Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2013, Az. AnwZ 4/13

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2013, 2043

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] 4/13
vom

11. Oktober 2013

in dem einstweiligen Anordnungsverfahren

wegen Zulassung als Rechtsanwalt bei dem [X.]
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2

-

Der [X.], [X.],
hat
durch den Vorsitzenden Richter Basdorf, die Richterin [X.], [X.], den Rechtsanwalt Dr.
Wüllrich sowie die Rechtsanwältin [X.]

am
11.
Oktober
2013

beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird [X.].

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 12.500

.

Gründe:

I.

Der Antragsteller gehört zu
den 34 Kandidaten, die
dem Wahlausschuss für Rechtsanwälte bei dem [X.] von der Bundesrechtsanwalts-kammer und der Rechtsanwaltskammer beim [X.] vorgeschla-gen worden sind. Am 29.
Juli 2013 fand die Wahl statt. Der Ausschuss ent-schied, dem Antragsgegner, der über die Zulassung als Rechtsanwalt beim [X.] entscheidet, insgesamt 16 Personen zu benennen; der [X.] wurde hierbei auf Platz 9 gewählt. Mit Schreiben vom 19. September 1
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2013 teilte
der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er beabsichtige, die vom Ausschuss auf die Plätze 1 bis 8 gewählten Personen
als Rechtsanwälte
beim [X.] zuzulassen; er werde deshalb dem Zulassungsantrag des Antragstellers nicht entsprechen.
Der Antragsteller hat daraufhin Klage ge-gen die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners erhoben ([X.] 3/13) und beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung
diesem zu untersagen, vor Abschluss des Klageverfahrens die auf den Plätzen 1 bis 8 der Wahlliste stehenden Personen als Rechtsanwälte beim [X.] zuzulassen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg; es besteht kein Anordnungsgrund.

1. Nach §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
123 Abs.
1 Satz
1 VwGO kann auf Antrag das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitge-genstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden
Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers ver-eitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. An dieser Voraussetzung fehlt es. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist ihm ein Abwarten auf das Ergebnis der Hauptsache zumutbar. Der Antragsteller kann auch nach der vom
Antragsgegner beabsichtigten Zulassung der
auf den Plätzen 1 bis 8 der Liste des Wahlausschusses stehenden Rechtsanwälte sein Ziel der Zulassung zum Rechtsanwalt beim [X.] weiterverfolgen. Insoweit ist die Situation anders als die bei der Besetzung von Notarstellen, bei der
durch die Ernennung des Mitbewerbers auf eine ausgeschriebene Stelle vollendete Tatsachen ge-schaffen werden -
die Bewerbung auf eine ausgeschriebene Notarstelle bezieht sich ausschließlich auf diese Stelle; wird diese besetzt, ist das durch [X.] eingeleitete Verfahren beendet; eine zusätzliche Stelle wäre wiede-2
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rum nach §§ 6, 6b [X.] förmlich auszuschreiben und nach für alle Bewerber gleichen Eignungsmaßstäben zu besetzen -
und deshalb etwaige Rechte des zu Unrecht übergangenen Bewerbers ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes leerlaufen (vgl. zum [X.] [X.], [X.] vom 28. November 2005 -
NotZ 18/05, [X.]Z 165, 139, 142
f.; [X.],
NJW 2006, 2395, 2396); eine vergleichbare Rechtslage liegt hier nicht vor.

2. Das Verfahren auf Zulassung als Rechtsanwalt beim [X.] ist ein gestuftes Verwaltungsverfahren (vgl. Senat, Beschlüsse vom 18.
Februar 2005 -
[X.] 3/03, [X.]Z 162, 199, 204 und vom 11. September 2006 -
[X.] 1/06, [X.]Z 169, 77 Rn. 8). Die Entscheidung darüber, welche Bewerber dem Wahlausschuss vorgeschlagen werden, obliegt der [X.] sowie der Rechtsanwaltskammer beim [X.] (§ 166 [X.]). Aus deren Vorschlagslisten benennt der Wahlausschuss dem [X.] die doppelte Zahl von Rechtsanwälten, die er für die Zulassung beim [X.] für angemessen hält (§
168 Abs.
2 [X.]). Hierbei steht dem Wahlausschuss ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum sowohl bezüglich der Angemessenheit der Zulassungen als auch der Eignung der Bewerber im Rahmen der [X.] zu (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Februar 2005, aaO S. 207 f.; Beschluss vom 5. Dezember 2006 -
[X.] 2/06, [X.]Z 170, 137 Rn. 27, 39 m.w.N.). Über die Zulassungen entscheidet dann das [X.] (§
170 Abs.
1 [X.]). Dieses ist an die Wahl des [X.] im Rahmen von § 164 [X.] gebunden. Danach kann als Rechtsanwalt beim [X.] zu-gelassen werden, wer durch den Wahlausschuss benannt wird; dementspre-chend sind auch nur die Anträge dieser Personen der Mitteilung des [X.] an das [X.] beizufügen (§ 169 Abs. 2 [X.]). Der Wahlausschuss hat insoweit die Zulassung von 8 [X.]
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anwälten als angemessen angesehen und dem
Antragsgegner deshalb insge-samt 16 Personen benannt.
Der Antragsgegner ist aber bei seiner Entschei-dung über die Zulassung nicht an diese
vom Wahlausschuss als angemessen angesehene Zahl von neuen Rechtsanwälten gebunden; insoweit können aus der Wahlliste weniger oder bis zu doppelt so viele Rechtsanwälte zugelassen werden, wie der Ausschuss für angemessen gehalten hat (vgl. Senat, [X.] vom 11.
September 2006, aaO Rn. 16 ff.; siehe auch [X.], NJW 2008, 1293 Rn. 38). Genauso wenig besteht eine Bindung an die vom Wahl-ausschuss für richtig gehaltene Reihenfolge unter den Kandidaten (vgl. Senat, Beschlüsse
vom 11.
September 2006, aaO Rn.
14 f.
und vom 5. Dezember 2006, aaO Rn. 55).
Hierbei sind die Entscheidungen
des Antragsgegners we-gen des auch insoweit bestehenden Beurteilungsspielraums ebenfalls gericht-lich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Senat, Beschlüsse vom 18. Februar 2005, aaO [X.] und vom 11.
September 2006, aaO Rn.
15, 23).

3. Der
Antragsgegner darf allerdings die Zahl der Neuzulassungen im Rahmen der [X.] des Wahlausschusses nicht nach Belieben festle-gen. Nicht anders als der Wahlausschuss in seiner Entscheidung nach §
168 Abs.
2 [X.] hat sich der Antragsgegner bei der abschließenden Festlegung der Zahl der zuzulassenden Rechtsanwälte an den Bedürfnissen einer geordne-ten Rechtspflege zu orientieren. Er muss insoweit darauf achten, dass [X.] eine ausreichende Versorgung der Rechtsuchenden an revisionsanwaltli-cher Beratung und Vertretung garantiert ist, andererseits die bei dem Bundes-gerichtshof singular zugelassenen Rechtsanwälte im Hinblick auf ihre Berufs-ausübungsfreiheit, vor allem aber auch im Hinblick auf die mit der [X.] verfolgten Interessen des Gemeinwohls ausreichende Möglichkeiten revisionsanwaltlicher Betätigung haben.
Dies ändert aber nichts daran, dass der Antragsgegner einen Beurteilungsspielraum hat, innerhalb dessen er die [X.]
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zuziehenden Gesichtspunkte in gewissem Umfang anders gewichten kann als der Wahlausschuss. Dabei kann er im Interesse der Rechtspflege etwa auch darauf hinwirken, durch eine begrenzte Ausweitung der vom Wahlausschuss
für erforderlich gehaltenen Neuzulassungen weitere besonders qualifizierte Rechtsanwälte für die Rechtsanwaltschaft bei dem [X.] zu ge-winnen
(vgl. Senat, Beschluss vom 11.
September 2006, aaO Rn.
22 f.). Das [X.] hat in diesem Sinne zur Begrenzung der Zahl postu-lationsfähiger Prozessvertreter beim [X.] darauf hingewiesen, dass das im Allgemeininteresse liegende gesetzgeberische Ziel, den Rechts-anwälten beim [X.] mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsmit-teln ohne hinreichende Erfolgsaussichten eine Filterfunktion zuzuweisen, [X.] wäre, wenn so viele Rechtsanwälte zugelassen würden, dass hierdurch ein ruinöser Wettbewerb unter den Revisionsanwälten einsetzen würde. [X.] erfordert
das Verhältnismäßigkeitsgebot mit Blick auf die verfassungs-rechtlich unbedenkliche beschränkte Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte beim [X.], dass den dadurch in ihrer beruflichen Betätigung er-heblich eingeschränkten Rechtsanwälten trotz der gebotenen Konzentration auf das Revisionsrecht ein Geschäftsanfall verbleibt, der ausreichend ist, damit ihre Berufsausübung ihnen eine ihrer Stellung auskömmliche Lebensgrundlage er-möglicht
(vgl. [X.],
NJW 2008, 1293 Rn.
36), ungeachtet dessen, dass mit der Zulassungsbeschränkung kein Schutz vor Konkurrenz zur Sicherung einer besseren Einkommenssituation beabsichtigt ist ([X.],
aaO Rn. 42).

4. Vor diesem Hintergrund
fehlt es im vorliegenden Fall an einem [X.]. Unterstellt man den Vortrag des Antragstellers als zutreffend, wo-nach der Bedarf erheblich höher liegt, der Antragsgegner
seinen Beurteilungs-spielraum überschritten hat
und die anhängige Klage Erfolg
haben wird, wäre es dem Antragsgegner nicht unmöglich, zusätzlich zu den bisher vorgesehenen 6
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und dann bereits zugelassenen 8 Rechtsanwälten auch den Antragsteller zu berücksichtigen. Hieran würde sich auch nichts ändern, wenn sich der ange-nommene Bedarf von 8 Personen zwar im Rahmen des [X.] halten würde, aber dieser
seinen
Spielraum bei der Aus-wahl der Kandidaten zum Nachteil des Antragstellers überschritten hätte. Für die mit der Berücksichtigung des Antragstellers verbundene Abweichung vom angenommenen Bedarf bestünde ein sachlicher Grund; hiermit würde -
neben der Beseitigung des dem Antragsteller widerfahrenen
Unrechts -
dem Anliegen Rechnung getragen, einen noch besser und damit besonders geeigneten Rechtsanwalt beim [X.] zuzulassen, ein Aspekt, der im Rahmen des [X.] Berücksichtigung finden darf (vgl. nur Senat, Beschluss vom 11.
September
2006, aaO Rn.
23). Dem [X.] stünde nur dann kein Spielraum für sachlich gerechtfertigte zusätz-liche Zulassungen zu, wenn dies den Erfordernissen der Rechtspflege zuwider-laufen würde, insbesondere damit die Gefahr eines ruinösen [X.] unter

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den Revisionsanwälten entstehen könnte
oder die auskömmliche Lebensgrund-lage der bereits beim [X.] tätigen Rechtsanwälte bedroht wäre. Dafür spricht nach Auffassung des Senats bislang nichts.

Basdorf
Fetzer
[X.]

Wüllrich
Hauger

Meta

AnwZ 4/13

11.10.2013

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2013, Az. AnwZ 4/13 (REWIS RS 2013, 2043)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2043

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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