Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2005, Az. X ZR 36/03

X. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3134

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 14. Juni 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 14. Juni 2005 durch [X.] Melullis, den [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.]

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n und seiner Streithelferin wird das am 13. März 2003 verkündete [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungs-gericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der S.

GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Der [X.] betreibt eine Tankstelle, die sich auf einem Grundstück befindet, das in ungeteilter Erbengemeinschaft in seinem und seiner Mutter Eigentum stand. Während des Prozesses hat die Mutter ihren Gemeinschaftsanteil auf den [X.]n übertragen. Die Rechts-vorgängerin der Schuldnerin, die [X.]und A.

GmbH, die - 3 - mit der Schuldnerin verschmolzen worden ist, hat mit der Klage restlichen Werklohn in Höhe von 135.750,-- DM aus einem im Jahr 1997 geschlossenen Vertrag über die Sanierung der Tankstelle verlangt. Der [X.] hat Mängel eingewendet, und zwar das Nichtfunktionieren von EPSi-Schnittstellenwand-lern, und mit einem Schadensersatzanspruch über 87.538,-- DM die Aufrech-nung erklärt. Das [X.] hat - sachverständig beraten - der Klage in der Hauptsache stattgegeben; es hat gemeint, die Mängel seien im Bereich der bauseits (d.h. vom [X.]n) erstellten Zuleitung aufgetreten und nicht am Gewerk der Schuldnerin. Hiergegen hat der [X.] Berufung eingelegt. Er hat während des Berufungsverfahrens eine neue Steueranlage installiert; seither läuft der [X.] störungsfrei. Im Berufungsverfahren hat der [X.] seine Aufrechnungsforderung auf 192.927,86 DM beziffert. Im August 2002 ist über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet [X.]; der Insolvenzverwalter hat das Verfahren aufgenommen. Die Berufungen des [X.]n und seiner Streithelferin sind erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der [X.] sein Klageabweisungsbe-gehren (unter Ermäßigung der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderung um doppelt angesetzte Umsatzsteuer) weiter.

Entscheidungsgründe:
[X.] Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entschei-dung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist. I[X.] Das Berufungsgericht ist zum Ergebnis gekommen, daß sich der [X.] der Bezahlung des restlichen [X.] nicht mit der Begründung ent-ziehen könne, ihm stehe ein Schadensersatzanspruch zu. Folge man dem Be-- 4 - klagten, so habe die Schuldnerin ein nur teilweise brauchbares Werk geliefert. Zwar komme in Betracht, daß der Kläger sich mit einer der Brauchbarkeit ent-sprechenden geringeren Vergütung begnügen müsse. Hierzu habe der [X.] jedoch nicht ausreichend vorgetragen. Vorstellbar sei es zwar, wie bei einer Berechnung der Minderung zu verfahren; dazu sei aber nichts dargetan.
Der Anspruch des [X.] sei auch nicht durch [X.]. Gegen deren Zulässigkeit beständen zwar trotz eines Aufrechnungsver-bots in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsvorgängerin der Schuldnerin keine Bedenken, da das [X.] infolge der Insolvenz zurücktrete. Der [X.] habe jedoch keinen aufrechenbaren Anspruch. [X.] gemacht werden könne nur ein Schaden, der der Erbengemeinschaft ent-standen sei. Der [X.] mache aber keinen Schaden der Erbengemeinschaft geltend, sondern einen ihm persönlich entstandenen. Damit habe es während des Bestehens der Erbengemeinschaft schon an der Gegenseitigkeit der [X.] gefehlt. Nach Übertragung des Erbanteils der Mutter beständen diesbe-züglich allerdings keine Bedenken mehr. Jedoch sei der geltend gemachte Schaden während des Bestehens der Erbengemeinschaft entstanden. Der [X.] könne einen solchen Schaden nicht ersetzt verlangen. Eine vertragsu-nabhängige Anspruchsgrundlage sei nicht ersichtlich.
Zudem sei der zur Aufrechnung gestellte Schaden nicht hinreichend sub-stantiiert. Es sei nicht ersichtlich, daß es sich bei der Vorhaltung bzw. dem [X.] zusätzlichen Personals auf Grund der mangelhaften Funktion um Mehrko-sten handle; der [X.] rechne schlicht den Personaleinsatz ab. Zu der Posi-tion "Abrechnung Techniker und Programmierer" fehle jeder Vortrag. Bezüglich des entgangenen Gewinns beschränke sich der [X.] auf die Angabe des Betrags von 100,-- DM je Stunde. Tatsachen, die diese Angabe stützten, nenne er nicht. Es sei auch nicht berücksichtigt, daß ein Teil der Kunden offenbar ge-- 5 - wartet habe und nicht zu einer anderen Tankstelle gefahren sei. Der Gewinn wäre nur entgangen, wenn alle Kunden bei einer Störung weggefahren wären. Kosten für eine neue Tankstellensteuerung könnten deshalb nicht verlangt wer-den, weil es an Fristsetzung und Ablehnungsandrohung fehle; die Fristsetzung sei nicht entbehrlich gewesen, weil die Beseitigung der Mängel nicht ernsthaft und endgültig verweigert worden sei. Auch sei nicht ersichtlich, daß sich die Schuldnerin in Verzug befunden habe.
II[X.] Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Klageforderung als aus § 631 [X.] be-gründet angesehen. Dies setzt voraus, daß der Besteller das Werk abgenom-men hat (§§ 640, 641 [X.] a.F.). Hierzu hat das Berufungsgericht keine Fest-stellungen getroffen. Jedoch ergibt sich aus dem von ihm in Bezug genomme-nen [X.]surteil, daß am 30. Juni 1998 eine Abnahmeerklärung [X.] worden ist. Damit ist mit den Vorinstanzen insoweit von einer Fälligkeit des Restwerklohnanspruchs des [X.] auszugehen.
2. Da es das Berufungsgericht offengelassen hat, ob die Schuldnerin ein nur teilweise brauchbares Werk geliefert hat, ist das Vorhandensein von [X.] der Anlage für das Revisionsverfahren zu unterstellen. Dem [X.]n stand in diesem Fall zunächst ein Nachbesserungsanspruch nach § 633 [X.] a.F. zu; eine Nachbesserung wurde jedoch verweigert. Daraus konnte sich ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Restwerklohnforderung ergeben (§ 273 Abs. 1, § 320 [X.]; nachfolgend unter 3.). Dieses schließt derzeit die Durchset-zung der Forderung aus. Dem stand nicht entgegen, daß sich die [X.] nicht gegen den [X.]n, sondern gegen die Erbengemeinschaft rich-tete, weil der [X.] den weiteren Anteil vor dem Schluß der mündlichen Ver-- 6 - handlung erworben hat. Auf die von den Parteien problematisierte Frage, ob der [X.] gegen die Restwerklohnforderung aufrechnen konnte, kommt es des-halb für das Revisionsverfahren nicht an.
3. a) Die Revision vertritt die Ansicht, der Anspruch, der dem Besteller gegen den Unternehmer wegen schuldhafter Verletzung der Nachbesserungs-pflicht zustehe, könne insbesondere dazu führen, daß der Unternehmer den Besteller ganz oder teilweise nicht auf Zahlung des [X.] in Anspruch [X.] könne. Der Besteller könne das mangelhafte Werk behalten und die ihm durch die mangelhafte Erfüllung entstandenen Schäden ersetzt verlangen. [X.] könnten sowohl im verbleibenden Minderwert als auch in den Kosten der Mängelbeseitigung liegen. Das entspreche auch der Auffassung des [X.]. Hierzu habe der Unternehmer nicht in Verzug gesetzt werden müssen. Die Erklärungen der Schuldnerin könnten in Zusammenhang mit der Weigerung der Rechtsvorgängerin der Streithelferin des [X.] (Sch.

), weitere Nachbesserungsarbeiten auszuführen, nur dahin interpretiert wer- den, daß solche verweigert würden. Dies lasse das Berufungsgericht außer Be-tracht, wenn es eine [X.] verneine.
b) Mit der Frage der [X.] hat sich das Berufungsge-richt nur mit der formelhaften Wendung auseinandergesetzt, eine ernsthafte und endgültige [X.] habe nicht vorgelegen. Dies stellt eine ausreichende Begründung nicht dar (§ 547 Nr. 6 ZPO; vgl. [X.], 333). Von daher ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß eine Erfüllungs-verweigerung auf der [X.]eite vorgelegen hat; die Würdigung des von der Revisionserwiderung angezogenen Schreibens der Schuldnerin vom 7. April 1998 ist dem Tatrichter vorbehalten. Auf dieser Grundlage sind jedenfalls nach § 634 Abs. 2 [X.] a.F. die Voraussetzungen für Gewährleistungsansprüche des [X.]n gegeben, die über § 635 [X.] a.F. auch Schadensersatzansprüche - 7 - des [X.]n zu begründen geeignet waren. Der Schadensersatzanspruch war, soweit er hier in Betracht kam, auf Geldentschädigung gerichtet und [X.] den in der Mangelhaftigkeit des Werks liegenden Schaden, und zwar [X.] in Höhe der Mängelbeseitigungskosten (vgl. [X.], 81, 84 f.), die der [X.] mit 14.156,86 DM beziffert hat. Die weiteren vom [X.]n im [X.] geltend gemachten Positionen (Personalkosten, die jetzt noch mit 76.110,-- DM beziffert werden sowie [X.] in Höhe von 35.032,-- DM) kommen jedenfalls als Mangelfolgeschäden in Betracht, die der [X.] aus dem Gesichtspunkt des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte (vgl. u.a. [X.], 91, 96) oder der Drittschadensliquidation (vgl. u.a. [X.], 91, 100) möglicherweise ersetzt verlangen kann. Auch wenn die bezifferten Gegen-forderungen des [X.]n damit hinter der dem Betrag nach unstreitigen Rest-forderung des [X.] zurückbleiben, steht dies einem Zurückbehaltungsrecht in Höhe der gesamten Restforderung des [X.] nicht entgegen. Zudem kann eine Schadensberechnung möglicherweise auch dahin erfolgen, daß die ge-samte Restforderung der Klägerin als Schaden anzusehen ist; dies wird das Berufungsgericht bei seiner erneuten Befassung erforderlichenfalls zu prüfen haben.
c) Die demnach in Betracht kommenden Gegenansprüche kann der [X.] im Weg des Zurückbehaltungsrechts der Klageforderung entgegenset-zen; dies scheitert insbesondere nicht an fehlender Konnexität der [X.]. So erfordert das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 [X.] nur, daß der Gegenanspruch aus demselben rechtlichen Verhältnis begründet ist, auf dem die Verpflichtung des Gläubigers beruht. Das gilt auch, wenn die Gegen-forderung dem Schuldner nicht allein, sondern gesamthänderisch mit [X.] zusteht. So hat der [X.] entschieden ([X.], 122, 125), die Bestimmung des § 273 [X.] setze zwar nach ihrem Wortlaut voraus, daß der zurückbehaltende Schuldner selbst zugleich Gläubiger des Gegenanspruchs - 8 - sei; die Gegenseitigkeitsvoraussetzung werde jedoch beim [X.] weniger streng als bei der Aufrechnung verstanden und auch dann bejaht, wenn die Gegenforderung dem Zurückbehaltenden nur gemeinschaftlich mit anderen (gesamthänderisch mit anderen Miterben) zusteht (vgl. auch [X.], 173, 176; [X.], [X.]. v. 17.5.1988 - IX ZR 5/87, [X.]R [X.] § 273 Abs. 1 - Gegenseitigkeit 1; [X.]/[X.], [X.], 64. Aufl., § 273 Rdn. 6; Münch-Komm/[X.], 4. Aufl., § 273 [X.] Rdn. 9 und [X.], § 273 [X.] Rdn. 75 f.).
4. Im Ergebnis begründet ist die Revision weiter mit der Rüge, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts habe der [X.] seinen Schaden schlüssig dargelegt. Das Berufungsgericht hat insoweit den Vortrag des [X.]n nicht umfassend in Betracht gezogen. Das betrifft jedenfalls den [X.] erhöhten Personaleinsatz wegen des "Autarkbetriebs", d.h. der wegen des - zeitweiligen - Ausfalls der Elektronik erforderlichen Erledigung bestimmter Funktionen durch menschliche Tätigkeit. Das Berufungsgericht hat insoweit gemeint, der [X.] rechne "schlicht die Personalkosten" ab. Daß [X.] Personal eingesetzt werden mußte, hat der [X.] aber, wie die [X.] zu Recht rügt, in seinem Schriftsatz vom 17. Juli 2002 ([X.]. 450 - nicht 451, wie gerügt - d.A. unter a) geltend gemacht. Mit diesem Vortrag hat sich das Be-rufungsgericht nicht auseinandergesetzt. Wenn die Revisionserwiderung dage-gen vorbringt, es habe an [X.] des [X.]n gefehlt, so läßt sie außer Betracht, daß Feststellungen zur Beweisbedürftigkeit dieses Vortrags nicht getroffen sind. Die Folgerung des Berufungsgerichts, daß die Mehrkosten insgesamt unsubstantiiert seien, entbehrt damit insoweit der tragfähigen [X.]. - 9 - [X.] ist zudem hinsichtlich des behaupteten entgangenen Gewinns begründet; mit dem Verlangen der Darlegung, welche Kunden weggefahren seien, hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierung überzogen.
[X.] Im neu eröffneten [X.] wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, wieweit ein ersatzpflichtiger Schaden in der Belastung mit der Restwerklohnforderung insgesamt liegt. Es wird sich erforderlichenfalls weiter mit den Fragen zu befassen haben, wieweit die Gegenforderungen des [X.]n wegen der von dritter Seite durchgeführten Mangelbeseitigung und wegen der Mangelfolgeschäden begründet sind.

[X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

X ZR 36/03

14.06.2005

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2005, Az. X ZR 36/03 (REWIS RS 2005, 3134)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3134

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