 BGB betrifft nämlich nicht das Außenverhältnis zu den Gläubigern - also der Klägerin -, sondern die dem Testamentsvollstrecker gegenüber dem Erben obliegenden Pflichten (näher MünchKomm-BGB/Zimmermann, 5. Aufl., § 2216 Rn. 3 und 13). Entgegen der Auffassung der Revision kommt es deshalb nicht darauf an, dass der [X.]den Kauf nur mit Einverständnis des Erben ausführen sollte. Die Zugehörigkeit der Eigentumswohnung zu dem Nachlass ist auch nicht durch eine Freigabe gemäß § 2217 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgehoben worden. Ebenso wenig enthält das Testament einen Anhaltspunkt dafür, dass die Wohnung nach dem Erwerb nicht mehr der Testamentsvollstreckung unterliegen sollte. Deshalb erstreckt sich die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers gemäß § 2205 Satz 1 BGB auf sie (vgl. § 2213 Abs. 1 Satz 2 BGB).
2. Die [X.]sind Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB.
a) Überwiegend werden Hausgeldschulden für eine im Wege der Erbfolge erworbene Eigentumswohnung auch dann als Nachlassverbindlichkeiten angesehen, wenn sie erst nach dem Erbfall fällig werden und - wie hier jedenfalls teilweise - ihre Grundlage in einem erst nach dem Erwerb gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer haben. Im Einzelnen streitig ist dabei lediglich, ob sie reine Nachlassschulden (so jedenfalls im Ergebnis BayObLG, NZM 2000, 41 ff.; Staudinger/Bub, [X.][2005], § 28 WEG Rn. 174) oder sogenannte Nachlasserbenschulden darstellen, bei denen sowohl der Nachlass als auch der Erbe persönlich haftet (so mit unterschiedlichen Differenzierungen OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 177; OLG Köln, NJW-RR 1992, 460; Dötsch, ZMR 2006, 902, 906; MünchKomm-BGB/Küpper, 5. Aufl., § 1967 Rn. 20; Marotzke, [X.]2000, 153, 154; Niedenführ, NZM 2000, 641, 642). Teilweise wird aber auch vertreten, dass eine reine Eigenschuld des Erben entstehe (für die [X.]ab dem Erbfall Rieke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 199; für die auf die erste Beschlussfassung nach dem Erbfall folgende [X.]Bonifacio, MDR 2006, 244, 245; Siegmann, NZM 2000, 995, 996).
b) Eine reine Eigenschuld des Erben scheidet jedenfalls dann aus, wenn - wie hier - eine Dauervollstreckung angeordnet ist und die Wohnung von dem Testamentsvollstrecker verwaltet wird. Geht der Testamentsvollstrecker im Rahmen der Verwaltung Verbindlichkeiten ein, entstehen nach allgemeiner Meinung notwendig Nachlassverbindlichkeiten (MünchKomm-BGB/Küpper, BGB, 5. Aufl., § 1967 Rn. 21; Hügel, [X.]2006, 174, 177). Weil der Testamentsvollstrecker verwaltungsbefugt ist, hat nach allgemeiner Ansicht er und nicht der Erbe das Stimmrecht auszuüben (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 25 Rn. 26; Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 25 Rn. 29; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 25 WEG Rn. 2; Hügel, [X.]2006, 174, 178). Unabhängig davon, ob er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht, sind die beschlossenen [X.]insgesamt Folge seiner Verwaltung und damit Nachlasserbenschulden (vgl. Hügel, [X.]2006, 174, 177).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland
Meta
04.11.2011
Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend LG Bamberg, 5. April 2011, Az: 1 S 40/10 WEG, Urteil
§ 16 Abs 2 WoEigG, § 1967 Abs 2 BGB, § 2213 Abs 1 BGB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.11.2011, Az. V ZR 82/11 (REWIS RS 2011, 1726)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 1726
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
V ZR 82/11 (Bundesgerichtshof)
V ZR 81/12 (Bundesgerichtshof)
Erbenhaftung: Nach dem Erbfall fällig werdende Wohngeldschulden als Eigenverbindlichkeiten des Erben der Eigentumswohnung
V ZR 81/12 (Bundesgerichtshof)
IX ZR 42/05 (Bundesgerichtshof)
Beschränkte Erbenhaftung für von einem Nachlassverwalter verursachte Steuerschulden