Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.06.2015, Az. 5 StR 71/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 8912

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Störung der Totenruhe: Begriff der "Asche"


Leitsatz

Zur „Asche“ im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB gehören sämtliche nach der Einäscherung verbleibende Rückstände, d.h. auch die vormals mit einem Körper fest verbundenen, nicht verbrennbaren Bestandteile.

Tenor

1. Auf die Revision der Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 18. Juni 2014 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) dahingehend abgeändert, dass sie wegen Beihilfe zur Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum Verwahrungsbruch unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt ist, und

b) aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass wegen eines Geldbetrages in Höhe von 217.591,47 € sowie wegen ca. 1,344 kg Zahngoldbruchs von der Anordnung von Verfall bzw. Wertersatzverfall nur deshalb abgesehen wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Diese Feststellungen entfallen.

2. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.], [X.] und [X.].      wird das genannte Urteil hinsichtlich der Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO dahingehend abgeändert (§ 349 Abs. 4 StPO), dass das jeweils nach § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zu bezeichnende Erlangte bzw. der nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO zu bezeichnende Geldbetrag

a) bei dem Angeklagten [X.]     137.922,54 €,

b) bei dem Angeklagten [X.]45.685 €

c) bei dem Angeklagten [X.]370 g Zahngoldbruch und 58.500 € sowie

d) bei dem Angeklagten [X.].     79.834,50 € beträgt.

3. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]werden die Einzelstrafen in den Fällen

a) 129 und 134 jeweils auf vier Monate (Angeklagter [X.]     ) und

b) 176 und 177 jeweils auf drei Monate (Angeklagter K.  ) festgesetzt.

4. Die weitergehenden Revisionen der genannten Angeklagten und die Revision des Angeklagten S.    werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

5. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte [X.]wegen Beihilfe zur Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum Verwahrungsbru[X.]h in 110 Fällen, zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und eine Ents[X.]heidung na[X.]h § 111i Abs. 2 StPO getroffen. Die übrigen Angeklagten hat das [X.] ebenfalls zu Bewährungsstrafen wegen Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum Verwahrungsbru[X.]h verurteilt, und zwar den Angeklagten [X.]       in 25 Fällen, den Angeklagten [X.]in 37 Fällen, die Angeklagten [X.]und [X.].       jeweils in 24 Fällen sowie den Angeklagten [X.]in 23 Fällen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Angeklagten dur[X.]h die Taten Vermögensvorteile erlangt haben – der Angeklagte [X.]       178.377,09 €, der Angeklagte [X.]47.185 €, der Angeklagte S.     4.000 €, der Angeklagte [X.]60.000 € und 370 g Zahngoldbru[X.]h und der Angeklagte [X.].       81.334,50 € – und dass ledigli[X.]h deshalb ni[X.]ht auf Verfall bzw. Wertersatzverfall erkannt wird, weil insoweit Ansprü[X.]he Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Die hiergegen geri[X.]hteten Revisionen der Angeklagten haben im Umfang der Bes[X.]hlussformel Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Na[X.]h den Feststellungen des [X.]s waren die Angeklagten [X.]      , [X.], [X.], [X.]  und [X.].       sowie der inzwis[X.]hen verstorbene Ehemann der Angeklagten [X.]als Bediener für Einäs[X.]herungsanlagen im Krematorium H.              bes[X.]häftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte es, na[X.]h einem Verbrennungsvorgang ein Metallfa[X.]h aus dem Ofen zu nehmen, in wel[X.]hem si[X.]h Verbrennungsrü[X.]kstände befanden, und diese mit Hilfe einer kleinen Handgartenharke na[X.]h größeren Metallteilen, insbesondere künstli[X.]hen Gelenken, zu dur[X.]hsu[X.]hen, die sonst in einem späteren Arbeitss[X.]hritt die Kno[X.]henmühle bes[X.]hädigt hätten. Diese waren in einen Sammelbehälter einzuwerfen und wurden dur[X.]h das Krematorium veräußert. Darüber hinaus hatten die genannten Angeklagten Zahngold, S[X.]hmu[X.]kreste und sonstige Wertmetalle aus den [X.] zu entnehmen und in einem gesonderten Behältnis abzulegen. Diese werthaltigen Gegenstände stellten wegen ihrer geringen Größe keine Bes[X.]hädigungsgefahr für die Kno[X.]henmühle dar; vielmehr wollten die [X.] Friedhöfe si[X.]h diese aneignen, veräußern und den Erlös der Kinderkrebshilfe spenden. Ans[X.]hließend wurden die verbliebenen Rü[X.]kstände in einer Kno[X.]henmühle gemahlen und automatis[X.]h in die jeweilige Urne gefüllt. S[X.]hwere Rü[X.]kstände verblieben na[X.]h dem Mahlvorgang jedo[X.]h in einem [X.] der Mühle und wurden von den Bedienern no[X.]hmals sortiert. Dabei sollten Gegenstände entfernt werden, die, wie etwa metallis[X.]he Sargbestandteile, erkennbar ni[X.]ht der verstorbenen Person zuzuordnen waren. Au[X.]h insofern galt die Dienstanweisung, dass werthaltige Kleingegenstände im Behälter gesammelt werden sollten. Na[X.]h dieser Sortierung wurden die letzten Verbrennungsreste in die Urne gegeben, die dana[X.]h vers[X.]hlossen wurde.

3

Die Angeklagten [X.]    , [X.], [X.], [X.]  und [X.].       sowie der Ehemann der Angeklagten [X.] entnahmen im Rahmen ihrer Tätigkeit an den Einäs[X.]herungsanlagen des Krematoriums in diversen Fällen Zahngoldbru[X.]h aus den Verbrennungsresten der zuvor eingeäs[X.]herten Verstorbenen. Dies ges[X.]hah entweder bei der Dur[X.]hsu[X.]hung der Rü[X.]kstände na[X.]h großen Gegenständen oder bei der Sortierung der Rü[X.]kstände, die aus der Kno[X.]henmühle entnommen wurden. Die Angeklagte [X.] erklärte si[X.]h spätestens im [X.] dazu bereit, die von ihrem Ehemann entwendeten Kremierungsrü[X.]kstände in regelmäßigen Abständen in S[X.]heideanstalten zu veräußern, was sie au[X.]h tat.

II.

4

1. Das [X.] ist zu Re[X.]ht davon ausgegangen, dass das Entwenden von Zahngold den Tatbestand der Störung der Totenruhe (§ 168 StGB) erfüllt. Insbesondere handelt es si[X.]h bei Zahngold um „As[X.]he“ im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB. Denn zu dieser gehören na[X.]h zutreffender Ansi[X.]ht sämtli[X.]he na[X.]h der Einäs[X.]herung verbleibenden Rü[X.]kstände, d.h. au[X.]h die vormals mit einem Körper fest verbundenen fremden Bestandteile, die ni[X.]ht verbrennbar sind (vgl. [X.], NJW 2008, 1543; [X.], NJW 2012, 1601; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 168 Rn. 40; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 2013, § 168 Rn. 7; [X.]/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 168 Rn. 2; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 168 Rn. 3).

5

a) Diese Auslegung ist mit dem allgemeinen Spra[X.]hgebrau[X.]h zu vereinbaren und übers[X.]hreitet ni[X.]ht die äußerste [X.] (Art. 103 Abs. 2 GG; vgl. [X.] 71, 108, 115; 87, 209, 224; 126, 170, 197). Soweit dementgegen vertreten wird, na[X.]h einem seit Jahrhunderten bestehenden, unverändert gebliebenen Wortverständnis sei mit dem Begriff As[X.]he allein ein pulveriger staubartiger [X.] gemeint, der vom Feuer unversehrte Gegenstände ni[X.]ht erfasse, trifft dies ni[X.]ht zu ([X.], NJW 2010, 2071, 2073 f.; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 168 Rn. 11; NK-StGB/Stübinger, 4. Aufl., § 168 Rn. 7). Vielmehr ist der Begriff im allgemeinen Spra[X.]hgebrau[X.]h ni[X.]ht eindeutig definiert. Über die Bedeutung eines staubig-pulverigen Rü[X.]kstands verbrannter Materie (so etwa [X.], [X.], Band 1, 3. Aufl., [X.]) hinaus wird As[X.]he nämli[X.]h au[X.]h allgemein als „[X.]“ bes[X.]hrieben und etwa als „die bei der Verbrennung pflanzli[X.]her oder tieris[X.]her Substanzen zurü[X.]kbleibenden unverbrennli[X.]hen anorganis[X.]hen Bestandteile“ ([X.], 15. Aufl. 1929, Zweiter Band, [X.]) oder als „die von einem dur[X.]h Verbrennung zerstörten organis[X.]hen Körper übrigbleibenden anorganis[X.]hen unverbrennli[X.]hen Bestandteile“ ([X.] Lexikon, Zweiter Band, 13. Aufl. 1882, [X.]) definiert (vgl. au[X.]h [X.] Lexikon, Band 2, 1971, [X.]). Na[X.]h diesem Begriffsverständnis ist kremiertes Zahngold dur[X.]h das Tatbestandsmerkmal umfasst (ebenso [X.], aaO S. 1544 mwN; [X.], aaO S. 1606).

6

b) Für diese auf sämtli[X.]he Verbrennungsrü[X.]kstände des mens[X.]hli[X.]hen Körpers abstellende Auslegung des [X.] spri[X.]ht zudem der Wille des historis[X.]hen Gesetzgebers.

7

Das [X.] vom 15. Mai 1871 s[X.]hützte in § 168 zunä[X.]hst nur den „Lei[X.]hnam“ und in § 367 Abs. 1 Nr. 1 „Teile des Lei[X.]hnams“ ([X.] 1871, [X.]). Die Feuerbestattung wurde dur[X.]h das Gesetz über die Feuerbestattung vom 15. Mai 1934 ([X.] I S. 380) – na[X.]hfolgend Feuerbestattungsgesetz 1934 – einheitli[X.]h geregelt und ist mittlerweile in die in den vers[X.]hiedenen Bundesländern erfolgten Neuregelungen des Friedhofs- und Bestattungsre[X.]hts einbezogen worden (vgl. [X.]edke, Handbu[X.]h des Friedhofs- und Bestattungsre[X.]hts, 10. Aufl. 2010, [X.]). Der strafre[X.]htli[X.]he S[X.]hutz der „As[X.]he eines Verstorbenen“ war Gegenstand unters[X.]hiedli[X.]her Entwürfe zum [X.] Strafgesetzbu[X.]h (vgl. etwa § 158 Vorentwurf eines [X.] Strafgesetzbu[X.]hs 1909; § 225 des Entwurfs der [X.] 1913; § 218 des Entwurfs von 1919; vgl. dazu Denks[X.]hrift zu dem Entwurf von 1919, S. 167; § 170 des Amtli[X.]hen Entwurfs eines Allgemeinen [X.] Strafgesetzbu[X.]hs 1925), hat aber erst mit dem [X.] vom 4. August 1953 ([X.] I 1953, [X.]) Eingang in die Vors[X.]hrift des § 168 StGB gefunden, dies allerdings unter ausdrü[X.]kli[X.]her Anlehnung an die früheren Entwürfe (vgl. [X.]. I/3713, [X.]) und damit an die diesen zugrundeliegenden Erwägungen.

8

In der Begründung zum Vorentwurf zu einem [X.] Strafgesetzbu[X.]h von 1909 heißt es etwa, dass die si[X.]h bei einer Feuerbestattung „ergebenden As[X.]hereste aber den glei[X.]hen S[X.]hutz gegen einen pietätlosen Zugriff verdienen“ und „na[X.]h dem Vorbild ausländis[X.]her Gesetzgebungen dem Lei[X.]hnam die As[X.]he eines Verstorbenen glei[X.]hgestellt“ werden sollen (vgl. Vorentwurf zu einem [X.] Strafgesetzbu[X.]h von 1909, Begründung, S. 520). Die Begründung verweist auf das in der Literatur herangezogene Vorbild im [X.] Re[X.]ht (vgl. Vorentwurf zu einem [X.] Strafgesetzbu[X.]h von 1909, Begründung, aaO [X.]. 2 mit Hinweis auf [X.], Studien aus dem Strafre[X.]ht I, 1890, S. 222 f.; [X.], [X.], 1904, S. 47 f.; [X.] in Verglei[X.]hende Darstellung des [X.] und Ausländis[X.]hen Strafre[X.]hts, Dritter Band, [X.], 1906, [X.], s. au[X.]h [X.], 66, 71, 79). Die in diesem Zusammenhang verwendete Formulierung „[X.]“, die im Bestattungsre[X.]ht synonym für das Wort „As[X.]he“ gebrau[X.]ht wird (vgl. etwa § 6 [X.] vom 14. September 1911; § 9 Feuerbestattungsgesetz 1934; § 10 der Verordnung über die Dur[X.]hführung des [X.] vom 26. Juni 1934, [X.] I 519; § 6 Abs. 4 der Verordnung über die Anforderungen für den Betrieb von [X.] im [X.] vom 4. September 2002; § 20 Abs. 3 [X.] Friedhofs- und Bestattungsgesetz vom 5. Juli 2007; [X.], Feuerbestattung und Re[X.]htspflege 1911, 14 f.; [X.]edke, aaO [X.], 238, 240 f.), ma[X.]ht deutli[X.]h, dass historis[X.]h mit „As[X.]he“ sämtli[X.]he Reste des verbrannten mens[X.]hli[X.]hen Körpers gemeint waren. Dementspre[X.]hend war unter der Geltung des ursprüngli[X.]hen Straftatbestandes bemängelt worden, dass die bei der Feuerbestattung zurü[X.]kbleibende As[X.]he ni[X.]ht ges[X.]hützt sei: „Eine ausdrü[X.]kli[X.]he Bestimmung, kraft deren au[X.]h die Reste der Feuersbestatteten ges[X.]hützt werden, würde zur Aufnahme bei einer Revision unseres Strafgesetzbu[X.]hes also wohl zu empfehlen sein …“ (vgl. [X.], aaO S. 48). „Au[X.]h diejenigen Orte, an wel[X.]hem die na[X.]h Verbrennung verbliebenen Reste des mens[X.]hli[X.]hen Lei[X.]hnams bestimmungsgemäß aufbewahrt werden, [sollten] Gräber im re[X.]htli[X.]hen Sinne werden“ ([X.], aaO S. 71). Denn in einem Urnengrab ruhten die „individuell gesonderten leibli[X.]hen Überreste des [X.] …, und au[X.]h in dieser Gestalt haben sie Anspru[X.]h auf Frieden“ ([X.] aaO). Damit waren die Verbrennungsreste eines mens[X.]hli[X.]hen Körpers, die ni[X.]ht ausnahmslos – wie au[X.]h der Einsatz der Kno[X.]henmühle im Krematorium zeigt – einen pulverigen Zustand aufweisen, historis[X.]h in ihrer Gesamtheit als s[X.]hützenswert anerkannt. Hieran knüpfte der Gesetzgeber mit dem [X.] ausdrü[X.]kli[X.]h an (vgl. [X.]. I/3713, [X.]).

9

[X.]) Es streiten au[X.]h systematis[X.]he und teleologis[X.]he Erwägungen für eine Einbeziehung kremierten [X.] in den Begriff der As[X.]he im Sinne des § 168 StGB.

(1) S[X.]hutzgüter des § 168 Abs. 1 StGB sind jedenfalls das Pietätsgefühl der Allgemeinheit sowie der postmortale Persönli[X.]hkeitss[X.]hutz des Toten (vgl. [X.], Urteil vom 22. April 2005 – 2 [X.], [X.]St 50, 80, 89; [X.], 155, 156; [X.], aaO Rn. 2; [X.]. IV/650, S. 346; 13/8587, S. 22 f.). Dieser S[X.]hutz gebührt der sterbli[X.]hen Hülle und den Überresten (vgl. [X.]. IV/650, aaO) eines Mens[X.]hen in ihrer Gesamtheit, wie die tatbestandli[X.]he Erfassung von Teilen des Körpers eines verstorbenen Mens[X.]hen zeigt. Er bezieht si[X.]h auf den zum Objekt gewordenen, einen Rü[X.]kstand der Persönli[X.]hkeit darstellenden Mens[X.]henrest (vgl. von [X.], [X.] 1968, 70, 72; Czerner, [X.] 2003, 91, 97).

(2) Zum Körper eines Mens[X.]hen gehören au[X.]h künstli[X.]he Körperteile, wie das Zahngold, die dur[X.]h die Einbeziehung in die Körperfunktion ihres Trägers ihre Sa[X.]hqualität verloren haben und ni[X.]ht ohne Verletzung der [X.] entfernt werden können; sie genießen damit ebenso das besondere Persönli[X.]hkeitsre[X.]ht am Körper wie die natürli[X.]hen Körperteile (vgl. [X.], aaO S. 1544; [X.], aaO Rn. 37; [X.], aaO Rn. 9; [X.]/[X.], aaO; [X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., § 90 Rn. 3, [X.]/[X.], 6. Aufl., § 90 Rn. 28; Erman/[X.], [X.], 14. Aufl., § 90 Rn. 5; [X.]/[X.] in [X.], [X.], Neubearbeitung 2012, § 90 Rn. 35; aA [X.]/Kühl aaO). Indem diese Gegenstände als dem Körper zugehörig empfunden werden, erstre[X.]kt si[X.]h au[X.]h auf sie das Gefühl der Verbundenheit und Pietät ([X.], aaO Rn. 37; vgl. au[X.]h Rn. 38).

(3) Dem Tatobjekt „As[X.]he“ kommt innerhalb des Tatbestands des § 168 StGB kein geringerer S[X.]hutz zu als dem Körper oder Teilen des Körpers des verstorbenen Mens[X.]hen. Ihm soll vielmehr derselbe S[X.]hutz auf würdige und pietätvolle Behandlung gewährt werden wie dem mens[X.]hli[X.]hen Körper. S[X.]hon das [X.] hat klargestellt, dass mit der grundsätzli[X.]hen Glei[X.]hstellung von Feuer- und Erdbestattung dur[X.]h § 1 Feuerbestattungsgesetz 1934 einer unters[X.]hiedli[X.]hen Behandlung der As[X.]he und des Lei[X.]hnams der Boden entzogen worden ist und beide denselben Anspru[X.]h auf pietätvolle Behandlung und Wahrung der Totenruhe genießen ([X.], 269, 274). Dieser Grundsatz gilt fort (vgl. [X.], [X.], 557, 558; [X.], aaO S. 1544; [X.], aaO Rn. 40). Wie der Körper des verstorbenen Mens[X.]hen sind daher au[X.]h seine Verbrennungsreste in ihrer Gesamtheit zu s[X.]hützen. Diese sind au[X.]h ni[X.]ht deshalb weniger s[X.]hutzbedürftig, weil vom verstorbenen Mens[X.]hen abgetrennte Teile, wie etwa Zahngold na[X.]h dem Verbrennungsvorgang, ebenso wie abgetrennte Teile des lebenden Körpers mit der Abtrennung Sa[X.]hqualität erlangen (vgl. [X.], Urteile vom 3. Juni 1958 – 5 [X.], bei [X.] 1958, 739; vom 9. November 1993 – [X.], [X.]Z 124, 52, 54; [X.], Strafbarer Organhandel, 1999, [X.]; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 242 Rn. 14; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 242 Rn. 28, 30; [X.]/[X.], aaO, § 90 Rn. 32; Soergel/Marly, [X.], 13. Aufl., § 90 Rn. 7, 10). Denn der S[X.]hutz der Totenruhe ist unabhängig von der Sa[X.]hqualität einzelner Körperteile zu beurteilen. Daher bleibt au[X.]h As[X.]he so lange ges[X.]hützt, wie das ihr geltende [X.] no[X.]h ni[X.]ht erlos[X.]hen ist (vgl. [X.], aaO Rn. 40).

(4) Dem S[X.]hutz der Verbrennungsreste in ihrer Gesamtheit entspri[X.]ht es, dass diese na[X.]h der Einäs[X.]herung na[X.]h den Regelungen des Friedhofsre[X.]hts unverzügli[X.]h und grundsätzli[X.]h vollständig in einer amtli[X.]h zu vers[X.]hließenden und entspre[X.]hend zu kennzei[X.]hnenden Urne zu sammeln sind ([X.]edke, aaO S. 238). Dadur[X.]h wird gewährleistet, dass die [X.] au[X.]h no[X.]h na[X.]h längerer Zeit einer behördli[X.]hen Untersu[X.]hung unterzogen werden können, denn es besteht ein erhebli[X.]hes Interesse an der Feststellung ihrer Identität, Vollständigkeit und Auss[X.]hließli[X.]hkeit ([X.]edke, aaO S. 238 f.; vgl. au[X.]h amtli[X.]he Begründung zu § 9 Feuerbestattungsgesetz 1934 in [X.] Nr. 117 vom 23. Mai 1934, S. 2 f.).

2. Allerdings begegnet die Verurteilung der Angeklagten [X.]wegen Beihilfe zur Störung der Totenruhe in Tateinheit mit Beihilfe zum Verwahrungsbru[X.]h in 110 Fällen dur[X.]hgreifenden re[X.]htli[X.]hen Bedenken. Entspre[X.]hend den Ausführungen des [X.] ist nur eine Teilnahme in Form der psy[X.]his[X.]hen Beihilfe gegeben, die mehrere re[X.]htli[X.]h selbständige [X.] gefördert hat (vgl. [X.]/Weißer in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 27 Rn. 42). Die Verkäufe dur[X.]h die Angeklagte [X.]kamen als Beihilfehandlungen ni[X.]ht in Betra[X.]ht, da die [X.] zu diesem Zeitpunkt s[X.]hon beendet waren. Der Senat ändert den S[X.]huldspru[X.]h entspre[X.]hend ab. Die Vors[X.]hrift des § 265 StPO steht dem ni[X.]ht entgegen, weil ausges[X.]hlossen werden kann, dass die Angeklagte si[X.]h insoweit anders und erfolgrei[X.]her hätte verteidigen können. Die Änderung des S[X.]huldspru[X.]hs hat zur Folge, dass die Einzelstrafen entfallen. Jedo[X.]h kann die bisherige Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen bleiben, weil die Änderung der konkurrenzre[X.]htli[X.]hen Beurteilung den Unre[X.]hts- und S[X.]huldgehalt der Tat ni[X.]ht berührt.

3. Die getroffenen Feststellungsents[X.]heidungen na[X.]h § 111i Abs. 2 StPO halten hinsi[X.]htli[X.]h der Angeklagten [X.]sa[X.]hli[X.]h-re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung ni[X.]ht (hierzu b) und hinsi[X.]htli[X.]h der Angeklagten [X.]       , [X.], [X.]  und [X.].     (hierzu [X.]) ni[X.]ht uneinges[X.]hränkt stand.

a) Das [X.] war für die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des § 111i StPO am 1. Januar 2007 beendeten Taten an der Feststellung na[X.]h § 111i Abs. 2 StPO gehindert, weil für diese Taten das mildere Re[X.]ht gemäß § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB gilt, na[X.]h dem diese bedingte Verfallsanordnung ni[X.]ht mögli[X.]h war (vgl. [X.], Urteil vom 7. Februar 2008 – 4 [X.], [X.]R StPO § 111i Anwendungsberei[X.]h 1; Bes[X.]hlüsse vom 25. April 2012 – 1 StR 566/11, [X.], 254; vom 10. April 2013 – 1 StR 22/13, [X.], 254 mwN).

b) Dies hat zur Folge, dass die hinsi[X.]htli[X.]h der Angeklagten [X.] ergangene Feststellungsents[X.]heidung na[X.]h § 111i Abs. 2 StPO zu entfallen hat, weil ihre Beihilfehandlung spätestens im [X.] (vgl. [X.]) beendet war. Der Begehungszeitpunkt der Beihilfe bestimmt si[X.]h gemäß § 2 Abs. 1, 2, § 8 StGB na[X.]h dem Zeitpunkt der Teilnahmehandlung als sol[X.]her und ni[X.]ht na[X.]h dem Begehungszeitpunkt der hier teilweise na[X.]h dem 1. Januar 2007 begangenen [X.]; sie ist beendet, wenn sie als sol[X.]he abges[X.]hlossen ist; auf den [X.] kommt es na[X.]h § 8 Satz 2 StGB ni[X.]ht an (vgl. [X.], Bes[X.]hlüsse vom 29. September 1999 – 3 [X.], [X.]R StGB § 8 Teilnehmer 1; vom 11. Januar 2005 – 5 [X.], [X.], 151; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 8 Rn. 5; MüKo-StGB/[X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 14; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 15).

[X.]) Hinsi[X.]htli[X.]h der Angeklagten [X.]      , [X.], [X.]  und [X.].       hat der Senat die Feststellungsents[X.]heidungen na[X.]h § 111i Abs. 2 StPO insoweit abgeändert, als von ihnen bereits bis 1. Januar 2007 [X.] erfasst wurde (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 10. April 2013 – 1 StR 22/13, aaO S. 255). Die Ents[X.]heidung über die Höhe des na[X.]h § 111i Abs. 2 StPO festzustellenden Anspru[X.]hs liegt – abgesehen von der ni[X.]ht zu beanstandenden Prüfung der Härtevors[X.]hrift des § 73[X.] StGB – ni[X.]ht im Ermessen des Tatgeri[X.]hts (vgl. [X.] in [X.], 26. Aufl., § 111i Rn. 17; [X.], [X.], 242, 245; Regierungsentwurf zu § 111i StPO, [X.]. 16/700, 16).

Na[X.]h den Feststellungen des [X.]s hat der Angeklagte [X.]        die Taten 116 bis 118 – letztere ni[X.]ht auss[X.]hließbar – vor dem Inkrafttreten des § 111i Abs. 2 StPO beendet. Für die na[X.]h dem 1. Januar 2007 beendeten Taten 119 bis 134 hat er ledigli[X.]h einen Betrag von 137.922,54 € erlangt.

Der Angeklagte [X.]hat die [X.], der Angeklagte [X.]  die Tat 202 und der Angeklagte [X.].       die [X.] ni[X.]ht auss[X.]hließbar vor Inkrafttreten des § 111i Abs. 2 StPO begangen. Der Senat hat na[X.]h dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (vgl. UA [X.]) zugunsten dieser Angeklagten den insoweit jeweils erlangten Vermögensvorteil na[X.]h § 73b StGB auf einen Betrag von 1.500 € ges[X.]hätzt und von dem na[X.]h § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zu bezei[X.]hnenden [X.] bzw. dem na[X.]h § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO zu bezei[X.]hnenden Geldbetrag abgezogen. Es kann ausges[X.]hlossen werden, dass der Angeklagte [X.]  die 370g Zahngold vor dem 1. Januar 2007 erlangt hat.

4. Soweit es das [X.] unterlassen hat, in den [X.], 134 betreffend den Angeklagten [X.]     und in den [X.], 177 betreffend den Angeklagten [X.]Einzelstrafen festzusetzen, holt dies der Senat in entspre[X.]hender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO na[X.]h und setzt Freiheitsstrafen von vier Monaten (Fälle 129 und 134) und drei Monaten (Fälle 176 und 177) fest (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 11. Dezember 2014 – 5 [X.]). Aus den Urteilsgründen ergibt si[X.]h, dass das [X.] bei dem Angeklagten [X.]       in verglei[X.]hbaren Fällen auf Einzelstrafen von jeweils vier Monaten (vgl. etwa 118, 121, 126) und hinsi[X.]htli[X.]h des Angeklagten [X.]in verglei[X.]hbaren Fällen auf Einzelstrafen von jeweils drei Monaten (vgl. etwa 148, 151 bis 154, 164) erkannt hat. Bestimmende Strafzumessungstatsa[X.]hen, die eine unters[X.]hiedli[X.]he Beurteilung re[X.]htfertigen könnten, sind ni[X.]ht festgestellt. Das Verbot der S[X.]hle[X.]hterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) steht ni[X.]ht entgegen (vgl. [X.] aaO). Die Gesamtstrafaussprü[X.]he haben Bestand.

[X.]                        [X.]

                 Bellay                       Feil[X.]ke

Meta

5 StR 71/15

30.06.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 18. Juni 2014, Az: 2 Ss 4/15

§ 168 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.06.2015, Az. 5 StR 71/15 (REWIS RS 2015, 8912)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2901 REWIS RS 2015, 8912

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 71/15 (Bundesgerichtshof)


4 N 17.1197 (VGH München)

Normenkontrolle gegen einzuhaltende Ruhefrist bei Urnenbestattung


5 StR 267/17 (Bundesgerichtshof)

Mord und Tötung auf Verlangen: Strafmilderung nach der sog. Rechtsfolgenlösung bei Befriedigung des Geschlechtstriebs


4 StR 60/14 (Bundesgerichtshof)

Aufrechterhaltung einer Beschlagnahme für einen befristeten Zeitraum im Strafverfahren wegen Betrugs und Untreue durch Gesellschafter/Geschäftsführer …


4 StR 60/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.