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PDF anzeigen 5 [X.][X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 30. August 2007 in der Strafsache gegen wegen Totschlags - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 30. [X.] 2007, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] [X.], [X.]in [X.], [X.] Dr. Raum, [X.] [X.], [X.] Prof. Dr. Jäger als beisitzende [X.], Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt [X.]als Verteidiger, Rechtsanwalt P. als [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10. Januar 2007 im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Land-gerichts zurückverwiesen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e Das [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer [X.] verurteilt. Hiergegen wendet sich der Ange-klagte mit Verfahrensrügen und der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat im Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 Zur Sache hat das [X.] folgende Feststellungen getroffen: 2 Am 17. Juni 2006 besuchte der Angeklagte mit dem [X.]eine —Musikkneipefi in [X.], wo sich zu dieser [X.] auch der später getö-tete [X.]
aufhielt. Da dem Angeklagten die Musik nicht zusagte, 3 - 4 - teilte er dem [X.]kurz vor 2.00 Uhr mit, dass er auf der [X.] auf ihn warten würde. In dem Lokal kam es kurze [X.] später zu einer tätli-chen Auseinandersetzung zwischen verschiedenen jungen Leuten, die dazu führte, dass der Betreiber der Gaststätte einige Gäste des Hauses verwies. Zwei der am Handgemenge Beteiligten, das spätere Opfer und dessen [X.]
, führte er in einen Nebenraum des Lokals und versuchte vergeblich, sie zu beruhigen. Beide rannten —[X.] nach draußen auf den Innenhof in Richtung auf das verschlossene Gittertor, das den Hof von der [X.] trennte.
[X.] gelang es, [X.] mit dem Fuß aufzustoßen, wobei das nach [X.] den dahinter stehenden Angeklagten möglicherweise an Kopf und Knie traf. Sodann ging [X.] auf den Zeugen E. los, der jedoch von anderen weggezogen und in Sicherheit gebracht wurde. Gleichwohl schlug
[X.] immer noch wild um sich und suchte Streit. Inzwischen mischten sich auch unbeteiligte Passanten in die Schlägerei ein und versuchten, zu schlichten.
[X.] und [X.]gebärdeten sich jedoch weiter gewalttätig und beleidigten und [X.] ihre Kontrahenten möglicherweise auch mit ausländerfeindlichen Parolen. Während K.
sich nach einiger [X.] von den Streitenden zu-rückzog, blieb [X.] immer noch aufgebracht und um sich schlagend auf der [X.]. Der Zeuge [X.]versuchte, ihn zu beruhigen, und redete begütigend auf ihn ein. Nunmehr ging der Angeklagte, der bis dahin an den Streitigkeiten nicht beteiligt war, auf
[X.] zu und ohrfeigte ihn. [X.]
schlug zurück. Der Zeuge [X.]
schubste den Angeklagten ein Stück von [X.]
weg, wobei er erneut auf [X.]
einredete, der sich [X.] beruhigte und —zu sich zu [X.] schien. Er schlug nicht mehr um sich und machte auch keine Anstalten, jemanden anzugreifen. 4 Spätestens jetzt holte der Angeklagte aus seiner Bauchtasche ein [X.] Taschenmesser hervor, bewegte sich ein paar Schritte auf [X.] zu und stieß ihm das Messer mit einer kraftvollen ruckartigen [X.] - 5 - wärtsbewegung in die —Herz/Lungengegendfi. [X.] drang in das Herz ein, wobei die [X.] 0,9 cm eingestochen wurde. Sodann zog der An-geklagte das Messer [X.] ebenfalls mit großem Kraftaufwand [X.] wieder aus dem Körper seines Opfers heraus; [X.] brach nach einigen Sekunden zusammen und starb noch am [X.]. Der Angeklagte starrte eine Weile auf das Messer, entfernte sich alsdann vom [X.] und warf das Messer später weg. Einen Tag danach stellte er sich der Polizei. Das [X.] hat die Tat als Totschlag bewertet und eine [X.] im Sinne von § 32 StGB verneint. Auf den zur Tatzeit Achtzehnjäh-rigen hat es Jugendstrafrecht angewendet und wegen der Schwere der Schuld gemäß § 17 JGG eine Jugendstrafe verhängt, die auf sieben Jahre festgesetzt worden ist. 6 7 2. Die erhobenen Verfahrensrügen sind entsprechend den zutreffen-den Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift vom 11. Mai 2007 unbegründet. Dasselbe gilt für die sachlich-rechtlichen Einwän-de des Beschwerdeführers gegen den Schuldspruch. Jedoch kann der Straf-ausspruch keinen Bestand haben. Es ist rechtsfehlerhaft, dass die [X.] keine hinreichenden Er-wägungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten angestellt hat. Allein die [X.], dass der Angeklagte bei Begehung der Tat nicht unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol stand, machte eine Erörterung seiner Steuerungs-fähigkeit nicht entbehrlich. Hierzu hätte schon im Hinblick auf die ungewöhn-liche Diskrepanz zwischen Tat und Täterpersönlichkeit Anlass bestanden. So hat der Angeklagte die Gesamtschule erfolgreich bis zur 10. Klasse durchlau-fen und hatte die Zusage, an das Oberstufenzentrum zu wechseln. Von sei-nen Lehrern wird er als zuverlässig, verantwortungsbewusst, tolerant, koope-rativ und hilfsbereit eingeschätzt; mit Konflikten sei er kompromissbereit und sachlich umgegangen und habe bei schwierigen Situationen innerhalb von [X.] oft vermittelt. Zudem war der Angeklagte familiär und so-8 - 6 - zial gut eingebunden. Er konsumierte weder Alkohol noch Drogen und be-suchte nur gelegentlich mit Freunden Diskotheken; im Übrigen verbrachte er seine Freizeit mit seiner Freundin oder trainierte in einem Fitnesszentrum. Dass dieser Angeklagte ruhig, zielbewusst, überlegt und ohne jede affektive Erregung ([X.]) einen Menschen getötet haben soll, ist nicht nur ange-sichts seiner Persönlichkeit, sondern auch vor dem Hintergrund der von [X.] und Gewalt geprägten [X.] schwer nachvollziehbar. Die Tatsache, dass Zeugen sein Verhalten in dieser Weise beschrieben haben, genügt jedenfalls nicht, die psychische Befindlichkeit des Beschwerdeführers bei Ausführung der Tat ausreichend zu erfassen (vgl. [X.], Beschluss vom 31. März 2004 [X.] 5 StR 351/03). Der [X.] kann nicht ausschließen, dass die [X.] bei der gebotenen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten [X.] wenn auch nicht unbedingt erheblich im Sinne des § 21 StGB [X.] eingeschränkt war. Hierüber wird der neue Tatrichter mit Hilfe eines psychiatrischen Sachverständigen neu zu [X.] haben. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, ob das Opfer und [X.] ausländerfeindliche Schimpfworte [X.] der Angeklagte ist [X.] Abstammung [X.] gerufen haben und der Angeklagte davon ausgegan-gen ist, dass [X.] es war, der ihm das Gittertor gegen den Kopf gestoßen hat. Der Fall gibt Anlass, darauf hinzuweisen, dass in Kapitalstrafsachen, zumal im Bereich der Anwendbarkeit von Jugendstrafrecht, in der Mehrzahl der Fälle [X.] wenn nicht ein länger geplantes, wenngleich verwerfliches, so doch rational nachvollziehbar motiviertes Verbrechen vorliegt [X.] Anlass be-steht, rechtzeitig im Vorfeld der Hauptverhandlung einen psychiatrischen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zur Schuldfähigkeit zu betrauen (vgl. [X.]/Mosbacher in [X.] u. a. [Hrsg.], Forensische Begutachtung von Persönlichkeitsstörungen 2007, [X.], 125; [X.]surteil vom heutigen Tage [X.] 5 [X.]; jeweils m.w.N.). 9 - 7 - 3. Auch sonst begegnet die Strafzumessung erheblichen Bedenken. Nach den Urteilsfeststellungen stellt die [X.] im Hinblick auf die Höhe der Jugendstrafe wesentlich auch auf den —enormen" [X.] ab, der sich für die [X.] maßgeblich aus der Tat selbst ergibt. Zwar hat sie einige Umstände wie Unbestraftheit, Teilgeständnis, [X.] und die erlittene Untersuchungshaft zugunsten des [X.]; die weiteren im Urteil ausführlich dargestellten, eher gewichtige-ren Milderungsgründe, die sich aus der Persönlichkeit des Angeklagten und seinem nahezu mustergültigen Werdegang ergeben, bleiben bei der [X.] unerörtert. Dass diese Umstände geeignet sein könnten, den [X.] erheblich zu reduzieren, hat die [X.] nicht er-kennbar bedacht. 10 11 Nicht unproblematisch im Blick auf das Verbot negativer Anlastung zu-lässigen [X.] (Tröndle/[X.], StGB 46. Aufl. § 46 Rdn. 50, 53) ist zudem die Wendung des [X.]s, der Angeklagte sei trotz seiner größtenteils geständigen Einlassung, der —tränenreichenfi Ent-schuldigung und des Bereuens der Tat nicht vollends gewillt, die [X.] für den Tod des
[X.] auf sich zu nehmen, sondern versuche, die Tat zu beschönigen und für sich als unglückselige Verkettung der Um-stände darzustellen ([X.]). - 8 - Da der [X.] nicht mit letzter Sicherheit ausschließen kann, dass nach Anhörung eines psychiatrischen Sachverständigen sogar die [X.] einer Maßregel in Betracht kommen könnte, hebt er nicht nur den [X.] über die Höhe der Jugendstrafe, sondern den gesamten [X.] auf. 12 [X.] Gerhardt Raum [X.] Jäger
Meta
30.08.2007
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.08.2007, Az. 5 StR 197/07 (REWIS RS 2007, 2234)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 2234
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