Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.07.2010, Az. VII B 270/09

7. Senat | REWIS RS 2010, 4386

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Gegenstand

Zollwertermittlung bei Zweifeln am angemeldeten Transaktionswert


Leitsatz

NV: Hat das HZA den Zollwert nicht nach der Transaktionswert-Methode, sondern nach einer der sog. Folgemethoden ermittelt, weil es Zweifel hat, ob der angemeldete Wert dem Transaktionswert entspricht, ist die auf diesem Wert beruhende Abgabenfestsetzung aufzuheben, wenn das FG die Zweifel am angegebenen Transaktionswert nicht teilt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) wird vom Beklagten und Beschwerdeführer (Hauptzollamt --[X.]--) als Hauptverpflichteter eines nicht ordnungsgemäß beendeten externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens auf Zahlung der Einfuhrabgaben für eine aus der [X.] ([X.]) eingeführte Sendung [X.] in Anspruch genommen. Da sich aus der von der Klägerin vorgelegten Handelsrechnung des [X.] Lieferanten ein für die Schuhe zu zahlender cif-Kaufpreis von 0,15 US-Dollar pro Paar ergab, bezweifelte das [X.], dass es sich hierbei um den zugrunde zu legenden Transaktionswert handele, und ging bei der Abgabenfestsetzung von einem gemäß Art. 31 des Zollkodex ([X.]) auf der Grundlage der [X.] Exportstatistik ermittelten Zollwert von 3,68 US-Dollar pro Paar aus.

2

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte insoweit Erfolg, als das Finanzgericht ([X.]) für die Abgabenfestsetzung den von der Klägerin angegebenen Kaufpreis als Zollwert zugrunde legte und den Einfuhrabgabenbescheid aufhob, soweit höhere Abgaben festgesetzt worden waren. Das [X.] urteilte, es bestünden keine durchgreifenden Bedenken, für die Zollwertermittlung von dem sich aus der vorgelegten Handelsrechnung sowie dem Kaufvertrag ergebenden Kaufpreis für die Warensendung auszugehen. Zwar sei der danach auf ein Paar Schuhe entfallende Kaufpreis auffallend niedrig, jedoch habe die Klägerin nachvollziehbar dargelegt --was auch der Kenntnis des Senats entspreche--, dass derartige keinen Gewinn abwerfende Kaufpreise vorkommen könnten, wenn die Ware aus qualitativen oder sonstigen Gründen nicht abgenommen werde und wenn, um Lagerkosten zu sparen, der nicht kostendeckende Verkauf die einzige Möglichkeit sei, Überkapazitäten abzubauen. Für die Annahme, dass es sich im Streitfall um derartige Waren gehandelt habe, sprächen die Angaben zu ihrer Qualität sowohl im Kaufvertrag als auch in der Handelsrechnung. Danach habe es sich um Waren niedriger Qualität bzw. zweiter Wahl gehandelt, die mängelbehaftet gewesen seien und für die sowohl Mängelgewährleistung als auch Rücksendung ausgeschlossen gewesen seien. Der mit der Handelsrechnung und dem Kaufvertrag erbrachte Nachweis des [X.] werde auch nicht durch den vom [X.] angegebenen sich aus der [X.] Exportstatistik ergebenden durchschnittlichen Exportpreis für Schuhe entkräftet. Für Schuhe, die wie im Streitfall von sehr geringer Qualität seien, sei dieser Preis unrealistisch. Ein Durchschnittspreis für Schuhe der vorliegenden Qualitätsstufe sei jedoch nicht bekannt.

3

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.], welche es auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des [X.] (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) stützt.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

5

1. Die seitens der Beschwerde bezeichneten Fragen bedürfen keiner grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren, da es sich zum Teil nicht um abstrakte Rechtsfragen, sondern lediglich um die in allgemeine Worte gekleideten Fragen des vorliegenden Einzelfalls und zum Teil um Fragen handelt, die sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellten, also nicht klärungsfähig sind.

6

Der Zollwert eingeführter Waren ist nach Art. 29 ZK der Transaktionswert, d.h. der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der [X.] tatsächlich gezahlte oder zu zahlende --und ggf. gemäß Art. 32 und 33 ZK zu berichtigende-- Preis. Nur wenn der Zollwert nicht nach der [X.] und auch nicht nach einer der in Art. 30 ZK beschriebenen [X.] ermittelt werden kann, ist er nach der sog. Schlussmethode gemäß Art. 31 ZK zu ermitteln, die das [X.] im Streitfall herangezogen hat.

7

Zwar müssen die Zollbehörden nach Art. 181a Abs. 1 der Zollkodex-Durchführungsverordnung ([X.]) den Zollwert eingeführter Waren nicht nach dem angegebenen Transaktionswert ermitteln, sondern können eine der [X.] und ggf. die Schlussmethode anwenden, wenn sie --nach Durchführung des Verfahrens gemäß Abs. 2 der [X.] wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis entspricht. Soweit das [X.] im Streitfall von begründeten Zweifeln im Sinne dieser Vorschrift an dem von der Klägerin angegebenen Transaktionswert ausgegangen ist, ist das [X.] jedoch dieser Ansicht nicht gefolgt, sondern hat den für die eingeführten Schuhe angegebenen Kaufpreis zwar als auffallend niedrig angesehen, dies aber mit der minderen Qualität der Schuhe erklärt und hat aus diesem Grund auch in Anbetracht der ermittelten Durchschnittspreise für aus [X.] in die [X.] verkaufte Schuhe keinen begründeten Zweifel gehabt, dass es sich bei dem aus der Handelsrechnung und dem Kaufvertrag ersichtlichen Kaufpreis um den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis gehandelt hat.

8

Die seitens der Beschwerde aufgeworfenen Fragen zur Beweislast bei der Anwendung des Art. 181a [X.] stellen sich daher nicht, weil das [X.] insoweit keine Beweislastentscheidung getroffen, sondern den angegebenen Kaufpreis als zutreffend angesehen hat. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die anhand der Exportstatistik [X.]s ermittelten durchschnittlichen Zollwerte eingeführter Waren in zulässiger Weise bei der Zollwertermittlung gemäß Art. 31 ZK herangezogen werden dürfen, weil auf diese Methode der Zollwertermittlung erst zurückgegriffen werden darf, wenn sich der Zollwert eingeführter Waren nicht nach der [X.] gemäß Art. 29 ZK (und auch nicht nach einer der [X.] des Art. 30 ZK) ermitteln lässt, was vorliegend aber nicht der Fall ist, weil das [X.] den angegebenen Transaktionswert als zutreffend angesehen hat.

9

         Soweit die Beschwerde sinngemäß geltend macht, dass    

 - sich aus den vorgelegten Unterlagen lediglich Hinweise auf eine möglicherweise mindere Qualität der eingeführten Waren      ergeben hätten, ein Nachweis minderer Qualität bzw. einer Handelsklasse zweiter Wahl jedoch nicht geführt worden sei,    

 - die Klägerin insoweit nur allgemeine Behauptungen aufgestellt habe, die nicht überprüfbar seien, weil die Einfuhrware           nicht mehr habe beschaut werden können,    

 - der vorgelegte Kaufvertrag vom Käufer nicht unterschrieben und deshalb nicht gültig sei, außerdem Kaufvertrag und             Handelsrechnung materiell unrichtig seien und insoweit keine Beweiskraft hätten und    

 - in Anbetracht von der Klägerin vorgelegter nicht oder nur teilweise berücksichtigungsfähiger [X.] die        ermittelten durchschnittlichen Exportpreise zur Begründung von Zweifeln an dem von der Klägerin angegebenen Kaufpreis    ausgereicht hätten, wendet sie sich gegen die Tatsachen- bzw. Beweiswürdigung des [X.] im vorliegenden Streitfall,                  bezeichnet aber keinen Grund für die Zulassung der Revision.

Im [X.] ihres Vorbringens macht die Beschwerde lediglich geltend, dass das [X.] ausreichend Anlass zu begründeten Zweifeln i.S. des Art. 181a [X.] an dem aus Kaufvertrag und Handelsrechnung ersichtlichen Kaufpreis der eingeführten Waren hätte haben müssen. Damit wendet sie sich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des [X.], was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 [X.]O dargetan wird (vgl. Beschluss des [X.] vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, [X.] 2002, 1476, m.w.N.).

2. "Eine Frage nach der Auslegung des Art. 181a [X.]", die in dem angestrebten Revisionsverfahren ein an den [X.] ([X.]) zu richtendes Vorabentscheidungsersuchen erforderlich machte, ist nach alledem nicht erkennbar.

Anders als die Beschwerde meint, besteht auch keine Divergenz zu dem [X.]-Urteil vom 28. Februar 2008 [X.]/06 --Carboni e derivati-- (Slg. 2008, [X.], Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2008, 155), weil sich jener Entscheidung kein Rechtssatz entnehmen lässt, von dem das [X.] im Streitfall abgewichen ist. Dort heißt es nämlich nur, dass --wie sich auch bereits aus Art. 181a [X.] zweifelsfrei ergibt-- die Zollbehörden den Zollwert eingeführter Waren nach Art. 31 ZK ermitteln dürfen, wenn sie begründete Zweifel an der Richtigkeit des angemeldeten Werts haben und diese Zweifel, nachdem der Anmelder Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, fortbestehen. Hiervon ist das [X.] nicht abgewichen, weil es --wie vorstehend ausgeführt-- die vorgebrachten Zweifel des [X.] an der Richtigkeit des angemeldeten [X.] für nicht begründet gehalten hat.

Im Hinblick auf das von der Beschwerde angeführte Urteil des [X.] vom 2. September 2004 IV 25/02 (nicht veröffentlicht) gilt Entsprechendes.

Meta

VII B 270/09

28.07.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 6. November 2009, Az: 4 K 6/09, Urteil

Art 29 ZK, Art 31 ZK, Art 181a ZKDV, Art 29 EWGV 2913/92, Art 31 EWGV 2913/92, Art 181a EWGV 2454/93

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.07.2010, Az. VII B 270/09 (REWIS RS 2010, 4386)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4386

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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