Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2018, Az. 1 StR 71/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 7230

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:260618B1STR71.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

1
StR 71/18
vom
26. Juni
2018
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges

-
2
-
Der 1
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des [X.]s
und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 26.
Juni
2018
gemäß §
154 Abs.
2 i.V.m.
Abs.
1 Nr.
1, §
349 Abs.
2 und 4
StPO
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17.
Juli 2017 wird
a)
das Verfahren in den Fällen [X.] und 2. der Urteilsgründe eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur
Last;
b)
das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahingehend [X.], dass der Angeklagte wegen Betruges in 34 Fällen verurteilt i[X.]
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in 36 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiervon hat es einen Monat für vollstreckt erklärt.
Die auf mehrere sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu dem aus der Entscheidungsformel ersichtli-chen geringen Teilerfolg (§
349 Abs.
4 StPO). Im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet i.S.v.
§
349 Abs.
2 StPO.
1.
Der Senat stellt das die Fälle [X.] und 2. der Urteilsgründe (Taten zu Lasten des Geschädigten

R.

) betreffende Verfahren aus [X.] Gründen ein. Die für die beiden vorgenannten Taten ver-hängten Einzelstrafen fallen im Hinblick auf die übrigen Einzelstrafen nicht be-trächtlich ins Gewicht. Die Einstellung bedingt die vorgenommene Abänderung des Schuldspruchs.
2.
Ein Verfahrenshindernis bezüglich der Taten [X.] der [X.] liegt nicht vor; entgegen der von der Revision vertretenen Rechtsauffassung sind die genannten Taten nicht verjährt.
a)
Ausweislich der rechtsfehlerfrei getroffenen
Feststellungen ging im Fall [X.] der Urteilsgründe am 15.
März 2010 ein von der geschädigten Anle-gerin überwiesener Teilbetrag in Höhe von 4.500 Euro auf ein näher bezeichne-tes, dem Angeklagten [X.] Konto ein. Erst damit war der erstrebte Vermögensvorteil tatsächlich vollständig erlangt und die Tat i.S.v.
§
78a Satz 1 StGB beendet (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
November 2017

3
StR 266/17, NStZ-RR 2018, 211, 212). Ohne verjährungsunterbrechende Handlungen wäre diese Tat gemäß §
78 Abs.
3 Nr.
4 StGB mit Ablauf des 14.
März 2015 verjährt.
1
2
3
4
5
-
4
-
b)
Wie der [X.] zutreffend aufgezeigt hat, ist für diese Tat die Verjährungsfrist jedoch wirksam vor deren Ablauf spätestens durch die Durchsuchungsbeschlüsse des [X.] vom 10.
März 2015 ([X.].
542
ff. Band III
der [X.]) gemäß §
78c Abs.
1 Satz
1 Nr.
4 StGB
unterbrochen worden. Nach dieser Vorschrift wird die Verjährung durch jede richterliche Beschlagnahme-
oder Untersuchungsanordnung unterbrochen. [X.] Wirkung entfällt nur dann, wenn

was hier nicht der Fall ist

die richterli-chen Anordnungsentscheidungen Mindestanforderungen an die Konkretisierung des [X.] nicht genügen und deshalb ihrerseits unwirksam sind (siehe nur [X.], Urteil vom 10.
November 2016

4
StR 86/16, [X.], 45, 46 mwN).
Die Unterbrechungswirkung erfasst die hier fragliche Tat ([X.]) zum Nachteil der Geschädigten

D.

(vormals:

B.

), obwohl die Durchsuchungsbeschlüsse sich ausdrücklich lediglich auf Taten des Angeklag-ten zu Lasten der Geschädigten A.

und K.

beziehen. Wird,
wie vorlie-gend,
wegen mehrerer Taten im prozessualen Sinne des §
264 StPO ermittelt, so bezieht sich die Unterbrechungswirkung grundsätzlich auf alle verfahrensge-genständlichen Taten, sofern nicht der [X.] der tätig werdenden Strafverfolgungsorgane erkennbar auf eine oder mehrere Taten beschränkt ist ([X.] Rspr.; [X.], Beschlüsse vom 7.
November 2001

1
StR 375/01, [X.], 57 und vom 19. Juni 2008

3
StR 545/07, [X.], 205, 206; Urteil vom 10.
November 2016

4
StR 86/16, [X.], 45, 47
mwN; siehe auch Beschluss vom 10.
August 2017

1
StR 218/17, [X.], 78, 79). [X.] Kriterium für die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung ist daher bei mehreren verfahrensgegenständlichen Taten der [X.] der Strafverfolgungsbehörden. Für dessen Bestimmung ist der Zweck der jewei-ligen Untersuchungshandlung maßgeblich, der anhand des Wortlauts der Maß-nahme und des sich aus dem sonstigen Akteninhalt ergebenden Sach-
und 6
7
-
5
-
Verfahrenszusammenhangs zu ermitteln ist (ebenfalls [X.] Rspr.; [X.],
Beschlüsse vom 7.
November 2001

1
StR 375/01, [X.], 57 und vom 19.
Juni 2008

3
StR 545/07, [X.], 205, 206; Urteil vom 10.
November 2016

4
StR 86/16,
[X.], 45, 47
mwN).
Bei Anlegen dieses Maßstabs bestehen keinerlei Anhaltspunkte für einen lediglich auf die Taten zu Lasten der Geschädigten A.

und K.

be-schränkten [X.]n bei Beantragung der am 10.
März 2015 erlasse-nen Durchsuchungsbeschlüsse. Ausweislich der bereits vom [X.] angesprochenen Ermittlungsverfügung der Staatsanwaltschaft [X.] vom 13.
November 2014 ([X.].
429-430
Band III der [X.]) wurde die zu-ständige Kriminalpolizei angehalten, eine Aufstellung sämtlicher Anleger zu er-stellen und diese mittels Serienbrief zu befragen. In Umsetzung dieser Verfü-gung erstellte die Kriminalpolizeiinspektion [X.] mit Aktenvermerk vom 11.
Dezember 2014 eine Aufstellung geschädigter Anleger, die die Geschädigte
der Tat 3,

D.

, noch unter ihrem früheren Namen

B.

um-fas[X.] Die genannten Durchsuchungsbeschlüsse sind auf der Grundlage dieses Ermittlungsstands beantragt worden und lassen daher gerade keine Beschrän-kung des [X.]ns erkennen.
Vielmehr spricht auch der übrige Akteninhalt sowie der jeweils darauf be-zogene Sach-
und [X.] gegen einen solchen beschränkten [X.]. So ergibt sich bereits aus einem Vermerk der Staatsanwaltschaft [X.] vom 5.
Juli 2012 ([X.].
158 f. Band I der [X.]), der Bestandteil eines an die Staatsanwaltschaft [X.] gerichteten Übernahmeersuchens ist, dass von einem wesentlich größeren Kreis Geschädigter als bisher ange-nommen auszugehen sei. Diesem Übernahmeersuchen ist
mit Verfügung der Staatsanwaltschaft [X.] vom 31.
August 2012 entsprochen worden. [X.] hinaus hat das Amtsgericht [X.] bereits am 20.
März 2013 gegen 8
9
-
6
-
den Angeklagten als damaligen Beschuldigten Beschlüsse zur Durchsuchung u.a. seiner Wohn-
und Geschäftsräume sowie seines Pkw erlassen ([X.]. 255-257 und 261-263 Band II der [X.]). Nach dem Inhalt der entsprechenden Be-schlüsse bezweckten diese auch das Auffinden von

den Gegenstand der Be-trugsvorwürfe bildenden

Kaufverträgen über Inhaberschuldverschreibungen. Da diese Verträge bezüglich der Taten zu Lasten der in den Beschlüssen aus-drücklich genannten Geschädigten A.

und W.

bereits Bestandteil der [X.] waren, bezog sich die Durchsuchung notwendigerweise auf weitere Geschädigte. Demnach war der [X.] der Strafverfolgungsbehörden bei Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse nicht auf die Taten zu Lasten der Ge-schädigten A.

und K.

beschränkt. Die Verjährungsfrist ist daher auch bezüglich der übrigen verfahrensgegenständlichen Taten wirksam unterbrochen worden.
Das betrifft nicht allein die Tat [X.] der Urteilsgründe zu Lasten der Ge-schädigten

D.

, sondern auch die weiteren verfahrensgegenständli-chen Taten (insb. [X.]), bei denen die Beendigung später als bei Tat [X.]
der Urteilsgründe
eingetreten i[X.]
c)
Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die [X.](en) nicht ohnehin bereits durch die Durchsuchungsbeschlüsse des [X.] vom 20. März 2013 gemäß §
78c Abs.
1 Satz
1 Nr.
4 StGB oder die Gewährung von Akteneinsicht für den Verteidiger des Angeklag-ten vom 29.
Juli 2014 gemäß §
78c Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 StGB (zur grundsätzli-chen Unterbrechungswirkung der Gewährung von Akteneinsicht [X.],
Beschluss vom 19.
Juni 2008

3
StR 545/07, [X.], 205, 206 mwN)
unterbrochen worden ist
(sind).

10
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-
7
-
3.
Dem Angeklagten nachteilige sachlich-rechtliche Mängel enthält das angefochtene Urteil nicht.
4. Der Wegfall der für die Taten [X.] und 2. der Urteilsgründe verhäng-ten Einzelstrafen stellt die Gesamtstrafe nicht in Frage. Angesichts der Straf-zumessungserwägungen des [X.]s und der Höhe der entfallenden Stra-fen kann der Senat ausschließen, dass ohne Berücksichtigung dieser Einzel-strafen eine niedrigere Gesamtstrafe durch den Tatrichter verhängt worden wä-re.
5.
Der nur sehr geringe Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig er-scheinen, den Angeklagten mit den gesamten, nicht durch die Einstellungsent-scheidung erfassten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§
473 Abs.
1 und 4 StPO).

Richter am [X.] Jäger Bellay
Prof. Dr. Graf ist in den Ruhestand
getreten und daher gehindert zu
unterschreiben.

Jäger

Radtke Cirener
12
13
14

Meta

1 StR 71/18

26.06.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2018, Az. 1 StR 71/18 (REWIS RS 2018, 7230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7230

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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