Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2001, Az. 1 StR 171/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1925

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[X.]/01vom12. Juli 2001in der [X.]:ja[X.]St: neinVeröffentlichung: jaStGB § 7 Abs. 2 Nr. 2Der Senat neigt dazu, daß in einem Fall der stellvertretenden [X.] § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB das Revisionsgericht nach [X.] der Sache durch den Tatrichter nicht erneut prüfen muß, ob der An-geklagte (nunmehr) ausgeliefert werden kann.[X.], [X.]. vom 12. Juli 2001 - 1 [X.] - [X.] u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 12. Juli 2001 beschlossen:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. Dezember 2000 wird als unbegründet verworfen.Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit [X.] und vier tateinheitlichen Fällen des versuchten Mordes, jeweils [X.] mit gefährlicher Körperverletzung, zu lebenslanger [X.] und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Die gegen [X.] gerichtete Revision des Angeklagten bleibt erfolglos, da dieNachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat(§ 349 Abs. 2 StPO).I.Nach den Feststellungen erschoß der Angeklagte, ein jugoslawischerStaatsangehöriger [X.] Volkszugehörigkeit, am 7. Dezember 1998 nacheiner Auseinandersetzung in einer Gaststätte in [X.] ([X.]/[X.]/[X.]) mit mehreren Feuerstößen aus einem Sturmgewehr zweiunbewaffnete Landsleute und fügte dabei vier weiteren Schußverletzungen zu.Anschließend flüchtete er zu seiner in [X.] lebenden [X.] -II.Für die im Ausland begangene Tat gilt nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB [X.] Strafrecht, weil der Angeklagte, der (auch) zur [X.], im Inland betroffen worden ist und nicht ausgeliefert werden kann.1. Das [X.] hat nach Anfragen beim [X.] und beim [X.] rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Angeklagtenicht ausgeliefert wird. Das Auslieferungsersuchen [X.] vom [X.] war abgelehnt worden, u.a. weil "es sich bei dem Angeklagten um einenKosovaren handelt, der [X.], an dem auch die maßgeblichen Zeugen leben,außerhalb des heutigen [X.] der [X.] Justiz liegtund es in der Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und einem sei-ner später getöteten Opfer auch um die Haltung des Angeklagten zur (albani-schen Untergrundorganisation) [X.] gegangen sein soll". Ein Auslieferungser-suchen aus dem [X.], das der Angeklagte - anders als die Bundesrepublik[X.] - bei seinen Heimatbehörden hätte anregen können, wurde [X.]. Hinsichtlich des [X.] war mit einer Auslieferung auch nicht zu [X.], weil das dortige Justizsystem erst im Aufbau begriffen war. Dies war be-reits im Ermittlungsverfahren, zudem während der dreimonatigen [X.] und dann nochmals am Tag der Urteilsverkündung durch die [X.] überprüft [X.] Die Revision macht geltend, die Justiz im [X.] arbeite nun - [X.] im Zeitpunkt der Urteilsverkündung - wieder, so daß der Angeklagte nun-mehr dorthin ausgeliefert werden könne. Die Richterstellen im [X.] seienteilweise mit entsandten [X.] Richtern besetzt. Daher würden dort inzwi-- 4 -schen zumindest Verbrechen wieder verfolgt. Der Rechtshilfeverkehr mit[X.] sei laut Auskunft des [X.]es wieder [X.] ausweislich eines Zeitungsartikels vom April 2001 sei auch das Gericht in[X.] wieder tätig.a) Fraglich ist, ob das Revisionsgericht nach [X.] [X.] dieser Sache durch den Tatrichter erneut prüfen muß, ob der Angeklagte(nunmehr) ausgeliefert werden kann (vgl. zur unzureichenden Prüfung durchden Tatrichter [X.]R StGB § 7 Abs. 2 Nr. 2 Auslieferung 1 sowie [X.] NStZ1995, 440, 441; zur eigenständigen Prüfung durch das Revisionsgericht vgl.[X.]St 45, 64, 73). Für eine Verpflichtung des Revisionsgerichts zur erneutenAmtsermittlung auch in Fällen, in denen der Tatrichter für den damaligen Zeit-punkt zutreffend die Auslieferungsfähigkeit verneint hatte, sprechen die [X.] einhellige Einordnung des Fehlens der [X.] Gerichtsbarkeit [X.] ([X.]St 34, 1, 3; [X.] NStZ 1995, 440, 441; [X.] Aufl. vor § 3 Rdn. 1, § 3 Rdn. 9 und § 7 Rdn. 78; vgl. aber auch [X.]St20, 22, 25), das völkerrechtliche Nichteinmischungsprinzip (vgl. [X.], 392 = [X.] 1998, 472 mit [X.]. [X.]) und die Bezeichnung der [X.] Strafrechtspflege als lediglich subsidiäre Ergänzung der Strafge-walt anderer Staaten ([X.]St 34, 334, 336; [X.]/Weigend, Strafrecht [X.] Aufl. Seite 170; [X.] aaO vor § 3 Rdn. 136; [X.], [X.], 2. Aufl., Rdn. 143, 823). Demgegenüber neigt der Senat dazu, daßder maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Auslieferungsfähigkeit [X.] des § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB der Zeitpunkt der Urteilsverkündung in derletzten Tatsacheninstanz ist, daß also das Revisionsgericht nicht überprüfenmuß, ob nach der [X.] Prüfung durch den Tatrichter noch Ände-rungen eingetreten sind. Das Gesetz kennt auch befristete Prozeßvorausset-- 5 -zungen (vgl. § 16 StPO). Bei zunehmender Internationalisierung könnte es dieFunktionsfähigkeit der stellvertretenden Strafrechtspflege, die u.a. der [X.] bei der Verbrechensverfolgung im Interesse eines weltweitenSchutzes der Rechtsgüter dient ([X.], Stellvertretende Strafrechtspflege,1996, Seite 11 f.; [X.] aaO Rdn. 811, 840; vgl. auch [X.] NStZ 1985, 545),gefährden, wenn bei umfangreichen Verfahren auch noch in der [X.] unter Einbeziehung der betroffenen Bundesministerien immer wieder alledenkbaren Auslieferungsmöglichkeiten im Hinblick auf gegebenenfalls mehrereHeimat- und [X.]staaten überprüft werden müßten. Die Möglichkeit einerspäteren Strafvollstreckung im Heimatland des Angeklagten bleibt hiervon [X.]) Diese Frage kann hier jedoch offenbleiben. Das Bundesministeriumder Justiz hat auf vorsorgliche Anfrage des Senats mit Schreiben vom 22. [X.] mitgeteilt: "Im Einvernehmen mit dem [X.] teile ich mit, daßdas Justizsystem im [X.] weiterhin im Aufbau begriffen ist. Auch unter Be-rücksichtigung der aktuellen Bedingungen der Rechtspflege im [X.] kämedie Bewilligung einer Auslieferung in diesem Fall nicht in Betracht. Mit einemAuslieferungsersuchen der [X.] ist auf [X.] nicht zu rechnen".Damit ist mit einer positiven Auslieferungsentscheidung der nach [X.] zuständigen Stelle (vgl. § 74 [X.] sowie [X.] aaO § 7Rdn. 75; [X.]/[X.]/Eser, StGB 26. Aufl. § 7 Rdn. 26) nicht zu rechnen.Da eine Auslieferung auch auf der Grundlage außenpolitischer Ermessenser-wägungen abgelehnt werden kann ([X.] aaO Seite 31 Fn. 121), obliegt es- 6 -den Gerichten nicht - wie von der Revision angeregt - auf eine nähere Begrün-dung der [X.] [X.] -III.Die Sachrüge und die Verfahrensrügen haben aus den in der [X.] genannten Gründen keinen Erfolg. [X.] bemerkt der Senat:Der auf die Vernehmung einer Sachverständigen für Islamistik gerichteteBeweisantrag vom 19. Oktober 2000 ist vollständig beschieden worden.Dazu trägt die Revision vor, das beantragte [X.] Aussagen des [X.] hinsichtlich des Verhaltens vor Gericht sei für die Be-urteilung der Glaubhaftigkeit bei den vernommenen moslemischen Zeugen [X.]. Der mit einer Wahrunterstellung begründete [X.] erfasse nur einen Teil der Beweisbehauptung; der übrige -"optisch in die Begründung (des Beweisantrages) gerutschte" - Teil der [X.] sei dagegen unter Verstoß gegen § 244 Abs. 6 StPO nichtbeschieden worden.Die Revision weist insoweit zu Recht darauf hin, daß die Wahrunter-stellung den Beweisantrag erschöpfen muß; andernfalls ist er durch [X.] nicht erledigt. Dabei ist zu beachten, daß sich das [X.] auch aus der Antragsbegründung ergeben kann ([X.] StV 1995,230), jedoch ist nicht alles, was der Antragsteller in der Umschreibung der [X.]tik aussagt, in jedem Fall auch Bestandteil der Beweisbehauptung(Herdegen in [X.]. § 244 Rdn. 47). Wird in Beweisanträgen - wie hier -nicht klar zwischen Tatsachenbehauptung und Schlußfolgerungen getrennt,kann es Sache des Antragstellers sein, im Falle einer Antragszurückweisungmit einem erneuten Antrag auf eine (nun im Revisionsverfahren geltend ge-- 8 -machte) Verkürzung des [X.] hinzuweisen ([X.], [X.]üsse vom24. August 1999 - 1 [X.] - und 1. September 1998 - 1 [X.]; [X.]StV 1989, 465). Durch den prägnanten Ablehnungsbeschluß, der unter wörtli-cher Wiedergabe der im "[X.]" genannten [X.] diese alswahr unterstellt, hat die [X.] klargestellt, wie sie den [X.]. Diese Auslegung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Es wäredaher Sache des damaligen Verteidigers gewesen, dieses angebliche [X.], gegebenenfalls durch Stellung eines neuen Beweisantrags, zu besei-tigen.[X.] Boetticher Hebenstreit Schaal

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1 StR 171/01

12.07.2001

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2001, Az. 1 StR 171/01 (REWIS RS 2001, 1925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1925

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