Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.10.2021, Az. IX R 13/20

9. Senat | REWIS RS 2021, 1617

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Gegenstand

(Veräußerung der Beteiligung i.S. des § 17 EStG nach Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht - Wertzuwachs vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht (Zuzugsfall) - Niederländische Kapitalgesellschaft (B.V.))


Leitsatz

Der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG entstandene Vermögenszuwachs hat nicht i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des Wegzugsstaats im Wegzugsstaat einer der Steuer nach § 6 AStG vergleichbaren Steuer unterlegen, wenn dort keine Steuer festgesetzt worden ist.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 01.07.2020 - 7 K 2991/19 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden im Streitjahr 2016 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist [X.] Staatsbürger, lebte im [X.] ([X.]) und gründete im Jahr 1998 eine Kapitalgesellschaft (--[X.]--) mit einem Stammkapital von 18.000 € mit Sitz in den [X.]n, deren Alleingesellschafter er war. [X.] zog er in die [X.] ([X.]) und veräußerte mit Vertrag vom 04.05.2016 seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der [X.] für 1.419.956 €.

2

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelten die Kläger den Veräußerungsgewinn nach § 17 des Einkommensteuergesetzes i.d.[X.] (EStG) wie folgt:

Veräußerungserlös

1.419.956 €

./. nachträgliche Anschaffungskosten (unstreitig)

79.528 €

./. nachträgliche Anschaffungskosten (unstreitig)

33.052 €

./. Anschaffungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG        

1.112.240 €

Veräußerungsgewinn

195.136 €

Ansatz zu 60 %

117.081,60 €

3

Die Kläger führten zur Begründung aus, bei dem Betrag von 1.112.240 € handele es sich um den von den [X.] Steuerbehörden festgestellten Wert der Beteiligung für Besteuerungszwecke in den [X.]n. Mit den [X.] Steuerbehörden habe es Streit über den Status der inaktiven Gesellschaft gegeben. Nach Art. 13 Abs. 6 des Abkommens zwischen der [X.] und dem [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 12.04.2012 ([X.], 1414, [X.], 47) --[X.] [X.] 2012-- hätte der [X.] bei Wegzug in einem Steuerbescheid (sog. Konservierungsbescheid) festgestellt und die darauf entfallende Steuer festgesetzt werden müssen. Es wäre jedoch nicht zu einer sofortigen Besteuerung, sondern zu einer Stundung der Steuer gekommen, und nach Ablauf von zehn Jahren hätte die Steuer erlassen werden können. Dieses Verfahren und insbesondere die Festsetzung in einem Konservierungsbescheid seien durch ein Versehen der [X.] Steuerbehörden unterblieben. Im Streitjahr habe man sich dahin geeinigt, dass die [X.] Finanzverwaltung den Kläger so behandele, als ob der Konservierungsbescheid ergangen wäre. Die [X.] Steuerbehörde habe deshalb bescheinigt, dass die Gesellschaft bei Wegzug mit einem Wert von 1.112.240 € der Besteuerung unterlegen habe. Die Kläger verweisen dazu auf ein auf den 28.12.2015 datiertes Schreiben der [X.] Finanzbehörden. Darin heißt es (in [X.] Übersetzung):

"Bei der Auswanderung ins Ausland im [X.] hat man versäumt, [dem Kläger] einen Aufschubbescheid zu erteilen. Das Finanzamt hat jedoch so gehandelt, als ob ihm ein Aufschubbescheid erteilt worden wäre. Wie Sie richtig angegeben haben, wurde der Wert der Anteile an der [X.] ermittelt. Der Wert der Anteile wurde dabei auf 1.112.240 [X.] festgelegt."

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) setzte im Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 02.08.2019 als Anschaffungskosten insoweit lediglich das Stammkapital an und ermittelte unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 773.626 €. Es führte zur Begründung an, Voraussetzung für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG sei die tatsächliche Steuerzahlung. Zwar habe die [X.] Steuerbehörde den Wert der Beteiligung festgestellt; sie habe auf diesen aber weder Steuern festgesetzt noch erhoben.

5

Den Einspruch wies das [X.] mit Einspruchsentscheidung vom 02.10.2019 als unbegründet zurück.

6

Die hiergegen erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der [X.]e 2020, 1307 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Anschaffungskosten seien in Höhe des Stammkapitals und nicht mit einem Wert von 1.112.240 € anzusetzen. Denn der Kläger als Veräußerer habe nicht nachgewiesen, dass der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in den [X.]n entstandene Vermögenszuwachs der Beteiligung dort einer Steuer unterlegen habe.

7

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 2 Satz 3 EStG). Sie tragen zur Begründung im Wesentlichen vor, die Auslegung des Gesetzeswortlauts "einer Steuer unterlegen hat" führe zu dem Schluss, dass es auf die tatsächliche Steuerzahlung nicht ankomme. Es reiche aus, wenn es im Wegzugsstaat eine nach § 6 des Außensteuergesetzes (AStG) vergleichbare Wegzugsbesteuerung gebe und diese auf einen Vermögenszuwachs bis zum Zuzug nach [X.] angewendet werde.

8

Sinn und Zweck des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG sei es, einen Wertzuwachs bei den [X.] nicht im In- und Ausland jeweils zu besteuern. Die in § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG geregelte Besteuerungsabgrenzung werde danach vorgenommen, ob der Wegzugsstaat durch eine Wegzugsbesteuerung sicherstelle, dass der Wertzuwachs, der während der Ansässigkeit des Steuerpflichtigen in diesem Staat entstanden sei, diesem ausländischen Staat auch zustehe. Da die Norm nicht von einer entrichteten Steuer spreche und auch in der Gesetzesbegründung lediglich die "Wertverknüpfung" genannt werde, stehe es dem anderen Staat frei, ob er den Vermögenszuwachs tatsächlich besteuere oder die Steuer stunde und erlasse. Dem Zweck der Vorschrift genüge beides.

9

Steuersystematisch werde eine Doppelbesteuerung durch den Abschluss bilateraler Abkommen auf dem Gebiet des Steuerrechts vermieden. Die bisher von [X.] abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen seien in der Vergangenheit vom Verbot der virtuellen Doppelbesteuerung ausgegangen. Entscheidend sei die theoretische Möglichkeit einer Doppelbesteuerung, diese müsse tatsächlich jedoch nicht vorliegen.

Art. 13 Abs. 6 [X.] [X.] 2012 mache die tatsächliche Steuerzahlung ebenfalls nicht zur Voraussetzung für die Freistellung des für den Zeitraum der Ansässigkeit im Wegzugsstaat entstandenen [X.]. Der Vermögenszuwachs müsse dort lediglich nach den gültigen Rechtsvorschriften besteuert worden sein. Dafür genüge die Bestätigung der [X.] Finanzbehörden; ein Steuerbescheid müsse nicht ergangen sein. Zumindest könne die Zahlung nicht verlangt werden.

Die Kläger beantragen,
das Urteil des [X.] und die Einspruchsentscheidung vom 02.10.2019 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 02.08.2019 mit der Maßgabe zu ändern, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der [X.] nach § 17 EStG in Höhe von 117.081,60 € berücksichtigt wird.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

[X.]

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 773.626 € anzusetzen ist.

1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind Aktien, Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genussscheine oder ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 EStG). Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 Abs. 1 EStG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG). Weist der Veräußerer nach, dass ihm die Anteile bereits im Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG zuzurechnen waren und dass der bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Vermögenszuwachs aufgrund gesetzlicher Bestimmungen des [X.] im [X.]staat einer der Steuer nach § 6 [X.] vergleichbaren Steuer unterlegen hat, tritt an die Stelle der Anschaffungskosten der Wert, den der [X.]staat bei der Berechnung der der Steuer nach § 6 [X.] vergleichbaren Steuer angesetzt hat, höchstens jedoch der gemeine Wert (§ 17 Abs. 2 Satz 3 EStG). § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG ist in den Fällen des § 6 Abs. 3 [X.] nicht anzuwenden (§ 17 Abs. 2 Satz 4 EStG).

Da im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG die tatsächlichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen sind, wären ohne die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG die im [X.]staat entstandenen Wertzuwächse einer Beteiligung in jedem Fall ungemindert steuerlich zu erfassen, wenn ein Anteilsinhaber in die unbeschränkte Steuerpflicht in [X.] eintritt, weil die Begründung einer unbeschränkten Steuerpflicht nicht dazu führt, dass an die Stelle der ursprünglichen Anschaffungskosten der Anteilswert im Zeitpunkt des Zuzugs nach [X.] tritt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --[X.]-- vom [X.], [X.] 1993, 597; vom 19.03.1996 - VIII R 15/94, [X.], 146, [X.] 1996, 312, unter [X.]). Mit dem durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften ([X.]) vom 07.12.2006 ([X.], 2782) eingeführten § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG wird daher --wenn dessen Voraussetzungen gegeben sind-- in Abkehr von der vorgenannten Rechtsprechung des [X.] in den Fällen des Zuzugs eines Anteilsinhabers sichergestellt, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus einer späteren Veräußerung von [X.] Anteilen nicht die ursprünglichen Anschaffungskosten, sondern der Wert, den der [X.]staat einer § 6 [X.] vergleichbaren [X.]besteuerung unterworfen hat, berücksichtigt wird (sog. Wertverknüpfung, BTDrucks 16/2710, S. 29). § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG unterscheidet nicht danach, ob der Anteilsinhaber von einem Mitgliedstaat der [X.], des [X.] oder einem Drittstaat nach [X.] gezogen ist. Eine Bindung der [X.] Finanzbehörde an die Steuerfestsetzung im ausländischen [X.]staat besteht nicht; die Finanzbehörde ist zur eigenständigen Prüfung berechtigt (vgl. [X.] in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 17 Rz 81).

2. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die in Rede stehenden Anschaffungskosten in Höhe des vom [X.] festgestellten Stammkapitals (18.000 €) und nicht mit einem Wert von 1.112.240 € anzusetzen sind.

a) Im Streitfall hat der unbeschränkt steuerpflichtige Kläger (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 der Abgabenordnung) seinen im Privatvermögen gehaltenen Anteil in Höhe von 100 % an der [X.] als einer Kapitalgesellschaft nach [X.] Recht im Jahr 2016 zum Preis von 1.419.956 € veräußert und damit den Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt. Die in Rede stehenden Anteile gehören zu den ähnlichen Beteiligungen i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG, weil sie Gesellschafterrechte verkörpern, wie sie nach [X.] Recht mit GmbH-Anteilen verbunden sind (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 146, [X.] 1996, 312; vom 22.08.2006 - I R 6/06, [X.]E 215, 103, [X.] 2007, 163, jeweils zur [X.] [X.]n Rechts; vom 21.10.1999 - I R 43, 44/98, [X.]E 190, 377, [X.] 2000, 424).

b) Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG für erhöhte Anschaffungskosten nicht gegeben sind.

aa) Zwar hat das [X.] festgestellt, dass die [X.] Regelung zur [X.]besteuerung der [X.] Regelung des § 6 [X.] vergleichbar ist. Hierbei handelt es sich um eine Feststellung zum Inhalt ausländischen Rechts, die aus revisionsrechtlicher Sicht wie eine Feststellung von Tatsachen zu behandeln ist (vgl. [X.]-Urteil vom 15.03.1995 - I R 14/94, [X.]E 177, 263, [X.] 1995, 502, 504). Der [X.] ist deshalb gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O an eine solche Feststellung gebunden, wenn gegen sie keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht worden sind. Derartige [X.] haben die Kläger im Streitfall nicht erhoben, so dass im Revisionsverfahren von der Richtigkeit der vom [X.] getroffenen Feststellungen zum [X.]n Steuerrecht auszugehen ist.

bb) Der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs der Beteiligung hat in [X.] aber nicht einer der Steuer nach § 6 [X.] vergleichbaren Steuer unterlegen. Anders als das [X.] und das [X.] meinen, spricht der Wortlaut "unterlegen" im Ausgangspunkt gegen die Auslegung, dass die Steuer festgesetzt und tatsächlich bezahlt worden sein muss. Dieser Begriff ist nicht in dem Sinne eindeutig, dass der Gesetzestext es von vornherein ermöglicht, auf die dem Kläger gegenüber festgesetzte und von ihm entrichtete Steuer abzustellen. Denn der Gesetzgeber verwendet ihn z.B. in § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG, in § 1 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes und in § 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes zweifelsfrei in dem Sinne, dass hiermit die nach dem Gesetz zu besteuernden ("steuerbaren") und nicht (nur) die tatsächlich besteuerten Vorgänge bezeichnet werden. Auch stellt er, wenn er die Anknüpfung des [X.] Rechts an die tatsächlich erfolgte ausländische Besteuerung zum Ausdruck bringen will, auf die "festgesetzte", "gezahlte" oder "erhobene" ausländische Steuer ab (z.B. § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG, § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der bis 30.06.2021 gültigen Fassung, § 26 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes). Angesichts dessen schließt der Wortlaut "unterlegen" nicht aus, dass es hier nicht auf die konkret festgesetzte und bezahlte, sondern auf die rechtlich vorgesehene ausländische Steuer ankommen soll (so [X.]-Urteil vom 09.07.2003 - I R 82/01, [X.]E 202, 547, [X.] 2004, 4, unter [X.] für § 8 Abs. 3 [X.] in seiner damaligen Fassung).

Da im Rahmen der Rechtsfolge des § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG (Anknüpfung an den "Entstrickungswert") jedoch maßgebend eine "Berechnung" der der Steuer nach § 6 [X.] vergleichbaren Steuer vorausgesetzt wird, tritt insoweit eine Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals "einer [...] Steuer unterlegen hat" in dem Sinne ein, dass zumindest ein Steuerbescheid des [X.] mit Berechnung und Festsetzung der Steuer ergangen sein muss. Dafür spricht auch, dass der Veräußerer nachweisen muss, dass der bis zum Zeitpunkt der Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht entstandene Wertzuwachs einer entsprechenden Steuer unterlegen hat.

Daran fehlt es hier. Die [X.] Steuerbehörde hat zwar mit Schreiben vom 28.12.2015 den Wert der Anteile im Zeitpunkt des [X.] mit 1.112.240 € festgestellt; sie hat allerdings für den Anteilswertzuwachs in [X.] weder Steuern berechnet noch festgesetzt. Einen "Aufschubbescheid" hat sie nicht erlassen. Eine Gleichstellung des Schreibens vom 28.12.2015 mit einem [X.]n Steuerbescheid ist nicht möglich; dies käme einer bloßen Fiktion gleich. Der Wertzuwachs der Beteiligung hat daher in [X.] keiner Steuer unterlegen.

cc) Bestätigt wird dieses Ergebnis durch systematische und historische Erwägungen. Denn im Gleichklang mit § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG sah der Referentenentwurf des [X.] vom 21.04.2006 für die Verstrickung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens (§ 4 Abs. 1 Satz 5  2. Halbsatz [X.]) in der [X.] des § 6 Abs. 1 Nr. 5a [X.] vor, dass das Wirtschaftsgut mit dem Wert anzusetzen ist, mit dem es anlässlich der Überführung in dem Staat der ausländischen Betriebsstätte einer Besteuerung "unterlegen hat" (höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert). Dabei schwebte den [X.] eine rückwirkende Korrektur des Wertansatzes in den Fällen vor, in denen die ausländische Besteuerung des [X.] aufgrund einer aufschiebenden Bedingung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt (Referentenentwurf des [X.] vom 21.04.2006, unter [X.], Besonderer Teil, S. 7). Dies deutet darauf hin, dass ein Step-up nur für den Fall der tatsächlichen Besteuerung der stillen Reserven im Ausland zugelassen werden sollte. Wären stille Reserven hingegen im Herkunftsstaat des Wirtschaftsguts nicht besteuert worden, hätte [X.] dieses Steuersubstrat seinem Besteuerungszugriff unterworfen ([X.]/[X.], [X.] --[X.]-- 2013, 47, 48). Dies gilt gleichermaßen für § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG, da der Gesetzgeber mit dieser Norm dieselbe Wertverknüpfung herstellen wollte (BTDrucks 16/2710, S. 29).

Im Unterschied dazu regelte § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG i.d.F. des [X.] eine Zugangsbewertung der betrieblichen Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert. Dementsprechend berücksichtigte die Norm eine Schlussbesteuerung im abgebenden Staat unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt (und ob) dieser Staat von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch macht ([X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., [X.]. 7 Rz 186). Im Ausland gelegte stille Reserven wurden vom [X.] Besteuerungszugriff verschont ([X.]/[X.], [X.] 2013, 47, 48). Dies spricht dafür, beim konzeptionell anders ausgestalteten § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG auf die tatsächlich durchgeführte Schlussbesteuerung abzustellen (vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 1481, 1487).

dd) Anders als die Kläger meinen, steht dieses Auslegungsergebnis --wie auch das [X.] zutreffend erkannt [X.] im Einklang mit Art. 13 Abs. 5 und 6 [X.] [X.] 2012. Nach Art. 13 Abs. 5 [X.] [X.] 2012 können Gewinne aus der Veräußerung des in den Abs. 1 bis 4 nicht genannten Vermögens nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist. Bei einer natürlichen Person, die in einem Vertragsstaat ansässig war und im anderen Vertragsstaat ansässig geworden ist, berührt Art. 13 Abs. 5 [X.] [X.] 2012 nicht das Recht des erstgenannten Staates, bei Anteilen, Gewinnobligationen, Kaufoptionen und Nutzungsrechten an Aktien sowie Gewinnobligationen einer Gesellschaft und Forderungen gegenüber einer Gesellschaft einen Vermögenszuwachs für den Zeitraum der Ansässigkeit dieser Person nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu besteuern (Art. 13 Abs. 6 Satz 1 [X.] [X.] 2012). In diesem Fall wird der im erstgenannten Staat besteuerte Vermögenszuwachs bei der Ermittlung des späteren [X.] durch den anderen Staat nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen (Art. 13 Abs. 6 Satz 2 [X.] [X.] 2012). Art. 13 Abs. 6 Satz 1 [X.] [X.] 2012 gewährt dem [X.]staat --hier die [X.] zwar das Recht, den bis zum Wegzug entstandenen Wertzuwachs zu besteuern. Dieser hat die Möglichkeit, aber nicht die Verpflichtung, eine Besteuerung durchzuführen. Nur im Fall der Besteuerung durch den [X.]staat ist [X.] als Ansässigkeitsstaat daran gebunden und darf diesen Wertzuwachs gemäß Art. 13 Abs. 6 Satz 2 [X.] [X.] 2012 nicht erneut besteuern. Dies bedeutet im Umkehrschluss allerdings, dass [X.] vollumfänglich besteuern darf, wenn es in [X.] --wie im [X.] nicht zu einer Besteuerung gekommen ist (vgl. [X.] in [X.], [X.] Art. 13 Rz 167, zu Art. 13 Abs. 6 der [X.] [X.] für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen).

c) Ohne Erfolg bleibt darüber hinaus das Vorbringen der Kläger, das Stammkapital der [X.] betrage 18.151 € anstatt 18.000 €. Da keine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, scheidet eine [X.] der Vorentscheidung trotz sinngemäßen Antrags der Kläger gemäß § 107 Abs. 1 [X.]O aus. Nach den in der Vorentscheidung getroffenen Feststellungen beträgt das Stammkapital der [X.] 18.000 €. Diese tatsächliche Feststellung bindet den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O, da die Kläger gegen sie keine zulässige und begründete Verfahrensrüge vorgebracht haben.

d) Weitere Einwände gegen die Berechnung des Veräußerungsgewinns wurden von den Klägern nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IX R 13/20

26.10.2021

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 1. Juli 2020, Az: 7 K 2991/19 E, Urteil

§ 17 Abs 1 EStG 2009, § 17 Abs 2 S 3 EStG 2009, Art 13 Abs 5 DBA NLD 2012, Art 13 Abs 6 DBA NLD 2012, § 1 Abs 1 EStG 2009, § 6 AStG, EStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.10.2021, Az. IX R 13/20 (REWIS RS 2021, 1617)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1617

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