Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.09.2023, Az. 6 StR 398/23

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 7851

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Gegenstand

Teilnahme am Bandenhandel mit Betäubungsmitteln: Festsetzung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten aus generalpräventiven Gründen


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. Mai 2023, soweit es ihn betrifft, aufgehoben

a) im Ausspruch über die in den [X.] verhängten Einzelstrafen;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer bedingten Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Während die Überprüfung des Schuldspruchs und des Strafausspruchs im Fall II.6 (sechs Monate Freiheitsstrafe) der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, können die in den [X.] und II.4 jeweils verhängten Freiheitsstrafen von fünf Monaten keinen Bestand haben.

3

a) [X.] hat angenommen, dass insoweit kurze Freiheitsstrafen zur Verteidigung der Rechtsordnung (§ 47 Abs. 2 Satz 1 StGB) unerlässlich seien. Der Angeklagte habe sich der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht; eine Straftat, die der Gesetzgeber „grundsätzlich mit einer [X.] von fünf Jahren bedacht“ habe. Die Verhängung einer Geldstrafe hierfür sei der Allgemeinheit weder mit Blick auf die Teilnahme des Angeklagten noch eingedenk des angenommenen minder schweren Falls zu vermitteln.

4

b) Dies hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

5

aa) Zwar hat die [X.] im rechtlichen Ausgangspunkt ihre Sanktionsentscheidung zutreffend an § 47 Abs. 2 StGB und nicht an Art. 12 Abs. 1 [X.] gemessen. Das [X.] hat insoweit bedacht, dass nicht die durch Annahme des minder schweren Falles (§ 30a Abs. 3 BtMG) und durch eine obligatorische Strafrahmenverschiebung (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB) ermittelte [X.] von einem Monat (§ 38 Abs. 2) zugrunde zu legen, sondern die Sperrwirkung der Mindeststrafe des tateinheitlich verwirklichten minder schweren Falles des § 29a Abs. 2 BtMG (vgl. [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 30a Rn. 115 mwN) zu beachten war.

6

bb) Die Begründung der kurzen Freiheitsstrafen weist aber einen durchgreifenden Rechtsfehler auf.

7

(1) Die Festsetzung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten aus [X.] Gründen hat regelmäßig nur Bestand (vgl. [X.]/[X.], 5. Aufl., § 47 Rn. 25 und 35; LK/[X.], StGB, 13. Aufl., § 47 Rn. 38 mwN), wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unerlässlich erweist (§ 47 Abs. 1 StGB) und dies in den Urteilsgründen dargestellt wird (vgl. [X.], Urteile vom 8. Mai 1996 – 3 [X.], [X.]R StGB § 47 Abs. 1 Umstände 7; vom 8. April 2004 – 3 [X.], [X.], 554; Beschluss vom 3. Mai 2023 – 6 StR 161/23; [X.], StGB, 70. Aufl., § 47 Rn. 7 und 11 mwN).

8

(2) Die notwendige Gesamtwürdigung, insbesondere der besonderen Umstände in der Persönlichkeit des Angeklagten, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. [X.] hat hier weder das umfassende Geständnis und die Unbestraftheit des Angeklagten noch seine untergeordnete Stellung im Bandengefüge bei nicht eigennütziger Tatmotivation in den Blick genommen. Der [X.] vermag dies auch nicht dem pauschalen Hinweis auf den bejahten minder schweren Fall zu entnehmen, zumal da die Formulierung des [X.]s besorgen lässt, dass es die Verhängung einer Geldstrafe für Fälle der Teilnahme am Bandenhandel mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 1 BtMG) schlechthin, also ohne dem Einzelfall gerecht werden zu müssen, für ausgeschlossen hält (vgl. [X.], Urteil vom 8. Dezember 1970 – 1 [X.], [X.]St 24, 40, 46; Beschluss vom 18. Juli 1989 – 4 StR 338/89, [X.]R § 56 Abs. 3 Verteidigung 5).

9

c) Der [X.] vermag ein Beruhen der [X.] auf diesem [X.] nicht auszuschließen (§ 337 Abs. 2 StPO).

2. Die Aufhebung dieser Strafen entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage. Die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO).

Feilcke     

      

Wenske     

      

Fritsche

      

von [X.]     

      

Resch     

      

Meta

6 StR 398/23

19.09.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hannover, 4. Mai 2023, Az: 33 KLs 12/22

§ 30a Abs 1 BtMG, § 47 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.09.2023, Az. 6 StR 398/23 (REWIS RS 2023, 7851)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7851

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 16/23

Zitiert

6 StR 161/23

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