Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2001, Az. IV ZR 6/01

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1058

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:10. Oktober 2001HeinekampJustizobersekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________VVG § 16Bei der Beantwortung von vorformulierten [X.]n geht es nicht zu [X.] künftigen Versicherungsnehmers, wenn der Agent durch einschränkendeBemerkungen zu den Fragen verdeckt, was auf die jeweilige Frage anzugebenund in das Formular aufzunehmen ist.[X.], Urteil vom 10. Oktober 2001 - [X.] - [X.] LG Zwickau- 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], die Richterin [X.], denRichter [X.] und die Richterin Dr. [X.] auf die [X.] vom 10. Oktober 2001fr Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3. Zi-vilsenats des [X.] vom8. Dezember 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Ent-scheidung, aucr die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurckverwiesen.Von Rechts [X.]:Der [X.] verlangt von dem beklagten [X.] eine Berufsunfigkeitsrente.Der [X.], von Beruf Elektroinstallateur, stellte am 1. Juni 1996bei der [X.] den Antrag auf Abschluß einer Rentenversicherungmit [X.]. Das Antragsformular wurdevom Agenten der [X.] ausgefllt. Zwischen den Parteien ist strei-- 3 -tig, ob der Agent dem [X.] smtliche Gesundheitsfragen vorlas undwas der [X.] darauf im einzelnen antwortete. Unstreitig [X.] der[X.] jedenfalls Rckenbeschwerden und kreuzte der Agent gleichwohlbei der Frage nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden u.a. [X.] die Antwort "nein" an. Der [X.] war seit April 1994 wegen[X.] [X.] bei [X.] und ab Januar 1995 bei der [X.] in Behandlung. Auf Veranlassung der letzteren wurde er vom30. August bis 2. September 1995 im [X.] untersucht und vom6. Mrz bis 3. April 1996 in der [X.] behandelt, wo [X.] eine fortgeschrittene Spondylosis deformans (degenerative Er-krankung der Wirbelkörper und [X.]) der Lendenwir-belsle mit fortgeschrittener Osteochondrose (Knochen- und Knorpel-degeneration) geschildert wurde. Aus der Rehabilitation wurde der [X.] als voll arbeitsfig entlassen. Aufgrund zunehmender Beschwerdenan der [X.] wurde er jedoch ab 6. November 1998 ar-beitsunfig krankgeschrieben und in der Folgezeit zweimal operiert.Die Beklagte lehnte die Zahlung der vereinbarten Berufsunfig-keitsrente von monatlich 375 DM ab, weil der [X.] sie nicht ausrei-cr sein Rckenleiden informiert habe. Sie trat vom [X.] und focht ihn außerdem wegen arglistiger Tschung an.Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der Be-gr, es sei dabei von einer Entscheidung des [X.], hat das [X.] die Revision zugelassen. [X.] -[X.] begehrt nunmehr die Wiederherstellung des [X.]:Die Revision hat Erfolg. Sie [X.] zur Aufhebung des angefochte-nen Urteils und zur Zurckverweisung der Sache an das Berufungsge-richt.[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei [X.] des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Tschungberechtigt gewesen, und hierzu ausge[X.]:Der [X.] habe die Gesundheitsfragen im Antragsformular [X.] seines Rckenleidens unrichtig beantwortet. [X.] seiner Krankengeschichte, aus der ein ernsthaftes, [X.] hervorgehe, habe die Erklrung des [X.] rdem Versicherungsvertreter, er leide an gelegentlichen Kreuzschmerzen,die manchmal mit einer Ischiasspritze behandelt wrden, eine grobeVerharmlosung des wahren Krankheitsbildes dargestellt. Dies sei dem[X.] auch bewußt gewesen. Falls seine Behauptung zutreffe, der [X.] habe erwidert, daß nur ernsthafte Erkrankungen an-gegeben werden mßten, nicht aber Kreuzschmerzen, die wohl jedereinmal habe, so habe der [X.] daraus ersehen mssen, daß er [X.] ein falsches Bild von seinen Beschwerden ver-mittelt hatte. Der [X.] habe auch arglistig gehandelt, mlich damitgerechnet, daß sich die Mitteilung des wahren Sachverhalts negativ aufden gewschten Abschluß des Versicherungsvertrages auswirken [X.]. [X.] spreche sowohl, daß seine Rckenerkrankung seine Berufs-- 6 -figkeit gefrdet habe, was ihm nicht verborgen geblieben sei, alsauch, [X.] er keine plausible Erklrung fr die verflschende Darstellungseiner Beschwerden gegeben habe.Die Anfechtungserklrung der [X.] verstoûe auch nicht ge-gen Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt, [X.] die Beklagte einegebotene Risikoprfung unterlassen habe. Zwar treffe den Versichererim Rahmen der Vertragsverhandlungen eine Obliegenheit zur Risiko-prfung, bei deren Verletzung er ster nicht mit der [X.] zurcktreten k, der Versicherungsnehmer habe seine [X.] verletzt. Nicht gefolgt werden kingegen aberder weitergehenden Rechtsprechung des [X.], dem [X.] sei, wenn er die gebotene Nachfrage unterlassen habe, auchdie Anfechtung wegen arglistiger Tschung verwehrt ([X.]Z 117, 385,387 f.). Der arglistig Tschende verdiene keinen Schutz seines [X.] auf den Bestand des erschlichenen Vertrages. Eine Ausnahmekomme nur dann in Betracht, wenn sich dem Versicherer beim [X.], [X.] der Versicherungsnehmer eine arglistigeTschung versuche. So liege es hier aber nicht.I[X.] Diese Erws Berufungsgerichts halten der [X.] nicht stand.1. a) Der [X.] hat die [X.] nach Krankheiten, Strungenoder Beschwerden nicht objektiv unrichtig beantwortet. Das Berufungs-gericht hat insoweit den [X.] nicht vollstig [X.] 7 -Unerheblich ist, [X.] der Agent im Antragsformular die Frage nachVorerkrankungen verneinte. Es kommt allein auf die mlichen Erkl-rungen des [X.] an. Bei Entgegennahme eines Antrags auf [X.] steht dem Antragsteller der empfangsbe-vollmchtigte Vermittlungsagent des Versicherers, bildlich gesprochen,als dessen Auge und [X.] Was ihm mit Bezug auf die An-tragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt [X.] worden, auch wenn der Agent es nicht in das Formular [X.] hat ([X.]Z 116, 387, 389).Soweit es um den Inhalt der mlichen Erklrungen des [X.]geht, ist im Revisionsverfahren die Richtigkeit seines [X.] zu unterstellen. Die Beweislast [X.], [X.] er etwas anderesgesagt hat, als er behauptet, trifft die Beklagte. Nach der [X.] sich, wenn der Agent das Formular ausgefllt hat,allein mit dem Formular nicht beweisen, [X.] der [X.] Angaben gemacht hat, sofern dieser substantiiert behauptet, [X.] mlich zutreffend unterrichtet zu haben. Dann [X.] vielmehrder Versicherer beweisen, [X.] der Versicherungsnehmer den [X.] nicht zutreffend unterrichtet hat. Dieser Beweis ist [X.] durch die Aussage des Versicherungsagenten zu fren ([X.]Z 107,322, 325). Hier hat das [X.] den Versicherungsagenten und [X.] die Ehefrau des [X.] als Zeugin vernommen. Das Be-rufungsgericht hat aber [X.] offengelassen, ob es der [X.] Agenten Glauben schenkt, wonach der [X.] lediglich von einmaligaufgetretenen Kreuzschmerzen sprach, die der Arzt als belanglos einge-- 8 -stuft habe. Deshalb ist im Revisionsverfahren zugunsten des [X.]seine anderslautende Darstellung als wahr zu unterstellen.Die Darstellung des [X.] ergibt sich aus der [X.] Ehefrau. Das Berufungsgericht hat lediglich auf den schriftstzli-chen Vortrag des [X.] Bezug genommen, er habe dem Agenten an-gegeben, [X.] er [X.] habe und sich deshalb ab und [X.] Arzt eine Ischias-Spritze geben lassen msse. Dabei hat es [X.], [X.] der [X.] sich im Berufungsverfahren [X.] die [X.] seiner Ehefrau zu eigen gemacht hat. Aber auch ohne die[X.]e Berufung des [X.] auf diese Aussage mûte davonausgegangen werden, [X.] er sie, als ihm stig, zum Gegenstand [X.] eigenen Vortrags machen wollte. Die Ehefrau hat folgendes bekun-det: [X.] habe gesagt, [X.] er [X.] habe und, [X.] auftrten, er zum Arzt - der [X.] - gehe und dort immereine Spritze bekomme, die dann je nach Arbeitsbelastung oder sonstigenUmstch unterschiedlich lange anhalte.Schon danach steht fest, [X.] der [X.] dem Agenten nicht nurangegeben hat, unter [X.] zu leiden; aus seiner Antwortergibt sich vielmehr zugleich, [X.] diese Schmerzen wiederholt auftratenund jeweils - bei unterschiedlichem Erfolg - rztlich mit Spritzen behan-delt werden [X.]ten.b) Zu weiteren Angaben auf die ihm gestellte Gesundheitsfragewar der [X.] nicht [X.] -Das Berufungsgericht nimmt insoweit bereits nicht hinreichend inden Blick, [X.] nach den Angaben der Ehefrau des [X.] - von denenim Revisionsverfahren auszugehen ist - der Agent der [X.] auf [X.] des [X.] geantwortet hat, es handele sich insoweit [X.], um eine Volkskrankheit, die eigentlich jeder habe und [X.] nicht in den Antrag aufnehmen msse. Schon danach [X.]te sichder [X.] zu erzenden Angaben nicht veranlaût sehen, zumal ihm- wie der Antrag ausweist und sich nach dieser Antwort des Agenten alsfolgerichtig darstellt - die erzende Frage nach Art, Verlauf und Folgeder Erkrankung (einschlieûlich Operationen, Kuren ...) [X.] mehr gestellt worden ist.c) Dem [X.] oblag es nicht, den kurzen [X.] die Behandlung in der Reha-Klinik B. ungefragt anzuzeigen. Das giltzum einen schon deshalb, weil die Reaktion des Agenten auf die Anga-ben des [X.] diesem den Blick darauf verstellen [X.]te, [X.] noch [X.] geboten sein kten. Zum anderen ergaben sichaus diesen statiren Krankenhausaufenthalten jedenfalls aus [X.] des [X.] r die bereits gemachten Angaben hinaus keineweiteren gefahrerheblichen Umst.Der erste, nur viertige Klinikaufenthalt diente der diagnosti-schen Abklrung des Leidens und brachte kein greifbares Ergebnis. [X.] der behandelnden Ärztin V. auf Verengung des [X.] und Wirbelgleiten wurde nicht besttigt, eine [X.] wurde verneint und die Fortsetzung der konservativen [X.] Spritzen wurde befrwortet. Die zweite "[X.] 10 -war eine Rehabilitationskur, hinsichtlich derer der [X.] richtig vorge-tragen hat, [X.] sie einer Therapie des Rckenleidens durch [X.] diente.d) Damit fehlt es nicht nur an einer objektiven Verletzung der [X.] durch den [X.]. Zugleich erweist sich vielmehr auchdie Annahme des Berufungsgerichts als nicht tragfig, der [X.] habesein Leir dem Agenten der [X.] verharmlost. [X.] verharmlost hat - nach den Angaben der Ehefrau des [X.] -der Agent. Ihn hinsichtlich der Frage zu kontrollieren, was in das [X.] aufzunehmen ist, war nicht Sache des Antragstellers. [X.] Vorgabe von Fragen nach gefahrerheblichen [X.] [X.] hat der Versicherer selbst die Anzeigeobliegenheit so [X.], [X.] der kftige Versicherungsnehmer die Gefahrumstanhand der ihm gestellten Fragen zu beantworten hat. [X.] das [X.] dadurch, [X.] er dem Antragsteller durch einschrkende Bemer-kungen verdeckt, was auf die jeweilige Frage anzugeben und in [X.] aufzunehmen ist, kann dieses Agentenverhalten nicht zu [X.] des kftigen Versicherungsnehmers gehen. Anhaltspunkte fr einkollusives Zusammenwirken von [X.] und Agent hat das Berufungsge-richt nicht festgestellt; sie sind auch nicht ersichtlich.e) Ist danach davon auszugehen, [X.] der [X.] der [X.] und ihn der Vorwurf, sein Leiden verharmlost zu ha-ben, nicht trifft, fehlt es an einer Grundlage fr die Annahme des [X.], der [X.] habe die Beklagte durch Tschung zum [X.] bewegen wollen. Eine arglistige Tschung des- 11 -[X.] scheidet schon deshalb aus, ohne [X.] es insoweit auf weiteresankommt.2. [X.] hatte der Senat schon aus diesem Grunde [X.], deretwegen das Berufungsgericht die Revision zugelas-sen hat, mlich eine Verletzung der Nachfrageobliegenheit des [X.]s diesem auch die [X.] verwehrt, nicht zu entschei-den (vgl. zur Wissenszurechnung bei arglistigem Verschweigen von [X.] vom 7. Mrz 2001 - [X.]/00 -VersR 2001, 620 unter 2 b bb).Terno [X.] [X.] [X.] Dr. [X.]

Meta

IV ZR 6/01

10.10.2001

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2001, Az. IV ZR 6/01 (REWIS RS 2001, 1058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1058

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