Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.09.2000, Az. 2 StR 190/00

2. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1253

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[X.] DES [X.]/00vom6. September 2000in der [X.] Betrugs- 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 6. [X.], an der teilgenommen haben:Vizepräsident des BundesgerichtshofesDr. [X.]als Vorsitzender,die [X.] am [X.],[X.],Prof. Dr. Fischer,die [X.]in am [X.]als beisitzende [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Dezember 1999 mit den Feststellungenaufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschafts-strafkammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheits-strafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.Nach den Feststellungen täuschte der Angeklagte im Anschluß an einenam 22. März 1987 erlittenen Verkehrsunfall erhebliche vorgeblich als Folge [X.] eingetretene gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, um von der Haft-pflichtversicherung des Unfallgegners ihm tatsächlich nicht zustehende Scha-densersatzleistungen zu erhalten. Aufgrund der Simulation des Angeklagtenerbrachte die Versicherung im Zeitraum von April 1987 bis Mai 1996 zu Un-recht Rentenzahlungen für entstandenen Verdienstausfall in Höhe von [X.] ca. 460.000 DM.Gegen das Urteil wendet sich die auf Verfahrensrügen und die [X.] gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat mit einer Verfahrensrü-ge Erfolg.- 4 -I.Der Beschwerdeführer beanstandet, das [X.] habe gegen § 261StPO verstoßen, indem es bei seiner Entscheidung den Wortlaut [X.] verwertet habe, ohne diese Gutachten ordnungsgemäß durch Ver-lesung gemäß § 249 Abs. 1 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt zu ha-ben. Jedenfalls mit der die Verwertung des Gutachtens des Prof. Dr. S. vom 8. März 1991 betreffenden Verfahrensbeanstandung dringt die [X.]. Das [X.] hat Prof. Dr. S. nicht als Sachverständigen an-gehört, sondern als sachverständigen Zeugen dazu vernommen, daß er diesesGutachten erstattet hat.Die Strafkammer teilt in den Urteilsgründen im Rahmen der Feststellun-gen zum Sachverhalt das schriftliche Gutachten des Prof. Dr. S. vom8. März 1991 auszugsweise im Wortlaut mit. Die wörtliche Wiedergabe er-streckt sich über mehr als sechs Urteilsseiten. Eine förmliche Verlesung [X.] gemäß § 249 Abs. 1 StPO ist in der Hauptverhandlung nicht er-folgt, was durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls bewiesenwird ([X.], 424; NStZ 1993, 51; BGHR StPO § 261 Inbegriff derVerhandlung [X.] gegebenenfalls auf nicht protokollierungspflichtige Vorhalte ge-machte Bekundungen des in der Hauptverhandlung als sachverständigen [X.] vernommenen Prof. Dr. S. oder des darüber hinaus als Auskunfts-person in Betracht kommenden Sachverständigen Prof. Dr. Sc. ist [X.] des Gutachtens vom 8. März 1991 ebenfalls nicht in die [X.] eingeführt worden. Dem Urteil läßt sich lediglich entnehmen, daß dersachverständige Zeuge glaubhaft bestätigt hat, das auszugsweise zitierte [X.] angefertigt zu haben. Demgegenüber fehlt ein Hinweis auf eine den- 5 -Inhalt des Gutachtens bestätigende Erklärung des sachverständigen Zeugenoder des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Sc. . Wird ein nichtverlesenes Schriftstück ohne einen solchen Hinweis auf eine bestätigende Er-klärung einer in der Hauptverhandlung vernommenen Auskunftsperson im Ur-teil auszugsweise wörtlich wiedergegeben, so deutet dies in der Regel daraufhin, daß der Wortlaut selbst zum Zwecke des Beweises verwertet worden istund nicht nur eine gegebenenfalls auf einen Vorhalt abgegebene Bekundung(vgl. [X.], 424; BGHSt 11, 159, 161f). Bei den im Urteil wörtlichzitierten Auszügen aus dem Gutachten vom 8. März 1999 handelt es sich zu-dem um umfangreiche, sowohl inhaltlich als auch sprachlich komplex gestalteteTextpassagen, in denen anamnestische Angaben des Angeklagten sowie eige-ne umfängliche Untersuchungsergebnisse referiert werden und eine zusam-menfassende gutachterliche Wertung der erhobenen Befunde formuliert ist. DieEinzelheiten dieser Gutachtenteile, insbesondere der genaue Wortlaut, könnennach der Lebenserfahrung von einer Auskunftsperson auch auf Vorhalt nichtaus der Erinnerung heraus wiedergegeben werden. Der [X.] schließt [X.], daß das [X.] den Wortlaut der im Urteil zitierten Abschnitte [X.] auf Grund der Angaben des sachverständigen Zeugen Prof. Dr.S. oder des Sachverständigen Prof. Dr. Sc. festgestellt hat (vgl.BGHSt 5, 278; 11, 159; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 5, 11, 12;BGH bei [X.] 1991, 704).Mit der wörtlichen Verwertung des nicht in die Hauptverhandlung einge-führten schriftlichen Gutachtens hat das [X.] gegen § 261 StPO ver-stoßen. Der [X.] kann bei der gegebenen Sachlage nicht ausschließen, daßdas Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht. Denn die Strafkammer hat [X.] der Sachverhaltsfeststellungen auf eine eigene Schilderung des simu-lierten Verhaltens des Angeklagten verzichtet und sich statt dessen darauf be-- 6 -schränkt, verschiedene ärztliche Gutachten, darunter das Gutachten des Prof.Dr. S. vom 8. März 1991, auszugsweise wörtlich wiederzugeben undpauschal festzustellen, daß die "vorstehend genannten und in den Gutachtenbescheinigten" gesundheitlichen Beeinträchtigungen niemals bestanden [X.].Das Urteil kann demnach keinen Bestand haben, ohne daß es einer Er-örterung der weiteren Verfahrensrügen oder der Sachbeschwerde bedarf.II.Für die erneute Hauptverhandlung weist der [X.] auf folgendes hin:1. Zur Klärung der Frage, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen [X.] simuliert wurden, bedarf es einer mit sachverständiger Hilfe vor-zunehmenden Auseinandersetzung mit den bei den verschiedenen Untersu-chungen jeweils vom Angeklagten angegebenen Beschwerden, den [X.] und den unterschiedlichen Diagnosen. Dabei wird derneue Tatrichter auch die Möglichkeit einer bewußten oder unbewußt als Aus-druck einer neurotischen Störung erfolgten Aggravation vorhandener Beein-trächtigungen in seine Überlegungen mit einzubeziehen haben. Im Hinblick aufdas Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Prof. Dr. Sc. empfiehltes sich, zur Beurteilung dieser Fragen einen anderen Sachverständigen hinzu-zuziehen.2. Das tatrichterliche Urteil muß nach § 267 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5Satz 1 StPO eine in sich geschlossene Darstellung des zum [X.] Sachverhalts enthalten (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sach-darstellung 3 und § 267 Abs. 5 Freispruch 4), welche erkennen läßt, inwieweitder Tatrichter die gesetzlichen Merkmale des Straftatbestands durch [X.] 7 -chen erfüllt ansieht. Werden anstelle einer aus sich heraus verständlichenSchilderung des Tatgeschehens im wesentlichen wörtliche Zitate aus verschie-denen Schriftstücken, die zudem die innere Tatseite nicht belegen, aneinan-dergereiht, gefährdet dies in sachlich-rechtlicher Hinsicht den Bestand des [X.].[X.] Detter [X.] Fischer Elf

Meta

2 StR 190/00

06.09.2000

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.09.2000, Az. 2 StR 190/00 (REWIS RS 2000, 1253)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1253

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