Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2013, Az. IV ZR 228/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4909

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 228/12

Verkündet am:

19. Juni 2013

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

AVB Feuerversicherung, hier § 3 Nrn. 1 und 3 a) [X.] 87

Der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Aufräumungs-, Abbruch-
oder Scha-denminderungskosten nach § 3 Nrn. 1 und 3 a) [X.]
87 setzt nicht voraus, dass der Versicherungsnehmer diese Aufwendungen seinerseits bereits erbracht oder zumin-dest entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet hat.

[X.], Urteil vom 19. Juni 2013 -
IV ZR 228/12 -
OLG Frankfurt am Main

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die [X.] Richt[X.] [X.], [X.], [X.], die Richt[X.]
[X.] und
den Richter Dr.
Karczewski auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2013

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Kläg[X.] wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 15.
Juni 2012 im [X.] und insoweit auf-gehoben, als ihre Berufung zurückgewiesen und die Klage auf Abschlagszahlungen für Aufräumungs-
und Abbruch-e-l-lender Zinsen unter Änderung des Urteils des [X.] vom 9. November 2011 abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der [X.] gegen das vorbezeichnete Urteil des [X.] zu-rückgewiesen und
die [X.] weiter verurteilt, an die Kläg[X.] 4% Zinsen aus für die [X.] vom 15.
März 2004 bis 20. November 2007 zu zahlen.

Gemäß
§ 319 ZPO wird das vorbezeichnete Urteil des [X.] dahingehend berichtigt, dass der [X.] über dem Basiszinssatz nicht für die [X.] vom 1.
Oktober 2009 bis zum 20. Mai 2010, sondern nur -
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für die [X.] vom 31. Oktober 2009 bis zum 20. Mai 2010 zustehen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Kläge-rin 1/3, die [X.] 2/3. Die [X.] trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläg[X.] fordert

soweit im Revisionsverfahren noch von Inte-resse

von ihrem beklagten Feuerversicherer nach einem Brand, bei dem das versicherte Büro-
und Verwaltungsgebäude
am 14. März 2004 erheblich beschädigt wurde, Abschlagszahlungen für Aufräumungs-
und Abbruchkosten sowie für Schadenminderungskosten.

In den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung ([X.] 87) heißt es dazu
unter anderem:

"§ 3 Versicherte Kosten
1.
Aufwendungen, auch erfolglose, die der Versiche-rungsnehmer zur Abwendung oder Minderung des i-cherer zu ersetzen. .

2.
Für die Kosten der Ermittlung und Feststellung des Schadens gilt § 66 VVG.

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3.
Soweit dies vereinbart ist , ersetzt der Versicherer auch die infolge
eines Versicherungsfalles notwendi-gen Aufwendungen

a)
für das Aufräumen der [X.] einschließlich des Abbruchs stehengebliebener Teile, für das Abfah-ren von Schutt und sonstigen Resten zum nächsten [X.] und für das Ablagern oder Vernich-ten (Aufräumungs-
und Abbruchkosten);

§ 16 Zahlung der Entschädigung
1.
Ist die Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde und der Höhe nach festgestellt, so hat die Auszahlung der Entschädigung binnen zwei Wochen zu erfolgen. Jedoch kann einen Monat
nach Anzeige des Schadens als Abschlagszahlung der Betrag beansprucht werden, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist.

2.
Die Entschädigung ist seit Anzeige des Schadens mit 1 Prozent unter dem Basiszinssatz im Sinne von § 1 Abs. 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 Prozent und höchstens mit 6 Prozent pro Jahr, soweit nicht aus anderen Gründen ein höherer Zins zu entrichten ist.

Ausweislich des Versicherungsscheins aus dem Jahre 2002
er-streckt sich der vereinbarte Versicherungsschutz auch auf Aufräumungs-
und Abbruchkosten i.S.
von § 3 Nr. 3 [X.] 87.

Im Juni 2004 vereinbarten die Parteien die Durchführung des [X.] nach § 15 [X.] 87. Die Kläg[X.]
benannte dafür den Sachverständigen [X.]

, die [X.] den Sachverständigen S.

. Die Sachverständigen sollten die Schadenhöhe, den Versiche-rungswert des Gebäudes unmittelbar vor Schadeneintritt, ferner scha-3
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denbedingte Aufräumungs-, Abbruch-, Schutz-
und Bewegungskosten ermitteln.

Am 14. Oktober 2004 erklärte die [X.] den Rücktritt vom [X.] und dessen Arglistanfechtung.
Im anschließenden Rechtsstreit wurde

rechtskräftig seit September 2009

festgestellt, dass die [X.] dem Grunde nach verpflichtet ist, der Kläg[X.] den durch den Brand entstandenen Schaden gemäß den [X.] und den im Sachverständigenverfahren zu treffenden Fest-stellungen zu ersetzen.

Der Sachverständige S.

bezifferte in seinem Gutachten vom 12.
August 2005 den [X.]weAufräumungs-
und Abbruchkosteminde-t-telte der Sachverständige [X.]

einen Gebäude-[X.]wertschaden von umungs-

a-den

Das abschließende [X.] des nachfolgend eingeleiteten [X.] steht noch aus.

Die Kläg[X.] meint, die [X.] sei jedenfalls zur Zahlung eines Abschlags einerseits für die Aufräumungs-
und Abbruchkosten, anderer-seits für die Schadenminderungskosten in der sich jeweils aus den bei-den genannten Sachverständigengutachten ergebenden Mindesthöhe verpflichtet.

Die [X.] verweigert die Abschlagszahlung im Wesentlichen mit der Begründung, die Kläg[X.] fordere Abschläge für so genannte Nach-5
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weispositionen, die erst nach Ausgabe der entsprechenden Beträge durch die Kläg[X.] erstattungsfähig seien.

Das [X.] hat dem Klagebegehren im Wesentlichen stattge-geben. Lediglich die für die [X.] vom 15.
März 2004 bis 20.
November 2007 begehrten Zinsen hat es der Kläg[X.] nicht zugesprochen. Auf die Berufung der [X.]n hat das Berufungsgericht diese Entscheidung in-soweit aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläg[X.] wegen des [X.] hat nur teilweise Erfolg gehabt. Mit der Revi-sion verfolgt die Kläg[X.] ihr Begehren im Umfang der Zulassung der [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht meint, der Kläg[X.] stünden die begehrten Abschlagszahlungen für Aufräumungs-, Abbruch-
und Schadenminde-Kosten bisher selbst nicht aufgewendet habe, diese demnach noch nicht angefallen seien.
Mit dem Begriff der "Aufwendungen"
verdeutliche §
3 Nr.
3 Buchst.
a [X.] 87, dass der Versicherungsnehmer Ersatz erst ver-langen könne, wenn er selbst einen tatsächlichen Aufwand gehabt habe, mithin Aufräumungs-, Abbruch-
oder Schadenminderungsarbeiten tat-sächlich durchgeführt und diesbezüglich Verbindlichkeiten begründet worden seien. Das könne der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Bedingungswortlaut entnehmen, denn schon der allgemeine Sprach-9
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gebrauch lege es nahe, dass dem Ersetzen von Aufwendungen zunächst der tatsächliche Einsatz entsprechender Mittel vorausgegangen sein müsse.
Der Ausdruck habe aber auch eine spezifische Bedeutung in der Rechtssprache, wo er

im Gegensatz zum
Schaden

freiwillige Vermö-gensopfer bezeichne. Solche müssten zunächst erbracht sein, ehe sie ersetzt werden könnten. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer er-kenne
auch, dass § 3 [X.] 87 keine Vorschussregelung darstelle. Den danach versicherten Kosten liege

anders als bei einem Schaden an versicherten Sachen, der sich abstrakt berechnen lasse

noch keine be-reits eingetretene Vermögenseinbuße zugrunde.
Nichts anderes gelte für die in § 3 Nr. 1 [X.] 87 genannten Aufwendungen zur [X.].

Der Zweck des Versicherungsvertrages stehe diesem Auslegungs-ergebnis nicht entgegen, selbst wenn
der Versicherungsnehmer regel-mäßig nicht in der Lage
sei, die zum Teil erheblichen Kosten aus eige-nen Mitteln vorzuschießen. Zur Erfüllung
ersatzfähiger
Aufwendungen
genüge es, dass er einen entsprechenden Auftrag erteile und sich nach-weisbar mit einer Verpflichtung belaste, die er noch nicht aus eigenen Mitteln beglichen haben müsse. Zudem könne der Versicherungsnehmer für die [X.] einen Vorschuss verlangen. Eine solche Vorschussforderung erhebe die Kläg[X.] hier allerdings nicht.

Mit der Vereinbarung des [X.] hätten die Parteien die vorgenannten Voraussetzungen des
Kosten-
oder Aufwen-dungsersatzes nach § 3 [X.] 87 nicht konkludent abbedungen, zumal die Rechtswirkungen des [X.] durch sein Scheitern inzwischen ohnehin entfallen seien.
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I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Die Kläg[X.] hat gegen die [X.] nach §
3 Nr.
1 und Nr.
3 Buchst.
a [X.] 87 i.V.m.
§
16 Nr.
1 Satz
2 [X.] 87 wegen der Schaden-minderungskosten und der Aufräumungs-
und Abbruchkosten Anspruch auf Abschlagszahlungen

Anders als das Berufungsgericht meint, setzt dieser Anspruch nicht voraus, dass der Versicherungsnehmer die diesbezüglichen [X.] seinerseits bereits erbracht oder zumindest entsprechende Zahlungsverpflichtungen begründet hat.

a) Das ergibt die Auslegung von §
3 Nr.
1 und Nr.
3 Buchst.
a [X.] 87.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher
Versicherungsnehmer
sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers
ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (Senatsurteile vom 11.
Dezem-ber 2002

IV ZR 226/01, [X.]Z 153, 182, 185 f.; vom 23.
Juni 1993

[X.], [X.]Z 123, 83, 85; jeweils m.w.N.).
Der Versicherungsneh-mer, dem die Entstehungsgeschichte einer Klausel in der Regel nicht [X.] ist, wird

wie auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend an-nimmt

zunächst von ihrem Wortlaut ausgehen.

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aa) Dem Wortlaut des §
3 Nr.
1 und Nr.
3 Buchst.
a [X.] 87 kann er entnehmen, dass sich das Leistungsversprechen des Versicherers im Falle eines Brandes i.S.
des §
1 Nr.
1 Buchst.
a [X.] 87 nicht darauf be-schränkt, ihm die in §
2 [X.] 87 aufgezählten Sachen zu ersetzen, soweit solche durch den Brand beschädigt sind, sondern der Versicherer auch für die Vermögenseinbußen
aufkommt, die dem Versicherungsnehmer aus
Maßnahmen zur Schadenminderung sowie aus Aufräumungs-
und Abbrucharbeiten
entstehen.
Dass die letztgenannten [X.] jeweils eine Vorleistung oder zumindest eine vertragliche Ver-pflichtung des Versicherungsnehmers voraussetzten, erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer daraus nicht.

bb) Die Ansicht des Berufungsgerichts, der von der Klausel ver-wendete Begriff der Aufwendung impliziere bereits nach dem allgemei-nen Sprachgebrauch eine dem Versicherungsnehmer schon entstandene Vermögenseinbuße in dem Sinne, dass er entweder entsprechende [X.] bereits ausgegeben oder zumindest

etwa durch verbindliche Verga-be von Arbeitsaufträgen

eine entsprechende Verpflichtung begründet haben müsse, teilt der Senat nicht
(vgl. ähnlich wie hier zum Begriff der "Kosten": OLG Hamm
VersR 1998, 1152
f.; [X.], 383, 385 f.).

Ein solch
eingeschränktes Verständnis des Aufwendungsbegriffs in der Umgangssprache, welches etwa zur Folge hätte, den Begriff einer "künftigen Aufwendung"
(oder auch "künftiger Kosten") als paradox [X.], lässt sich nicht feststellen. "Aufwendung"
bezeichnet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch den zweckgerichteten Einsatz finanzieller oder sachlicher Mittel oder von Arbeitskraft. Eine zeitliche Komponente des Inhalts, dass er allein rückblickend auf bereits entstandenen, ge-19
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schehenen
oder eingesetzten Mitteleinsatz bezogen werden könne, wohnt dem Aufwendungsbegriff nicht inne. Der Begriff kann mithin auch auf künftige Sachverhalte zielen und dabei zum Ausdruck bringen, dass jemand infolge bestimmter Ursachen gezwungen sein wird
oder auch freiwillig beabsichtigt, Aufwendungen vorzunehmen. Ohne begleitende Einschränkungen und Erläuterungen, welche verdeutlichen, dass [X.] bei einer Person bereits angefallen oder von ihr veranlasst sein sollen, bringt allein das Substantiv "Aufwendungen"
selbst bei gleichzeitiger Benennung ihres Zwecks nicht zum Ausdruck, ob der damit angesprochene Mitteleinsatz bereits geschehen ist oder
nur geboten er-scheint,
aber noch aussteht.
Mithin kann insbesondere nicht davon die Rede sein, dass das Wort Aufwendungen einen solchen

ausschließlich retrospektiven

Sinngehalt dem Versicherungsnehmer sogar [X.].

Daran ändert die Formulierung in §
3 Nr.
1 [X.] 87
nichts, wonach der Versicherer "Aufwendungen, auch erfolglose, die der Versicherungs-nehmer zur Abwendung oder Minderung des Schadens halten durfte", zu ersetzen hat. Dem Berufungsgericht ist zwar darin zu-zustimmen, dass dieser Text den Rückblick auf bereits betriebenen Auf-wand anspricht. Die im Imperfekt gehaltene Formulierung vermittelt dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer allerdings nicht mit der erfor-derlichen Deutlichkeit, dass er für den Erhalt der Versicherungsleistung auf jeden Fall vorleistungspflichtig sein soll. Er kann den Satz auch dahin verstehen, dass sich die Frage, ob er Aufwendungen zur [X.] für geboten halten durfte, nur bei bereits vorgenommenen, aber ob-jektiv erfolglosen Aufwendungen zur Schadenabwehr oder -minderung stellt und sich die von der Klausel geforderte rückblickende Prognose mithin auch nur auf solche
Aufwendungen bezieht, während
es für [X.]
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re (noch ausstehende)

objektiv zur Schadenminderung geeignete

Aufwendungen
darauf nicht ankommt. Die Klausel kann mithin ebenso
gut dahin verstanden werden, dass sie kein allgemeines Vorleistungser-fordernis für erstattungsfähige Aufwendungen aufstellt, sondern eine Entschädigung beansprucht werden
kann, wenn deren Höhe anderweitig belegt ist, etwa

wie hier

durch sogar unstreitige Feststellungen der herangezogenen Sachverständigen.

cc) Der Begriff der Aufwendungen hat auch in der Rechtssprache keine festen Konturen, die es rechtfertigen, ihn ausschließlich in dem vorgenannten, einschränkenden
Sinn zu verstehen. Eine gesetzliche De-finition findet sich nicht. Soweit der Begriff in Vorschriften des Bürgerli-chen Gesetzbuches verwendet wird (vgl. etwa §§ 256, 284, 304, 670 BGB), bezeichnet er
in Abgrenzung zu unfreiwillig erlittenen Schäden die freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen
(vgl. die Nachweise bei [X.]/[X.], BGB 72.
Aufl. §
256 Rn.
1 und [X.]/[X.] aaO §
670 Rn.
3). Es liegt auf der Hand, dass der Begriff, soweit er im Versicherungsrecht und insbesondere in Allgemei-nen Versicherungsbedingungen Verwendung findet, nicht diese Abgren-zungsfunktion erfüllt. Das
zeigt sich schon daran, dass §
3 [X.] 87 er-sichtlich keine fremdnützigen Aufwendungen zum Gegenstand hat, son-dern solche, die der Versicherungsnehmer zur Beseitigung oder Minde-rung eines ihm entstandenen Schadens

und mithin auch nicht freiwil-lig

im eigenen Interesse einsetzt. Soweit das Berufungsgericht meint, die in §
3 [X.] 87 versprochenen Versicherungsleistungen unterschieden sich vom Ersatz für Gebäude-
und sonstige Sachschäden dadurch, dass eine erstattungsfähige Vermögenseinbuße beim Versicherungsnehmer erst durch den tatsächlichen Einsatz der Aufwendungen einträte (ähnlich für den Begriff der "notwendigen Kosten": [X.], 631; 23
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OLG [X.], 111; [X.], 792; AG [X.], 70; [X.], 889
f.; [X.] in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht
4.
Aufl. §
3 Rn.
62; Knapp-mann in [X.]/[X.], VVG 27.
Aufl. §
2 [X.] Rn.
3; [X.], SVR
3.
Aufl. W I Rn.
25, 26), vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen. Ein Schaden

und damit eine Vermögenseinbuße

ist bei einem [X.], auf dessen ehemals bebautem Grundstück sich nur noch Brandreste des versicherten Gebäudes befinden, die eine
bestim-mungsgemäße Nutzung des Grundstücks

auch im Hinblick auf einen Wiederaufbau

verhindern, bereits eingetreten. Der Mitteleinsatz zur Be-seitigung einer solchen Beeinträchtigung ist mithin Schadenbeseiti-gungsaufwand und nicht freiwilliges Vermögensopfer.

Auch in anderen Versicherungszweigen wird der Begriff der Auf-wendung nicht im Sinne eines freiwilligen, fremdnützigen [X.] verwendet. So wird dem Versicherungsnehmer einer [X.] in aller Regel der Ersatz von Aufwendungen für notwen-dige Heilbehandlungen und sonstige vereinbarte Leistungen verspro-chen.

Im Rechnungswesen und im Steuerrecht werden Kosten von [X.] unterschieden, während der Begriff der Kosten in der Über-schrift des §
3 [X.] 87 als Oberbegriff verwendet wird, unter den insbe-sondere Aufwendungen des Versicherungsnehmers fallen sollen.

Ein einheitliches Verständnis des Begriffs der Aufwendungen in der Rechtssprache, welches es rechtfertigen könnte,
bei der Klauselaus-legung vom allgemeinen, dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer 24
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geläufigen Sprachverständnis abzurücken,
lässt sich nach allem nicht feststellen.

dd) Selbst bei intensivem Studium der übrigen Bedingungen wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer wegen der besonderen [X.]ung zur Sicherstellung des Wiederaufbaus als Voraussetzung für die Erstattung der so genannten Neuwertspitze in §
11 Nr.
5 [X.] 87 nicht darauf kommen, dass Ähnliches von ihm auch im Rahmen des §
3 [X.] 87 erwartet wird (vgl. dazu auch [X.], 383, 385
f.).

ee) Hier
tritt noch hinzu, dass §
16 Nr.
1 Satz
2 [X.] dem [X.] einen Anspruch auf Abschlagszahlungen einräumt, den die Kläg[X.] verfolgt.

Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer
erschließt sich in Anbetracht dieses [X.] erst recht nicht, dass er Scha-denminderungs-
oder Aufräumungs-
und Abbruchkosten erst ersetzt ver-langen kann, nachdem er selbst damit in Vorlage getreten ist oder ent-sprechende Verpflichtungen begründet hat.

Bei
dem Verständnis Allgemeiner
Versicherungsbedingungen darf der durchschnittliche Versicherungsnehmer
auch seine eigenen Interes-sen in den Blick nehmen. Er schließt eine Feuerversicherung in der [X.] deshalb ab, weil der Brand des versicherten Gebäudes für ihn mit hohen Schäden verbunden ist, die er aus Eigenmitteln nicht beheben kann. Das gilt nicht nur für den Wiederaufbau, sondern auch für damit verbundene vorbereitende Maßnahmen, etwa zum Schutz der weiter verwertbaren Gebäudeteile, und die Beseitigung und Entsorgung von [X.]. Wie der Versicherer weiß, zielt der Versicherungsnehmer 27
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mit dem Abschluss der Versicherung darauf ab, im Falle eines [X.] die erforderlichen Mittel zur Schadenbeseitigung an die Hand zu bekommen.
Verspricht ihm der Versicherer mithin nicht nur die Erstat-tung der Aufwendungen für Schadenminderung und Aufräumungs-
und Abbruchkosten, sondern stellt darüber hinaus noch Mindestabschlags-zahlungen in Aussicht, deren Wesen darin besteht, dass sie
im Vorgriff auf die Feststellung der endgültigen Höhe der Versicherungsleistung er-folgen, um dem Versicherungsnehmer schnell eine gewisse Liquidität zu verschaffen,
wird der Versicherungsnehmer nicht auf den Gedanken
kommen, seine Aufwendungen seien erst zu ersetzen, wenn er selbst damit in Vorlage getreten oder verbindliche Verpflichtungen eingegangen sei.

b)
Die Höhe der Abschlagszahlungen hat das [X.] zutref-fend aufgrund der Mindestfeststellungen aus den im [X.] eingeholten Gutachten der Sachverständigen [X.]

und S.

festgesetzt. Den divergierenden Werten beider Gutachten bei den
Auf-räumungs-
und Abbruchkosten hat es durch die Wahl des von dem Sachverständigen S.

ermittelten, deutlich g[X.]geren Betrages
ausreichend Rechnung getragen; das gilt auch hinsichtlich der in der Be-rufungsbegründung der [X.]n vorgebrachten allgemeinen Bedenken.
Sie hat nicht konkret aufgezeigt, inwieweit selbst dieser Betrag, der um mehr als 200.000

n-dige [X.]

angesetzt hat, nach Lage der Dinge unangemessen sein soll.

2. Über die vom [X.] festgesetzten Verzugszinsen seit Er-stattung des Gutachtens
des Sachverständigen [X.]

hinaus ist die [X.] ab dem 15.
März 2004, dem [X.],
bis zum Einsetzen der Verzugszinsen aufgrund der vertraglichen Rege-31
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lung in §
16 Nr.
2 [X.] 87 mit einem Zinssatz von 4
Prozent zu verzin-sen.

[X.] [X.]

[X.]

[X.] Dr.
Karczewski

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.11.2011 -
1 O 65/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.06.2012 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 228/12

19.06.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2013, Az. IV ZR 228/12 (REWIS RS 2013, 4909)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4909

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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9 U 9/04 (Oberlandesgericht Köln)


9 U 75/03 (Oberlandesgericht Köln)


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IV ZR 228/12

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